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Fragetypen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching – Eine gesprächsanalytisch motivierte Untersuchung ihrer sprachlichen, frage- und interaktionstypspezifischen Charakteristika

  • Melanie Fleischhacker EMAIL logo , Eva-Maria Graf and Susanne Kabatnik
Published/Copyright: August 1, 2024

Abstract

According to coaching literature, coaches’ questions serve as a central intervention to support clients’ learning and development, i. e., solution-generation and change. To date, there is very little empirical research regarding coaching-specific questions and how they function as agents of change in this professional helping format. The few available psychological coaching outcome studies address ‘solution-focused questions’ due to its (theoretical) endemic orientation towards identifying solutions. Linguistic research, drawing on (methods of) Conversation Analysis, has only recently started to address coaching as a field of scientific inquiry. This paper builds on the scant available research and focusses on questions that support solution generation as the ‘target actions’ of question sequences. These question types are sequence-initiating actions that are intended to generate ideal solution projections and to help identify client’s resources or hindrances; they also focus on solution strategies and measures to find solutions as well as the interim results within the client’s change process. The goal of this contribution is to document and analyze the formal, functional, thematic, and semantic features of questions that generate solutions in business coaching and – on this basis of this analysis – to describe their interaction- and question-type specificities, something which has hitherto not been done. The data analysed here are 12 audio-/video-recorded and transcribed sessions from three authentic coaching processes that form part of a larger corpus of systemic solution-oriented business coaching in German.

1 Fragen und ihr Potential, Lösungen für Klient*innen im Coaching zu entwickeln

Dieser Beitrag fokussiert Fragen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching aus gesprächsanalytischer Sicht mit dem Ziel diese erstmals linguistisch differenziert zu beschreiben. Dadurch kann eine zentrale Lücke in der Coachingforschung geschlossen werden, die – trotz der proklamierten Bedeutung von Fragen – noch wenig empirische Aussagen zu dieser wichtigen Intervention treffen kann: „Little is known about the impact of different types of questions used in coaching“ (Grant & Gerrard 2019, 61). Die in der Coaching-Handlungsrationale verankerte explizite Lösungsorientierung macht die Untersuchung von Fragen zur Lösungsentwicklung in authentischen Gesprächen besonders relevant.

Business Coaching[1] ist ein lösungsorientiertes helfendes Format, das (möglichst rasche und effiziente) Veränderung für Klient*innen im Sinne einer Entwicklung von Lösungen für berufliche Fragestellungen anstrebt. Als Prozessberatung (Schreyögg 2012) werden Lösungen für die von Klient*innen thematisierten Anliegen dabei nicht als Ratschläge vermittelt, sondern im Sinne einer „ergebnisorientierten Selbstreflexion“ (Greif 2008) von Klient*innen mit Coaches, u. a. durch Fragen, dialogisch erarbeitet. Die teils idealisierte und nur teilweise empirisch untermauerte interaktive Gestaltung von Coachinggesprächen fasst Graf (2019, 25ff) als ko-aktiv, personenzentriert, prozess- und lösungsorientiert zusammen. Diese interaktiven Charakteristika liegen Coaching handlungstheoretisch zugrunde und leiten somit bis zu einem gewissen Grad das (sprachliche) Handeln von Coach und Klient*in. Laut Whitworth et al. (1998, 69) bedeutet dies für Coaches auch: “(a)sking rather than telling is at the foundation of co-active coaching”. Während die Praxisliteratur Fragen als zentrale Intervention im Coaching proklamiert, gibt es in der Coachingforschung bis dato nur wenige empirische Erkenntnisse über Coaching-spezifische Fragetypen oder deren Beitrag zur Entwicklung von Lösungen, d. h. zur Veränderung als zugrundeliegendem Ziel von Coaching. Die grundsätzliche Relevanz von Fragen als zentrale Intervention kann jedoch in der noch jungen linguistischen Coachingforschung (Fleischhacker & Graf 2023; Graf & Dionne 2021) im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts Questioning Sequences in Coaching (QueSCo, Graf et al. 2024) allein aufgrund ihrer Häufigkeit empirisch bestätigt werden (s. u.). Die besondere Bedeutung von lösungsorientierten Fragen (solution-focused questions) für ein erfolgreiches Coaching im Sinne von Veränderung durch z. B. Stärkung der Selbstwirksamkeit wird in den wenigen dazu existierenden quantitativ-psychologischen Ergebnis- bzw. Prozess-Ergebnisstudien bestätigt (siehe z. B. Grant & O’Connor 2010; 2018; Grant & Gerrard 2019; Jordan & Kauffeld 2019). Während die Veränderungsrelevanz von lösungsorientierten Fragen empirisch belegt ist, kann wenig über ihre tatsächliche Verwendung und die (nicht) responsive Bearbeitung durch Klient*innen im authentischen Coachinggespräch ausgesagt werden. Die zentrale Frage lautet also “[W]hat constitutes ‘effective’ questioning in coaching?” (Grant & O’Connor 2010, 102).

Abgesehen von dieser (praktischen und empirischen) Relevanz von Fragen (zur Lösungsentwicklung) im Coaching fußt dieser Beitrag auf einer vergleichenden Analyse (Kabatnik und Graf 2021) sowie aktuellen Ergebnissen des Forschungsprojektes QueSCo (Graf et al. 2024). Kabatnik & Grafs (2021) Vorarbeiten übertrugen zunächst den für die Psychotherapie gesprächsanalytisch etablierten Fragetyp Lösungsorientierte Frage (z. B. Mack et al. 2016) auf Coaching.[2] Die Untersuchungen ergaben u. a., dass in den Coachingdaten viermal so viele Lösungsorientierte Fragen als in den Therapiedaten vorkamen. Ihre hohe Frequenz sowie ihre funktionale und thematische Vielschichtigkeit, die Kabatnik & Graf (2021) mit der dem Coaching inhärenten Lösungsorientierung in Verbindung bringen, machen eine Differenzierung des ursprünglich therapeutischen Fragetyps und in Folge die Aufgabe des Typs Lösungsorientierte Frage für Coaching notwendig. Im kürzlich abgeschlossenen linguistisch-psychologischen Forschungsprojekt QueSCo wurden Fragen im Business Coaching erstmals mithilfe authentischer, deutschsprachiger systemisch-lösungsorientierter Daten dokumentiert, analysiert und typologisiert. Es wurden insgesamt 12 Fragetypen inhalts- und gesprächsanalytisch hinsichtlich ihres Beitrags zur Erfüllung Coaching-spezifischer Aufgaben wie Beziehungsmanagement oder Lösungsentwicklung (Deplazes et al. 2018; Graf 2019) definiert (Graf et al. 2024). Im Gegensatz zum für die Psychotherapie angemessenen und nicht weiter differenzierten Fragetyp der Lösungsorientierten Frage wurden für den Interaktionstyp unter Bezugnahme der Coachingperspektive fünf Typen von Fragen zur Lösungsentwicklung induktiv entwickelt/etabliert bzw. unterschieden, die interaktionstypspezifische Probleme (Deppermann 2008, 81) bearbeiten: Fragen zur Lösungsprojektion, Fragen zu Ressourcen, Fragen zu Hindernissen, Fragen zu Strategien und Fragen zur Evaluierung von Zwischenergebnissen.

Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, die formalen, inhaltlich-thematischen, semantisch-lexikalischen sowie funktionalen Charakteristika dieser vorab im QueSCo-Projekt identifizierten Fragetypen zur Lösungsentwicklung im Coaching in ihrer Interaktionstypspezifik zu elaborieren. Ziel ist dabei auch, zu untersuchen, wie sich die primär (Coaching-)funktionale Typologisierung des QueSCo-Projekts im Hinblick auf formale, inhaltliche oder semantische Charakteristika ausgestaltet. Gemäß einer gesprächsanalytischen Vorgehens- und Sichtweise geht auch die vorliegende Untersuchung von Fragen als Teil von Fragesequenzen als „Motor der Veränderung“ aus (Moos et al. 2023). Jedoch werden in diesem ersten analytischen Schritt ausschließlich Fragen bzw. die die Fragen enthaltenden Redebeiträge von Coaches als professionell agierende Person als target action (Peräyklä 2019) und initiierende Äußerung in den Blick genommen (aber siehe Fleischhacker, Graf & Vehviläinen in prep.). Die aktuelle Untersuchung trägt dabei auch in angewandt-linguistischer Tradition zur empirischen Fundierung einer für die Coachingpraxis bzw. für Coaches zentralen Intervention bei.

Der Beitrag reiht sich ein in die linguistische Coachingprozessforschung (Linguistic Coaching Process Reseach (LCPR); Fleischhacker & Graf 2023), die die Manifestation der Handlungsrationale im Coaching auf der lokalen Interaktionsebene in den Blick nimmt. Das heißt, sie adressiert die lokal emergente und sequenziell aufgebaute Interaktion zwischen Coach und Klient*in und analysiert ihre Bestandteile auf der Mikroebene des Coachinggesprächs mit Hilfe authentischer, linguistisch verschrifteter Coachingdaten. Der Fokus und die Herangehensweise der LCPR erlauben es, eine immer häufiger thematisierte Forschungslücke, nämlich Einsichten in den Coachingprozesses unter Berücksichtigung aller Beteiligten, zu schließen (z. B. Fillery-Travis & Cox 2018, 527). Zum anderen schließt der Beitrag an die gesprächsanalytische Forschung zur elizitierenden Gesprächspraktik „Fragen“ in helfenden Interaktionen an. Im Interessenszentrum dieser Forschung stehen formale, funktionale, inhaltliche und interaktionstypspezifische Charakteristika unterschiedlicher Fragetypen und deren sequenzielle Muster. Bisher wurden allerdings vor allem Fragen in der Psychotherapie (s. o.) aber auch im Arzt-Patient*innen-Gespräch (z. B. Deppermann & Spranz-Fogasy 2011; Spranz-Fogasy 2014) adressiert.

Der Beitrag ist wie folgt aufgebaut: In Kapitel 2 wird zunächst die dem Beitrag zugrundeliegende Definition von Fragen und Fragen zur Lösungsentwicklung erläutert, sowie ein Überblick über (nicht empirisch belegte) Erkenntnisse aus der Coachingpraxis als auch Ergebnisse erster linguistischer Untersuchungen in diesem Zusammenhang gegeben. Kapitel 3 stellt das Korpus der authentischen Coaching-Daten und das an gesprächsanalytische Methoden angelehnte Vorgehen vor. Dieses beinhaltet sowohl eine Kategorisierung und Kodierung zur Ermittlung von Häufigkeiten als auch eine tiefergehende, qualitative Analyse der Fragenkollektion. Die Ergebnisse der Analyse der einzelnen Fragetypen zur Lösungsentwicklung werden in Kapitel 4 präsentiert, in Kapitel 5 werden abschließend Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie die Interaktionsspezifik der Fragetypen diskutiert.

2 Fragen (zur Lösungsentwicklung) im Coaching: Erkenntnisse aus Praxis und Linguistik

Unter Fragen werden initiative Äußerungen der Coaches mit (hohem) Reaktions-aufforderungscharakter (vgl. response-mobilizing features, Stivers und Rossano 2010) verstanden, die im Sinne der gesprächsanalytischen Annahme der Sequenzialität von Gesprächen als first pair parts von Paarsequenzen eine bestimmte Antwort/Reaktion (z. B. Bestätigung, Zustimmung oder Bereitstellen von Informationen) des Coachees konditionell relevant setzen (Schegloff 2007); dadurch steuern sie das Gespräch inhaltlich und strukturell. Fragen haben die (morpho-syntaktischen) Formen W-Frage, V1-/Polar-Frage, Alternativfrage oder Deklarativsatzfrage (z. B. Stivers & Enfield 2010; Spanz-Fogasy 2020) und sind somit formal als Frage formuliert oder werden im Gespräch funktional als Fragen bearbeitet oder eingesetzt (vgl. functional questions, Stivers 2022). Der analytische Fokus wird von Fragen auf Frage-Antwort-Sequenzen erweitert, d. h. um als Frage kategorisiert zu werden, muss die Reaktion darauf im Sinne eines second pair part mitfokussiert werden. Bei den Fragen zur Lösungsentwicklung handelt es sich – als Weiterentwicklung bzw. (Coaching-spezifische) Detaillierung der solution-focused question (Grant & O’Connor 2010) und des von Mack et al. 2016 für das Gesprächsformat Psychotherapie erarbeiteten Fragetyps Lösungsorientierte Frage – um eine prospektive Aufforderung des*der Coach an Klient*innen, Lösungen bzw. Lösungsmöglichkeiten für die im Gespräch thematisierten Anliegen zu entwickeln, zu erproben oder zu evaluieren. D. h., sie fordern auf Lösungen zu projizieren, vorhandene Ressourcen zu überprüfen, mögliche Hindernisse zu reflektieren, konkrete Strategien zu entwickeln sowie Zwischenergebnisse bei der Lösungsentwicklung zu thematisieren (Graf et al. 2024, 25ff). Vor dem Hintergrund der expliziten Lösungsorientierung im Coaching (Whitworth et al. 1998; Greif 2008; Schermuly 2019) erscheint eine detaillierte linguistische Untersuchung gerade dieser Fragen auch für die Coaching-Praxis relevant und vielversprechend. Im Folgenden wird zunächst kurz dargestellt, wie Fragen in der Praxisliteratur beschrieben werden (2.1.). Danach wird auf gesprächsanalytische Erkenntnisse zu Fragen in helfenden Formaten und erste empirische Ergebnisse zu Fragen im Coaching näher eingegangen (2.2).

2.1 De-kontextualisierte Fragen in der Coachingpraxisliteratur

Fragen werden in zahlreichen Beiträgen von Praktiker*innen als zentrale Intervention beschrieben: So argumentiert etwa Schwertl (2011), dass Business-Coaching, das als systemisch ausgewiesen wird, im Wesentlichen aus Fragetechniken besteht. Und erfolgreiches Coaching wird damit gleichgesetzt, als Coach möglichst viele und verschiedene Fragen zu stellen. Fragen werden als „Königsweg zur Exploration des Klienten“ (Wilmes & Loebbert 2013, 38), als „zentrale Steuerungsmöglichkeit im Coachingprozess“ (Fischer-Epe 2020, 60) und als die „wichtigste Aufgabe eines Coachs“ (Schreyögg 2012, 269) beschrieben. Neben der grundsätzlichen Betonung der Wichtigkeit des Fragens für die Arbeit als Coach finden sich auch Hinweise, welche Arten von Fragen zu stellen sind. Dabei ergeht fast durchgängig die Aufforderung keine geschlossenen Fragen zu stellen, die als „kommunikationsschließende Fragen“ (Radatz 2018, 171) dem Gegenüber keine Möglichkeit zur Reflexion böten. Im Unterschied dazu müsste auf offene Fragen „schon automatisch detailreich geantwortet werden“, wodurch die Kommunikation geöffnet wird (Schreyögg 2012, 270). Auch finden sich Anleitungen zu Fragewörtern und der Anzahl an Fragen, die verwendet werden sollten: So sind „warum“, „wieso“ und „weshalb“ laut Fischer-Epe (2000, 174) mit „zu vielen negativen Konsequenzen verbunden“ und man möge nur eine Frage stellen, nicht aber eine Folge von Fragen. Charakteristisch für Praxis- und Lehrbücher sind monologische, de-kontextualisierte Auflistungen zahlreicher Fragen oder Fragetypen, deren Kategorisierungsgrundlage oftmals schwer nachzuvollziehen ist und die mittels erfundener Beispielsätze illustriert werden. Diesen Beispielsätzen wird meist exklusiv eine bestimmte kommunikative Funktion zugeordnet. Die replizierte Meinung basiert dabei ausschließlich auf der Praxiserfahrung der Verfasser*innen dieser Werke, nicht jedoch auf dem Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen. Trotz der lösungsorientierten Ausrichtung von Coaching werden als die Lösungsentwicklung konkret unterstützende Fragen oft nur sehr vage hypothetische Fragen, Skalierungsfragen oder die „Wunderfrage“[3] (z. B. Webers 2020) genannt.

2.2 Von Fragen zu Fragesequenzen in der linguistischen Forschung

Die gesprächsanalytische Forschung zu Fragen in helfenden Interaktionen basiert auf der Analyse der Sequenzialität von Gesprächen, die den Fokus (zunächst) von Frage auf Frage-Antwort-Sequenzen (und Post-Expansionen) erweitert und die Reaktion mitfokussiert. Aufgrund der durch sie etablierten konditionellen Relevanz gelten Fragen als first pair parts als prototypisch für die Bildung von Paarsequenzen (Schegloff 2007, 13), d. h. sie sind sogenannte „sequence initiating actions“ von „adjaceny pair sequences“ (Bolden 2009, 975). Fragen setzen jedoch nicht nur eine typ-adäquate Antwort als ein second pair part relevant. Als zentrale Steuerungselemente adressieren sie eine bestimmte Person, prädeterminieren die thematische Richtung und setzen darüber hinaus eine bestimmte Art der response (in Bezug auf Form, Thema und Agenda) vom Gegenüber mehr oder weniger stark konditionell relevant (Stivers 2022, 36; Hayano 2013; Lee 2013): So fordert eine Frage mit dem Interrogativadverb wie als W-Frage mit „telling“-Funktion (Thompson et al. 2015) die (weitere oder) genaue(re) Erläuterung der Art und Weise ein, etwa in Form einer Erzählung (z. B. „Wie haben Sie diese Herausforderung in der Vergangenheit gemeistert?“). Fragepraktiken haben somit das Potenzial das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken und vom Gegenüber eine (bestimmte) Reaktion einzufordern (Spranz-Fogasy 2020): „Asking a question is not an innocent thing to do“ (Steensig & Drew 2008, 7). Die konditionelle Relevanz und Steuerung ermöglicht es den professionell Helfenden, ihre Agenda zu verfolgen und so schließlich zu „helfen“, d. h. „die Klient*innen dabei zu unterstützen [...] ihre physische, psychische, intellektuelle und/oder emotionale Verfassung zu verändern, zu stärken oder ihre Probleme im Zusammenhang damit zu lösen“ (Graf & Spranz-Fogasy 2018, 423). Dennoch kann die Antwort der Klient*innen variieren und eine mehr oder weniger präferierte Reaktion etwa im Sinne von modifizierenden transformative answers (Stivers & Hayashi 2010), ausweichenden answer-like responses (MacMartin 2008) oder re-fokussierenden refocusing responses (Dionne et al. 2024) darstellen. Der Einfluss von Fragen im Sinne einer target action auf den weiteren Verlauf des Gesprächs zeigt sich allerdings erst in der dritten Position, d. h. in der Reaktion der fragenden Person auf die response der Gesprächspartner*innen (siehe auch (non) minimal post-expansion; Schegloff 2007, 118; 148). Basierend auf konversationsanalytischer Vorarbeit entwirft Peräkylä (2019) mit Bezug auf die professionelle Agenda helfender Interaktionen und im Hinblick auf die sequenzielle Untersuchung von Veränderung (in der Psychotherapie) das Modell der „transformativen Sequenzen“[4], in dem die Frage-Antwort-Sequenz um die third position, die response to the response der helfenden Person erweitert wird. In Hilfegesprächen dokumentiert und realisiert die professionell agierende Person laut Peräkylä (2019) hier durch ihre Reaktion die Handlungsrationale und manifestiert die Ziel- bzw. Lösungsorientierung professioneller Interaktionen (ibid., 262). Sie entscheidet über den weiteren Gesprächsverlauf, z. B. ob eine Frage wiederholt, reformuliert oder verworfen wird, ob weitere Informationen elizitiert werden oder ob die Sequenz geschlossen wird etc. Fragesequenzen (Frage-Antwort-Reaktion) leisten dabei auf der inhaltlichen Gesprächsebene einen zentralen Beitrag zur Genese und Bearbeitung neuen Wissens und neuer Erkenntnisse, da sie u. a. Wissenslücken adressieren oder Klient*innen zur Selbstreflexion einladen (Köller 2006; Moos & Spranz-Fogasy 2024) und somit paradigmatisch für das Diktum der lokalen Wirksamkeit sein können (Graf & Spranz-Fogasy 2018). Ein gesprächsanalytischer Ansatz zu Fragen in helfenden Gesprächen adressiert diese somit als target actions (Peräkylä 2019) in ihrer sequentiellen Positionierung und ihrem Verlauf sowie in ihrer Form, Funktion und Interaktionsspezifik (z. B. für die Psychotherapie Mack et al. 2016; Spranz-Fogasy et al. 2018; Kabantik et al. 2019; Spranz-Fogasy 2020; Läpple et al. 2021).

Die existierende linguistische Forschung zu Fragen im Coaching beschränkte sich bis vor Kurzem aufgrund der Nähe der beiden Beratungsformate darauf, für die Psychotherapie entwickelten Fragetypen auf ihr Vorkommen bzw. ihre interaktionstypspezifischen Ausprägungen im Coaching (vergleichend) zu überprüfen. Spranz-Fogasy et al. (2019) kontrastieren Beispiel-Nachfragen wie „Haben Sie vielleicht ein Beispiel dafür?“ in Therapie- und Coachingdaten und schlussfolgern, dass sich „Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede zwischen Psychotherapie und Coaching zeigen [...] in der thematischen, sequenziellen und interaktiven Ausgestaltung der Beispiel-Nachfragen“ (ibid., 197). Während die formalen und funktionalen Beschreibungen wenig voneinander abweichen, zeigen sich interaktionstypspezifische Abweichungen in der Bearbeitung von Beispiel-Nachfragen, u. a. liefern Coaching-Klient*innen in ihren Antworten selbstständig konkrete Beispiele und sind bereit subjektive Erlebnisse zu schildern. Wie in der Einleitung erläutert, liefern Kabatnik & Graf (2021) erste detaillierte Vorarbeiten zu Fragen im Kontext von Lösungsentwicklung. Ausgehend vom für die Psychotherapie definierten Fragetyp Lösungsorientierte Frage zeigt ihre vergleichende Studie, dass im Coaching fast viermal so viele Fragen zu Lösungen vorkommen und dass diese entlang des gesamten Coachinggesprächs, nicht nur gegen Ende der Gespräche bzw. als Abschluss längerer Aktivitäten, auftreten. Kabatnik & Graf (2021) schlussfolgern, dass die hohe Frequenz sowie unterschiedliche Gesprächskontexte lösungsorientierter Fragen es notwendig machen, den Fragetyp bzw. seine (interaktionstypspezifischen) Funktionen im Coaching stärker zu differenzieren und separat in den Blick zu nehmen. So traten etwa das Aufdecken (vorhandener) Lösungsressourcen oder das Explorieren von Lösungswünschen als Coaching-spezifische Aufgaben von Fragen, die der Lösungsentwicklung dienen, zum Vorschein. Im interdisziplinären Forschungsprojekt QueSCo wurden schließlich erstmals Coaching-spezifische Fragen und Fragesequenzen ermittelt, typologisiert und mit Blick auf ihren Beitrag zur Wirksamkeit des Coachingprozesses analysiert (Graf et al. 2023a). In Anlehnung an Peräkylä (2019) wurden für die sequenzielle Betrachtung der Fragevorlauf, Position 1 mit der Frage als target action, sowie Positionen 2 (response der Klient*innen) und 3 (response to the response der Coaches) für die Entwicklung von Kategorien und Typen berücksichtigt. Die Coaching-spezifische Fragetypologie – induktiv ermittelt anhand inhaltlicher und gesprächsanalytischer Kriterien auf Basis authentischer Daten – besteht aus 12 Fragetypen, die sich auf sieben übergeordnete Funktionen[5] verteilen (s. Abbildung 1) und von der Coaching-Rationale motiviert sind. Aufgrund der im linguistisch-psychologischen Projekt notwendigen Aushandlung zwischen Expansion und Reduktion (der linguistisch ermittelten Fragetypen) ergibt sich mitunter eine Deckung zwischen Funktion und Fragetyp.

Abb. 1 
            Fragetypen und übergeordnete Funktionen aus dem QueSCo-Projekt
Abb. 1

Fragetypen und übergeordnete Funktionen aus dem QueSCo-Projekt

Das entwickelte Kodiermanual (Graf et al. 2024) gewährleistet eine unabhängige und reliable Kodierung, die u. a. ermöglicht, die Häufigkeit erfolgreicher[6] Fragesequenz(typ)en im gesamten Datenkorpus zu ermitteln.

Abgesehen von Analysen zu Fragen als target actions, beschäftigen sich darüber hinaus drei Studien mit den Reaktionen von Klient*innen: Winkler (2022) erarbeitet eine Typologie semi-responsiver Antworten von Klient*innen, Dionne et al. (2024) adressieren verschiedene Formen des Widerstands in den Reaktionen von Klient*innen auf W-Fragen der Coaches, Moos und Spranz-Fogasy (2024) fokussieren selbstreflektierendes Verhalten als Reaktion von Klient*innen auf eine rephrasing oder relocating formulation unmittelbar gefolgt von einer Frage.

3 Daten und Methode

Die Daten der vorliegenden Studie entstammen dem Korpus authentischer deutschsprachiger Coachingdaten (Graf et al. 2024), die zwischen 2021 und 2023 für das QueSCo-Projekt erhoben und nach cGAT Minimaltranskriptkonventionen (Schmidt et al. 2016) verschriftet wurden. Das Korpus umfasst Audio-/Video-Aufzeichnungen von insgesamt 14 Business Coaching-Prozessen mit 50 Sitzungen und einer Gesamtlänge von über 62 Stunden. In den gesamten Daten finden sich 3023 Fragesequenzen mit 3691 Fragen. Fragen machen dabei 16 %, Fragesequenzen 83 % der gesamten Gespräche aus. 41 % der Fragen sind lösungsorientiert. Für die vorliegende Analyse von Fragen zur Lösungsentwicklung wurden aus den bereits transkribierten Daten drei (möglichst unterschiedliche) Prozesse mit insgesamt 10 Sitzungen (CO1_KL1 mit 4 Sitzungen, CO3_KL1 mit 3 Sitzungen und CO7_KL1 mit 3 Sitzungen) ausgewählt; dies entspricht einem Fünftel des Gesamtkorpus. Bei den Interaktant*innen handelt es sich um zwei weibliche und einen männlichen Coach, die innerhalb des systemisch-lösungsorientierten Business Coaching unterschiedliche Ansätze verfolgen (d. h. systemisches Coaching, lösungsorientiertes Kurzzeitcoaching, ressourcenorientiertes systemisches Coaching) und drei Klientinnen aus den Bereichen Academia und Wirtschaft mit verschiedenen Anliegen (weiterer beruflichen Werdegang, Fokus auf die Dissertation und Übernahme einer Führungsposition). In den ausgewählten Prozessen wurden zunächst auf Basis der im QueSCo-Projekt erarbeiteten formalen und thematisch-funktionalen Kriterien (Graf et al. 2024) Fragen identifiziert, die den fünf Fragetypen zur Lösungsentwicklung zuzuordnen sind; die Anzahl der Fragen zu Hindernissen war dabei so gering, dass sie von der weiteren Analyse ausgeschlossen wurden. Die Kollektion beinhaltet insgesamt 237 (bzw. 235 ohne Fragen zu Hindernissen) Fragen zur Lösungsentwicklung (s. Tabelle 1) als target action (Peräkylä 2019) und Ausgangspunkt für lösungsorientierte Fragesequenzen im Coaching.

Tabelle 1 
          Anzahl und Verteilung der Fragen zur Lösungsentwicklung im Korpus
Tabelle 1

Anzahl und Verteilung der Fragen zur Lösungsentwicklung im Korpus

Mittels einer an die Methode der linguistischen Gesprächsanalyse angelehnten Vorgehensweise (Deppermann 2008), die sowohl das wie als auch das wozu von Fragen und Fragesequenzen fokussiert, wurde die Kollektion auf formale Gestaltungsmerkmale, thematisch-inhaltliche Fokusse, semantische Auffälligkeiten, intendierte Funktionen und kontextuelle Einbettung hin untersucht, kategorisiert und anschließend kodiert und quantifiziert. Ziel dieser linguistischen Coachingprozessstudie war es, eine detailliertere Typisierung der verschiedenen, bereits existierenden Fragetypen zur Lösungsentwicklung zur Herausarbeitung einer möglichen Interaktionstypspezifik vorzunehmen.

Hierfür wurden zunächst formale und inhaltliche Kategorien in Bezug auf die Fragen (Form, Zeitbezug, Realitätsbezug, Referenzobjekt, Adressierung) bzw. die Sequenzposition, die die Frage beinhaltet (Deppermann 2008, 73) (Anzahl der Fragen, Inhaltsfokus, Komplexitätsgrad, Formulierungsdynamik), basierend auf gesprächsanalytischen Kriterien erarbeitet (siehe Definitionen in Anhang 1), die individuell annotiert und anschließend kritisch diskutiert wurden. In Zweifelsfällen wurde ein Konsens innerhalb aller Autorinnen gesucht. Die Ergebnisse der Kategorisierung wurden im Weiteren in das qualitative Auswertungsprogramm MAXQDA 2022 übertragen, um genaue Aussagen über Häufigkeiten und gemeinsames Auftreten verschiedener Kategorien (sog. „Kode-Relationen“) bezüglich der Fragetypen treffen zu können (siehe Kodierstammbaum in Anhang 2). Um den Verlauf der Fragen zur Lösungsentwicklung pro Sitzung und Prozess zu dokumentieren, wurden u. a. „Dokument-Portraits“ in MAXQDA genutzt, die eine grafische Darstellung der Abfolge verschiedener Codes entlang einer Sitzung abbilden. Anschließend wurden weitere qualitative Detailanalysen (bzgl. Funktion, Inhalt, Semantik etc.) der Fragenkollektion durchgeführt, die anhand von repräsentativen Beispielen für den jeweiligen Typ im Folgenden illustriert werden.

4 „Fragen zur Lösungsentwicklung“: Eine Interaktionstypologische Analyse

Die Relevanz der Fragen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching zeigte sich im hier untersuchten Korpus auch alleine aufgrund ihrer Anzahl. Insgesamt zählen wir 608 kodierte Fragen in den ausgewählten Prozessen. Davon entfallen 238 (inkl. Fragen zu Hindernissen) auf Fragen zur Lösungsentwicklung, d. h. 39,1 % aller Fragen sind lösungsorientiert. Die Fragepraktik stellt somit eine zentrale Intervention dar, mittels derer Veränderung und (Selbst-)Reflexion im Coaching angestoßen und elizitiert werden kann.

Tabelle 2 
          Übersicht und Prozentangaben Fragen und Fragen zur Lösungsentwicklung
Tabelle 2

Übersicht und Prozentangaben Fragen und Fragen zur Lösungsentwicklung

Mit Blick auf die Handlungsrationale im Coaching, Strategien und Maßnahmen (d. h. messbare Lösungen) möglichst rasch und effektiv auszuarbeiten (Schermuly 2019), ist die Anzahl der verschiedenen Fragetypen bemerkenswert: Die Arbeit an Lösungsressourcen (N=79) und ‑projektionen (N=70) nimmt den Großteil ein. Konkrete „Fragen zu Lösungsstrategien“ sind mit N=35 am seltensten. Dies spricht für eine Fokussierung auf das Ausbilden von Denk- und Verhaltensalternativen und der (Re-)Strukturierung mentaler Prozesse im Coaching, die erst abschließend in der Ausarbeitung konkreter Handlungsalternativen kulminieren (Pick & Scarvaglieri 2022). Im Folgenden werden die Ergebnisse der Analyse detailliert und die Charakteristika der Fragen jeweils anhand eines aussagekräftigen (Frage-Antwort-)Beispiels aus dem Korpus illustriert. Die Tabellen 3 und 4 zeigen zunächst die Ergebnisse (d. h. die Übersicht der Häufigkeiten) der Kodierung mit MAXQDA im Überblick.

Tabelle 3 
          Ergebnisse der Kodierung der Kategorien (s. Anhang 1) in MAXQDA (Teil 1)
Tabelle 3

Ergebnisse der Kodierung der Kategorien (s. Anhang 1) in MAXQDA (Teil 1)

Tabelle 4 
          Ergebnisse der Kodierung der Kategorien (s. Anhang 1) in MAXQDA (Teil 2)
Tabelle 4

Ergebnisse der Kodierung der Kategorien (s. Anhang 1) in MAXQDA (Teil 2)

4.1 Fragen zur Lösungsprojektion (N=70)

das das ziel is sie sind in fünf jahrn selbstständig un und wie stark is dieser wunsch, ja (0.7) wie gut fühlt der sich an

Bezüglich des Formulierungsdesigns bzw. der grammatischen/morphosyntaktischen Form (Couper-Kuhlen & Selting 2018, 217ff) der Fragen zur Lösungsprojektion, weisen 54 der Fragen das W-Frageformat auf, 9 Fragen sind V1-/Polarfragen (Hayano 2013), 4 sind Deklarativsatzfragen (DS-Frage, Spranz-Fogasy 2010; Hayano 2013) und drei Alternativfragen (Biezma 2009). Etwas mehr als der Hälfte der Fragen bzw. jener Äußerungen, in denen die Frage eingebettet ist (N=38), weist eine eher zögerliche Formulierungsdynamik bzw. erhöhten Formulierungsaufwand (z. B. durch Selbstreparaturen, Abbrüche, Wiederholungen, Verzögerungen oder Mikropausen; Deppermann 2008, 56 ff; Läpple et al. 2021) auf. Basierend auf den im Kategorienkatalog festgelegten Definitionen weist der überwiegende Anteil (N=52) einen zukünftigen Zeitbezug auf; darüber hinaus finden sich Bezüge zu Gegenwart (N=4), Mischformen (N=13) und Vergangenheit (N=1). Der Realitätsbezug dieses Fragetyps ist überwiegend im hypothetischen Bereich (N=56) zu verorten. Beim Referenzobjekt der Fragen zu Lösungsprojektion handelt es sich am häufigsten um (abstrakte oder konkrete) Dinge/Sachen/Ereignisse (N=45) wie z. B. Wunsch, Traumjob, Fortschritte oder um die Klient*innen selbst (N=37). In 3 Fällen wird auf die Coachingdyade referiert.[7] Einen weiteren Analysevergleichspunkt bildeten Häufigkeiten unterschiedlicher Arten der Adressierung und Personenreferenz, d. h. die Verwendung von Eigennamen und/oder pronominaler Personenreferenz, du/Sie/dein/Ihr, mithilfe derer Klient*innen direkt angesprochen oder referiert werden (Enfield 2013; Enfield & Stivers 2007), die Adressierung von Persönlichkeitsanteilen der Klient*innen, sowie weitere Arten der Beziehungsherstellung wie die Verwendung der kollektiven (Selbst-)Referenz „Wir“ durch Coaches (Lerner & Kitzinger 2007) oder den Einsatz des Ich-Formats ohne Selbstreferenz. Auch Kombinationen sind möglich. Bei der Verwendung der Ich-Form handelt es sich etwa um eine Übernahme der Perspektive von Klient*innen durch den*die Coach (Graf 2019) oder zitierte, d. h. wiederholte, Rede von Klient*innenaussagen (Couper-Kuhlen 1996) (z. B. bedeutet das dann automatisch ich bleibe auch an der TU oder würden sie °h trotzdem (.) ähm (0.51) auch mit blick auf ihren traumjob °hh ähm sich weiter bewerben; oder wie würd das aussehn wenn sie sagn ich kann mich hier gut verwirklichn). In den Fragen zur Lösungsprojektion überwiegt der Gebrauch des Namens und/oder pronominaler Referenzen (N=40) (durch) vor keiner Adressierung. Ebenso werden Ich- und Wir-Format (N=5; N=3) verwendet.

Auch wenn aufgrund des vorliegenden Fokus auf eine Detaillierung des Fragetyps selbst dies hier nicht im Vordergrund steht, können dennoch einige Aspekte zur kontextuellen Einbettung der Fragetypen in den Gesprächsverlauf angemerkt werden. So etwa zur Anzahl der Fragen innerhalb der Äußerung/Sequenzposition (Deppermann 2008, 73) von Coaches. Fragen zur Lösungsprojektion treten zumeist (N=47) als Einzelfragen auf, d. h. es wird keine weitere Frage innerhalb derselben Sequenzposition gestellt (siehe Bsp. 1). Sie können aber auch (N=23) in Fragebatterien realisiert werden, d. h. mehrere Fragen folgen innerhalb der Position aufeinander, aber erst nach dem Stellen der letzten Frage wird eine Antwort (auf eine oder mehrere Fragen) konditionell relevant gesetzt. Bei Fragebatterien kann es sich um Wiederholungen (z. B. was ham sie getan (.) sie ham also dann (.) °hh (.) äh sozusagen gebucht ... oder was haben sie da ge (.) konkret gemacht), Reformulierungen oder Spezifizierungen (z. B. hat denn von unserer stunde etwas spezielles so nachgewirkt und so hat_s ne erkenntnis (.) irgendwas gegeben), aber auch um mehrere konditionell relevant gesetzte Fragen (z. B. wann wo wie in welchem zusammenhang) handeln (Linell et al. 2003; Skovholt et al. 2021; Graf et al. 2024). Zum Komplexitätsgrad und zur Verteilung der Fragen entlang von Sitzungen und Prozessen kann Folgendes angemerkt werden: Im Falle der Lösungsprojektion überwiegen reine Frageelemente (N=28) und Fragen mit Einleitung (N=35) (siehe Bsp. 1) im Sinne von MacMartins (2008) „preface“. Basierend auf den MAXQDA-Visualisierungen und qualitativen Analysen des Frageverlaufs innerhalb von Sitzungen und Prozessen treten Fragen zur Lösungsprojektion vermehrt zu Beginn von gesamten Prozessen, aber auch von Sitzungen und Aktivitäten (z. B. „Ko-Konstruktion von Veränderung“ vgl. Graf 2019), jedoch kaum am Ende von Prozessen und Sitzungen auf und werden im weiteren Verlauf von Fragen zu Ressourcen oder Strategien abgelöst. Sie können den Mittelpunkt gesamter Sitzungen bilden (vgl. Fleischhacker & Vehviläinen in prep.).

Thematisch beziehen sie sich am häufigsten auf den privaten und vor allem professionellen Alltag der Klient*innen. Nur einmal findet sich als metadiskursive Praktik (Graf 2017) ein ausschließlicher Bezug auf die Coachinginteraktion; in N=11 Fällen tritt eine Mischform auf (d. h. Coachinginteraktion und Alltag von Klient*innen). Spezifischer lassen sich u. a. folgende thematische Fokusse identifizieren: Veränderungs- und Entwicklungspotentiale und (erste) Anzeichen für Veränderung und Coaching-Erfolge; Ideale, Wünsche, Möglichkeiten und Vorstellungen (vor allem in Bezug auf die professionelle Zukunft und Weiterentwicklung der Klient*innen); erwünschte Denk- und Handlungsalternativen; Emotionen, Gedanken und Bedeutungen von geänderten Verhaltens- oder Denkweisen sowie Entscheidungen.

Trotz übergeordneter gemeinsamer lexikalischer Charakteristika (s. Kapitel 5) zeichnet eine nähere semantisch-lexikalische Analyse der einzelnen Fragetypen doch ein differenzierteres Bild. In den Fragen zur Lösungsprojektion finden sich häufiger modale Bestimmungen der Art und Weise, z. B. gut gelingen, gern verhalten, gut anfühlen, im Sinne einer Bewertung oder Einschätzung zukünftiger Handlungen. Außerdem finden sich gehäuft Verben mit Bezug auf zukünftige Pläne/Handlungen (z. B. anfangen, starten) oder auf den Abschluss bzw. das zu Erreichende (z. B. schaffen, erreichen, gelingen) (siehe Bsp. 1). Das Modalverb „mögen“ bzw. „möchten“ ist häufig. Abgesehen von Verben finden sich auch konkrete Zeitangaben und Nomen, die etwas projizieren, d. h. sich auf Pläne oder Zukunftsvisionen beziehen (z. B. in 5 Jahren, im Jahr 2026, Zielfilm, Wunsch, Traum).

Eine genauere Analyse[8] der interaktionsspezifischen, von Coaches in ihrer professionellen Rolle intendierten bzw. erwünschten Fragefunktionen ergab drei Unterfunktionen, die alle der Lösungsprojektion zugehörig sind: (1) Veränderungs- und Erfolgsprojektion, (2) Lösungsantizipation und (3) Zielprojektion. Veränderungs- und Erfolgsprojektionen (z. B., was für ein unterschied wird das machn wenn wir das erreicht haben; was würde denn im bereich des möglichn (.) liegn was schaffbar wäre) dienen dazu, Erfolge, gewünschte und veränderte Verhaltensweisen zu antizipieren, wahrzunehmen und zu benennen, aber auch, Anzeichen für einen positiven Coachingverlauf aufzudecken. Es werden Bedingungen, Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen (d. h. Möglichkeitsräume) der Klient*innen ermittelt. Mittels Lösungsprojektionen versuchen Coaches auf unterschiedliche Weise den Soll-Zustand zu ermitteln (= gewünschte Denk-, Verhaltens- und Handlungsmöglichkeiten) oder Abgleiche des Ist-Soll-Zustandes durchzuführen, wobei die Zustände auch kognitiv/affektiv bewertet werden. Zielprojektionen dienen schließlich dazu, mögliche Ziele (für das Coaching) auszuloten, zu visualisieren und zu elaborieren. Die subjektive Erfahrungswelt (Gedanken und Gefühle), Vorstellungen und Bedeutungen der Klient*innen in Bezug auf Zielvorstellung und -erreichung werden erarbeitet und detailliert. Dies geschieht meist in einem hypothetischen Raum, der es ermöglicht, verschiedene (Ziel-)Szenarien im Sinne eines Gedankenspiels durchzuspielen, zu testen und gegebenenfalls wieder zu verwerfen.

Bsp. 1 Lösungsprojektion (CO7_KL1_S1)9 
             Veränderungs- und Erfolgsprojektion
Bsp. 1 Lösungsprojektion (CO7_KL1_S1)9

Veränderungs- und Erfolgsprojektion

Beispiel 1[9]zeigt eine Frage zur Lösungsprojektion als Frage-Antwort-Sequenz und illustriert zentrale Merkmale dieses Fragetyps. Der Coach leitet die Einzelfrage, eine offene W-Frage, ein, indem er den hypothetischen (Gedankenspiel-)Raum durch die einleitende Phrase „mal angenommen“ eröffnet und ein zukünftiges Szenario für die Coaching-Interaktion („wir gehen diesen weg explorieren“, Zeile 1) bzw. die gemeinsamen Erkenntnisse und Lernfortschritte („finden mehr darüber raus woher das kommt“, Zeile 2) entwirft (= eingeleitete Frage und somit Komplexitätsgrad 2). Hier findet sich eine leicht zögerliche Formulierungsdynamik (d. h. Mikropausen, Verzögerungssignale). Die Frage selbst bleibt, wenn auch im Indikativ formuliert, sodass der erfragte Unterschied bis zu einem gewissen Grad vom Coach als realistisch konzeptualisiert wird („was für ein Unterschied wird das machen“, Zeile 4), in diesem hypothetischen Spekulationsraum (Peräkylä 1995). Sie hat die Funktion, ein erfolgreiches Ergebnis der gemeinsamen Prozessarbeit zu projizieren (d. h. Veränderungs- oder Erfolgsprojektion). Die Erwartungen in Bezug auf den angestrebten Idealzustand oder gewünschte Erkenntnisse der Klientin als Folge des gemeinsamen Explorierens sollen aufgedeckt werden. Durch die Adressierung mittels kollektiver (Selbst-)Referenz durch das (inkludierende) „Wir“ („wenn wir das erreicht haben“, Zeile 4) (Lerner & Kitzinger 2007) betont der Coach die kollaborative und ko-aktive Ausrichtung der Interaktion und stellt sich indirekt als Prozessbegleiter zur Verfügung. Der positiv konnotierte „Unterschied“ und das Verb „erreichen“ projizieren einen positiven Abschluss der gemeinsamen Aktivität. Die Klientin geht in ihrer Antwort auf die Projektion des zukünftigen, hypothetischen Szenarios, auch durch die Verwendung des Konjunktivs („meine hoffnung wäre“, Zeile 6), ein. Während der Coach den Unterschied nach der Bearbeitung als realistisch antizipiert (durch Verwendung des Indikativs), spricht die Klientin von „Hoffnung“ (Zeile 6) und davon, dass es „mir ein bisschen hilft“ (Zeile 16) und distanziert sich dadurch von der vom Coach transportierten Realisierbarkeit bzw. Veränderungsprojektion. Nach 1.3 Sekunden Pause beginnt sie gewünschte Ergebnisse aus der gemeinsamen Bearbeitung der Ursachen des Anliegens zu formulieren und nennt „konkrete Lösungsansätze“ bzw. Handlungsdesiderata („da muss man ansetzen“, Zeile 16). Durch Verben wie „aufzeigen“ oder „herausfinden“ gibt sie Hinweise auf ihren (erwünschten) epistemischen Status (Heritage 2012) bzw. auf ihr Bedürfnis, den jetzigen Stand des Wissens über sich und mögliche Lösungsansätze in der Coachinginteraktion erweitern zu wollen und liefert somit wertvolle Anhaltspunkte für die weitere Prozessierung des Anliegens für den Coach. Darüber hinaus sieht die Klientin die Bearbeitung der Ursachen als eine notwendige Voraussetzung für die Lösungsfindung an und illustriert dies mit der Kopfschmerzmetapher (Zeile 9–12).

4.2 Fragen zu Lösungsressourcen (N=79)

„wenn sie mal so_n bisschen zurückdenkn das kann sein (.) n beruf privat schule irgndwelche lebtsituation (0.5) wo ihnen das schonmal so (0.7) bisschen gelung ist oder schon gut gelung ist (2.1) was warn das für (.) situation“

Fragen zu Lösungsressourcen weisen in den untersuchten Coachingprozessen mit N=69 eine klare Tendenz zur W-Frageform auf. 7 Fragen sind V1-Fragen, 2 DS-Fragen und nur eine Frage weist ein Alternativfrageformat auf. In 45 Äußerungen findet sich eine zögerliche Formulierungsdynamik. Der Fragetyp zeigt allerdings eine weniger klare Tendenz hinsichtlich des Zeitbezuges: während N=31 der Fragen einen Gegenwartsbezug aufweisen, beziehen sich N=25 auf die Vergangenheit, N=16 weisen eine Mischform auf und nur N=7 haben einen Zukunftsbezug. Der Realitätsbezug ist deutlich faktischer (N=61) als hypothetisch. Als Referenzobjekt überwiegt eine Referenz auf die Klient*innen (N=52), wieder gefolgt von Dingen/Sachen/Ereignissen (N=35, die auch Klient*inneneigenschaften beinhalten, wie etwa Unterschied, Stärke, Fähigkeit, Leichtigkeit. Nur bei diesem Fragetyp wird auch einmal auf Dritte referiert. Bezüglich Anrede und Beziehungsgestaltung überwiegt die direkte Adressierung/Personenreferenz (N=48) über keine Anrede (N=25) (in Bsp. 2 finden sich beide Möglichkeiten). In den Fragen zu Lösungsressourcen zeigt sich allerdings noch eine weitere Coaching-spezifische Art der Adressierung (N=6), bei der nicht die Klient*innen selbst, sondern einer ihrer Persönlichkeitsanteile angesprochen oder befragt wird (z. B. was sagt die selbstliebende zu ihren (.) zweifeln oder was würd diese leichtigkeit sagn) (s. u. Arbeit mit dem inneren Team).

Hinsichtlich ihrer kontextuellen Einbettung zeigt sich, dass diese etwas häufiger (N=43) innerhalb von Fragebatterien als Einzelfragen auftreten. Beim Komplexitätsgrad überwiegen alleinstehende Frage-Elemente (N=33) und eingeleitete Fragen (N=34), allerdings sind komplexere Mischformen (N=11) ebenso möglich. Der Fragetyp macht mitunter den Großteil von Coachingsitzungen/-prozessen aus und kann im Zentrum einer gesamten Coachingsitzung stehen, d. h. dass eine Sitzung sich hauptsächlich mit der Ausarbeitung und Aktivierung von Klient*innen-Ressourcen beschäftigt. Die Fragen können auf Fragen zur Lösungsprojektion folgen und werden häufig von Fragen zu Lösungsstrategien abgelöst.

Der übergeordnete thematische Fokus liegt ebenfalls auf der beruflichen und privaten Lebenswelt der Klient*innen (N=46, Mischform N=33). Die Coachinginteraktion oder das Coaching selbst stehen nicht im Mittelpunkt. Insbesondere werden interne und externe Ressourcen (d. h. Interessen, Werte, Fähigkeiten und Stärken sowie äußere unterstützende Faktoren, wie Familie, Partner etc.), in der Vergangenheit bewältigte Herausforderungen und positive Erfahrungen, bisherige Orientierungsversuche und nützliche Verhaltensmuster sowie Persönlichkeitsanteile (deren Bedürfnisse, Erwartungen, Unterstützungsmöglichkeiten bei der Zielerreichung) thematisiert.

Lexikalisch-semantisch zeichnen sich Fragen zu Lösungsressourcen einerseits durch Ausdrücke aus, die die aktuelle Lage (z. B. im Moment) und Disposition beschreiben (z. B. Situation, Zustand). Mithilfe von Vergangenheitsformen finden sich aber auch Verweise auf vergangene Situationen, wobei Partizipien dabei meist einen (positiven) Abschluss implizieren (z. B. geschafft, gemeistert, gelungen, bewältigt). Wie in der Lösungsprojektion ist auch hier eine (semantische) Zukunftsausrichtung ersichtlich, wobei diese nicht mehr allgemein, sondern konkreter auf Pläne ausgerichtet ist (z. B. Plan, Ziel, Schritt, zielstrebig, angehen, vornehmen). Es finden sich außerdem Ausdrücke, die Machbarkeit und Können implizieren (z. B. zeigen, Fähigkeit, Ressource).

Auch innerhalb der Fragen zu Lösungsressourcen finden sich drei Unterfunktionen: (1) (vorhandene) Ressourcen aufdecken, (2) (fehlende) Ressourcen erarbeiten und (3) Ressourcen bearbeiten und aktivieren. Mit Fragen wie „was haben sie denn schon alles versucht um sich da zu orientieren“ versuchen Coaches, bereits vorhandene (aber unbewusste) Klient*innen-Ressourcen aufzudecken, die der Zielerreichung zuträglich sind. Dies kann sich auf innere Ressourcen (z. B. positive Persönlichkeitsanteile, Werte, Fähigkeiten) oder externe Ressourcen (z. B. Angehörige, Arbeitsbedingungen) beziehen. Stellen Coaches fest, dass notwendige Ressourcen nicht oder nur ansatzweise vorhanden sind, werden diese gemeinsam erarbeitet oder konkretisiert (z. B. was hätten sie denn gebraucht damit_s ihnen nicht passiert). Schließlich werden erarbeitete Ressourcen „aktiviert“, indem diese kognitiv und affektiv evaluiert oder eine Übertragung bzw. Instrumentalisierung angeregt wird. So z. B. in „wo können sie die nutzbar machen oder wie könnten sie °hh diese ressource für ihr °h ihr vorhaben nutzbar machen“. Für all diese Unterfunktionen kommen häufig zwei Interventionen zum Einsatz: die Arbeit mit dem „inneren Team“ (vgl. Publikationen von Schulz von Thun; Guthoff 2022) und die Beispielarbeit (Spranz-Fogasy et al. 2019). Bei der Arbeit mit dem inneren Team werden (in Bezug auf die Zielerreichung positive oder hinderliche) Persönlichkeitsanteile herausgearbeitet und benannt, wodurch Anliegen auf der intra-personalen Ebene bearbeitet werden können. Anschließend sollen Klient*innen mit diesen Anteilen in Dialog treten, positive Anteile stärken und vulnerable explorieren (Graf 2019). Durch diese Selbstreflexion sollen neue Lösungswege erschlossen, eigene innere Bedürfnisse, Erwartungen und Gefühle verbalisiert werden. Ziel ist es, innere Anteile als Ressourcen für die Zielerreichung (im Außen) zu mobilisieren. Die „Beispielarbeit“ fokussiert erfolgreich durchlebte herausfordernde Situationen, um daraus vorhandene Fähigkeiten, Lösungskompetenzen/-strategien und zuträgliche Verhaltensmuster abzuleiten und auf die aktuelle Situation zu übertragen.

Bsp. 2 Lösungsressourcen (CO3_KL1_S3) 
            (Vorhandene) Ressourcen aufdecken
Bsp. 2 Lösungsressourcen (CO3_KL1_S3)

(Vorhandene) Ressourcen aufdecken

Beispiel 2 illustriert die Arbeit mit inneren Anteilen als Ressource. In einer für den Fragetyp häufig auftretenden Einleitung (preface) formuliert die Coach die Rahmenbedingungen für die darauffolgende(n) Frage(n). Sie reformuliert (Antaki 2008) die mit der Klientin zuvor problematisierten Haltungen und Schuldgefühle gegenüber ihren Arbeitskolleg*innen („hoffentlich enttäusche ich die anderen nich“; „hoffentlich sind die mir nich böse“, Zeilen 3–4) bzw. deren Wunsch sich in bestimmten Situationen anders zu verhalten („ich möchte mich besser selbst vertreten können“, Zeilen 5–6). Dafür nimmt die Coach den (vermeintlich genauen) Wortlaut der Klientin auf und verwendet dabei die erste Person Singular „ich“ (Couper-Kuhlen 1996, 367). Mithilfe dieses „constructed dialogue“ (Tannen 1989, 110) bzw. ihrer animierten Rede (Ehmer 2010, 63) inszeniert die Coach die affektive Haltung der Klientin, nimmt deren Perspektive ein und drückt dadurch eine gewisse Unmittelbarkeit aus. Durch die (Re-)Imagination dieser Szenen und Gefühle animiert die Coach die Klientin sich in diese hineinzuversetzen, um den (hilfreichen) Anteil bzw. die Anteile zu identifizieren. Die heikle Reformulierung aus (fiktiver) Klientinnenperspektive spiegelt sich in der zögerlichen Formulierungsdynamik (z. B. durch Selbstreparaturen, Wiederholungen, Mikropausen) wider. Im Anschluss stellt die Coach eine für diesen Fragetyp häufiger auftretende Folge von zwei W-Fragen und setzt darin das Nennen eines (positiven, inneren) Anteils als Unterstützung in Bezug auf die genannten Problemfelder relevant. Die Fragebatterie hat eine präzisierende Funktion (Linell et al. 2003): das „wer“ der ersten Frage wird durch „ein guter anteil“, das „helfen“ durch „zur seite stehen“ in der zweiten Frage näher qualifiziert. In der ersten Frage findet sich auch keine direkte Anrede, wobei die zweite durch „ihnen da zur seite stehen“ auf die Klientin referiert (Zeile 10). Die Fragen haben Zukunftsbezug und sind sowohl aufgrund der Verwendung des Konjunktivs als auch der Thematisierung imaginärer Persönlichkeitsanteile hypothetisch. Die Fragen verfolgen das Ziel, bereits vorhandene intrapersonale Ressourcen zur Unterstützung alternativer Denk- und Verhaltensweisen (Pick & Scarvaglieri 2022) aufzudecken und bedienen sich des Konzepts des „inneren Teams“, d. h. es werden Persönlichkeitsanteile als interne Ressourcen der Klientin thematisiert. Semantisch wird durch „helfen“ und „zur Seite stehen“ Unterstützung und Verbesserung der aktuellen (emotionalen) Lage suggeriert („jetzt in ... diesem gefühl“, Zeilen 1–2). Die Klientin nennt zunächst „die selbstbewusste“ als positiven inneren Anteil, schränkt deren Nützlichkeit aber aufgrund ihrer Definition von Selbstbewusstsein als etwas „oberflächliches“ (Zeile 17) sofort ein (und begründet dies damit – nicht im Exzerpt – dass ihr Selbstbewusstsein zwar zugeschrieben, aber von ihr nicht selbst empfunden wird) und nennt schließlich einen weiteren Anteil, den sie die Selbstliebende nennt. In ihrer leicht refokussierenden Antwort (MacMartin 2008; Dionne et al. 2024) bringt die Klientin zum Ausdruck, dass nicht nur ein Anteil, sondern eine Kombination zweier „parts“ notwendig ist, um ihr in diesen Situationen hilfreich zur Seite zu stehen. Die differenzierte Antwort der Klientin, die ihren eigenen Gedankengang von ihrem „erschten Impuls“ (Zeile 13) über die Definition von Selbstbewusstsein (als externe Zuschreibung vs. innere Haltung) hin zur Kombination zweier innerer Anteile offenlegt, zeigt einen hohen Grad an Selbstreflexion (Moos & Spranz-Fogasy 2024).

4.3 Fragen zu Lösungsstrategien (N=35)

„wenn da hier (.) die studis kommen dieses jenes sonst was brauchen (0.4) °hh und sie müssten eigentlich an ihrem (.) paper arbeiten °hh wie (0.9) °h (0.7) (.) können sie diese stärken zielstrebig und (0.2) ehrgeizig (0.2) °h verwenden in solchen situationen“

Die zahlenmäßig am seltensten vertretenen Fragen zu Lösungsstrategien weisen in ihrer Form 25 W-Fragen, 6 V1- und 4 DS-Fragen auf. Keine (N=18) bzw. zögerliche (N=17) Formulierungsdynamiken wie in Beispiel 3 treten in ausgeglichenem Verhältnis auf. Der Fragetyp hat in seinem Zeitbezug eindeutigen Zukunfts- (N=22) und/oder Gegenwartsbezug (N=7; Mischform N=6). Auch wenn konkretere Strategien und Maßnahmen erarbeitet werden, kann der Realitätsbezug sowohl faktisch (N=22) als auch hypothetisch (N=13), d. h. noch im Möglichkeitsraum verankert sein. Die häufigsten Referenzobjekte der Frage sind die Klient*innen (N=26), gefolgt von Dingen/Sachen/Ereignissen (N=17), etwa Möglichkeit, Erkenntnis, Learning, Schritt oder Kriterien. Es überwiegt die Adressierung der Klient*innen mittels Namens und/oder Personenreferenz (N=26).

In Bezug auf Kontext und Einbettung überwiegen Einzelfragen (N=25), nur in 10 Fällen kommen sie innerhalb von Fragebatterien vor. Der Fragetyp fällt durch sehr unterschiedliche Komplexitätsgrade (z. B. Einzelelement N=12; eingeleitete Frage N=11; komplexe Mischform N=6) auf. Beispiel 3 illustriert einen Fall, bei dem zwei Fragen, d. h. eine Fragebatterie, durch eine eingeschobene Erklärung oder Erläuterung getrennt wird. Hinsichtlich der Verteilung bildet der Fragetyp gemeinsam mit „Fragen zu Lösungsressourcen“ oft den (mittleren) Kern von Coachingsitzungen und Prozessen und findet sich häufig im Wechsel mit diesen (d. h. es finden sich Abfolgen wie Ressourcenausarbeitung – Strategie – weitere Ressourcenarbeit etc.). Im Gegensatz zu Fragen zu Ressourcen und Fragen zu Lösungsprojektionen bilden die Fragen aber nicht den Hauptteil einzelner Sitzungen.

Thematisch beziehen sich Fragen zu Lösungsstrategien auf das Berufs- und Alltagsleben der Klient*innen (N=17), wobei Mischformen, in denen auch Bezug zum Coaching hergestellt werden, fast ebenso häufig (N=18) auftreten. Ein ausschließlicher thematischer Bezug auf die Coachinginteraktion findet sich nicht. Thematisiert werden konkrete nächste Schritte, Maßnahmen und Vorgehensweisen zur Zielerreichung, die Gestaltung zukünftiger Handlungen, Lösungsstrategien und Anwendungsmöglichkeiten von Ressourcen, konkrete Methoden und Tools, Erinnerungshilfen für die Bewältigung schwieriger Situationen.

Die nähere semantisch-lexikalische Untersuchung des Fragetyps ergibt viele Ausdrücke der Machbarkeit, die hier allerdings auch Anwendung implizieren (z. B. Möglichkeit, können, kennen, tun, vorgehen, übertragen, verwenden, anwendbar, vorstellbar). Das Modalverb „können“ wird häufig gebraucht. Abgesehen davon implizieren fast alle Verben eine Handlung (z. B. anwenden, machen, schöpfen, herstellen). Interessanterweise finden sich nur hier auch negativ konnotierte Nomen wie Kritik und Kritikpunkte.

Fragen zu Lösungsstrategien bündeln vier (intendierte) untergeordnete Funktionen: (1) die strategische Übertragung von Ressourcen, (2) die Entwicklung von Strategien und Planung nächster Schritte (siehe Bsp. 3), (3) das Festigen von entwickelten Strategien und Maßnahmen, sowie (4) das Anbieten von Strategien durch die Coaches selbst. Fragen wie „wie (0.9) °h (0.7) (.) können sie diese stärken zielstrebig und (0.2) ehrgeizig (0.2) °h verwenden in diesen situationen“ dienen dazu, bereits erarbeitete Inhalte strategisch nutzbar zu machen und auf konkrete, herausfordernde Situationen zu übertragen bzw. eine Reflexion darüber im Coachinggespräch anzuregen. Mittels der zweiten Unterfunktion werden spezifische Maßnahmen, (alternative) Strategien, Vorgehensweisen sowie auf das Ziel ausgelegte nächste Schritte erarbeitet und möglichst konkret nächste Handlungen geplant. Das Verfestigen von erarbeiteten Strategien geschieht mittels Merksätzen, Gedächtnisstützen, Mottos etc., die verankert werden sollen, um sie in schwierigen Momenten aktivieren zu können (z. B. wie können sie sich das als erinnerungshilfe °hh (.) präsent halten). Auch wenn Coaches laut Coaching-Rationale nicht für den Inhalt, d. h. die Erarbeitung von Lösungen und Strategien, zuständig sind (Schermuly 2019), so haben manche Fragen doch die Funktion, konkrete Strategien, aber auch Methoden und Tools, anzubieten und das Wissen darüber zur Verfügung zu stellen (z. B. kennen sie eigentlich so methoden des zeitmanagements wie eisenhower matrix).

Das folgende, dritte Beispiel illustriert eine Frage zur Lösungsstrategie mit der Funktion nächste konkrete Handlungsschritte verbal zu planen und dadurch mental „vorzustrukturieren“ (Pick & Scarvaglieri 2022). Der Coach stellt zwei Fragen in einer (komplexen) Fragebatterie, die durch einen erklärenden Einschub getrennt sind. Dieser nimmt sowohl auf die vorhergehende Coaching-Interaktion Bezug („aus dem was wir besprochn haben“, Zeile 3), hat aber auch eine rahmende und qualifizierende Funktion („darf spass machen“; „wenn_s nicht funktioniert is ja auch egal“, Zeilen 5–6), die der Klientin das Andenken nächster Schritte erleichtern soll.

Bsp. 3 Lösungsstrategie (CO7_KL1_S3) 
            Entwicklung von Strategien und Planung nächster Schritte
Bsp. 3 Lösungsstrategie (CO7_KL1_S3)

Entwicklung von Strategien und Planung nächster Schritte

Zunächst stellt der Coach eine offene W-Frage, in der ein „ganz konkreter nächster Schritt“ relevant gesetzt wird, den er aber unmittelbar als „ein experiment“ paraphrasiert und dadurch die gewünschte alternative Verhaltensweise als ein probeweises Anwenden darstellt (Zeile 1). Die zweite Frage ist als V1-Frage mit positiver Polarität formuliert (Läpple et al. 2021), die im Sinne eines „topic proffers“ (Schegloff 2007) mehr als eine Ja-/Nein-Antwort, nämlich ein angestrebtes Vorhaben („was sie sich gerne auch vornehm würdn“, Zeilen 6–7) relevant setzt. Beide Fragen sind zukunftsorientiert und in ihrer konjunktivistischen Formulierung hypothetisch, auch wenn die Verben „vornehmen“ und „angehen“ sowie die Adjektive „konkret“ und „nächster“ eine faktische Umsetzung implizieren. Der Coach überlässt die Wahl des Realitätsbezug zu einem gewissen Grad der Klientin. Interessant sind die Verschiebungen des Referenzobjektes von „nächster Schritt“/„was“ (Dinge/Sachen/Ereignisse) zu „sie gerne angehen“/„sie sich vornehmen“ (Klientin), wodurch der Fokus auf die Klientin und ihr eigenes Handeln gelegt wird. Auch die wiederholte (pronominale) Personenreferenz (Enfield 2013) legt den Fokus auf den Einflussbereich der Klientin. Es findet sich keine zögerliche Formulierungsdynamik. Typisch für den Fragetyp sind Ausdrücke der Anwendung sowie Verben, die Tätigkeit und Handlung implizieren („angehen“, „vornehmen“). Zweck der Fragebatterie ist die Anregung zur Entwicklung und Planung nächster aktionsorientierter Schritte, die zwar auf bereits erarbeiteten Inhalten, nicht aber auf Ressourcenarbeit basieren, was sich auch in dem Ausdruck „ganz konkret“ zeigt. Nach einer (Denk-)Pause von 1.6 Sekunden beginnt die Klientin „ganz konkret“ Maßnahmen anzuführen. In ihrer längeren Selbst-Reflexion (Greif 2008; Moos & Spranz-Fogasy 2024.) nennt sie zwei Schritte im privaten (Buch lesen, meditieren) und schließlich auch zwei im beruflichen (tief durchatmen, kurz etwas Anderes machen) Kontext, die ihrem Anliegen, mehr Ruhe und Gelassenheit in ihren Alltag zu bringen, zuträglich sind, formuliert dabei aber auch Hindernisse (wie etwa fehlender Fokus bzw. Konzentration), die diesen Vorhaben möglicherweise noch im Wege stehen könnten.

4.4 Fragen zur Evaluierung von Zwischenergebnissen (N=51)

was is ihnen denn jetz also (.) äh so nachgegangen von (.) vom letzten mal des war ja viel zu verdauen sozusagen °hh haha (0.3) ähm was is ihn nachgegangen (0.4) was ist vielleicht äh schon so_n bisschen in den alltag (.) hineingerutscht (0.6) gibt_s da was

Auch bei Fragen zur Evaluierung von Zwischenergebnissen findet sich die W-Frageform mit N=37 am häufigsten. 11 Fragen sind als V1-Frage, 3 als Alternativfragen formuliert. Der Fragetyp weist mit N=41 häufig eine zögerliche Formulierungsdynamik auf. Fragen dieses Typs beziehen sich meist auf die Zeit der Gegenwart (N=25) oder Vergangenheit (N=20), d. h. das aktuelle oder vergangene Coachinggeschehen. In fast allen Fällen liegt ein (N=49) faktischer Realitätsbezug vor. Als Referenzobjekte fungieren Klient*innen und Dinge/Sachen/Ereignisse, darunter etwa Gespräch, Faktoren, Anteil, Erkenntnis oder Gefühl, mit jeweils N=35 gleich oft. Einmal referiert der*die Coach auf sich selbst. Meist werden Klient*innen auch hier (pronominal oder onymisch) adressiert (N=37), wie auch in Beispiel 4.

Die Anzahl an Fragen zur Evaluierung von Zwischenergebnissen in einer Coach-Äußerung variiert. Sie treten fast ebenso häufig als Einzelfragen (N=27) wie auch in Fragebatterien auf. Sie weisen starke Unterschiede im Grad der Komplexität auf. Häufig werden Fragen eingeleitet (N=21) (wie in Bsp. 4, wo zunächst Intersubjektivität hergestellt wird) oder ohne weitere Einbettung (N=10) gestellt. Allerdings finden sich auch Einschübe (N=9) oder Mischformen (N=9). Das Auftreten entlang von Sitzungen und Prozessen unterscheidet sich von dem der anderen „Fragen zur Lösungsentwicklung“. Der Fragetyp tritt gehäuft zu Beginn von Coachingsitzungen (im Sinne von „mapping the current state“, Graf 2019, 184, s. u.), aber vor allem am Ende von gesamten Prozessen auf. Fragen zur Evaluierung von Zwischenergebnissen finden sich aber auch punktuell innerhalb fast aller Sitzungen.

Im Gegensatz zu anderen Fragen zur Lösungsentwicklung wird hier in 9 Fällen das Coaching bzw. die Coaching-Interaktion selbst thematisiert. Es gibt auch N=32 Mischformen. Nur 10 Fragen beziehen sich ausschließlich auf den professionellen und lebensweltlichen Kontext der Klient*innen. Thematisch im Vordergrund stehen oft Vergleiche, Evaluierungen und Einschätzungen (z. B. der bisherigen Entwicklungen, neuer Verhaltensmuster, der Wirkung von Inhalten). Thematisiert werden aber auch Einstellungen zum Coaching selbst, dessen Nachwirkungen, Erkenntnisgewinne und die daraus resultierenden Veränderungen aus Klient*innenperspektive.

Auch semantisch zeigt sich das evaluierende Moment dieses Fragetyps. Es finden sich viele Verben und Nomen, die subjektive Meinungen und Ansichten, d. h. die Erlebniswelt von Klient*innen, ausdrücken (z. B. verba sentiendi/cogitandi wie denken, einschätzen, anfühlen, wirken, aber auch Nomen wie Gedanke, Erkenntnis, Überlegung, Gefühl). Außerdem gibt es häufig Verben, die mit der aktuellen Situation zu verknüpfen sind (z. B. stehen, bedeuten, anfühlen) oder aber einen Abschluss bzw. ein Zurückschauen indizieren (z. B. herausgefunden, zurückschauen). Für den Rückblick werden Vergangenheitsformen (z.B. mitgenommen, nachgewirkt, beigetragen) verwendet. Oft werden die Verbformen mit Zeitbestimmungen (z. B. die letzten 4 Wochen, beim letzten Gespräch; im Moment, jetzt, gerade) kombiniert, die den Wechsel zwischen dem Hier und Jetzt der Coachinginteraktion und des gemeinsamen Rückblicks, der oft das Ende eines bestimmten Abschnittes anzeigt, ausdrücken.

Innerhalb der Fragen zur Evaluierung von Zwischenergebnissen finden sich folgende Unterfunktionen: (1) den Veränderungsfortschritt feststellen („mapping the current state“, vgl. Graf 2019), (2) kognitive und affektive Evaluierung von Coachinginhalten und (3) abschließende (Re-)Evaluierungen (wie in Bsp. 4 gezeigt wird, wobei die Evaluierung auch eine kognitive/affektive Einschätzung beinhaltet). Mittels der „mapping the current state“-Funktion wird eine Bestandsaufnahme des Fortschrittes oder Erkenntnisgewinns innerhalb des noch laufenden Coachinggesprächs oder auch zwischen den Coachingsitzungen durchgeführt (z. B. „was hat sich für sie °h getan in den letztn (0.4) vier wochn“). Solche War-Ist-Abgleiche helfen Coaches den Stand innerhalb des Coachingprozesses zu ermitteln. Bei kognitiven und affektiven Evaluierungen (2) werden Gefühle, Gedanken, innere Vorgänge und Befindlichkeiten (d. h. die subjektive Wahrnehmungs- und Erfahrungsebene) in Bezug auf unterschiedliche Inhalte und Aspekte der Coachinginteraktion erfragt. Sie fokussieren das Hier und Jetzt und verknüpfen das Kognitive und Emotionale als zentrale Bausteine für Veränderung und Lernen (z. B. „wie fühlt sich das jetz grad so an bei ihn?“). Schlussendlich sollen abschließende (Re-)Evaluierungen (3) eine längere Aktivität abschließen oder erarbeitete Gesprächsinhalte (d. h. Lösungen, Ressourcen, Strategien etc.) abschließend prüfen. Dies dient vor allem zur Herstellung der Intersubjektivität (Sidnell & Stivers 2013) als Voraussetzung für die gemeinsame Weiterarbeit im Coaching: „was haben sie vielleicht über sich und die situation jetz auch herausgefundn?“

Bsp. 4 Evaluierung von Zwischenergebnissen (CO3_KL1_S1) 
            Abschließende (Re-)Evaluierung
Bsp. 4 Evaluierung von Zwischenergebnissen (CO3_KL1_S1)

Abschließende (Re-)Evaluierung

Die offene W-Frage zur Evaluierung von Zwischenergebnissen (Zeile 5) markiert den Abschluss einer längeren Aktivität. In dieser erarbeiteten Coach und Klientin gemeinsam jene Aspekte, auf die die Klientin in ihrem professionellen Tun großen Wert legt (z. B. Work-Life-Balance, angemessene Führung). Anschließend wurden diese Punkte in Bezug auf ihre aktuelle Tätigkeit entweder mit erfüllt (plus) oder nicht erfüllt (minus) bewertet. Einleitend stellt die Coach Intersubjektivität bzgl. der Referenz der letzten beiden von der Klientin mit „minus“ bewerteten Aspekte (work-life balance, gute führungskraft die fordert und fördert, Zeilen 3–5) her. Nach einer Pause von 1.5 Sekunden innerhalb ihres Turns stellt die Coach schließlich eine Frage zur Evaluierung von Zwischenergebnissen, die eine abschließende (Re-)Evaluierung der erarbeiteten Punkte bzw. eine subjektive Einschätzung der Lage (d. h. der Passung zwischen den Bedürfnissen der Klientin und deren Erfüllung in ihrer aktuellen Tätigkeit) relevant setzt. Die Frage bezieht sich auf die Gegenwart der Coachinginteraktion, weist aber mit dem Referenzobjekt „das“ anaphorisch auf die vorangehende gemeinsame Aktivität bzw. die prior actions von Coach und Klientin (Peräkylä 2019) zurück (vgl. Fleischhacker & Vehviläinen in prep.). Wie die meisten Fragen dieses Typs, ist der Realitätsbezug faktisch und die Klientin wird mit „auf sie“ direkt angesprochen. Der Fokus auf die subjektive Klientinnen-Perspektive zeigt sich auch semantisch im Verb „wirken“, das sowohl epistemische als auch affektive Einschätzungen bzw. stance-taking (Keisanen & Kärkkäinen 2014) zulässt. Die Klientin geht in ihrer Antwort weniger auf diese emotional-epistemische Ebene ein, stuft allerdings die gemeinsam erarbeitete, eher negative, Beurteilung ihres aktuellen Anstellungsverhältnisses abschließend als „keine große überraschung“ (Zeile 15) ein. In Zeile 18 fügt sie allerdings hinzu, dass sie – aufgrund ihres Fokus auf „das negative was mich stört“ (Zeile) – von einer noch negativeren Bewertung der aktuellen Arbeitssituation ausgegangen ist („hätt gedacht dass es noch weniger plus sind“).

5 Diskussion der Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Fragen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching. Ein Beitrag zur Herausarbeitung ihrer Interaktionstypspezifik

Mit Blick auf die Interaktionstypspezifik von Fragen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching spiegeln die im aktuellen Beitrag herausgearbeiteten Aspekte der Häufigkeit und Distribution dieses Fragetyps die zugrundeliegende Handlungsrationale von Coaching wider. Die fünf etablierten Fragetypen, die sich der Lösungsentwicklung widmen, dokumentieren auf der Ebene der konkreten sprachlich-diskursiven Handlungen dessen reklamierte Ziel- und Lösungsorientiertheit. Es wurde festgestellt, dass die Fragen entlang der gesamten Sitzungen (d. h. im 1., 2. und 3. Drittel und nicht nur in der „Kernphase“ des Gesprächs) sowie entlang gesamter Prozesse vorkommen (vgl. auch Kabatnik & Graf 2021). Sie können dabei – im Unterschied zu Lösungsorientierten Fragen in der Psychotherapie (Kabatnik et al. 2019) – sowohl Basisaktivitäten (Graf 2019) (z. B. Ko-Konstruktion von Veränderung) als auch darin enthaltene kommunikative Aufgaben initiieren (z. B. die Ausarbeitung von Ressourcen) oder diese abschließen (z. B. durch Evaluierungen von Zwischenergebnissen).

Mit Hinblick auf die hier verfolgte Fragestellung einer weiteren Kategorisierung und Differenzierung der Fragen zur Lösungsentwicklung konnte die vorliegende Analyse einerseits gemeinsame Charakteristika aufzeigen, die ihre Zuordnung zur übergeordneten Funktion der Lösungsentwicklung rechtfertigen. Andererseits weisen unterschiedliche Eigenschaften darauf hin, dass es sich um verschiedene Fragetypen im Kontext der Lösungsentwicklung handelt. Die detaillierte Analyse ergibt dabei sowohl eine Fragetyp- als auch eine Interaktionstypspezifik.

5.1 Gemeinsamkeiten aller Typen von Fragen zur Lösungsentwicklung

Fragen zur Lösungsentwicklung haben die übergeordnete Funktion, Lösungen und Lösungswege für Probleme, Herausforderungen, Konflikte und Anliegen der Klient*innen zu entwerfen und zu reflektieren und dadurch möglicherweise zur intendierten Veränderung beizutragen. Im geschützten Rahmen des professionellen Gesprächs sollen, oftmals im hypothetischen Modus, Lösungsmöglichkeiten generiert werden, die zu anderen Denk- und Verhaltensweisen, neuen Handlungsalternativen und zielorientierten Verhaltensmustern führen sollen.

Gemeinsam ist allen die überdurchschnittlich hohe Realisierung als W-Fragen (mit „Telling“-Funktion“, Thompson et al. 2015, 20), die nach ausführlichen Antworten suchen wie Berichte, Erzählungen oder Erklärungen. Auch wenn W-Fragen mithilfe des Fragewortes eine spezifische Information in der Antwort relevant setzen und so auch die thematische Richtung vorgeben, zeichnen sie sich andererseits durch ihr breites Antwortspektrum aus (Clayman & Heritage 2002, 201). Außerdem enthalten W-Fragen mitunter „deeply embedded presuppositions“ (ibid., 206), d. h., dass den enthaltenen Präsuppositionen (im Gegensatz etwa zu V1-Fragen) schwerer widersprochen werden kann, sodass Klient*innen gezwungen sind, sich bisweilen kritisch mit den Vorannahmen und der in der Frage enthaltenen (Coach‑)Perspektive auseinanderzusetzen. Beide dieser Merkmale machen W-Fragen zu besonders reflexionsanregenden Interventionen in helfenden Berufen (MacMartin 2008).

Ebenso treten alle sowohl als Einzelfrage als auch in Fragebatterien auf (Linell et al. 2013). Die in der Coaching-Praxis verbreitete Handlungsempfehlung, man solle nur einzelne Fragen stellen, lässt sich somit in empirischen Untersuchungen authentischer Gespräche nicht bestätigen (vgl. „talk-in-theory“ vs. „talk-in-practice“, Stokoe 2012). Ähnlich verhält es sich mit der in der Praxisliteratur empfohlenen „Einfachheit“ von Fragen (im Sinne von kurz und prägnant), gegen die die Varianz ihrer Einbettung in längere Coach-Äußerungen in dieser Untersuchung spricht. Zwar überwiegen in allen Fällen „prefaced questions“ (MacMartin 2008) und solche, die nur das Frageelement enthalten, jedoch sind auch verschiede Komplexitätsgrade bei allen Fragetypen möglich. Dies lässt sich durch die interaktionalen Kontextualisierungserfordernisse authentischer Gespräche erklären.

Thematisch beziehen sich Fragen zur Lösungsentwicklung am häufigsten auf ein alltägliches Anliegen bzw. insbesondere ein berufliches Anliegen der Klient*innen und dessen Bearbeitung (d. h. auf Lösungswege, Ressourcen, Strategien, Maßnahmen etc. und nicht auf die Coaching-Interaktion selbst, wie es etwa bei Fragen zum Agenda-Setting (Jautz et al. 2023) der Fall ist). Auf der lexikalischen Ebene werden dafür Ausdrücke aus positiv konnotierten semantischen Wortfeldern wie Veränderung oder Zukunft gewählt und (konkrete) Zeitangaben zur Markierung von nach vorne gerichteter Prospektivität und antizipierter Veränderung inkludiert. Lösungsmöglichkeiten werden lexematisch explizit gemacht, wie z. B. Ziel/Lösung, Wunsch, Möglichkeit. Wahrnehmungs- und Erlebensausdrücke stehen oft im Vordergrund, da die Fragen häufig auf die epistemisch-kognitive und emotional-volitionale Bewusstseinsebene von Klient*innen abzielen. Es findet eine starke thematische und interaktive (Re-)Fokussierung der Klient*innen auf das (selbstständige) Finden von Lösungen sowie auf die subjektive Erlebniswelt statt.

Insgesamt zeigt sich bei den untersuchten Fragen zur Lösungsentwicklung auch eine starke Tendenz zur direkten Adressierung und Referenz auf Klient*innen durch die Coaches, obwohl die Adressat*innenschaft und die Sprecher*innenauswahl im dyadischen Gesprächsformat nicht in Frage stehen (Lerner & Kitzinger 2007). Adressierungen werden teils mehrfach realisiert, wobei auch an Stellen auf Klient*innen referiert wird, an denen dies syntaktisch nicht notwendig ist. Dies zeigt im Sinne einer markierten Referenz an, dass dadurch zusätzliche Funktionen im Coaching erfüllt werden (Enfield 2013, 434). Einerseits wird durch Adressierung und Personenreferenz größere Nähe, Aufmerksamkeit und Involviertheit hergestellt und somit implizite Beziehungsarbeit geleistet, da sie eine Ausrichtung und Sensibilität für die Gesprächspartner*innen anzeigt (Günthner 2022). Andererseits zeigt sich darin eine Klient*innenzentrierung im Coaching (Graf & Jautz 2022), die deren Wünsche, Ziele, Pläne etc. als kommunikativen Fokus (Enfield 2013, 433) in den Mittelpunkt stellt. Gleichzeitig wird die epistemische Autorität und Eigenverantwortung (Oh 2007, „responsibility attribution“), d. h. die Agency der Klient*innen, so immer wieder hervorgehoben und unterstützt (Wahlström 2023).

Fragen zur Lösungsentwicklung stellen aufgrund ihrer teils komplexen Einbettung, des Fokus auf die epistemisch-emotionale Bewusstseinsebene aber auch auf die motivationale Ebene der Klient*innen und die damit verbundene Sensibilität der Themen, ein bisweilen heikles interaktives Unterfangen dar. Dies zeigt sich in einer meist zögerlichen, d. h. von Pausen, Wiederholungen, Abbrüchen, Selbst-Reparaturen etc. geprägten Formulierungsdynamik.

5.2 Unterschiede zwischen den Typen von Fragen zur Lösungsentwicklung

Im Folgenden werden die Unterschiede der verschiedenen Fragetypen zur Lösungsentwicklung in Bezug auf Form, Kontext, Semantik/Lexik (Tabelle 5), Thematik und Funktion (Tabelle 6) tabellarisch dargestellt. Punktuell wird dabei auf besondere Aspekte Bezug genommen, um ihre Fragetyp- und Interaktionsspezifik (weiter) herauszuarbeiten. Dies stand im Fokus des vorliegenden Beitrags.

Fragen zur Lösungsprojektion ermöglichen es, tentativ Lösungsansätze und Wunschvorstellungen anzudenken und diese in idealisierten/hypothetischen Szenarios auszuformulieren. Klient*innen werden sehr früh angehalten, mit Lösungen zu experimentieren und zukünftige Veränderungen zu antizipieren, ohne dass ein „Umweg“ über eine tiefere Problemexploration gemacht wird. Mittels dieser komplexen Anforderung, ideale, zukünftige Zustände und Perspektiven für sich zu entwerfen, werden Klient*innen vor die Aufgabe gestellt, erste Lösungskonzepte und Zielvorstellungen zu antizipieren oder offenzulegen. Dass dies so früh im Prozess geschieht, lässt eine den Klient*innen im Coaching zugeschriebene, allgemein hohe Handlungsmacht und Fähigkeit zum Selbstentwurf (etwa im Vergleich zur Psychotherapie, siehe Kabatnik et al. 2019) vermuten. Dies entspricht der Handlungsrationale im Coaching, die psychisch gesunde und zur Veränderung bereite Klient*innen voraussetzt und ihnen sowohl eine erhöhte Lösungsbereitschaft als auch sofortige Lösungsfindungskompetenz zuschreibt (Spranz-Fogasy et al. 2019 für Beispielnachfragen). Gleichzeitig findet sich vermehrt die kollektive Selbst-Referenz „wir“ (Lerner & Kitzinger 2007), wodurch sich Coaches in das Tun miteinschließen und eine kollaborative Anliegensbearbeitung auf Augenhöhe suggerieren. Es wird ein „bond“ geschaffen und so die working alliance (Graf & Jautz 2022) zwischen Coach und Klient*in gestärkt. Auch durch die vermehrte Ich-Form ohne Selbst-Referenz, die Empathie und Perspektivenübernahme ausdrückt, wird Beziehungsarbeit geleistet (Muntigl 2022).

Fragen zu Lösungsressourcen fokussieren interne und externe Ressourcen, die von Klient*innen genutzt werden können, um an ihr Ziel zu gelangen. Außerdem werden bereits früh wirksame Faktoren und Verhaltensweisen ins Bewusstsein gerufen, um Klient*innen ihre vorhandene Handlungsfähigkeit vor Augen zu führen (s. Beispielarbeit Spranz-Fogasy et al. 2019). Als Zeitbezüge dienen hier daher häufig Gegenwart und Vergangenheit und es wird meist ein faktischer Realitätsbezug gewählt. Da auf externe Ressourcen referiert werden muss, werden auch „Dritte“ zum Referenzobjekt. Bei der Arbeit mit dem inneren Team werden häufig Persönlichkeitsanteile der Klient*innen angesprochen, die das Bearbeiten des Anliegens auf intra-personaler Ebene erlauben (Guthoff 2022).

Durch Fragen zu Lösungsstrategien sollen Schritte und Maßnahmen erarbeitet, geplant, gefestigt und auf (herausfordernde) Situationen übertragen werden. Neue Handlungs- und Denkweisen werden im Detail vorstrukturiert bzw. mental vorbereitet (Pick & Scarvaglieri 2022). Bei diesem Fragetyp findet sich daher kein Vergangenheits- sondern vor allem Zukunftsbezug. Da die (zukünftigen) Handlungen der Klient*innen und deren selbstständige Handlungsfähigkeit hier besonders im Vordergrund stehen, überwiegt die direkte Adressierung und Referenz. Fragen zu Lösungsstrategien bilden mit Lösungsprojektionen und Ressourcen Muster in der Abfolge aus, die jedoch noch weiter sequentiell untersucht werden müssen.

Fragen zur Evaluierung von Zwischenergebnissen stellen einen besonders interaktionsspezifischen Fragetyp dar. Sie treten punktuell entlang aller Sitzungen auf und exemplifizieren die Coaching-spezifische permanente Evaluierung und Rückschau. Sie unterstützen Klient*innen dabei, Veränderungen in Denk- oder Verhaltensweisen bzw. Erkenntnisgewinne durch deren Verbalisierung bewusst(er) wahrzunehmen und zu reflektieren (Graf 2019). Im Gegensatz zu anderen Fragetypen kann diese Bewertung öfter mittels V1-Fragen erfolgen. Hervorzugeben ist, dass bei diesem Fragetyp auch häufiger die Coachinginteraktion selbst im Mittelpunkt steht. So bilden die Fragen den Ausgangspunkt für etwaige Justierungen im Vorgehen innerhalb des Prozesses. Es spiegelt sich die Idee des „Dialogs auf Augenhöhe“ (Graf & Jautz 2022) wider, da Klient*innen sowohl die Fähigkeit als auch die Möglichkeit der Bewertung des aktuellen Vorgehens zuerkannt wird. Evaluierungen sind meist faktischer Natur, da sie sich auf das konkrete, gegenwärtige Coachinggeschehen oder tatsächliche bisherige Lösungsfortschritte beziehen. Anaphorische Ausdrücke und zeitliche Bezüge auf Vergangenes sind typisch für die Rückbezüglichkeit dieses Fragetyps. Die zögerliche Formulierungsdynamik dieses Fragetyps könnte einerseits auf das Erfragen persönlicher Bewusstseinszustände, andererseits auf die Möglichkeit des face-threats (Brown & Levinson 1987) für den*die Coach sollten erwartete Erfolge bzw. die positive Bewertung durch Klient*innen ausbleiben, zurückgeführt werden.

Tabelle 5 
            Unterscheidende Charakteristika der Fragetypen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching
Tabelle 5

Unterscheidende Charakteristika der Fragetypen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching

Tabelle 6 
            Unterscheidende Charakteristika der Fragetypen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching
Tabelle 6

Unterscheidende Charakteristika der Fragetypen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching

6 Conclusio und Ausblick

Der vorliegende Beitrag fokussierte Fragen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching. Ziel war es auf der einen Seite übergeordnet die linguistische Erforschung von Fragepraktiken im Coaching im Rahmen der noch am Anfang stehenden Linguistic Coaching Process Research (Fleischhacker & Graf 2024) voranzubringen. Das spezifische Erkenntnisinteresse galt den Fragen zur Lösungsentwicklung und insbesondere ihrer formalen, inhaltlich-thematischen, semantischen und funktionalen Besonderheiten, um ihre Fragetyp-, aber auch ihre Interaktionstypspezifik herauszuarbeiten. Dabei kam ein an die Gesprächsanalyse angelehntes Vorgehen zum Einsatz, das Kodierung in MAXQDA und induktive, daten-basierte qualitative Analyse vereinte, um die Fragen zu kategorisieren und näher zu beschreiben. Aufgrund der klient*innen- und prozessorientierten Vorgehensweise im Coaching sollten die hier anhand dreier Prozesse ermittelten Charakteristika allerdings zukünftig an einem größeren Korpus überprüft werden. Während es sich bei Fragen in ihrer Sequenz- und Interaktionslogik grundsätzlich um eine veränderungsinduzierende Praktik in helfenden Gesprächen handelt (Spranz-Fogasy 2020), ist das Potential zum Anstoß von Veränderung in Klient*innen den Fragen zur Lösungsentwicklung auf verschiedenen sprachlichen Ebenen inhärent. Allerdings muss für die Untersuchung der (lokalen) Wirksamkeit ihr sequenzieller Verlauf in den Blick genommen und ermittelt werden, ob die verschiedenen Fragen zur Lösungsentwicklung unterschiedliche (Coaching-spezifische) Sequenzorganisationsmodelle ausbilden (vgl. Fleischhacker, Graf & Vehviläinen in Vorb.). Ausgehend von den Fragen als target action sind dafür die ihnen vorausgehenden prior actions sowie die nachfolgenden Turns von Klient*in und Coach im Sinne des „transformative sequences“-Modells (Peräkylä 2019) in den analytischen Blick zu nehmen (vgl. Fleischhacker & Vehviläinen in Vorb.).

Danksagung

Wir bedanken uns herzlich bei Steven Schoonjans für die Unterstützung bei der semantischen Analyse. Diese Forschung wurde teilweise durch den Wissenschaftsfonds FWF finanziert [10.55776/I4990]. Zum Zweck des freien Zugangs haben die Autorinnen für jedwede akzeptierte Manuskriptversion, die sich aus dieser Einreichung ergibt, eine Creative Commons Attribution CC BY-Lizenz vergeben.

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Anhang 1: Definitionen der Analysekategorien

ALLGEMEINE DEFINITIONEN*
FRAGE –Fragen sind unsere target action (Peräkylä 2019) / Fokusäußerung. Unter Fragen verstehen wir initiative Äußerungen mit (hohem) Reaktionsaufforderungscharakter, die eine Antwort oder Reaktion konditionell relevant (Schegloff 1968) setzen (d. h. Bestätigung, Zustimmung oder Informationsaufforderung einfordern). Sie können die grammatische Form W-Frage, V1-Frage, Alternativfrage oder DS-Frage (mit oder ohne Rückversicherungspartikeln) aufweisen (vgl. z. B. Sidnell & Stivers 2013; Graf & Spranz-Fogasy 2018; Spranz-Fogasy 2020)

–Fragepraktiken bestehen auf einem Kontinuum mit mehr oder weniger Reaktionsaufforderungscharakter (ausgedrückt durch mehr oder weniger „response mobilizing features“, wie interrogativer, lexikalischer oder morphologischer Syntax, interrogativer Intonation, Blickkontakt und epistemischer Asymmetrie zugunsten von Rezipient*innen/ Klient*innen (KL)) (vgl. Stivers & Rossano 2010).

Als Fragen verstehen wir folgende Äußerungen:

–Fragen, die formal als Frage formuliert sind (W-Frage/V1-Frage/Alternativfrage) und konditionelle Relevanz aufbauen (vgl. Stivers & Enfield 2010)

–Fragen, die als solche im Gespräch bearbeitet werden (KL deuten den Beitrag als Frage), d. h. funktional als Fragen bearbeitet oder eingesetzt werden (vgl. „functional questions“, Stivers 2022).

–„Fishing“ Elemente (Pomerantz 1980) und „Noticings“ (Muntigl und Horvath 2014) werden nur als Fragen kodiert, wenn das Referenzobjekt KL ist bzw. die Perspektive von KL tatsächlich abgefragt (z. B. markiert durch Rückversicherungspartikeln etc.) und nicht nur die Perspektive von Coaches (CO) dargestellt wird (z. B. Sie sind jetzt unglücklich, nicht wahr? (= Frage) vs. Ich habe das Gefühl, es macht Sie unglücklich / Sie sehen für mich unglücklich aus (= keine Frage)).

–Es werden nur ausformulierte und keine abgebrochenen Fragen berücksichtigt. Nur Fragen von CO sind für die Analyse relevant.

Nicht als Fragen gesehen werden (vgl. für diese Aufzählung auch Stivers & Enfield 2010):

–Reformulierungen (vgl. „formulations“, Antaki 2008, Weiste & Peräkylä 2013), auch wenn auf diese mehr als eine minimale Antwort / typ-konforme Antwort (Raymond 2003, Hayano 2013) erfolgt.

–Interpretationen (Bercelli et al. 2008; Vehviläinen 2003/2008) und Extensionen (Vehviläinen 2003) mit Rückversicherungspartikeln (RVPN) bzw. Aufforderung zur Bestätigung / Zustimmung.

–RVPN, die keine Redeübergabe zulassen (z. B. während einer Erzählung / Erklärung etc.)

–Fragen (ohne konditionelle Relevanz), die in andere Aktionen z. B. Erklärung eingebettet sind (z. B. „questions in reported speech“, Stivers & Enfield 2010)

–Abgebrochene oder unterbrochene Fragen, die nicht von KL beantwortet oder vervollständigt werden.

–Aufforderungen zur physischen Reaktion / körperlichen Aktivität (z. B. Können Sie mir die Tür öffnen?)

–Rhetorische oder „outloud“ Fragen, d. h. Fragen, die CO an sich selbst richten.
SEQUENZ-POSITION –Sequenzpositionen (Deppermann 2008) sind nicht als Beiträge oder Äußerungen im Sinne von Turns (z. B. Couper-Kuhlen & Selting 2018; Sidnell 2010) zu verstehen, sondern als sequentielle Stellen der Interpretation eines Beitrags mit einem fokalen Element („target action“ = Frage, vgl. Peräkylä 2019) und dessen Vor- und Nachfolge. Sie sind definiert durch ein bestimmtes Verhältnis von fokaler Äußerung und Beteiligungsrollen (von Coach und Klient*in). Eine Sequenzposition führt dabei mindestens eine (zentrale) Handlung als Reaktion auf die vorhergehende Position aus, darunter auch etwa „ja“ als Antwort Bestätigung / Zustimmung) (oder sogar „hmhm“) oder „nein“ als Antwort (Ablehnung/Verneinung).

–Die für Fragen relevanten Sequenzpositionen sind Fragevorlauf (-2 und 1-), die Position, die in der Äußerung von Coaches eine Frage als „target action“ (first pair part, Schegloff & Sacks 1973; Schegloff 2007) enthält, Position 2, die unmittelbar anschließende Antwort oder (Nicht-)Reaktion (second pair part) auf die Frage und Position 3, die unmittelbar anschließende Reaktion auf die Antwort/(Nicht-)Reaktion von Klient*innen.

–Im Fokus dieses Beitrages steht die 1. Position, d. h. die „target action“ selbst.

–Sequenzpositionen werden in Verbindung mit Redeübergabe bzw. dem Behalten oder der Übernahme des Rederechtes definiert (vgl. turn holding vs. turn yielding, Couper-Kulen & Selting 2018). In Bezug auf Fragen spielt auch die konditionelle Relevantsetzung eine Rolle.

–In diesem Sinne werden Rückmeldepartikeln oder „continuers“ (z. B. hm, ja, okay etc., vgl. Schegloff 1982) des Gegenübers, d. h. der Klient*innen, die den laufenden Beitrag der*des Coaches als noch nicht abgeschlossen behandeln und die Funktion haben diesen zu unterstützen bzw. die deren Rederecht weiter in Kraft halten (Deppermann 2012; Couper-Kuhlen & Selting 2018), nicht als eigene Positionen angesehen.

–Auch einzelne Wörter und Vervollständigungen, die der Unterstützung bzw. kollaborativen Ausformulierungen („collaborative completion“, siehe z. B. Lerner 2004, Vehviläinen et al. 2008) von Gedanken oder dem Finden von treffenden Ausdrücken etc. dienen, werden dem*der aktuellen Sprecher*in zugeordnet, da keine Redeübergabe an diesem Punkt stattfindet.

–Auch der Umgang mit kompetitiven Überlappungen (im Sinne eines Kampfes um das Rederecht, siehe z. B. Birkner et al. 2020) ist abhängig vom weiteren Redefluss. Wenn Coaches und Klient*innen entweder überlappend sprechen oder versuchen das Rederecht (während der Beitrag des Gegenübers eigentlich noch nicht abgeschlossen ist) zu erlangen, muss darauf geachtet werden, wer das Rederecht behält oder übernimmt.
# FOKUS KATEGORIE SUBKATEGORIEN UND DEFINITIONEN*
1 Sequenz-Position Anzahl Einzelfrage: Eine (abgeschlossene / nicht abgebrochene) Frage (d. h. „target action“/Fokusäußerung) wird in einem Beitrag bzw. in der Sequenzposition von Coaches gestellt.

Fragebatterie: Fragebatterie (vgl. Linnel et al. 2013, „multi-unit questioning turns“) bedeutet, dass mehrere (abgeschlossene / nicht abgebrochene) Fragen hintereinander innerhalb einer Position gestellt werden. Erst nach dem Stellen der letzten Frage wird eine Antwort/Reaktion relevant gesetzt. Fragebatterien können verschiedene Formen annehmen. Für den Zweck dieses Beitrags wird jedoch nur unterschieden, ob es mehrere Fragen desselben Fragetyps bzw. derselben Funktion sind oder solche, die mehrere (coachingspezifische) Fragetypen/-funktionen (z. B. Lösungsstrategie und Umsetzung) enthalten. Wenn mehrere Fragen aufeinander folgen, wird zunächst der Fragetyp bestimmt, es werden hier nur jene Fragetypen berücksichtigt, die sich der Lösungsentwicklung widmen, z. B. Wie können sie sich in brenzligen Situationen daran erinnern? Was kann Ihnen hilfreich sein von ihren Ressourcen, um diesen Blick zu behalten?
2 Sequenz-Position Inhalt Den Alltag der Klient*innen betreffend: Innerhalb der Position, die das Frageelement („target action“) enthält, geht es überwiegend um die (berufliche / private) Lebens- und Erfahrungswelt der Klient*innen bzw. um die Bearbeitung von (beruflichen) Anliegen. Bsp. Woran würden Sie dann anfangen festzustellen, dass Ihnen das schon ein bisschen gelingt?

Das Coaching betreffend: Es steht die Coachinginteraktion bzw. der Coachingprozess selbst im Vordergrund. Es wird entweder explizit auf die Coachinginteraktion verwiesen, auf das, was vorab besprochen oder getan wurde, oder auf das Verständnis der*des Coach. Auch kann sich hier der*die Coach ins Gespräch offensichtlich einbringen. Bsp. Was haben Sie denn vielleicht jetzt schon rausgefunden, wenn Sie auf das Gespräch zurückblicken?

Mischform: Betrifft sowohl in irgendeiner Form das Coachinggespräch bzw. die Gesprächspartner*innen und die Lebenswelt der Klient*innen. Bsp. Und in dem Moment, wo Sie sich das vorstellen „habe ich schon erledigt“, dann kommt wieder das Lachen und es lässt mich vermuten, dass das wieder was in die Richtung Leichtigkeit ist. Ist das vielleicht so auch gefühlt dann?
3 Sequenz-Position Komplexi-tätsgrad Grad 1: Die Position 1 enthält nur ein Frage-Element / die „target action“

Grad 2: Es gibt einen Einleitung der Frage zur Kontextualisierung, Begründung oder Rahmung (prefaced question, siehe MacMartin 2008) (z. B. mittels Rückbezügen wie Zusammenfassung oder Reformulierung, Accounts, positiver Evaluation, etc.). Diese Einleitung der Frage kann relativ kurz, aber auch sehr lang und ausführlich sein. Bsp. Okay, und dann haben Sie so gesagt „ja, es war eine supertolle Reise“. Das freut mich total. Was ist das für eine Fähigkeit? / Und mit Blick jetzt so ganz konkret auf die Promotion. Welche Deadlines sind da so vorstellbar?

Grad 3: Insertierte Erläuterung oder Spezifizierung zwischen 2 oder mehreren Fragen in einer Fragebatterie, wobei die zweite Frage meist (stärkere) konditionelle Relevanz hat. Bsp. Okay und hat es noch nachgewirkt? Jetzt unabhängig von den Sachen wo sie sich dann hingesetzt haben und noch mal so in sich gegangen sind. Hat denn von unserer Stunde etwas Spezielles so nachgewirkt? Und hat es eine Erkenntnis gegeben? / Und wo geben Sie das paper ab? Wenn Sie sagen „ich habe zwei paper abgegeben“. Wo haben Sie die abgegeben?

Grad 4: Die Position 1 enthält eine nachgeschobene Klärung der Rahmenbedingungen der Frage im Anschluss an die „target action“. Bsp. Wer könnte Sie dabei unterstützen? Sodass Sie diesen Schritt machen.

Grad 5: Es handelt sich um eine Mischform aus den oben genannten Graden (z. B. Einleitung und nachgeschobene Klärung). Bsp. Schön, dass Sie wieder da sind. Es waren ja doch zwei Wochen und ich hatte Ihnen viel aufgegeben. Wie ging es Ihnen denn? Also Sie haben ja viel mitgenommen. Wie ging es Ihnen damit?
4 Sequenz-Position Formulie-rungs-dynamik Zögerliche Formulierungsdynamik: Als zögerliche Formulierungsdynamik sind solche Beiträge zu werten, bei denen mehrere der folgenden Merkmale vorzufinden sind: (Mikro-)Pausen („intraturn pauses“), Zögern bzw. Verzögerungssignale, Reformulierungen, Selbstreparaturen („self-initated repair“, Schegloff 2013) durch den*die Coach. Bsp. Nee aber können sie (.) aus diesem baum sozusagen daraus was schöpfen °h also wenn sie sich vorstellen sie sitzen a an an ihrer arbeit und dann hängt da irgendwo präsent ihr wertebild °h oder ihr wertebild °h weiß ich nich wie können sie sich des als erinnerungshilfe °hh ((schmatzt)) (.) präsent halten

Keine zögerliche Formulierungsdynamik: Ex negativo Definition zu „zögerliche Formulierungsdynamik“, d. h. Abwesenheit der oben genannten Merkmale.
5 Frage Grammatische Form W-Frage: W-Fragen werden durch Interrogativadverbien oder Interrogativpronomen eingeleitet, die meist mit einem „W“ beginnen (wer, was, wann, wo, wie, warum, aber auch inwiefern etc.); diese W-Wörter stehen am Satzanfang, das Verb steht an zweiter Satzgliedposition. W-Fragen sind formal als Frage formuliert. Es wird dadurch neue und unbekannte Information abgefragt (vgl. Stivers & Enfield 2010; Sidnell & Stivers 2013; Graf & Spranz-Fogasy 2018; Spranz Fogasy 2020). Es wird unterschieden zwischen „telling questions“, d. h. W-Fragen, die eine multi-klausale, „multi-unit answer“ relevant setzen (z. B. Welche Gefühle löst das bei Ihnen aus?) und „specifying questions“, d. h. solche W-Fragen, die nur eine „phrasal answer“ relevant setzen (z. B. Bis wann ist die Dissertation abgeschlossen?) (vgl. Thompson et al. 2015).

V1-Frage: Syntaktische Fragen bzw. interrogative Polarfragen sind definiert durch die Erststellung des Verbs (V1). Auch Alternativfragen (entweder / oder) können eine V1-Form aufweisen; diese werden aber eigens kodiert (s. u.). V1-Fragen lassen von ihrer syntaktisch-semantischen Struktur lediglich eine Antwort (mit präferierter Zustimmungsoption) zur enthaltenen Präsupposition erwarten. Auch sie sind formal als Frage formuliert. Enthalten sind hier sowohl positiv (e. g., Does he have his own apartment?) als auch negativ formulierte V1-Fragen (e. g., Isn’t the weather humid in fall? Those are Alex’s frish tanks, arent‘ they?) (s. Heritage 2012).

Alternativfrage: Alternativfragen sind formale Fragen, die eine interrogative Syntax aufweisen. Sie stellen zwei (oder mehre) Propositionen dar, die als „candidate answers“ (Linell et al. 2003) agieren. Von diesen Alternativen in der Frage soll eine in der Reaktion ausgewählt werden. Diese Alternativen werden oft (aber nicht immer) mit koordinierenden Konjunktionen verbunden (z. B. entweder ... oder ...). Obwohl Alternativfragen manchmal V1-Fragen ähneln, unterscheiden sie sich von diesen durch ihren „cornering effect“, d. h. ihr Drängen nach einer Antwort (z. B. Kommst du oder nicht?) oder ihrer Prosodie, wobei V1-Fragen generell eine final steigende Intonation aufweisen, steigt die Intonation in Alternativfragen bei der ersten Alternative; dafür fällt die Intonation dann gegen Ende der zweiten (z. B. magst du kaffee↑, (oder) tee↓?) (vgl. Biezma 2009; Linell et al. 2003; Drake 2021).

Deklarativsatzfrage: Deklarativsatzfragen (DS-Fragen) entsprechen in ihrer syntaktischen Struktur dem Deklarativsatz (Behauptung). Die Behauptung des inhaltlichen Gehalts muss von KL bestätigt werden, d. h. es wird dazu aufgefordert Stellung zu nehmen (Bestätigung oder Ablehnung). Die in der DS-Frage enthaltene Proposition wird nur durch Fragemarkierungen ein wenig relativiert. DS-Fragen werden durch interaktive, insbesondere prosodische, sequenzielle, interaktionale und andere kontextuelle Merkmale als Fragen identifizierbar bzw. wird durch den*die Coach (auch retrospektiv) eine Frageintention ausgedrückt. Zu den Merkmalen zählen:
# FOKUS KATEGORIE SUBKATEGORIEN UND DEFINITIONEN*
a.Intonation als Frage oder auffordernder Blickkontakt („response mobiliziers“, Stivers & Rossano 2010)

b.Äußerungsfinale Rückversicherungspartikel („question tags“) oder Nachfolgeelemente („post-completer“, z. B. „Nicht wahr?“), die eine Frage-Antwort-Handlung initiieren (Stivers & Rossano 2010)

c.Epistemische Autorität liegt beim Gegenüber, d. h. die Antwort liegt im Wissensbereich („epistemic domain“) von KL. KL wird ein höherer epistemischer Status zugeschrieben (Heritage 2012)

d.Behandlung als Frage in der Antwort; das Gegenüber entscheidet, ob die Äußerung als Frage interpretiert wird oder nicht (vgl. „functional question“) (Stivers 2022)

e.CO zeigt in der 3. Sequenzposition an, dass die Äußerung in der 1. Sequenzposition als Frage intendiert war.
6 Frage Zeitbezug Hierbei ist der Zeitbezug der Frage in Bezug auf das Coaching oder Coaching-relevante Inhalte gemeint, nicht das Tempus des Verbs.

Gegenwart: Fragen mit Gegenwartsbezug fokussieren das aktuelle Coachinggeschehen, die Situation, die Befindlichkeiten der Teilnehmer*innen, das Anliegen, den gegenwärtigen Status etc.. Gegenwartsbezug betrifft die laufende Interaktion, d. h. die laufende Coachingsitzung (auch bei Rückbezügen, wie z. B. „Wie haben Sie das gerade gemeint?). Auch Aussagen mit allgemeiner Gültigkeit (und ohne klare Zukunftsperspektive) werden mit „Gegenwart“ kodiert. Bsp. Klingelt da was, wenn Sie an Ihre Ressourcen denken?

Zukunft: Fragen mit Zukunftsbezug beziehen sich auf in der Zukunft liegende bzw. erst in der Zukunft beginnende Ereignisse (nach der laufenden Coachingsitzung). Auch Fragen mit impliziter Zukunftsausrichtung (bzgl. Prozess, Ziel, Lösungsprojektion, Wunsch etc.), die sich an der Zukunft orientieren, werden mit „Zukunft“ kodiert. Die Ausnahme sind Zukunftsbezüge, die nur auf die aktuelle Sitzung ausgerichtet sind (z. B. bei der letzten Sitzung) . In diesem Fall wird „Gegenwart“ kodiert. Fragen mit einer hypothetischen Dimension werden oft mit „Zukunft“ kodiert, außer es besteht ein klarer Vergangenheitsbezug oder die Zukunftsausrichtung ist fraglich (z. B. handelt es sich nicht um eine Projektion). Bsp. Wie könnten Sie die nutzbar machen?

Vergangenheit: Fragen mit Vergangenheitsbezug beziehen sich auf Ereignisse etc., die in der Vergangenheit (d. h. vor dem Beginn der Coachingsitzung) stattfanden und abgeschlossen wurden. Vergangenheitsbezüge gibt es häufig bei der Problemerklärung oder Ausarbeitung der Problematizität, aber auch bei Fragen zu bereits bewältigten Situationen und Ressourcen. Sind Geschehnisse nicht abgeschlossen bzw. lässt sich ein klarer Effekt auf die Gegenwart oder ein Ergebnis (erst) in der Gegenwart feststellen, wird Gegenwartsbezug kodiert.

Mischtyp: Gegenwart/Zukunft oder Gegenwart/Vergangenheit (z. B. bei hypothetischen Fragen oft der Fall). Bsp. Können Sie sagen, wie haben Sie diese Situationen gemeistert?
# FOKUS KATEGORIE SUBKATEGORIEN UND DEFINITIONEN*
7 Frage Realitäts-bezug Faktisch: Fragen, die sich auf tatsächlich gegebene, in der Wirklichkeit vorhandene Sachverhalte aber auch abstrakte Gefühle, Eigenschaften etc. beziehen. Als Modus wird meist der Indikativ verwendet, abgesehen von Verwendungen des Konjunktivs als Höflichkeitsform und hypothetischen Gedankenspielen, die nach Einführung mitunter in den Indikativ wechseln. Bsp. Was haben Sie da genau gemacht?

Hypothetisch: Hypothetische Fragen („hypothetical questions“ vgl. MacMartin 2008; Peräkylä 1995) fügen der Realität (d. h. der tatsächlich vorhandenen Wirklichkeit) Elemente hinzu oder nehmen Aspekte weg, die es ermöglichen neue Denkräume zu schaffen oder Lösungen anzudenken. Dazu gehören auch Gedankenspiele wie z. B. die Arbeit mit dem „inneren Team“ (Schulz von Thum 1998). Kann am Modus Konjunktiv (wenn es sich nicht um die Höflichkeitsform handelt) erkennbar sein. Hypothetische Fragen können aber auch im Indikativ stehen. Hier muss der Realitätsbezug aus dem Kontext erschlossen werden, d. h. hat sich etwas tatsächlich ereignet oder nicht, handelt es sich um ein Gedankenspiel o.Ä. Einleitungen z. B. mit „Angenommen...“ oder „Nehmen wir einmal an“... „Stellen Sie sich vor...“; „Was wäre, wenn...“ deuten auch auf hypothetische Fragen hin. Bsp. Wenn Sie noch einmal in so einer Situation wären, was könnten Sie da noch machen?
8 Frage Referenz-objekt Es soll bestimmt werden, auf wen oder was sich die Frage (inhaltlich vorwiegend) bezieht. Das Referenzobjekt (Topik/Thema) bezieht sich auf den Gegenstand einer Frage, also das, zu dem etwas erfragt wird (im Unterschied zur sprachlichen Einheit, die in einer Frage durch Coaches erfragt wird (Fokus / Rhema)). Das Referenzobjekt steht im Nominativ und ist das Subjekt der Äußerung. Unklare pronominale Referenzobjekte (z. B. „man“, „es“) müssen (soweit möglich) mithilfe des Kontextes identifiziert werden. Mehrfachkodierungen (z. B. Klient*in + Dinge/Sachen/Ereignisse) sind dann möglich, wenn im Nebensatz ein anderes Subjekt aufscheint als im Hauptsatz oder der Satz mehrere Subjekte enthält (z. B. Welche externe Ressource fällt Ihnen ein über die Sie verfügen?). Außerdem werden mehrere Referenzobjekte kodiert, wenn abgesehen vom Subjekt der*die Klient*in als direktes Objekt genannt wird, auch wenn dessen Nennung nicht unbedingt notwendig wäre und so der Fokus auf zwei Elemente gelegt wird (z. B. Was hat sich denn seit dem Telefonat, wenn überhaupt, für sie verändert?) (auch intonatorisch oder durch Wiederholung).

Klient*in: Die Erfahrungswelt, Gefühle, Emotionen, Erlebnisse, Befindlichkeiten etc. von KL stehen im Mittelpunkt der Frage. Wird kodiert, wenn sich die Frage auf den*die Coachee bezieht (auch wenn andere Personen beinhaltet sind). Beinhaltet auch innere Anteile und Charaktereigenschaften von KL z. B. Kennen Sie eigentlich Methoden des Zeitmanagements?

Coach: Wird kodiert, wenn sich die Frage auf den*die Coach, z. B. seine*ihre Leistung bezieht (auch wenn andere Personen beinhaltet sind). Bsp. Wie muss ich mir dieses Werbungmachen genau vorstellen?
# FOKUS KATEGORIE SUBKATEGORIEN UND DEFINITIONEN*
Coach-Klient*innen-Beziehung: Wird kodiert, wenn die Frage sich auf die Coach-Coachee-Beziehung, d. h. die Coaching-Dyade und die gemeinsame Arbeit bezieht, bzw. wenn eine „Wir-Adressierung“ vorliegt. Bsp. Welchen Unterschied wird das machen, wenn wir das erreicht haben?

Dritte: In der Frage wird auf (gegenwärtige oder frühere) (konkret erwähnte oder abstrakte) Bezugspersonen aus dem Umfeld der Klient*innen (z. B. Partner*innen, Kolleg*innen, Eltern) bzw. Dritte im Sinne der „third party / „coaching triad“ (d. h. der Organisation, vgl. Graf 2019) Bezug genommen. Bsp. Wer könnte Sie dabei unterstützen?

Dinge/Sachen/Ereignisse: Es geht um konkrete Objekte und Ereignisse (z. B. Meetings) auch außerhalb des Coachings. Auch abstrakte Referenzobjekte wie z. B. Themen, Wünsche, Ziele, Lösungen werden mit diesem Code versehen. Bsp. Welche Inhalte sind Ihnen nachgegangen?
9 Frage Adressierung / Personenrefe-renz/ Beziehungs-herstellung Direkte Adressierung: Explizite / direkte Adressierung von Klient*innen durch Namensnennung, Personalpronomen und/oder Possessivpronomen (Personenreferenz). Bsp. Frau Moser, was hat sich denn vielleicht seit unserem letzten Gespräch bei Ihnen verändert?

Adressierung Persönlichkeitsanteil: Im Rahmen der Arbeit mit inneren Anteilen („inneres Team“, vgl. Schulz von Thun 1998) adressieren Coaches mitunter nicht die Klient*innen selbst, sondern einen Persönlichkeitsanteil, um Antworten aus Perspektive dieses inneren Anteils zu evozieren. Bsp. Was sagt die Selbstliebende zu Ihren Zweifeln? / Was würde diese Leichtigkeit sagen?

Ich-Format: Die Adressierung wird im Ich-Format (ohne Eigenreferenz) realisiert. Die Coaches versetzen sich dadurch in die Perspektive der Klient*innen oder „zitieren“ von ihnen zuvor thematisierte Inhalte. Bsp. Ist das dann so wie ich lerne eine neue Sprache? / Wo habe ich das paper abgegeben?

Wir-Format: Durch das Personalpronomen „Wir“ adressieren Coaches sowohl ihre Klient*innen, schließen aber auch sich selbst mit ein. Bsp. Was für einen Unterschied wird das machen, wenn wir das erreicht haben?

Keine Adressierung: Klient*innen werden in der Frage nicht adressiert oder referiert. Bsp. Was ist das für eine Fähigkeit?
# FOKUS KATEGORIE SUBKATEGORIEN UND DEFINITIONEN*
Auch im Falle von Adressierungen (ähnlich wie bei Referenzobjekten) sind Mehrfachkodierungen möglich, da es eine Verschiebung z. B. von Ich- oder Wir-Adressierungen zur direkten Adressierung von Klient*innen kommen kann. Bsp. Bedeutet das dann automatisch ich bleibe auch an der TE oder würden Sie sich trotzdem mit Blick auf ihren Traumjob weiter bewerben und die Alternativen suchen?

*Einige der kategorialen Definitionen gehen auf Kategorien aus dem „Manual für die Kodierung von Fragetypen und Fragesequenztypen im Coaching“ (Graf et al. 2023b) zurück, das für das QueSCo-Projekt entwickelt wurde (siehe auch: https://questions-in-coaching.aau.at/wp-content/uploads/2023/08/Manual-fuer-die-Kodierung-von-Fragetypen-und-Fragesequenztypen-im-Coaching_V2_2023.pdf).

Anhang 2: MAXQDA-Kodierstammbaum

1. Position

a. Beitrag CO/Position 1

b. Anzahl

i. Einzelfrage

ii. Fragebatterie (ein Typ)

iii. Fragebatterie (mehrere Typen)

c. Inhalt

i. Coaching betreffend

ii. Leben betreffend

iii. Mischform

d. Komplexitätsgrad

i. Grad1: Frage-Element

ii. Grad2: Frageeinleitung

iii. Grad3: Einschub

iv. Grad4: Nachgeschobene Erklärung

v. Grad5: Mischform

e. Formulierungsdynamik

i. Zögerliche Formulierungsdynamik

ii. Keine zögerliche Formulierungsdynamik

2. Frage

a. Fragetyp

i. Frage zur Lösungsprojektion

ii. Frage zu Lösungsressourcen

iii. Frage zu Lösungsstrategien

iv. Frage zur Evaluierung von Zwischenergebnissen

b. Grammatische Form

i. W-Frage Telling Question

ii. W-Frage Specifying Question

iii. V1-Frage

iv. Alternativfrage

v. DS-Frage

vi. DS-Frage + RVPN

c. Zeitbezug

i. Vergangenheit

ii. Gegenwart

iii. Zukunft

iv. Mischform

d. Realitätsbezug

i. Faktisch

ii. Hypothetisch

e. Referenzobjekt

i. Klient*in

ii. Coach*in

iii. Beziehung

iv. Dritte

v. Dinge/Sachen/Ereignisse

f. Adressierung

i. Keine Adressierung

ii. Direkte Adressierung/Personenreferenz

iii. Persönlichkeitsanteil

iv. Ich-Format

v. Wir-Format

Online erschienen: 2024-08-01
Erschienen im Druck: 2024-08-08

© 2024 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter im Auftrag der Gesellschaft für Angewandte Linguistik

This work is licensed under the Creative Commons Attribution 4.0 International License.

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  1. Frontmatter
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  3. „... dass sich halt keiner ausgeschlossen fühlt.“ Wahrnehmungen von und Einstellungen zur Verwendung nicht-deutscher Erstsprachen im Unterricht
  4. Fragetypen zur Lösungsentwicklung im Business Coaching – Eine gesprächsanalytisch motivierte Untersuchung ihrer sprachlichen, frage- und interaktionstypspezifischen Charakteristika
  5. Perspektiven auf widerständisches Argumentieren im ‚Dritten Reich‘
  6. „Et fehlt dä Ruhrpott, verstehste!“. Dialekt als Stance-Ressource in der digitalen Interaktion
  7. Herausforderung Rezeptionsanalyse: zur Wahrnehmung von Wissenschaftskommunikation während der Coronapandemie
  8. Textsortenspezifische Abhängigkeit der Schreibflüssigkeit bei Grundschulkindern
  9. Rezensionen
  10. Kremnitz, Georg. 2023. Aufstieg und Fall der „kleineren“ Sprachen Europas. Die Verände-rungen der Zielsetzungen von sprachlichen Renaissance-Bewegungen aufgrund der Verände-rungen der Kommunikationsbedingungen. Wien: Praesens Verlag. 298 S., 32,00 € (A), 31,10 € (D), ISBN: 978-3-7069-1196-2.
  11. Berg, Kristian. 2023. Wort – Satz – Sprache. Eine Hinführung zur Sprachwissenschaft. Tübingen: Narr Francke Attempto. 194 S., € 24,99, ISBN: 978-3-823-38441-0.
  12. Siebenhütter, Stefanie. 2022. Mehrsprachigkeit und Identität. Zur Identitätskonstruktion mehrsprachiger Minderheiten am Beispiel der Kui in Nordostthailand. Hamburg: Verlag Dr. Kovač.
  13. Baierl, Ronny. 2021. Academic Research Skills. Akademische Forschungskompetenzen bilingual. München: UVK Verlag. 106 pages, ISBN 978-3-8252-5698-2, 21,90 €.
  14. Spitzmüller, Jürgen. 2022. Soziolinguistik: Eine Einführung. Berlin, J. B. Metzler. 322 S., 24,99 €, ISBN: 978-3-476-05860-7.
  15. Ait Ramdan, Mohcine. 2022. Konzeptualisierung von Konkreta und Abstrakta: Eine kulturorientierte, kognitionslinguistische Vergleichsstudie zwischen dem Deutschen, dem Arabischen und dem Französischen (Tübinger Beiträge zur Linguistik). Tübingen: Narr Francke Attempo.
  16. Angebote zur Rezension
Downloaded on 3.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfal-2024-2014/html
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