Entstehung organisationaler Initiativen zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Schweizer Fußballvereinen
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Matthias Buser
Zusammenfassung
Der Beitrag analysiert auf Basis akteurtheoretischer Konzepte und des Papierkorbmodells die Entstehung organisationaler Initiativen zur Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund in Fußballvereinen. Als empirische Grundlage dienen 32 Expert:inneninterviews im Rahmen von Fallstudien in 12 Schweizer Fußballvereinen, welche organisationale Initiativen ergriffen haben. Die Ergebnisse zeigen, dass viele Vereine auf Basis moralischer Überzeugungen auf externe Anfragen im Zusammenhang mit den Fluchtbewegungen ab 2015 reagieren und zunächst Fußballangebote und bei gewichtigen Herausforderungen in der Umsetzung teilweise weitere strukturelle Maßnahmen realisieren. In der Regel sind dabei einzelne Vorstandsmitglieder aktiv, welche das Thema meist in informellen Entscheidungsgelegenheiten verhandeln. Nicht immer werden die Interessen unbeteiligter Mitglieder dabei berücksichtigt. Das Papierkorbmodell erweist sich als geeigneter theoretisch-methodischer Analyserahmen zur Untersuchung organisationaler Prozesse im Kontext der Integration in Sportvereinen.
Summary
The article analyses the emergence of organizational initiatives for the inclusion of people with a migrant background in football clubs on the basis of the garbage can model from actor theory. The empirical basis is 32 expert interviews in 12 Swiss football clubs that have implemented organizational initiatives. The results show that many clubs have responded to external requests in connection with the refugee movements since 2015 on the basis of moral convictions, initially implementing football offers. In the event of significant challenges during implementation, some clubs also realize further structural measures. Individual board members are generally active in this process, usually negotiating the issue in informal decision-making opportunities. The interests of members not involved in the process are not always taken into account. The garbage can model proves to be a suitable theoretical-methodological framework for investigating organizational processes in the context of integration in sport clubs.
1 Einleitung
Sportvereinen wird häufig eine soziale Funktion für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zugeschrieben (Europäische Kommission 2007, Nagel et al. 2020). Auch sportwissenschaftliche Studien verweisen auf integrative Potentiale einer Sportvereinsmitgliedschaft: Mitglieder können beispielsweise mit Menschen unterschiedlichster Herkunft in Kontakt treten und einen Ort der Zugehörigkeit finden (Agergaard 2019; Burrmann et al. 2017; Elling et al. 2001; Makarova und Herzog 2014). Gleichzeitig lassen sich eher segregierte Formen der Sportvereinsbeteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund beobachten (Borggrefe und Cachay 2021; Bürgi et al. 2018). Außerdem lassen die Unterrepräsentanz von Menschen mit Migrationshintergrund in ehrenamtlichen Führungspositionen sowie Anpassungsdruck, Fremdheitserfahrungen oder Diskriminierung integrative Funktionen bezweifeln (Burdsey 2011; Burrmann et al. 2017; Elling und Claringbould 2005; Kalter 2005; Kleindienst-Cachay et al. 2012; Spaaij 2013).
Integrative Potentiale werden deshalb häufig mit passenden Vereinsstrukturen in Verbindung gebracht. Studien verweisen beispielsweise darauf, dass einer passenden Angebotsstruktur und einer wertschätzenden, pluralistischen Vereinskultur eine wichtige Rolle für die Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund zukommt (z.B. Braun und Finke 2011; Burrmann et al. 2017; Buser et al. 2021; Elling und Claringbould 2005). Vor diesem Hintergrund soll in diesem Beitrag die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund nicht wie vielfach aus individueller, sondern auch aus organisationaler Perspektive betrachtet werden. Im Zentrum steht dabei der Umgang der Vereine mit der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und die Frage, inwiefern sich Vereine mit dem Thema auseinandersetzen, organisationale Initiativen ergreifen und diese strukturell verankern.
Als Interessensorganisationen sind Sportvereine den Interessen der Mitglieder und in der Regel sportlichen Zielen verpflichtet (Emrich 2005; Schimank 2016), weshalb Initiativen zuhanden spezifischer Gesellschaftsgruppen in den Vereinen – trotz der Integrationsfunktion von Sportvereinen in einer zunehmend diversen Gesellschaft – kaum als zentrale Ziele definiert werden (Kleindienst-Cachay et al. 2012). Studien konnten zeigen, dass organisationale Initiativen im Zusammenhang mit der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund deshalb vielfach auf einzelne, moralisch motivierte Akteure zurückgehen, welche integrative Anliegen unabhängig von der bestehenden Vereinsarbeit bearbeiten (Borggrefe und Cachay 2021; Michelini et al. 2018; Nobis et al. 2017; Seiberth et al. 2018; Tuchel et al. 2020; für Diversitätsarbeit im Allgemeinen vgl. Spaaij et al. 2018).
Bisherige Arbeiten haben solchen individuellen Handlungen aus konzeptioneller Perspektive jedoch kaum Rechnung getragen, weshalb die aus akteurtheoretischer Perspektive geforderte Tiefenerklärung von organisationalen Entwicklungen über das handelnde Zusammenwirken von verschiedenen Akteuren bislang unterbeleuchtet blieb (Schimank 2016; für Sportvereine: Nagel 2006). Dabei kann sowohl aus organisationstheoretischer Perspektive (z.B. March und Heath 1994; Emrich 2005) als auch auf Basis sportsoziologischer Arbeiten im Bereich der Besetzung von Ehrenämtern (z.B. Nagel 2006, Schlesinger et al. 2015) angenommen werden, dass Entwicklungen in Sportvereinen nur begrenzt durch strukturelle Voraussetzungen und rationale Entscheidungsfindung erklärt werden können. Viel eher vollziehen sich strukturelle Veränderungen und entsprechende Entscheide mehr oder weniger zufällig, in Abhängigkeit gerade aufkommender Probleme, existierender Lösungsmöglichkeiten und der Interessen der an den Entscheidungsprozessen beteiligten Akteure. Aufgrund unklarer Ziele und politischer Ambivalenzen im Bereich der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund (Seiberth et al. 2018) dürften diese Annahmen insbesondere auf die Entstehung entsprechender organisationaler Initiativen in Sportvereinen zutreffen.
Der vorliegende Beitrag greift dieses Forschungsdefizit auf und versucht die Frage der Entstehung von Initiativen zur der Förderung der sozialen Integration durch Sportvereine mit dem theoretisch-konzeptionellen Ansatz des Papierkorbmodells (March und Heath 1994) empirisch zu analysieren und fragt aus einer organisationalen Perspektive, wie organisationale Initiativen zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund mit Blick auf Entscheidungsprozesse in Sportvereinen ausgehandelt werden. Dafür greifen wir auf Fallstudien aus 12 Schweizer Fußballvereinen zurück. Der Fokus auf Fußballvereine bietet sich insofern an, als dass hier angesichts geringer Zugangsbarrieren viele Menschen mit Migrationshintergrund partizipieren (Breuer 2017; Lamprecht et al. 2017) und sich Vereine finden, welche organisationale Initiativen in diesem Bereich aufweisen (z.B. Ansprechperson für Belange von Menschen mit Migrationshintergrund).
2 Konzeptioneller Hintergrund
2.1 Papierkorbmodell zur Analyse von Entscheidungsprozessen in Sportvereinen
Initiativen zur Förderung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund sind nicht das Kerngeschäft von Sportvereinen. Das lässt sich verdeutlichen, wenn Sportvereine als Interessensorganisationen konzeptualisiert werden (Nagel 2006; Schimank 2016), die monetäre und ehrenamtliche Ressourcen von Mitgliedern vereinen, um gemeinsame Interessen – in der Regel die Gewährleistung eines Sportangebots – zu verwirklichen. Um Erwartungssicherheit bezüglich der geteilten Interessen zu gewährleisten, schaffen die Mitglieder bindende Vereinbarungen. Solche Vereinbarungen beinhalten die Statuten und Strategiepapiere, zentrale Rollen im Verein, aber auch explizite und implizite Ziele und Normen, welche das Handeln der Mitglieder strukturieren. Das Zusammenspiel von Strukturen und Handeln kann aus akteurtheoretischer Perspektive zu einem Mehrebenenmodell der Sportvereinsentwicklung verdichtet werden (Nagel 2006). Das Modell geht davon aus, dass strukturelle Bedingungen des Vereins (und der Gesellschaft) die Voraussetzung wie auch das Resultat von individuellem Handeln sind. Um die Entstehung organisationaler Initiativen zu verstehen, reicht es also nicht aus, die Analyse auf die strukturelle Ebene zu beschränken. Tiefenschärfe erhält die Analyse erst, wenn organisationsinterne Vorgänge, also das handelnde Zusammenwirken der individuellen Akteure, berücksichtigt werden, aus dem strukturelle Entwicklungen wie beispielsweise integrative Maßnahmen hervorgehen (Schimank, 2016). Es stellt sich dann die Frage, wie solche integrationsbezogenen Initiativen entstehen, wenn Vereinsstrukturen doch in der Regel eine Orientierung an sportlichen Zielen vorgeben.
In diesem Zusammenhang scheint es sinnvoll, den Sportverein als organisierte Anarchie zu konzeptualisieren (Emrich 2005) und im Lichte des Papierkorbmodells zu betrachten (z.B. Cohen et al. 1972). Dieses geht davon aus, dass in Sportvereinen über die Realisierung von Sportangeboten hinaus meist nur unklar definierte Ziele und aufgrund der Freiwilligkeit eine hohe Fluktuation von an Entscheidungen beteiligten Mitgliedern vorherrschen. (1) Entscheidungsgelegenheiten in Vereinen gleichen dann einem Papierkorb, in dem es zu einer eher zufälligen, zeitabhängigen Anreicherung von (2) Problemen, (3) Akteuren und (4) Lösungen kommt (Emrich 2005; March und Heath 1994; Nagel 2006; vgl. auch das Multiple Streams Modell nach Houlihan 2005). Entscheide werden zwar von vereinsstrukturellen Voraussetzungen beeinflusst, vollziehen sich aber vor allem in Abhängigkeit von gerade vorliegenden Problemen und Lösungen sowie der Konstellation anwesender Akteure. Verbildlichen lässt sich eine solche Situation anhand der Metapher eines geneigten Fußballplatzes, auf dem verschiedene Spieler:innen (Akteure) mit diversen Bällen (Probleme) auf unterschiedliche Tore (Lösungen) spielen (March und Heath 1994; Nagel 2006). Die Neigung des Spielfelds ergibt sich aus den historischen Erfahrungen und strukturellen Bedingungen im Verein und gibt die bevorzugte Spielrichtung vor. Die Spieler:innen können vorhandene Bälle auf für sie erstrebenswerte Tore spielen, sie können neue Bälle und Tore ins Spiel bringen oder das Spielfeld verlassen. Eine solche zeit- und zufallsabhängige Entscheidungssituation trifft nach Emrich (2005) umso eher zu, je diffuser die Ziele im Verein und je divergierender die Interessenslage der Mitglieder sind. Angesichts unklarer integrativer Ziele sowie polarisierender politischen Stimmungen bzgl. der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund dürfte diese Situation auf organisationale Bemühungen um die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zutreffen (Seiberth et al. 2018).
2.2 Organisationale Initiativen zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund
Integration kann aus individueller Perspektive als die Einbindung einer Person in ein soziales System – in diesem Fall in den Sportverein – verstanden werden (Esser 2004, 2009). Dabei wird in der Sportwissenschaft zwischen der Integration zum Sportverein als die Einbindung einer Person als Mitglied, der Integration im Verein als die Einbindung der Person in die organisationalen Zusammenhänge über die reine Mitgliedschaft hinaus sowie der Integration durch den Verein im Sinne möglicher Transferleistungen in die weitere Gesellschaft unterschieden (Kleindienst-Cachay et al. 2012). Verstanden als wechselseitiger Prozess, der Anpassungsleistungen der individuellen Akteure aber auch der beteiligten Organisationen betont, kann die Integration auch auf organisationaler Ebene beschrieben und analysiert werden (Kleindienst-Cachay et al. 2012). Dabei geht es darum, wie die Organisationen, z.B. Sportvereine, mit der Frage der Integration von Mitgliedern umgehen und inwiefern sie bewusst Angebote und Strukturen etablieren, die eine erfolgreiche Integration verschiedener Mitglieder erlauben.
Integration und damit auch die organisationale Perspektive darauf bezieht sich auf alle Mitglieder im Verein. Besonders interessant ist sie aber mit Blick auf Menschen mit Migrationshintergrund, also Personen, welche selbst migriert sind oder Vorfahren mit entsprechenden Erfahrungen haben (Leszczensk und Gräbs Santiago 2015). Denn Menschen mit Migrationshintergrund sind in den Sportvereinen untervertreten (Breuer und Feiler 2019; Lamprecht et al. 2020) und mit diversen Integrationsbarrieren konfrontiert (z.B. Burrmann et al. 2017). Gleichzeitig sind sie aufgrund der primären Orientierung der Vereine an sportlichen Zielen aber kaum als Zielgruppe organisationaler Initiativen etabliert, weshalb sie in den Vereinen häufig mit relativ einseitigen Integrationserwartungen konfrontiert sind (Dowling 2020; Doidge et al. 2020).
Unter organisationalen Initiativen werden im vorliegenden Beitrag Maßnahmen, Programme, Projekte und Praktiken von Sportvereinen verstanden, welche auf organisationaler Ebene die Integration von Vereinsmitgliedern mit Migrationshintergrund fördern. Diese sollen über individuelle Bemühungen hinausgehen und im Sinne einer interkulturellen Öffnung auf eine gezielte Auseinandersetzung des Vereins mit dem Thema abzielen (Nobis et al. 2017). Von einer strukturellen Anbindung organisationaler Initiativen wird in Anlehnung an Borggrefe und Cachay (2021) gesprochen, wenn das Thema in die Vereinsziele, die Kommunikationswege oder die Vereinsämter Eingang findet. Vereine können beispielsweise integrative Ziele festlegen, das Thema in regelmäßigen Abständen in Sitzungen thematisieren oder eine Ansprechperson für Belange von Menschen mit Migrationshintergrund installieren.
3 Einordnung des Forschungsstands in Bezug auf das Papierkorbmodell
Bestehende Arbeiten haben organisationale Initiativen zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund im Sportverein bislang nicht mit Blick auf akteurtheoretische Entscheidungsprozesse analysiert. Das folgende Kapitel versucht, vorliegende Erkenntnisse in Bezug auf das Papierkorbmodell einzuordnen und weiterführende Forschungsfragen zu formulieren.
3.1 Probleme und Lösungen
Aufkommende Probleme und verfügbare Lösungen sind wichtige Faktoren organisationaler Entwicklungen des Papierkorbmodells. Anliegen können von Menschen artikuliert werden, die sich innerhalb, aber auch außerhalb des Vereins befinden. Die Anliegen können dabei sowohl privaten wie auch organisationalen Bedürfnissen folgen (Nagel 2006). Lösungen können dann eine Antwort auf ein aufkommendes Problem liefern. Angesichts diffuser Ziele im Sportverein ist es aber auch möglich, dass vorhandene Lösungen auch nach legitimierenden Problemen suchen (Cohen et al. 1972).
Mit Blick auf Probleme bzw. Anliegen haben bestehende Arbeiten vielfach auf zwei unterschiedliche Motive verwiesen, welche organisationale Initiativen begünstigen. Vor allem systemtheoretische Arbeiten betonen die Bedeutung von Anliegen, die eine funktionale Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund nahelegen, also dass mit organisationalen Initiativen Mitglieder, Talente oder Ehrenamtliche gewonnen und damit die primären Ziele der Vereine erreicht werden können (Borggrefe und Cachay 2018; Kleindienst-Cachay et al. 2012; Seiberth et al. 2013). Empirisch finden sich funktionale Motive jedoch kaum (Borggrefe und Cachay 2021; Michelini et al. 2018; Seiberth et al. 2018). Häufiger finden sich moralische Motive in den Vereinen. Organisationale Initiativen schließen dabei an eine unerwünschte Ungleichheit zwischen verschiedenen Gruppen im Sport an oder werden als politisches Zeichen hin zu einer Willkommenskultur verstanden (Borggrefe und Cachay 2021; Nobis et al. 2017; Seiberth et al. 2018).
Typische Lösungen in Sportvereinen finden sich im Aufbau passender Sportangebote. Solche werden im Zusammenhang mit der interkulturellen Öffnung empfohlen und auch als Reaktion auf eine erhöhte Sportnachfrage bei geflüchteten Personen entwickelt (Michelini et al. 2018; Nobis et al. 2017; Seiberth et al. 2018; Tuchel et al. 2020). Gerade geflüchtete Personen werden aber nur teilweise Mitglied im Verein. Eine weiterführende strukturelle Verankerung organisationaler Initiativen findet selten statt (Borggrefe und Cachay 2021). Dies kann einerseits damit begründet werden, dass Vereine in spezifischen Maßnahmen oftmals eher eine unerwünschte Ungleichbehandlung zwischen Mitgliedergruppen sehen. Andererseits geben Vereine an, dass Menschen mit Migrationshintergrund bereits automatisch den Weg in die Vereine finden. Tatsächlich finden sich Initiativen oft als Folge und nicht als Ursache der Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund im Verein. Maßnahmen sind dann eine Reaktion auf Herausforderungen bei der Integration im Verein, etwa wenn sich aufgrund von Verdrängungseffekten Skepsis gegenüber Geflüchteten regt oder wenn Kleidersammelaktionen, Fahrdienste, bürokratische Hilfeleistungen notwendig werden (Michelini et al. 2018; Nobis et al. 2017; Seiberth et al. 2018; Tuchel et al. 2020).
3.2 Akteure und Entscheidungsgelegenheiten
Neben aufkommenden Anliegen und verfügbaren Lösungen sind die an den verschiedenen Entscheidungsgelegenheiten beteiligten Akteure und deren Motive und Interessen zentral für die Entscheidungsfindung. Teilnehmende an Entscheidungsgelegenheiten können einzelne Mitglieder, aber auch externe Akteure sein, welche sich mit variierendem Interesse mit dem Thema auseinandersetzen. Dabei können sich je nach Akteurkonstellationen durchaus zufällig Mehrheiten bilden (Nagel 2006). Um an einer Entscheidungsgelegenheit teilzunehmen, müssen Akteure sowohl Zugang haben als auch – angesichts diverser anderer Probleme – Zeit und Motivation aufbringen.
Welche Probleme, Lösungen und Akteure in einer Entscheidungsgelegenheit zusammentreffen, variiert insbesondere, wenn im Verein keine integrationsspezifischen Ämter, Kompetenzen oder Konzepte existieren (Seiberth et al. 2013). Vielfach wird in den Vereinen ein Champions-Approach (Spaaij et al. 2018) beschrieben, wobei das Thema von einzelnen engagierten Akteuren behandelt wird, die nicht wie sonst üblich entlang vertrauensbasierter Ämterbesetzung, sondern entlang themenspezifischer Kompetenzen und Interessen eingesetzt werden (Seiberth et al. 2018). Durch die hohe Bedeutung einzelner Akteure ergibt sich in den Vereinen eine Abhängigkeit von deren persönlichen Interessen (Borggrefe und Cachay 2018; Michelini et al. 2018; Seiberth et al. 2013; Tuchel et al. 2020). Eine solche Abhängigkeit garantiert jedoch auch eine gewisse Flexibilität außerhalb bestehender Entscheidungswege und kann gerade bei Bemühungen um Geflüchtete förderlich sein, wenn angesichts drängender Herausforderungen schnelle Reaktionen nötig sind (Seiberth et al. 2018; Tuchel et al. 2020).
Entscheidungsgelegenheiten finden sich dann meistens im informellen Kreis und nur selten in formalisierten Strukturen (Borggrefe und Cachay 2018; Kleindienst-Cachay et al. 2012; Michelini et al. 2018). Auch wenn Vorstände teilweise über Maßnahmen entscheiden, wird das Thema danach kaum weiter regelmäßig thematisiert (Borggrefe und Cachay 2021). Für die Umsetzung von Programmen ist es jedoch entscheidend, dass Integration regelmäßig auf die Agenda formeller Entscheidungsgelegenheiten gelangt (Borggrefe und Cachay 2018; Seiberth et al. 2013). Dies scheint jedoch nur selten der Fall zu sein (Borggrefe und Cachay 2018; Kleindienst-Cachay et al. 2012). Dennoch bleibt eine Rückbindung an das Befinden im Vorstand bestehen und teilweise wird dort auch gegen Maßnahmen entschieden.
Wann und wo welche Probleme, Lösungen und Akteure zusammentreffen, ist außerdem immer kontextabhängig (Cohen et al. 1972). Weil in den Vereinen kaum entsprechende Ziele vorliegen, dürfte die Vereinskultur von besonderer Relevanz sein (Seiberth et al. 2013). Eine Orientierung am Prinzip der Geleichbehandlung von Mitgliedern oder an der Bewahrung der Vereinstradition kann Bemühungen erschweren und Widerstand bei alteingesessenen Vereinsmitgliedern auslösen (Borggrefe und Cachay 2018; Kleindienst-Cachay et al. 2012; Seiberth et al. 2013). Vielfach findet sich in den engagierten Vereinen jedoch kaum offener Widerstand, auch wenn es durchaus zu Skepsis und Zweifeln kommen kann (Seiberth et al. 2018; Stura 2019). Dies mag einerseits mit dem positiven öffentlichen Echo im Bereich der Geflüchtetenarbeit zusammenhängen (Seiberth et al. 2018). Sind Vereine andererseits über Jahrzehnte ins Thema hineingewachsen und wird das Thema Vielfalt positiv bewertet, sind kaum kulturelle Barrieren zu erwarten (Borggrefe und Cachay 2018; Seiberth et al. 2018). Neben der Vereinskultur dürften auch verfügbare Ressourcen und situative Gegebenheiten mögliche Barrieren darstellen. So scheinen fehlende finanzielle, personelle oder infrastrukturelle Ressourcen in vielen Vereinen ein wiederkehrendes Thema zu sein (Nobis et al. 2017; Tuchel et al. 2020). Widerstände, die sich auf dieser Basis formieren, haben gute Durchsetzungschancen (Seiberth et al. 2013).
3.3 Forschungsleitende Fragestellungen
Der vorliegende Beitrag fragt danach, wie organisationale Initiativen zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund mit Blick auf Entscheidungsprozesse in Sportvereinen ausgehandelt werden. Dabei wird angenommen, dass organisationale Initiativen in erheblichem Masse vom zeitabhängigen Aufeinandertreffen aufkommender Probleme, vorhandener Lösungen und aktiver Akteure in Entscheidungsgelegenheiten abhängen.
Mit Blick auf Probleme und Lösungen in den Vereinen kann gefragt werden, (1) wie entsprechende Anliegen im Verein die nötige Aufmerksamkeit erhalten und welche strukturellen Lösungen damit verbunden sind. Angesichts diverser organisationaler Aufgaben dürften integrative Anliegen nur unter spezifischen Voraussetzungen in Entscheidungsgelegenheiten überführt werden. Verschiedene Lösungen können als Antworten auf diese Anliegen dienen und es gilt zu prüfen, wie und weshalb die entsprechenden Lösungen – insbesondere jene, welche das Thema als zentrale organisationale Aufgabe in den Vereinsstrukturen verankern – ergriffen werden.
Mit Blick auf das handelnde Zusammenwirken im Verein stellt sich die Frage, (2) welche Akteure mit welchen Legitimierungen in welchen Entscheidungsgelegenheiten (nicht) beteiligt sind. Dabei wurde bereits gezeigt, dass sich vielfach einzelne Akteure engagieren. Weil aber nicht alle Akteure zu allen Entscheidungsgelegenheiten Zugang haben, dürfte es entscheidend sein, welche weiteren Akteure am Thema beteiligt sind und inwiefern skeptische Mitglieder am Entscheidungsprozess (nicht) teilhaben. Gerade skeptische Mitglieder dürften die Entscheidungsfindung erschweren, sofern die entsprechenden Mitglieder die Möglichkeit haben, sich in den Prozess einzubringen. Im Sinne des akteurtheoretischen Ansatzes dürfte dieses handelnde Zusammenwirken der Akteure auch von den strukturellen Bedingungen im Verein beeinflusst werden (Ressourcen, Kultur, vereinspolitische Beteiligung).
4 Methodik
Der Artikel basiert auf Fallstudien in 12 Fußballvereinen im Rahmen der Studie „Soziale Integration in Schweizer Fußballvereinen“, welche an der Universität Bern in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Fußballverband zwischen 2019 und 2021 durchgeführt wurde. Das Projekt fokussierte auch im Sinne des Fußballverbandes aus praxisorientierter Perspektive auf den organisationalen Umgang der Vereine mit dem Thema Integration. Die Auswahl der Vereine und der Analyseinstrumente sowie der theoretisch-konzeptionelle Fokus auf das Papierkorbmodell erfolgte unabhängig vom Verband. Schweizer Sportvereine funktionieren ähnlich wie Vereine in anderen europäischen Ländern. Ihnen wird ein Beitrag zur sozialen Integration zugeschrieben, jedoch stellt dies in der Regel kein zentrales Vereinsziel dar (Nagel et al. 2020).
4.1 Sample
Wie die Studien zu interkulturellen Öffnungsprozessen oder zur Entwicklung von Integrationsprojekten für Geflüchtete in Sportvereinen (Borggrefe und Cachay 2021; Seiberth et al. 2018) basiert auch die vorliegende Studie auf vergleichenden Fallstudien und leitfadengestützten Expert:inneninterviews. Die Auswahl der Vereine erfolgte kriteriengeleitet auf Basis eines quantitativen Fragebogens (Yin 2010). Dabei wurden Vereine ausgewählt, welche angeben, sich auf organisationaler Ebene mit dem Thema der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zu beschäftigen und verschiedene Initiativen lanciert haben (vgl. auch Seiberth et al. 2018; Tuchel et al. 2020).
Das Sample beinhaltet 12 Vereine, wobei (1) vier Vereine angaben, eine ausgewiesene Ansprechperson für Belange von Menschen mit Migrationshintergrund im Verein zu haben. Dies ist insofern interessant, als dass die bisherige Literatur kaum entsprechende Positionen findet (Borggrefe und Cachay 2021; Kleindienst-Cachay et al. 2012). (2) Drei Vereine haben angegeben, beim Projekt „together – Fußball vereint“ des Schweizerischen Fußballverbands teilgenommen zu haben (in der Folge „together“). In diesem Projekt stattete der Schweizerische Fußballverband die Vereine mit Informationsbroschüren und Fußballmaterial aus, wenn sie erfolgreich Geflüchtete im Verein aufnahmen. (3) Schließlich sind fünf Vereine im Sample, welche angaben, sonstige Maßnahmen entwickelt zu haben.
Um unterschiedliche strukturelle Voraussetzungen der Vereine zu berücksichtigen, orientierte sich die Auswahl auch an der geographischen Lage (deutsche und französische Schweiz; Stadt, Agglomeration, Land), an der Vereinsgröße (300 bis 900 Mitglieder) und dem Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund im Verein (1-10% bis 75-100%). Alle Vereine können als klassische, gemischte Vereine bezeichnet werden (Janssens und Verweel 2014).
Entscheidungsprozesse in den Vereinen wurden über das Expert:innenwissen zentraler beteiligter Vereinsakteure rekonstruiert (Liebold und Trinczek 2009). Die Identifizierung und Auswahl der Expert:innen erfolgte zunächst über die Kontaktperson im Verein und danach über bereits befragte Expert:innen und orientierte sich am erwarteten Expert:innenwissen der Personen hinsichtlich der Entscheidungsprozesse. Mit dem Ziel, pro Fall eine Sättigung an Informationen zu erreichen, wurden zwei bis vier Expert:innen pro Verein befragt. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die ausgewählten Vereine und Expert:innen.
Überblick über die berücksichtigten Vereine und Expert:innen
Verein | Situative Merkmale | Expert:inneninterviews | |
---|---|---|---|
Ansprechperson | Verein 1 | Land (Deutschschweiz) | (1) Präsident |
425 Mitglieder | (2) Präsident Spielerkommission | ||
1-10% Menschen mit | (3) Ansprechperson Label | ||
Migrationshintergrund | |||
Verein 2 | Land (Deutschschweiz) | (1) Präsident | |
900 Mitglieder | (2) Sportverantwortlicher & Ansprechperson | ||
1-10% Menschen mit Migrationshintergrund | (3) Trainer | ||
Verein 3 | Land (Deutschschweiz) | (1) Präsident | |
400 Mitglieder 26-50% Menschen mit Migrationshintergrund | (2) Ehemaliger Präsident & Ansprechperson | ||
Verein 4 | Agglo (Westschweiz) | (1) Präsident | |
600 Mitglieder | (2) Technischer Leiter & Ansprechperson | ||
51-75% Menschen mit | (3) Jugendverantwortlicher | ||
Migrationshintergrund | (4) Trainer | ||
„together“ | Verein 5 | Stadt (Deutschschweiz) | (1) Ehemaliger Präsident |
750 Mitglieder 26-50% Menschen mit Migrationshintergrund | (2) Ehemaliger Jungendverantwortlicher | ||
Verein 6 | Land (Deutschschweiz) | (1) Präsident | |
400 Mitglieder 1-10% Menschen mit Migrationshintergrund | (2) Vizepräsident | ||
Verein 7 | Stadt (Deutschschweiz) | 1) Vizepräsident | |
310 Mitglieder | (2) Jugendverantwortlicher | ||
26-50% Menschen mit Migrationshintergrund | (3) Trainer | ||
Weitere Maßnahmen | Verein 8 | Stadt (Deutschschweiz) | (1) Vorstandsmitglied |
700 Mitglieder | (2) Medienverantwortlicher | ||
76-100% Menschen mit Migrationshintergrund | (3) Trainerin | ||
Verein 9 | Stadt (Deutschschweiz) | (1) Präsident | |
500 Mitglieder 26-50% Menschen mit Migrationshintergrund | (2) Sportverantwortlicher | ||
Verein 10 | Land (Westschweiz) | (1) Präsident | |
400 Mitglieder | (2) Trainer | ||
26-50% Menschen mit Migrationshintergrund | (3) Projektverantwortlicher | ||
Verein 11 | Stadt (Deutschschweiz) | (1) Ehemaliger Präsident | |
500 Mitglieder | (2) Vizepräsident | ||
51-75% Menschen mit Migrationshintergrund | (3) Sozialarbeiter | ||
Verein 12 | Stadt (Deutschschweiz) | (1) Präsident | |
180 Mitglieder 26-50% Menschen mit Migrationshintergrund | (2) Trainer |
4.2 Untersuchungsverfahren
Auf Basis des Papierkorbmodells wurde ein theoriegeleiteter, halbstrukturierter Leitfaden erstellt (Helfferich 2011). Die thematischen Interviewblöcke fokussierten auf die Ströme des Papierkorbmodells (Anliegen, Lösungen, Akteure, Entscheidungsgelegenheiten, Cohen et al. 1972; March und Heath 1994) sowie Strukturen und Widerstände im Verein (Nagel 2006). Dies sollte die Expert:innen zur eigenmotivierten Erzählung anregen, wobei die relative Offenheit des Leitfadens eine selbstgewählte Fokussierung ermöglichen sollte (Liebold und Trinczek 2009). Die Interviews wurden zunächst von Mitgliedern des Projektteams zusammen mit dem Erstautor durchgeführt. Gegen Ende der Studie wurden die Interviews von Projektmitgliedern selbständig durchgeführt. Die Interviews dauerten durchschnittlich rund eine Stunde und fanden aufgrund von Covid-19 per Videokonferenz statt.
4.3 Untersuchungsauswertung
Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert und mit einer strukturierenden Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) pro Fall analysiert und anschließend bezüglich Gemeinsamkeiten und Unterschieden verglichen (Yin 2010). In einem ersten Schritt wurde die Strukturierung der Interviews entlang des Kodierungssystems (Mayring 2015) von den Mitgliedern des Projektteams mithilfe des Kodierprogramms MAXQDA durchgeführt. Die Analysekategorien orientieren sich dabei wie der Leitfaden am Papierkorbmodell. Induktive Kategorien (z.B. zu den Integrationseinstellungen in den Vereinen oder zur Evaluation der Maßnahmen) ergänzten das Analysesystem. In einem zweiten Analyseschritt wurden die Analysekategorien durch den Erstautor innerhalb des Hauptkategoriensystems zusammengefasst. Schließlich wurden die Fälle einander gegenübergestellt und auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Entstehung der Maßnahmen verglichen (Yin 2010).
Folgende Arbeitsschritte sollten die wissenschaftliche Güte der Studienresultate gewährleisten. Alle Projektmitglieder wurden in die Planung der Studie (Leitfaden, Kategoriensystem) miteinbezogen, für die Datenerhebung und -auswertung geschult und eng durch die Autoren begleitet. Im Sinne der Intercoderreliabilität wurde das Kodiersystem zu Beginn von den verschiedenen Projektmitgliedern angewandt, abgeglichen und schließlich nochmals vereinfacht. Außerdem wurden verschriftlichte Fallstudien von den Kontaktpersonen in den Vereinen im Sinne der kommunikativen Validierung überprüft und vereinzelt angepasst.
5 Resultate
5.1 Probleme und Lösungen
Mit Blick auf Probleme und Lösungen im Zusammenhang mit organisationalen Initiativen zur Förderung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund wurde gefragt, wie damit verbundene Anliegen im Verein die nötige Aufmerksamkeit erhalten und welche strukturellen Lösungen damit verbunden sind. Die Fallstudien zeigen, dass initiale Anliegen vielfach die Aufnahme von geflüchteten Spielern während Phasen intensiver Fluchtbewegungen beinhalten und durch externe Akteure aus der Geflüchtetenarbeit angeregt werden. Diese Anliegen stoßen auf moralisch motivierte Vereine, weshalb das Thema Aufmerksamkeit erhält. Die Anliegen erfordern schnelle Lösungen, welche in den meisten Vereinen in der Bereitstellung bzw. Öffnung von Sportangeboten für Geflüchtete gefunden werden. Spezifische Herausforderungen im sportlichen Alltag können zu neuen Problemen und Anliegen führen, welche in wenigen Fällen durch die strukturelle Verankerung organisationaler Initiativen gelöst werden.
5.1.1 Externe Anfragen stoßen auf moralisch motivierte Vereine
Obwohl sich das Forschungsdesign auf Menschen mit Migrationshintergrund im Allgemeinen bezog, berichten die Vereine vor allem von Bemühungen um geflüchtete Personen. Diese gehen in den meisten Vereinen direkt auf Anfragen von externen Akteuren im Zusammenhang mit den Fluchtbewegungen 2015 zurück. Diese sind beruflich oder ehrenamtlich in der Geflüchtetenarbeit tätig (z.B. Gemeinderat, Asylzentren, karitative Organisationen, Integrationsvereine) und fragen die Vereine an, ob Geflüchtete im Verein Fußball spielen können. Während es sich teilweise um offizielle Kontakte handelt, berichten andere Vereine auch von informellen Anfragen. So werden die Vereinsakteure auch von befreundeten Personen oder von Eltern von Vereinsmitgliedern kontaktiert. In der Regel haben die externen Personen bereits Kontakte zu geflüchteten Personen, weshalb die Vereine nicht selbst Geflüchtete erreichen müssen. Das wird in folgendem Zitat deutlich:
„Grundsätzlich war das so, dass der damalige Gemeinderat [Name], der das Soziale unter sich hatte, er hat das sehr stark lanciert und hat versucht, diese Asylsuchenden zu integrieren durch die Vereine. Er ist auf unseren Verein zugekommen und ist auch in andere Vereine gegangen, aber praktisch alle Asylsuchenden wollten Fußball spielen“ (V3E2, Z12).
Die externen Anfragen stoßen auf Vereine, welche dem Thema offen gegenüberstehen. Die Interviewpersonen berichten davon, dass der Verein bereits zu früheren Zeitpunkten geflüchtete Personen aufgenommen hatte. Vor allem städtische Vereine verweisen auch darauf, dass sie in Quartieren angesiedelt sind, in denen seit vielen Jahren viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, was sich auch in ihren Mitgliederstrukturen niederschlägt. Teilweise hatten die Vereine zu früheren Zeitpunkten auch bereits einzelne integrative Projekte durchgeführt (z.B. Turniere mit Geflüchteten).
In allen Vereinen scheint die Aufmerksamkeit für die artikulierten Anliegen auf moralische Überzeugungen zurückzugehen, wobei diese teilweise eher vereinskulturell, teilweise aber auch von einzelnen Personen geprägt sind. Die Überzeugungen beziehen sich auf Ziele im Bereich eines „Fußballs für alle“ und sind mit Bemühungen um einen erfolgreichen Zugang aller Bevölkerungsschichten verbunden. Vielfach berichten die Interviewpersonen von einer sozialen Verantwortung, die sie im Verein übernehmen wollen. Dabei verweisen einige Interviewpersonen auf eine soziale Verantwortung gegenüber der Gemeinde und versuchen diese in der Geflüchtetenarbeit zu unterstützen.
„Das Verantwortungsbewusstsein ist relativ hoch bei uns, was das betrifft. (…) Da möchten wir auch etwas zurückgeben, weil wir bekommen auch viel von der Gemeinde“ (V2E2, Z59).
In anderen Vereinen bezieht sich diese Verantwortung direkt auf die Situation von geflüchteten Personen in der Aufnahmegesellschaft.
„Ich weiß nicht, ob Sie die Zivilschutzunterkünfte kennen, aber sie haben keine Fenster, nichts, und wir dachten, dass es eine hervorragende Initiative wäre, sie aus diesem Loch herauszuholen und Fußball zu spielen, weil wir wissen, dass Fußball international ist“ (V10E3, Z52).
Im Gegensatz zu diesen moralischen Motiven werden funktionale Anliegen in den Entscheidungsprozessen hingegen kaum artikuliert. Nur in einem Verein berichten die befragten Personen von der Hoffnung, durch das Engagement auf fußballerische Talente zu stoßen. Interessanterweise bedienen sich die involvierten Vereinsakteure bei der Umsetzung organisationaler Initiativen aber teilweise funktionaler Argumente, um die Vereinsbasis von den Bemühungen zu überzeugen.
„Man ist zu diesem Trainer und hat gesagt ‚schau du bist ja sowieso knapp an Personen, hier hast du eine bis zwei Personen, sie können Fußball spielen, nimmt die doch mal‘ und dann haben alle gesagt ‚tiptop die nehmen wir gerne‘“ (V3E2, Z84).
5.1.2 Lösungen auf Ebene der Sportangebote
In allen Vereinen finden sich Lösungen für geflüchtete Personen auf Ebene der Sportangebote. Diese schließen sowohl an die artikulierten Anliegen der externen Akteure wie auch an das Kerngeschäft der Vereine an. In vielen Vereinen werden geflüchtete Personen in bestehende Teams aufgenommen und werden in der Regel Mitglied des Vereins. In anderen Vereinen werden Geflüchtetenteams gebildet. Teilweise trainieren diese zu Randzeiten und die geflüchteten Personen sind nicht Mitglied des Vereins, teilweise werden sie Mitglied oder bestreiten die Meisterschaft.
Spezifische organisationale Initiativen über die Gewährleistung von Sportangeboten hinaus sind zu diesem Zeitpunkt nicht angedacht, was auch am Integrationsverständnis in den Vereinen liegen dürfte. Befragte Personen verbinden Integration vor allem mit dem Zugang zum Verein, berichten von einem automatischen Integrationspotential des Fußballs oder verweisen auf das Prinzip der Gleichbehandlung von Mitgliedern. Gezielte Bemühungen bei der Integration im Verein oder gar strukturelle Maßnahmen werden in den Vereinen in der Regel nicht geplant.
„Nein, da haben wir eigentlich nicht groß Kompromisse eingehen wollen, wir haben auch gar nicht gewollt. Also wie gesagt, wir wollen die Mannschaft wirklich als vollwertiges Vereinsmitglied laufen lassen und nicht irgendwie mit Sonderrechten oder so, Sonderpflichten oder so“ (V12E1, Z592).
„Es gibt keine grundlegenden Unterschiede, deshalb ist der Fußball außergewöhnlich, das Vereinswesen, der Sport ist außergewöhnlich. Sobald man einen Ball wirft, gibt es keine Migranten und keine... All das verschwindet völlig“ (V4E2, Z242).
Die erwähnten Ansichten geraten jedoch in der Umsetzung der Lösungen auf Ebene der Sportangebote unter Druck, da integrative Prozesse Herausforderungen wie Sprachbarrieren, Konflikte durch Niveauunterschiede oder Skepsis bei bestehenden Mitgliedern auslösen. Damit ergeben sich in den Vereinen neue Anliegen, die auf Bearbeitung in Aushandlungs- und Entscheidungsprozessen warten.
5.1.3 Lösungen von Herausforderungen in den bestehenden Strukturen
In vielen Vereinen sind diese neuen Anliegen mit Lösungen in den bestehenden Strukturen verbunden. Häufig übernehmen jene Personen Verantwortung, die bereits die Aufnahme der geflüchteten Spieler geprägt haben. In einigen Vereinen mutieren diese Personen zu informellen Ansprechpersonen für das Thema. Diese Funktion entsteht evolutionär, ist nicht Teil eines Entscheidungsprozesses und wird auch nirgends strukturell verankert. Nicht selten sind es Personen, die bereits vorher viele Aufgaben im Verein übernehmen. Exemplarisch hierfür ist die „Ansprechperson“ in Verein 4.
„Das Problem ist, dass bei [Verein 4] bin ich ganz einfach die Kontaktperson. Es könnte für irgendetwas sein, auf jeden Fall bin ich die. Also es gibt, ich habe den Eindruck, eine Rolle zu haben, aber also eigentlich bin ich ein Kontaktpunkt für alles also auch für das, wenn du so willst“ (V4E2, Z195).
Einige Vereine machen beim Projekt „together“ mit. In der Regel scheint die Teilnahme aber nicht eine Reaktion auf die Herausforderungen zu sein. Teilweise finden sich Hinweise, dass materielle Anreize (z.B. kostenlose Bälle) sowie das Wissen darum, die Teilnahmebedingungen zu erfüllen, eine entscheidende Rolle gespielt haben. Teilweise wird diese Lösung – im Sinne des Papierkorbmodells – aber nachträglich mit Anliegen im Bereich der organisationalen Initiativen in Verbindung gebracht. Die Interviewpartner berichten beispielsweise davon, dass mit der Teilnahme Wissen über die integrative Arbeit mit Geflüchteten generiert werden konnte und das bestehende Engagement einen Namen erhielt. Wie die Ansprechpersonen wird auch die Teilnahme bei „together“ in den Vereinen kaum in Entscheidungsprozessen verhandelt und sehr unterschwellig umgesetzt.
Exemplarisch für diese Vereine ist, dass die organisationalen Bemühungen nur solange anhalten, wie Herausforderungen im Verein auftreten. Insbesondere mit dem Rückgang der Fluchtbewegungen nimmt auch die Bedeutung des Themas wieder ab und engagierte Personen fokussieren sich in ihrem Ehrenamt wieder auf andere Aufgaben.
„Also es war wieder im Vordergrund während der Migrationskrise, wenn man so will. Es war ein Thema, das ziemlich regelmäßig auf dem Tisch war. Aber seit einiger Zeit hat sich die Situation sehr entspannt, wenn man dieses Wort benutzen darf, aber sagen wir, es gibt weniger Druck, also die Leute reden in den Zeitungen weniger darüber, daher ist es schlussendlich eine Problematik, die heute weniger diskutiert wird“ (V4E2, Z172).
Auch wenn das Thema mit der Zeit wieder verschwindet, ist in einigen Vereinen doch der Aufbau von integrativen Erfahrungen und Wissen auf individueller Ebene zu beobachten. So wird im Verein 4 davon berichtet, dass das Amt der Ansprechperson für Belange von Menschen mit Migrationshintergrund idealerweise von einer Person außerhalb des Vorstands mit mehr spezifischen Kapazitäten wahrgenommen würde. Beim Verein 7 berichten die Interviewpersonen auf Basis der positiven Erfahrungen mit dem Sondersetting für geflüchtete Personen von geplanten Angeboten für Menschen mit Beeinträchtigung.
5.1.4 Lösung von Herausforderungen durch Strukturanpassungen
Die Herausforderungen führen in wenigen Vereinen zu Strukturanpassungen, welche eine systematischere Bearbeitung des Themas vermuten lassen. Im Verein 12 kam es bei einem Meisterschaftsspiel des Geflüchtetenteams zu Ausschreitungen, worauf der Verein auf die Sanktionierung des Teams seitens des Verbands mit der Gründung eines Integrationsausschusses reagierte, welcher integrative Fragen in einer gewissen Regelmäßigkeit thematisieren soll. Der Verein 11 berichtet davon, dass insbesondere Trainer:innen mit den vielen Neumitgliedern während den Fluchtbewegungen überfordert waren. Im Verein wurde deshalb in Verhandlungen mit der kommunalen Behörde ein Sozialarbeiter angestellt, der in einem kleinen Pensum integrative Strukturen schaffen soll. Im Verein 8 haben veränderte Mitgliederstrukturen im Zuge der Aufnahme von geflüchteten Personen Konflikte und rassistische Vorfälle ausgelöst. Basierend auf einer bis zum Zweiten Weltkrieg zurückreichenden humanistischen Vereinstradition, wollte der Verein Strukturen schaffen, die der neuen Situation Rechnung tragen. Dabei schuf der Verein eine Sozialcharta, die das Zusammenleben im Verein regelt.
Den beschriebenen Vereinen ist gemein, dass die Herausforderungen relativ schwerwiegend sind. Während in den anderen Vereinen Herausforderungen meist durch einzelne Handlungen gelöst werden können, erfordern die Probleme hier mehr Energie der Akteure. Außerdem erkennen die Vereine, dass die Prozesse der Integration im Verein über die reine Mitgliedschaft hinaus keine Selbstläufer sind.
„Wir alle haben das Gefühl gehabt, der Fußball alleine reicht. Aber es reicht nicht“ (V11E1, Z444).
„Wie gesagt, vielleicht ist es dann ein bisschen naiv gewesen von uns, wir haben ja gute Erfahrungen. Aber dass das dann trotzdem nochmals eine andere Identität ist, dass sie vielleicht noch emotionaler dabei sind, auch der Fußball, auch wenn es nur auf unserem Niveau ist, in Anführungs- und Schlusszeichen, sehr, sehr große Wichtigkeit hat, oder. Das ist uns in dem Maß gar nicht bewusst gewesen, wahrscheinlich oder wir haben uns zu wenig damit befasst“ (V12E1, Z315).
„Also dass wir uns in den Nullerjahren Gedanken gemacht haben, war sicher ein Leidensdruck. Weil es keinen Spaß mehr gemacht hat. Weil die Schweizer aufgehört hatten und die Ausländer auch nicht zufrieden waren“ (V8E2, Z196).
In allen Fällen bieten sich den Vereinen außerdem externe Gelegenheiten, das Thema zu vertiefen. Verein 12 wird vom Regionalverband begleitet und muss ein Konzept zur Verhinderung weiterer Vorfälle vorlegen. Verein 11 wird Pilotverein in einem Projekt der kommunalen Behörden und erhält deshalb einen extern finanzierten Sozialarbeiter. Verein 8 macht bei einem externen Label mit, welches integrative Ziele berücksichtigt.
Neben den drei beschriebenen Vereinen finden sich auch zwei Vereine, in denen integrative Strukturen auf integrationsferne Anliegen zurückgehen. Im Verein 1 sind es eher finanzielle Interessen, die dazu führen, dass man beim selben Label wie Verein 8 teilnimmt. Im Verein 9 führen fehlende Fußballfelder und Druck der Stadt dazu, dass vier Vereine, darunter zwei ethnische Vereine, miteinander kooperieren und eine gemeinsame Jugendabteilung aufbauen.
5.2 Akteure und Entscheidungsgelegenheiten
Wie aber kommt es zu diesen Lösungen im handelnden Zusammenwirken der Akteure? Mit Blick darauf haben wir gefragt, welche Akteure mit welchen Legitimierungen in welchen Entscheidungsgelegenheiten (nicht) beteiligt sind. Die Fallstudien zeigen, dass vielfach Vorstandsmitglieder mit vereinsspezifischen Kompetenzen aktiv sind. Das Thema wird vor allem in informellen Entscheidungsgelegenheiten verhandelt, zu denen nur eingeweihte Personen Zugang haben. Die allermeisten Vereinsmitglieder sind deshalb nicht Teil der Entscheidungsprozesse, was zügige Lösungen ermöglicht. Die Gefahr, an den Interessen der Mitglieder vorbei zu handeln, wird von den Akteuren in unterschiedlicher Art und Weise berücksichtigt.
5.2.1 Engagierte Ehrenamtliche
Die Entscheidungsprozesse sind in der Regel geprägt von einzelnen, sehr engagierten Vorstandsmitgliedern. Sie werden aktiv, weil sie Ämter besetzen, die von externen Akteuren kontaktiert werden (z.B. Präsident) oder für die Aufnahme neuer Mitglieder im Verein verantwortlich sind (z.B. Sportchef). Die Akteure weisen kaum integrationsspezifische Kompetenzen auf. Viel eher verfügen sie dank ihrem Ehrenamt über ausgeprägte vereinsspezifische Kompetenzen und scheinen – angesichts einer personenorientierten Ämterbesetzung in Sportvereinen (Seiberth 2013) – ein gewisses Vertrauen zu genießen, im Interesse des Vereins zu handeln. Darauf verweisen andere Vorstandsmitglieder, wenn sie über diese Personen sprechen. Auch die Personen selbst berichten davon. Dieses Vertrauen dürfte insbesondere auch dadurch bestärkt werden, dass die externen Anfragen auf Ebene der Sportangebote umgesetzt werden können und keine innovativen Lösungen erfordern. Es überrascht deshalb nicht, dass viele Lösungen relativ stark top-down entschieden werden. Prozesse, die stärker von der Basis ausgehen, lassen sich nur in wenigen Vereinen beobachten. In Verein 12 äußern beispielsweise geflüchtete Mitglieder den Wunsch, ein eigenes Meisterschaftsteam zu stellen, worauf zwei Vereinsmitglieder aus persönlichen Überzeugungen ein Konzept ausarbeiten, wie eine solche Idee umgesetzt werden kann. Erst daraufhin wird der Vorstand miteinbezogen. Dieses Vorgehen wird wiederholt, als es in einem Meisterschaftsspiel zu Gewaltvorfällen kommt und der Regionalverband Maßnahmen fordert. Im Verein 8 wird das Thema seit der Ausarbeitung der Sozialcharta von einzelnen Akteuren in informellen Netzwerken bearbeitet und je nach Größe der Projekte unabhängig vom Vereinsvorstand umgesetzt.
5.2.2 Informelle Entscheidungsgelegenheiten
In allen Vereinen werden die Anliegen in Vorstandsitzungen thematisiert. Teilweise werden dort Entscheide gefällt, teilweise wird nur informiert, insgesamt aber kaum verhandelt. Es scheint, als erhielten hier andere Probleme und Lösungen mehr Aufmerksamkeit. Am ehesten werden Fragen rund um die Finanzierung von Mitgliedsbeiträgen geflüchteter Spieler diskutiert.
„Ich sage der Vorstand kann vielleicht etwas dazu sagen, wenn es vor allem noch um finanzielle Fragen geht. Dann wird der Vorstand miteinbezogen, außer vielleicht ein Sponsor übernimmt das. Aber sonstige Tätigkeiten entscheiden oft Einzelpersonen und führen das durch“ (V7E3, Z259).
Verhandlungen über organisationale Initiativen finden eher in informellen Entscheidungsgelegenheiten statt, in denen nur wenige Akteure beteiligt sind. Exemplarisch dafür steht folgende Aussage aus Verein 7:
„Entscheidungen passieren oft auf Nebenschauplätzen, genau. Es ist oft nötig, dass man vor Ort ist und nicht auf dem Bürgenstock [Berg in der Region]. Er und ich sind praktisch jeden Tag dort [auf dem Fußballplatz] und dann diskutieren wir das zusammen und bringen Lösungen. (…). Über Projekte diskutieren wir oft zu zweit“ (V7E1, Z217).
Dabei scheinen aber nur Akteure beteiligt, die gemeinsame Interessen verfolgen und organisationale Initiativen im Bereich der Integration unterstützen. Auch wenn dies nur in einem Fall explizit benannt wird, scheinen dabei relativ oft informelle Beziehungsnetzwerke im Verein eine Rolle zu spielen.
„Dann haben wir unser Netzwerk und man weiß auch, wer sich in welchem Netzwerk engagiert. Aber es könnte gut sein, dass wenn die A-Junioren und die 2. Mannschaft etwas machen, dass ein ganz anderes Netzwerk benützt wird“ (V8E2, Z244).
Die gemeinsamen Interessen der involvierten Akteure führen dazu, dass es in diesen Entscheidungsgelegenheiten weniger darum geht, ob organisationale Initiativen erstrebenswert sind, sondern darum, wie knappe Ressourcen organisiert werden können, damit eine Maßnahme umgesetzt werden kann. Neben den bereits erwähnten finanziellen Fragen (dringendstes Problem ist die Finanzierung von Mitgliedsbeiträgen geflüchteter Spieler), geht es dabei auch um infrastrukturelle (viele Vereine verfügen nicht über ausreichend Fußballplätze) und personale Herausforderungen (für neu gegründete Teams braucht es Trainer:innen).
5.2.3 Berücksichtigung funktionaler Interessen der Mitglieder
Die informelle Art der Entscheidungsfindung führt dazu, dass die allermeisten Vereinsmitglieder nicht in die Entscheidungsprozesse eingebunden sind, in vielen Fällen wohl auch gar nichts davon erfahren. Skeptische Mitglieder sind deshalb nicht Teil der Entscheidungsprozesse. Oft werden die Interessen bestehender Mitglieder von den zentralen Vereinsakteuren in den Entscheidungsprozessen aber mitgedacht. Damit verhindern die Akteure, dass es zu ausgeprägten, funktional begründeten Widerständen im Verein kommen kann. Dabei berücksichtigen sie vor allem mögliche Verdrängungseffekte. Angesichts ausgelasteter Infrastruktur kommt es in diversen Vereinen entweder zu Begrenzungen der aufzunehmenden Mitglieder oder zur Gründung neuer Teams, welche zu Randzeiten trainieren.
[I: „Hat es in den Jahren des Prozesses Widerstand oder Skepsis gegeben?“]
„Nein. Wirklich konkret zu mir gelangte in diesem Bereich eigentlich nichts. Es hat sicher damit zu tun, dass niemandem etwas weggenommen wurde. Solange jeder sein Spiel und Training um die gewünschte Zeit durchführen kann, ist man zurückhaltend. Sobald man das Gefühl hat, die anderen nehmen uns einen Trainingsslot weg dann kann ich mir vorstellen, dass es auch bei uns Diskussionen gegeben hätte“ (V7E2, Z243).
Auch finanzielle Fragen werden berücksichtigt. Bei Verein 12 wird die Finanzierung als zentraler Aspekt in ersten Konzepten mitgedacht, weil im Vorstand Ängste wahrgenommen werden, dass der Verein durch das neue Team in eine finanzielle Schieflage geraten könnte. Verein 6 will keine Mitgliederbeiträge erlassen, weil sie befürchten, dass andere Mitglieder dies nicht akzeptieren. Bei Verein 4 werden Mitgliederbeiträge zwar erlassen, jedoch berichten zentrale Akteure von der Sorge, dass dies nicht im Sinne der Mitglieder sei. Bei Verein 10 wird das Team nicht lizenziert, weil dies mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre. Schließlich befürchtet die Ansprechperson beim Verein 2 eine generelle, nicht weiter spezifizierte Überforderung im Verein und kommuniziert deshalb gleich zu Beginn, dass nur eine gewisse Anzahl Personen im Verein aufgenommen wird.
5.2.4 Umgang mit politischer Skepsis im Verein
Während funktionale Interessen in den Entscheidungsprozessen mitgedacht werden, stellen politische Ambivalenzen – nicht alle Mitglieder teilen die moralischen Überzeugungen hinsichtlich der Integrationsinitiativen – hingegen eine Herausforderung dar. Die relativ rasche Implementierung und fehlende Einbindung der Basis führt häufig dazu, dass sich die Skepsis erst bei der Umsetzung der Lösungen zeigt. In diesem Fall äußern konservativ eingestellte Personen, die nicht selten auf langjährige Vereinskarrieren zurückblicken, politisch begründete Vorbehalte gegenüber der spezifischen Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund. Es sind in der Folge wiederum die engagierten Akteure, welche die Maßnahmen bereits in die Wege geleitet haben, die versuchen, dieser Skepsis zu begegnen. Die Personen gehen beispielsweise in die Teams, zu Trainern oder einzelnen Mitgliedern und appellieren an deren Offenheit oder suchen Lösungen bei Verdrängungseffekten.
„Ich habe auch mit den Alteingesessenen diskutiert. Die einen waren schon im Vorstand mit mir. Ich meine, ich bin seit ich sieben Jahre alt bin im Verein, daher kennt man einander. Dann weiß man auch wer, es gibt halt einfach solche, das ist so, die sind dann eher gegen Ausländer, das ist halt einfach so und die anderen sagen, es sei überhaupt kein Problem. Da muss man gut mit Fingerspitzengefühl diese Personen abholen und den einen auch sagen, ‚Schau, das ist einfach so und wir schicken niemanden zurück‘“ (V3E2, Z130).
Teilweise berichten die Akteure auch davon, dass sie das Thema bewusst nicht an die große Glocke gehängt haben, um keine Skepsis aufkommen zu lassen. In zwei Vereinen wurde die Skepsis konservativer Akteure im Entscheidungsprozess bewusst überhört. Nicht überall ist ein solches Weghören jedoch zielführend. In Verein 5 setzen zwei neue Vorstandsmitglieder eine strategische Neuorientierung hin zu einem „Fußball für alle“ um. Im Wissen um mögliche Widerstände bei einer relativ dominanten, alteingesessenen Minderheit im Verein werden kritische Akteure in den Entscheidungsprozessen aber bewusst umgangen. Mit der Umsetzung der Strategie kommt es jedoch zu massivem Widerstand der Minderheit. Die beiden engagierten Akteure legen daraufhin ihr Amt nieder und die Bemühungen kommen zum Erliegen.
6 Diskussion
Der vorliegende Beitrag hat zum Ziel, Entscheidungsprozesse bei der Entstehung von organisationalen Initiativen bei der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Fußballvereinen zu analysieren. Als empirische Grundlage dienen 32 Expert:inneninterviews aus 12 Schweizer Fußballvereinen, welche auf organisationale Initiativen verweisen. Sportvereine werden dabei als organisierte Anarchien konzeptualisiert und die Entstehung organisationaler Initiativen über das handelnde Zusammenwirken der Akteure im Papierkorbmodell analysiert (March und Heath 1994; Nagel 2006; Schimank 2016).
Wie für organisierte Anarchien typisch, lassen sich in den untersuchten Vereinen unklare Ziele und politische Ambivalenzen beobachten. Den Vereinen fehlen Ziele im Bereich der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, weshalb die individuellen Handlungen am ehesten von vereinskulturellen Bedingungen vorstrukturiert werden (vgl. Seiberth und Thiel 2007 für die individuelle Integration). Moralische Verpflichtungen und auch historische Vorerfahrungen im Bereich der Integration scheinen eine legitimierende Rolle für organisationale Initiativen zu spielen. Auch politische Ambivalenzen finden sich in den Vereinen, welche sich – gerade wenn ausgeprägte vereinskulturelle Vorerfahrungen fehlen – in Skepsis konservativer Mitglieder äußern. Unter diesen Umständen sind die Entscheidungsprozesse – im Anschluss an das Papierkorbmodell – geprägt durch das Zusammentreffen (1) externer Anregungen zur Aufnahme von Geflüchteten, (2) Lösungen im Bereich der Sportangebote und das (3) individuelle Engagement von Vorstandsmitgliedern in (4) informellen Entscheidungsgelegenheiten.
Die externen Anregungen schließen dabei an die moralischen Überzeugungen in den Vereinen an (vgl. auch Borggrefe und Cachay 2021; Nobis et al. 2017; Seiberth et al. 2018). Sie ermöglichen, dass die Anliegen die nötige Aufmerksamkeit erhalten und in Entscheidungsprozesse überführt werden. Funktionale Motive, welche organisationale Initiativen stärker an zentrale Ziele des Vereins anschließen (z.B. Gewinnung neuer Mitglieder), stehen hingegen nicht im Zentrum der Bemühungen (vgl. auch Borggrefe und Cachay 2021; Seiberth et al. 2018).
Dennoch begünstigen die Kontakte der externen Akteure zu Geflüchteten und die Popularität des Fußballs, dass sich die Vereine auf relativ einfache Lösungen in ihrem Kernbereich konzentrieren können, also einen Bereich, in dem sie doch eindeutige Ziele verfolgen. Die Lösungen der Vereine beschränken sich dann zunächst auf die Aufnahme von Spielern in bestehende Teams oder die Gründung neuer Trainingsgruppen (vgl. auch Borggrefe und Cachay 2021; Nobis et al. 2017; Seiberth et al. 2018). Sportangebote können als erste Maßnahme organisationaler Bemühungen betrachtet werden. Eine gezielte Auseinandersetzung mit der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und der Aufbau entsprechender Strukturen steht jedoch vor allem im Zusammenhang mit den auftretenden Herausforderungen. Dabei gilt es festzuhalten, dass Herausforderungen in vielen Vereinen von einzelnen Akteuren moderiert werden, ohne dass es zu geplanten, strukturellen Veränderungen kommt. Integrative Kompetenzen werden deshalb hier vor allem auf individueller und allenfalls auf vereinskultureller Ebene aufgebaut. Es finden sich jedoch auch wenige Vereine, welche in weiterführenden Entscheidungsprozessen strukturelle Maßnahmen ergreifen. Damit zeigt sich, dass nicht nur funktionale, systematische Ansätze, sondern auch eine fortlaufende Weiterentwicklung von ursprünglich moralischen Ansätzen zu strukturellen Verankerungen organisationaler Bemühungen führen können.
Wie in bisherigen Studien zur Implementierung und Umsetzung von Maßnahmen zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund (Borggrefe und Cachay 2021; Seiberth et al. 2018; Spaaij et al. 2018) sind auch Entscheidungsprozesse von einzelnen, engagierten Akteuren geprägt, welche fehlende strategische Ziele in diesem Bereich kompensieren (Champions-approach, Spaaij et al. 2018). Diese weisen aber kaum integrationsspezifische Kompetenzen auf (Seiberth et al. 2018; Spaaij et al. 2018), sondern verfügen als Vorstandsmitglied über das Vertrauen im Sinne des Vereins zu handeln (vgl. Michelini et al. 2018). Dies ermöglicht es den Vereinen, das Thema in informelle Entscheidungsgelegenheiten auszulagern, in denen einzelne Vorstandsmitglieder auf Basis des ihnen gewährten Vertrauens und innerhalb bewährter Pfade nach Lösungen im Kernbereich des Vereins suchen. Dabei berücksichtigen sie organisationale Kapazitäten als limitierende Faktoren der Bemühungen (vgl. Nobis et al. 2017; Tuchel et al. 2020).
Die informellen Entscheidungsgelegenheiten bedeuten jedoch auch, dass die allermeisten Vereinsmitglieder im Sinne von Informationsoligarchien (Michelini et al. 2018) nicht Teil der Entscheidungsprozesse sind. Dies verhindert komplexe Aushandlungsprozesse und ermöglicht schnelle Lösungen, bedeutet aber auch, dass unterschiedliche Interessen nicht artikuliert werden. Während funktionale Interessen der Mitglieder (z.B. eine passende Trainingszeit) von den Entscheidungsträger:innen berücksichtigt sind, werden die politischen Ambivalenzen und die Skepsis von Personen, welche moralische Motive nicht teilen, in den Entscheidungsprozessen kaum mitgedacht. Die Skepsis konservativer Mitglieder zeigt sich deshalb erst bei der Umsetzung der Maßnahmen und erfordert einen Zusatzaufwand der verantwortlichen Personen. Oft beschränkt sich die Skepsis auf einzelne Mitglieder, kann aber – wo breiter abgestützt – auch Widerstände auslösen, die Initiativen zum Erliegen bringen.
Insgesamt zeigen die vorliegenden Fallstudien, dass die Bemühungen der Vereine nicht einer zielgerichteten Stoßrichtung folgen und eher informell, fortlaufend und ad hoc, in Abhängigkeit aufkommender Probleme und involvierter Akteure entstehen, weshalb sich das – im Kontext der sportbezogenen Integrationsforschung bislang nicht verwendete – Papierkorbmodell als geeigneter innovativer theoretisch-methodischer Analyserahmen bewährt. Hierbei gelingt es, nicht nur die Ergebnisse der eigenen Studie, sondern auch die vorliegenden Befunde zu integrieren. Vereinskulturelle Bedingungen geben dabei zwar eine bevorzugte Richtung vor, die Bemühungen fußen jedoch kaum auf einer rationalen, vorausschauenden Planung. Die untersuchten Bemühungen lassen sich deshalb am ehesten durch wiederholte, aneinander anschließende informelle Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse charakterisieren. Die Fußballvereine finden zunächst Lösungen im Bereich ihrer Kernkompetenz und ergreifen zusätzliche Initiativen nur, wenn Herausforderungen neue Entscheide aufdrängen. Es überrascht deshalb nicht, dass organisationale Initiativen im Bereich der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund nur selten und durch die Verkettung verschiedener, eher zufälliger Entscheide strukturell verankert werden.
7 Limitationen und Forschungsperspektiven
Hinsichtlich der Generalisierung der vorliegenden Befunde ist Folgendes zu berücksichtigen: Bezüglich der Expert:inneninterviews lässt sich einwenden, dass vor allem Akteure berücksichtigt wurden, welche Maßnahmen und Ideen eng begleitet und forciert haben. Widerstand und Skepsis wird damit möglicherweise unterschätzt. Gerade in den Vereinen mit stärkerer Skepsis und Widerständen wäre es deshalb interessant, Personen einzubinden, welche die Initiativen kritisiert oder nur beobachtet haben. Zu diesem Zweck würden sich auch Einzelfallstudien anbieten, in denen Entscheidungsprozesse noch präziser nachgezeichnet oder sogar ethnographisch begleitet werden können.
In den Fallstudien sind ausschließlich Vereine berücksichtigt, welche unterschiedliche Lösungen im Bereich der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund gefunden haben. Diese zeigen eine generelle Offenheit und reagieren positiv auf externe Anfragen. Es kann aber in Frage gestellt werden, inwiefern auch in anderen Vereinen eine Offenheit und Bereitschaft anzutreffen ist, integrative Maßnahmen ins Auge zu fassen und Ressourcenfragen zu überwinden. Interviewpersonen berichten beispielsweise davon, dass benachbarte Vereine keine geflüchteten Personen aufnehmen wollten. Fehlt eine generelle Offenheit oder formieren sich Widerstände auf Basis funktionaler Einschränkungen (Seiberth et al. 2018), dürften Maßnahmen einen schweren Stand haben. Forschungsperspektiven, die sich auf Vereine fokussieren, in denen Bemühungen gescheitert sind oder gar nicht erst auf die Agenda kommen, wären dazu interessant.
Außerdem handelt es sich bei der Einbindung von Geflüchteten in Fußballvereinen um eine spezielle Ausgangslage. Partizipationszahlen zeigen, dass der Fußball für männliche Menschen mit Migrationshintergrund attraktiv ist (Lamprecht et al. 2020), weshalb Fußballvereine zwar viel Potential bergen, die Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund aber bereits ohne spezifische Initiativen gelingen kann und Maßnahmen fast beiläufig entstehen. Diese Bedingungen lassen sich aber kaum auf weniger populäre Sportarten und andere Zielgruppen übertragen. Sind Bemühungen in anderen Sportarten (z.B. Menschen mit Migrationshintergrund im Handball, Borggrefe und Cachay, 2018) oder um andere Zielgruppen (z.B. Frauen im Fußball) erstrebenswert, dürften fortlaufende Weiterentwicklungen weniger erfolgreich sein und geplante Maßnahmen der Vereine wieder in den Vordergrund rücken.
Mit Blick auf die Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund in Fußballvereinen scheinen jedoch gerade gewichtige Herausforderungen in den integrativen Prozessen und die Erfahrung, dass die Integration kein Automatismus darstellt, strukturelle Anpassungen zu ermöglichen. Diese Erkenntnisse ließen sich nicht nur durch Praxiserfahrungen, sondern auch durch Wissensvermittlung und Beratung von Vereinen erzeugen. Dabei könnten Fragen rund um ein automatisches Integrationsverständnis und den verbreiteten Ansatz der Gleichbehandlung thematisiert werden, welche oftmals eng mit assimilativen Integrationserwartungen verbunden sind (Kleindienst-Cachay et al. 2012). Dabei wäre zu untersuchen, inwiefern dadurch strukturelle Anpassungen ermöglicht werden, ohne dass zuerst Herausforderungen auftreten.
Schließlich hat der vorliegende Beitrag mit dem Fokus auf Entscheidungsprozesse in Sportvereinen primär die Entstehung organisationaler Initiativen, weniger aber deren Wirkung auf die integrativen Prozesse in den Vereinen thematisiert. Viele Geflüchtete verlassen die Vereine nach einer gewissen Zeit wieder. Dafür haben die Expert:innen teilweise keine Erklärungen, sehr oft wird aber davon berichtet, dass die Geflüchteten aufgrund des Asylsystems den Wohnort wechseln mussten. Nur selten wird hingegen reflektiert, inwiefern die politisch motivierte Skepsis im Verein integrative Prozesse erschwert hat. In der Regel berichten die Expert:innen davon, diese Skepsis moderiert zu haben. Gleichzeitig finden sich in unserem Projekt aber auch Hinweise auf ethnische Diskriminierungen in den Vereinen. Ein stärkerer Fokus auf die interethnischen Kontakte in der Umsetzungsphase und eine wie bei Nobis und El-Kayed (2022) geforderte Konzeptualisierung über Konzepte der Diskriminierung könnten entsprechende Erkenntnisse vertiefen.
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© 2023 Matthias Buser, Siegfried Nagel, publiziert von De Gruyter
Articles in the same Issue
- Frontmatter
- Aufsätze / Articles
- Das „Wunder von Bern“ und die kollektive Erinnerung der Deutschen im Wandel der Zeit – zeitgenössisches Erleben, Erinnerungskultur und nationale Identitätsbildung
- Verschwendet euch! Die Nicht-Notwendigkeit des Spitzensports in ihrer gesellschaftlich notwendigen Vorbildfunktion verstehen
- Entstehung organisationaler Initiativen zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Schweizer Fußballvereinen
- Außer der Reihe: Kommentar / Miscellaneous: Commentary
- Time to Abolish Gender Boundaries in Elite Sports? A plea for Structural Reflection
- Nachruf / Obituary
- In memoriam
- Rezensionen / Reviews
- Sammelrezension: Neue sportsoziologische Grundlagenliteratur
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- Nachruf / Obituary
- In memoriam
- Rezensionen / Reviews
- Sammelrezension: Neue sportsoziologische Grundlagenliteratur