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Über erlebte Gewalt sprechen

Forschungsnotiz zu den methodischen Herausforderungen der Analyse von Gewaltmitteilungen im institutionellen Kontext
  • Carolin Neubert EMAIL logo
Veröffentlicht/Copyright: 18. Juni 2025
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Zusammenfassung

Das Sprechen über Gewalterfahrung liegt an den Grenzen kommunikativer Mitteilbarkeit und intersubjektiver Verstehbarkeit. Ausgehend von dieser empirischen Einsicht über die Schwierigkeit der Vermittlung familiärer Gewalterfahrung im Feld einer Schutzeinrichtung für Jugendliche, setze ich mich im Beitrag mit der Frage auseinander, wie Ausdrucksgestalten von Gewaltdarstellung Jugendlicher gegenstandsadäquat erschlossen werden können. Nach einer Konzeptualisierung des institutionellen Raums, in dem im Sinne eines institutional talks das Sprechen über Gewalt sich als kommunikative Gattung erweist, setze ich mich im Rahmen einer Literaturschau mit der sprachlichen Darstellung von Gewalterfahrungen als institutionelles Vermittlungsproblem auseinander. Schließlich will ich darauf aufmerksam machen, wie man sich dem Kommunikationsproblem methodisch annehmen und so zur analytischen Sichtbarmachung von Gewalterzählungen Jugendlicher beitragen kann.

1 Problemstellung

Das Erleben von Gewalt gleicht einer biographischen Grenzerfahrung, die sich an der Grenze der Vermittelbarkeit bewegt. Gewalt bleibt außeralltäglich, auch wenn Dunkelfeldstudien anderes vermuten lassen (Müller/Schröttle 2002). Sie ist vielerorts unbeschreibbar und unterliegt aufgrund ihrer Zeugenlosigkeit oft Glaubwürdigkeitshürden (Gülich 2005). Wenn Gewalterfahrungen in einem institutionellen Raum zur Sprache kommen sollen, wird aus diesem Kommunikationsproblem ein Vermittlungsproblem, so die These meines Beitrags. Die Institution erschafft zwar einerseits einen Artikulationsraum und besitzt damit einen Ermöglichungscharakter des zur Sprache Bringens von Gewalt (vgl. Hall 2000), sie stellt sich jedoch gleichsam als Aufforderungsraum dar, der von den Jugendlichen Sprechen verlangt und Inhalte des Sprechens vorstrukturiert. In einem aktuellen Forschungsprojekt zu Selbstmeldungen in Schutzeinrichtungen [1] zeigt sich dies ganz eindrücklich: Das Sprechen über die eigene Gewalterfahrung ist nicht trivial. Es erweist sich für die Jugendlichen, die in einer Schutzeinrichtung [2] untergebracht sind und zum Erzählen aufgefordert werden, als ein Vermittlungsproblem, das die kommunikativen Regeln der Einrichtung reflektiert. Im Beitrag wird dieser empirischen Beobachtung nachgegangen und sie in den Mittelpunkt einer methodischen Auseinandersetzung mit der Erhebung bzw. Analyse von Gewaltmitteilung im institutionellen Kontext gestellt. Ausgehend von einer Institutionenperspektive, die das Sprechen über Gewalterfahrung in der Schutzeinrichtung als institutional talk (Heritage 2004) begreift, frage ich zunächst, auf welche Weise das Sprechen über Gewalt im institutionellen Raum möglich oder problematisch ist. Daran anknüpfend sollen Herausforderungen der Erforschung von Gewalterzählungen im institutionellen Kontext besprochen und methodische Strategien zur Bearbeitung dieser vorgeschlagen werden. Es geht hierbei um eine methodische Sensibilisierung für die analytische Erfassung der Ausdrucksgestalten von Gewalt im institutionellen Kontext. Damit stellt der Beitrag in dem Sinne keine empirische Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Gewaltmitteilung dar, sondern eine vor-empirische, also methodologisch-konzeptuelle, die sich im Rahmen einer Methodendiskussion mit den Herausforderungen und Bearbeitungsstrategien dieses Forschungsfeldes befasst. So setzte ich mich, ausgehend von der empirischen Irritation über die Schwierigkeit der Vermittlung persönlicher Gewalterfahrung im Feld der Schutzeinrichtungen für Jugendliche, erstens mit den Bedingungen von Gewaltmitteilungen auseinander. Dazu schlage ich eine Konzeptualisierung des institutionellen Raums Schutzeinrichtung vor, in dem im Sinne eines institutional talks über Gewalt gesprochen wird. Neben der analytischen Dimensionierung dieses Kommunikationsraums, sollen die Strukturprobleme institutioneller Kommunikation eingehender betrachtet werden, die für diesen Raum konstituierend sind. Im darauffolgenden zweiten Schritt werden Erkenntnisse aus der Forschung dahingehend zusammengetragen, wie über ‚schwierige‘ Themen gesprochen wird, auf welche Weise dabei von einem Vermittlungsproblem ausgegangen werden kann und welche Leerstellen aktuelle Studien in Bezug auf das untersuchte Forschungsfeld aufweisen. Im Hauptteil des Beitrags sollen unter Berücksichtigung des besonderen Forschungssettings Herausforderungen für die Erforschung des Phänomens „Gewalterzählungen“ und schließlich methodische Impulse für dessen Erschließung als kommunikative Gattung vorgeschlagen werden.

2 Bedingungen des Sprechens – der Kommunikationskontext Institution

Im Fokus der nachfolgenden Betrachtungen steht der Kommunikationsraum von Schutzeinrichtungen, dessen spezifisch-rahmende Struktur sich in der Art und Weise des Sprechens über individuelle Gewalterfahrung niederschlägt. Hierbei folge ich bspw. Rosenthal (2021), die das institutionelle Umfeld als globalen Referenzrahmen des Erzählens begreift und verdeutlicht, dass Erzählen fast kaum ohne Einbettung in dieses möglich ist (Rosenthal 2021:268). So frage ich, was das Sprechen in diesem institutionellen Rahmen ausmacht und welche Bedingungen es ermöglicht. Die Analyse wird anhand von drei aufeinander bezogenen Ebenen aufgespannt: der institutionelle Raum (Schutzeinrichtung), der Status der sich mitteilenden Akteure (Jugendliche), sowie das Thema (Gewalt).

2.1 Die Schutzeinrichtung als Artikulations- und Aufforderungsraum

Jugendliche können sich aufgrund einer akuten Kindeswohlgefährdung, auf eigenen Wunsch oder aus dem Kontext einer unbegleiteten Flucht aus dem Herkunftsland in einer s.g. Schutzeinrichtungen nach §42 SGB VIII befinden. Inobhutnahmen sind dabei als Maßnahmen zur akuten Gefahrenabwehr zu begreifen und dienen der Sicherung des Kindeswohls. Die Einrichtung – meist in Form einer Wohngruppe, teilweise aber auch im Rahmen von Notschlafplätzen – bietet den Jugendlichen einen Raum für Schutz, Klärung eines weiteren Hilfebedarfs, aber auch Orientierung (Pothmann 2010). In diesen Raum treten sie zunächst bedingungslos ein, weil s.g. Selbstmelder*innen ihren Wunsch nach Obhut vor den aufnehmenden Fachkräften nicht begründen müssen. Zwar darf damit auch die Offenbarung der eigenen Gewaltgeschichte kein Eintrittskriterium für die Schutzmaßnahme darstellen, doch werden Jugendliche durch die Einrichtung zur Selbstthematisierung angehalten, die sich bspw. mit der Wahl geeigneter Anschlusshilfen begründet. Jugendliche werden also zu den Umständen ihrer Selbstmeldung befragt und diese Befragung ist mit den Regeln der Institution vereinbar. Sie wird womöglich auch als Erwartungshorizont eines Aufenthalts von den Jugendlichen bei einer Selbstmeldung bereits mitgedacht. Um über den reinen Schutzgedanken hinaus Gehör zu finden, sind Jugendliche angehalten, ihre individuellen Erfahrungen mitzuteilen. Die Mitteilungserwartung ist zum einen eine durch die Institution bereitgestellte Möglichkeit und zugleich eine, an die Mitteilenden herangetragene Aufforderung. Der Artikulationsraum der Schutzmaßnahme strukturiert damit als Verbindungsglied zwischen Diskurs und Subjekt (Hall 2000), also zwischen Schutzauftrag der Kinder- und Jugendhilfe und dem Schutzgesuch der Jugendlichen, das Sagbare und Nichtsagbare einer Gewalterfahrung: Einerseits werden subjektive Erfahrungen mitteilungsfähig und -nötig, um sich vor den Fachkräften als Jugendliche*r mit begründeter Schutz- oder Hilfebedürftigkeit zu präsentieren. Andererseits müssen diese Schilderungen den Bedingungen der Institution standhalten, sich also den Vorstellungen und Anforderungen der Institution bedienen (bspw. durch die Darstellung als Jemand, der schutzbedürftig ist und im Zweifel nicht ohne Weiteres wieder nach Hause geschickt werden kann). Wie lässt sich diese Ambivalenz aus Ermöglichung und Aufforderung konzeptuell beschreiben? In der Tradition von Drew/Heritage (1992) und Hester/Francis (2009) soll die Mitteilung von Gewalterfahrung in der Schutzeinrichtung als institutional talk gefasst werden. Kommunikation, die im institutionellen Kontext entsteht, entwickelt ein eigenes Regelregime, das den hier kommunizierenden Akteur*innen ohne explizites Wissen über die Institution inhärent ist, so die These der Autoren und Grundannahme der Konversationsanalyse. Auf den Kontext der Schutzeinrichtung übertragen, heißt das: Jugendliche werden in Gesprächen mit Einrichtungsfachkräften auf eine spezifische Weise implizit und explizit als Klient*in der Kinder- und Jugendhilfe, als Selbstmelder*in, als hilfsbedürftig angerufen. In dieser Ansprache berufen sich die Mitglieder der Institution – also die pädagogischen Fachkräfte und die Jugendlichen– auf „goals that are tied to institution relevant identities“ (vgl. Heritage 2004: 106) – also Ziele, die sich an dem Leitbild der Institution orientieren. In unserem Fall ist ein Gespräch im Kommunikationsraum der Inobhutnahme bspw. danach strukturiert, welche Folgehilfen für die Jugendliche sinnvoll sind oder was eigentlich nach der Schutzmaßnahme geschehen soll. Andere Themen wiederum können mit Verweis auf den institutionellen Rahmen ohne Begründungspflicht ausgeschlossen werden. Darauf verweisen Drew/Heritage mit den „special constraints on what is an allowable contribution to the business at hand“ (vgl. Heritage 2004: 106). Drittens sprechen die Autor*innen von „special interferences that are particular to specific contexts” (vgl. Heritage 2004: 106) – dies ist einerseits bezogen auf spezifische Konsequenzen, die aus der Interaktion hervorgehen, am Beispiel Schutzeinrichtung also die Art und Weise der weiteren Unterbringung oder auch die Zuschreibung eines mehr oder weniger ausgeprägte Schutzstatus gegenüber der Jugendlichen. Andererseits können mit „interferences“ auch Störungen innerhalb der Interaktion gemeint sein, die institutionell eingeplant, also erwartbar sind – bezogen auf den Kommunikationskontext Inobhutnahme sind das voraussichtlich Aufforderungen, die eigene Leidensgeschichte explizit zu machen, und so mit Glaubwürdigkeitsproblemen der Notwendigkeit einer Unterbringung umzugehen.

2.2 Der prekäre (Rede-)Status der Jugendlichen

Wenn Jugendliche im institutionellen Kontext über ihre Gewalterfahrungen sprechen, tun sie dies in einem Bedingungsrahmen institutioneller Kommunikation und unter Anrufung als ein Subjekt der Kinder- und Jugendhilfe. Die Jugendlichen, die im Rahmen des oben genannten Projektes über die Umstände ihrer Inobhutnahme erzählen, befinden sich als s.g. Selbstmelder*innen in einer Schutzeinrichtung. Anders als Jugendliche, die aufgrund einer akuten Kindeswohlgefährdung fremduntergebracht werden, ist der Status der Jugendlichen nicht vollends geklärt. Gesetzlich dürfen sie bis zu sechs Wochen in der Schutzeinrichtung verbleiben, um danach in eine Maßnahme des Achten Sozialgesetzbuches überführt (bspw. Wohngruppe) oder in ihre Familie bzw. Selbstständigkeit ‚rückgeführt‘ zu werden. Der ungeklärte Status der Jugendlichen in dieser Übergangseinrichtung zeigt sich – so die Annahme – auch in einem prekären Redestatus innerhalb dieses öffentlichen Kommunikationsprozesses (Franzheld, Neubert 2024). Dieser Status erwächst aus dem institutionell auferlegtem Schwellenzustand, also einem noch nicht abgeschlossenen Übergang in eine andere Statusposition (bspw. der*des „Zurückkehrers*in“ oder der*des „Wohngruppenbewohners*in“). Mit van Gennep (1986) gesprochen, haben die Jugendlichen die Trennungsphase, die vom früheren Zustand oder Ort (in dem Falle der Herkunftsfamilie) ablöst, durchschritten und befinden sich nun in einer s.g. Schwellenphase, in der man „zwischen zwei Welten schwebt“ (van Gennep 1986: 27). Die Angliederungsphase, als finalen Schritt in van Genneps Übergangsmodell, die in den neuen Ort oder Zustand integriert, bleibt den Jugendlichen noch verwehrt, weil bspw. Anschlusshilfen ungeklärt sind oder eine Perspektivklärung noch stattfinden muss. Weshalb hilft die Konzeptualisierung als Übergang, also als „Schnittstelle individueller biographischer Verläufe und sozialer Strukturen“ (Kutscha 1991: 113) an dieser Stelle weiter? Nun ist diese Schwellenphase mithin eine sehr entscheidende, weil sie eine Art „Angelpunkt der Transformation von einer Phase in die andere oder von einem Zustand in den anderen bildet“ (Seele 2008: 253). Innerhalb dieses uneindeutigen Schwebezustands, als welcher die liminalen Räume der Schwellenphase gekennzeichnet sind, können sich Perspektiven von Innovation und Veränderung ergeben, ebenso wie Zustände von Ohnmacht und Ungewissheit. Bezogen auf den hier vorliegenden Kontext möchte ich den Zustand der Jugendlichen als eine Phase des auferlegten Innehaltens in einer Art eingefrorener Situation beschreiben. Dieser Schwellenzustand wird sich auf die Art und Weise des Sprechens niederschlagen, ist also eine entscheidende rahmende Konzeptualisierung ihres Sprechens. Anders formuliert: In einem als prekär empfundenen Status, der noch keine Perspektive nach der Schutzeinrichtung aufzeigt, produziert sich ein Modus des Sprechens, welcher diesen ungeklärten Status in sich integriert. Das Sprechen über die eigene Gewalterfahrung stellt sich – neben der subjektiven Krisenerfahrung des Verlassens der Herkunftsfamilie – Jugendlichen damit insbesondere als schwieriges Unterfangen und eine institutionell an sie herangetragene kommunikative Aufgabe dar. Dabei wird sich die Wirkkraft des institutionellen Raums auch empirisch zeigen – so die Thesen: nämlich in der Ausgestaltung einer wiederkehrenden sprachlichen Strukturierung der Erzählungen über erlebte Gewalterfahrungen.

2.3 Gewalt als Thema zwischen Sprechen und Schweigen

Die Gewalterfahrungen der Jugendlichen, mit denen ich sprechen konnte, beziehen sich auf innerfamilial erlebte Gewalt, d.h. auf einen abgeschlossenen, intimen und privaten Erfahrungskontext. Auf Grund dessen „sind für Außenstehende Gewalttaten innerhalb der Familie bzw. Partnerschaft im Vergleich zum öffentlichen Raum kaum erkennbar“ (Bussmann 2007: 639). Gewalt in Familie ist aus diesem Grund vielfach sozial unsichtbar, die „extreme Privatheit, die soziale Isolierung und die heute üblichen Wohnverhältnisse bzw. -formen senken tendenziell die familiale Gewaltschwelle“ (Lamnek et al. 2007: 4). Diese „Paradoxie familialer Intimität“ (Honig 1986: 86) ist forschungsmethodisch zu berücksichtigen, weil unter diesen Voraussetzungen Gewalthandlungen in Familien entstehen und sich verstetigen können. Die Mitteilung von subjektivem Gewalterleben stellt Erzählende bereits thematisch – ohne Hinzunahme des Erzählkontextes – vor multiple Herausforderungen: ihr liegt aufgrund der beschriebenen privat-intimen Grundkonstellation eine Tabuisierungstendenz und damit auch potenzielle Beschämung zu Grunde; außerdem handelt es sich um eine außeralltägliche Erfahrung, die zumeist ohne Zeugenschaft und objektive Belege auskommt – die also intersubjektiv schwer verständlich ist bzw. erst verständlich gemacht werden muss. Vielerorts verhindert dies „jegliche Kommunikation über derartige Vorfälle“ (Bussmann 2007: 639) und verschiebt Gewalterfahrungen an die Grenze kommunikativer Mitteilbarkeit und Verstehbarkeit (Helferich 2016). Für das Mitteilen von Gewalterleben scheint es zusätzlich per se keine habitualisierten und damit entlastende Regeln zu geben. Das liegt einerseits an seiner Außeralltäglichkeit, seinem Ausnahmecharakter (Equit 2011), aber auch an den Sprech-Bedingungen, die die Schutzeinrichtung wie oben beschrieben bereitstellt und welche die Offenbarungsbereitschaft beeinflussen (Kavemann/Rothkegel 2014). Im Kontext der Schutzeinrichtung, in der sich die Jugendlichen aufhalten und in dessen Rahmen sie über sich und ihre Geschichte ins Erzählen kommen, wird Gewalt als erwartbare Randbedingung und individuelle Krisenerfahrung des Aufwachsens thematisch – der institutionelle Raum kann sogar zu einer Offenbarung beitragen, weil er Jugendliche als potenziell Betroffene adressiert und ihnen damit immerhin ein implizites Artikulationsanagebot macht.

Mit Fokus auf den institutionellen Rahmen, in dem Jugendliche über ihre Gewalterfahrung sprechen, hat sich gezeigt, dass (1) der Schutzeinrichtung ein Doppelleben als Artikulations- und Aufforderungsraum innenwohnt, der das Sagbare und Nicht-Sagbare von Erfahrungen vorstrukturiert; dass (2) sich Jugendliche in diesem Raum aus einer prekären Sprecher*innen-Position heraus äußern, die Reden und Schweigen mitproduziert und dass (3) dem Phänomen Gewalt per se eine Vermittlungsproblem inhärent ist, welches durch die Regeln der Institution und dem prekären (Rede-)Satus der Jugendlichen verstärkt zu Tage tritt. Im folgenden Kapitel soll diese Konzeptualisierung anhand einer Literaturschau vertieft und um aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung ergänzt werden. Daran anschließend werden Leerstellen dieser Forschungen aufgezeigt, aus denen heraus sich schließlich methodische Herausforderungen für die Analyse von Gewaltmitteilungen ergeben.

3 Sprechen über ‚schwierige‘ Themen – ein Blick in die Forschung

Wie deutlich wurde, sind Gewalterfahrungen u.a. aufgrund fehlender Zeugenschaft und gesellschaftlichen Tabuisierungstendenzen schwer zu vermitteln. Darauf Bezug nehmend, befasst sich die zu besprechende Literatur mit dem Phänomen der sprachlichen Darstellung subjektiver Erfahrungen. Es soll darum gehen, zu erklären, wie im institutionellen Rahmen über ‚schwierige Themen‘ gesprochen wird. Hier stechen zwei Forschungslinien besonders prägnant hervor. Diese befassen sich einerseits mit der kommunikativen Bearbeitung einer institutionellen Handlungsaufforderung (also der Aufforderung, etwas zur Sprache zu bringen) und andererseits – mancherorts auch damit einhergehend – mit sprachlich vollzogenen Positionierungsleistungen. Nachfolgend bespreche ich aus den zwei beschriebenen Forschungsfelder bzw. ihrem konzeptionellen Überbau einschlägige Studien, bzw. Literatur, um das Feld der Gewaltmitteilung in Institutionen und erste methodische Herausforderungen zu beleuchten.

3.1 Die sprachliche Darstellung subjektiver Erfahrungen

Wie in Interaktionen gegenseitige Verständigung möglich ist, ist die Grundfrage ethnomethodologischer Forschung (Garfinkel 1973). Ethnomethodologie will den Vollzug sozialer, also sinnhafter Ordnung verstehen, indem sie sich dem alltäglichen Handeln von Mitgliedern einer Gesellschaft zuwendet. Eng mit der Tradition des Symbolischen Interaktionismus verwandt, geht es ihr um die Bedeutung, die Menschen Dingen in und durch Interaktionen zuschreiben (Blumer 1973). Diese Zuschreibung geschieht durch Sprache und muss sprachlich vermittelt und interpretiert werden. Problematisch werden Interaktionen dann, wenn es sich um Erfahrungen handelt, die intersubjektiv schwer zugänglich sind, weil sie in sich geschlossene Sinnbereiche bilden. Wenn es zusätzlich „an Transformationsregeln fehlt, mit denen man die verschiedenen Sinnbereiche in wechselseitigen Bezug setzen könnte“ (Schütz 1971: 266f), sich teilweise widersprechende kommunikative Regeln nicht vereinen lassen, wird aus dem Kommunikations- ein Vermittlungsproblem. Bei Gewalterfahrungen geht es also um Erfahrungen, die für das Gegenüber außerhalb des alltäglichen Erlebens liegen und damit zusätzliche Vermittlungshürden darstellen, weil es hier um differierende Plausibilitätsvorstellungen und Glaubwürdigkeitskrisen geht. Gülich (2005) spricht in diesem Zusammenhang von Unbeschreibbarkeit und zeigt anhand einer Studie mit Epilepsie-Betroffenen, dass diese Formulierungsschwierigkeiten kommunikativ inszenieren: „indem der Sprecher sagt, er könne […] das traumatsche Erlebnis (eigentlich) gar nicht beschreiben, werden diese Erfahrungen und Empfindungen als rein subjektive kategorisiert“ (Gülich 2005: 230). Im Zentrum ihrer Analyse stehen diese kommunikativen Aufgaben als Formulierungskrisen, die im Laufe der Erzählung mit Hilfe von sprachlichen Mitteln wie Abbrüchen oder Korrekturen überwunden werden (Gülich 2005: 228). So lösten bspw. viele Betroffene dieses Problem mit intersubjektiv nachvollziehbaren sprachlichen Mitteln (z.B. Metaphern), die ihr Krankheitserleben alltäglich verstehbar machen sollen (Gülich 2005: 234).

Bekannt geworden sind ebenso die Studien von Jörg Bergmann, der seit den 1980er Jahren untersucht, wie Menschen „in Situationen, in denen sie verstärkt Zweifeln am Wahrheitsgehalt ihrer Sachverhaltsdarstellung ausgesetzt sind, ein vergangenes Ereignis als ein tatsächliches Geschehen rekonstruieren“ (Bergmann 2020: 241). Mit Hilfe der Analyse natürlicher Situationen, wie des Feuerwehrnotrufs, des Klatschs und der Darstellung von Träumen im therapeutischen Kontext, zeigt er auf, wie Erzählende Strategien der Authentifizierung, Übertreibung und Objektivierung anwenden, um das erwartete Misstrauen des Anderen und dessen limitiertes Wissen über die geschilderten Situation abzubauen: „In allen drei Fällen werden von den SprecherInnen Objektivierungstechniken eingesetzt, um den Nachweis zu erbringen, dass die beschriebenen Ereignisse […] sich faktisch so zugetragen haben, wie sie dargestellt wurden“ (Bergmann 2020: 258). Dieses Vermittlungsproblem, welches bei – wie von Bergmann beschriebenen natürlichen Situationen – per se auftritt, können wir uns als gesteigert vorstellen, wenn es um die Mitteilung von krisenhaften oder traumatischen Erlebnissen geht – also Situationen, die die oben beschriebenen Sinnbereiche verlassen und in der subjektiven Erfahrungswelt des Gegenübers nicht vorstellbar sind. Deppermann/Lucius-Höhne (2005) berichten aus einem Forschungsprojekt, in dessen Rahmen sie retrospektive Interviews mit Erwachsenen über deren traumatische Erfahrungen führten. Ziel der Untersuchung war „die Rekonstruktion der stimmlichen, sprachlichen und kommunikativen Verfahren und Merkmale der narrativen Darstellung traumatischer Erlebnisse“ (Deppermann/Lucius-Höhne 2005: 40). Dabei beschreiben die Autor*innen, dass sich Personen bei der Darstellung von Traumata drei kommunikativer Dimensionen bedienen: subjektiver Beteiligung und Agency in der traumatischen Situation, der emotionalen Betroffenheit in der Erzählzeit sowie der Verhandlung moralischer Aspekte des Traumas. Auch Stukenbrock (2013) geht einer ähnlichen, gesprächsanalytisch motivierten Frage nach, nämlich, ob es „sprachliche Darstellungsverfahren gibt, die typologisch unterschiedliche Gestaltungsformate“ von Kindsverlusterzählungen in der Schwangerschaft konstituieren (Stukenbrock 2013: 168). Ähnliche Untersuchungen sind zu finden bei der Beschreibung von Panikattacken (Günthner 2004), den Berichten von Anfallspatient*innen (Schwabe 2006) oder dem Sprechen über Erfahrungen in Konzentrationslagern (Boothe 2014). Im deutschen Sprachraum stehen damit immer noch vor allem Erkenntnisse darüber im Fokus, wie sich Erwachsene und zumeist retrospektiv über kritische Lebensereignisse äußern. Callaghan et al. (2017) dagegen haben sich mit der Offenlegung von Gewalterfahrnissen bei Kindern befasst. Es ging den Autor*innen darum, auf welche Weise sich Kinder über miterlebte, beobachtete häusliche Gewalt mitteilen. Dabei wurde deutlich: “Very few of the children and young people interviewed directly labelled violence as violence, preferring instead to use a range of euphemisms or understatements to describe what was happening in their families” (Callaghan et al. 2017: 3375). Durch den Fokus auf die Versprachlichung subjektiver Erfahrung bei Kindern, konnten Callaghan et al. einerseits herausarbeiten, welche vielfältigen ‚Stimmen‘ Kinder zur Darstellung von Gewalt benutzen (“speaking with many voices” (Callaghan et al. 2017: 3379f), welches von “authorized accounts” bis „therapeutic talk“ reicht) und andererseits, dass Kinder und Jugendliche sich der Reichweite ihrer Darstellungen durchaus bewusst sind: „were very articulate, strategic and reflexive communicators.“ (Callaghan et al. 2017: 3381).

Andere Studien, die sich mit Vermittlungsschwierigkeiten subjektiv erlebter Erfahrung befassen, setzen weniger an sprachlichen Praktiken, sondern vielmehr an den, diesen vorgeschalteten sozial-gesellschaftlichen, diskursiven Dynamiken an, die einer Offenbarung der Erfahrung entgegenwirken – so führen bspw. Kavemann/ Rothkegel (2014) teilnarrative Interviews mit Frauen und Männern, die in ihrer Kindheit Opfer von sexuellem Missbrauch wurden, um zu eruieren, welche Rahmenbedingungen den Übergang vom Schweigen zum Sprechen mitbestimmen. Andrea Pohling (2021) will aufzeigen, dass der Übergang zum Sprechen einerseits in diskursive Verhältnisse sowie in biographisch-sozialisierte Bearbeitungsstrategien eingebunden ist. Anhand von biographischen Falldarstellungen arbeitete sie Modi der Artikulation heraus, die sich vor allem anhand ihrer motivationalen Basis, teilweise geprägt durch den Bearbeitungsstand der Erfahrnisse, sowie mitbestimmt durch (diskursive und biographisch etablierte) Einstellungen zum Übergriff unterscheiden.

3.2 Die kommunikative Bearbeitung einer institutionellen Handlungsaufforderung als sprachlich vollzogene Positionierungsleistung

Wenn Erfahrung im institutionellen Raum versprachlicht und vermittelt werden soll, folgt dies zumeist auf eine Aufforderung institutioneller Akteur*innen oder zur Artikulation einer Handlungsvorstellung, die durch die institutionellen Akteur*innen Verwirklichung finden soll. In jedem Fall geht es um eine interaktivkommunikative Aushandlung eines Handlungsproblems mit dem Wunsch nach professioneller Bearbeitung. In akuten Krisensituationen, in denen unter Zeitdruck Entscheidungen getroffen werden müssen, die auf der Schilderung eines Ereignisses beruhen (bspw. Brand, Unfall), zeigt Bergmann (1993) „welcher Art die Methoden des Verstehens sind, die in dieser Interaktionssituation auf erkennbare Weise zum Einsatz kommen“ (Bergmann 1993: 285), indem er die kommunikative Verlaufsstruktur von Notrufgesprächen rekonstruiert. So setzen die Anrufenden eine Reihe von Praktiken ein, um das Misstrauen ihres Zuhörers auszuräumen. In einem anderen Kontext zeigt Karl (2012) anhand der Konversationsanalyse von Aufnahmegesprächen im Jobcenter, wie interaktionelle Praktiken der Herstellung von Plausibilität und von (Nicht-)Passung in institutionellen Gesprächen zum Einsatz kommen. Knerich/ Haagen (2021) beschreiben anhand der Analyse von therapeutischen Gesprächen mit Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren, die über den Tod ihres Vaters berichten, dass bei der Aufforderung nach Schilderung der Verlusterfahrungen bspw. Distanzierungsverfahren zum Einsatz kommen, die als „individuell sprachlich-kommunikative Lösung für die schwierige Aufgabe, ein sehr belastendes Lebensereignis im institutionellen Kontext darzustellen“ (Knerich/Haagen 2021: 186), betrachtet werden.

Personen, die sich in ihrer eigenen Betroffenheit in einem institutionellen Raum kommunikativ mitteilen, betreiben damit „sprachlich-interaktive Aktivitäten“, mit denen sie „sich selbst und anderen bestimmte Eigenschaften zuweisen oder bestimmten sozialen Kategorien zuordnen“ (Lucius-Hoene, Deppermann 2002: 69f). Sie vollziehen damit soziale Positionierungsleistungen in Bezug auf sich selbst als Erzählende in einem institutionellen Raum. Sie nehmen also Bezug auf den globalen Referenzrahmen ihrer Erzählung (Rosenthal 2021) [3]. Eine Vielzahl empirischer Studien setzen sich mit diesem Phänomen auseinander. Bezogen auf das Thema des Beitrags, sind zu nennen: Selbstdarstellungen junger Patient*innen mit Epilepsie (Schwabe 2002), die Selbstpositionierung Demenzkranker (Wessels 2016), Krisenerzählungen zu Partnerschaft (Schiffrin 1996) und Erzählungen über erlebte häusliche Gewalt (Lempart 1996, Marais 2015). Im Zentrum dieser Auseinandersetzungen steht u.a. die vollzogene Identitätsarbeit mittels Agency-Darstellung (Schwabe 2002), sprachliche Positionierungsverfahren wie Redeinszenierung „kleiner Dramen“ (Wessels 2016), Lokalisierungsstrategien innerhalb familiärer Krisen (Schiffrin 1996), sowie Impression-Management (Marais 2016) und die Darstellung von individuellen Wandlungsprozessen (Lempart 1996).

3.3 Forschungsdesiderate und der Anspruch des vorliegenden Beitrags

Um sich der methodischen Erschließung des Phänomens Gewaltmitteilungen von Jugendlichen im Schutzkontext zu nähern, wurde oben zunächst der konzeptuelle Rahmen besprochen, der das Forschungsfeld beschreibt. Ich habe gezeigt, dass die Vermittlung subjektiver Erfahrung generell eine kommunikative Herausforderung darstellt, umso mehr, wenn es sich um außeralltägliche Erfahrungen handelt, die intersubjektiv schwer zugänglich sind. Um dies zu bearbeiten, bedienen sich Erzählende kommunikativer Strategien und verschiedener Darstellungsformen, müssen sich aber auch mit den Bedingungen des Sprechens bzw. dessen Hürden auseinandersetzen – so die These. Forschungen, die dieses Phänomen im institutionellen Raum betrachten, machen durchaus deutlich, wie der Rahmen der Institution das Sprechen über eigene Erfahrung vorstrukturiert und auf welche Weise sich Sprechende durch Positionierungs- und Darstellungsleistungen dazu verhalten. Dazu war es instruktiv, die Forschung dahingehend zu befragen, wie subjektive Erfahrung im Allgemeinen sprachlich dargestellt werden und wie sich im Weiteren institutionelle Räume in diese Darstellung einschreiben und sich auf diese Weise vollzogene Positionierung eine Vermittlungsproblem am Beispiel der Mitteilung von Gewalterfahrungen zeigt.

Das Sprechen über krisenhafte Erlebnisse ist auch deswegen problematisch, weil es s.g. einsame Erfahrungen aus geschlossenen Sinnbereichen sind, die geprägt sind durch eine gewisse Unzugänglichkeit für Andere und die Verschiedenheit vom Sinnbereich des Alltags und nur durch Strategien der Verstehbarkeit oder der Verstehbar-Werdung übermittelt werden können. Auf diese Strategien muss auch im institutionellen Kontext verstärkt ein Augenmerk gelegt werden mit der Perspektive, inwiefern sie durch die Institution geformt werden. Dabei geht es um die Forderung, für institutionell geprägte Darstellungsformen von Gewalterfahrungen sensibilisiert zu sein. Diese Sensibilisierung können bspw. die vorgestellten Studien aus der Disclosure-Forschung in Bezug auf das zu besprechende Phänomen nicht leisten, denn: Für die Jugendlichen in der Schutzeinrichtung ist die Öffnung nach außen (durch die Meldung bei Akteur*innen der Kinder- und Jugendhilfe) bereits vollzogen und der Analysefokus damit und in Abgrenzung zur vorliegenden Forschung ein anderer. Es geht nicht um die Frage nach den Bedingungen des Sprechens, sondern um das Sprechen an sich bzw. die konkrete Sprachpraxis im bereits institutionalisierten Kontext. Dass ihre Geschichte zur Sprache kommt, ist für Jugendliche im Schritt der Meldung quasi einkalkuliert – sie selbst war bereits ein Akt der Mitteilung, welche im Austausch mit Akteur*innen der Institution bestätigt oder mit Glaubwürdigkeit versehen wird. Die Literaturschau hat verdeutlicht, dass Erkenntnisse über die sprachlichen Strukturen dieser Offenbarungsleistungen, abgesehen von Berichten über Traumata im therapeutischen Kontext, nicht im Zentrum der Forschung stehen. Diese Leerstelle verstärkt sich im Besonderen dann, wenn Forschung ausschließlich retrospektive Ansätze verfolgt – also Erfahrungen nicht in situ erfasst werden. Das zeigte sich in der Literaturschau insbesondere in der Auswahl der Befragten, die zuallermeist Erwachsene sind, die über vergangene Erfahrungen in Kindheit und Jugend berichten.

4 Ansätze zur methodischen Erschließung von Gewaltmitteilungen

Um noch einmal zusammenzuführen: Bisher konnte herausgearbeitet werden, dass der Kommunikationsraum der Schutzeinrichtung durch spezifische Rahmungen ausgestaltet ist, die Sprechen vorstrukturieren. Der Raum enthält implizite Regeln darüber, wie über Dinge gesprochen wird und welche Antworten bspw. zulässig sind, diese Regeln schlagen sich auf die Art und Weise der Mitteilung nieder. Dieser Niederschlag müsste sich in der fallanalytischen Rekonstruktion zeigen, nämlich – um mit Oevermann (1993) [4] zu sprechen – in konkreten Ausdruckgestalten dieses institutional talks. In Auseinandersetzung mit der besprochenen Vermittlungsproblematik von subjektiver Gewalterfahrung in Verbindung mit der institutionellen Anforderung ihrer Artikulation, geht es nun um die Frage, wie die Ausdrucksgestalt der Gewaltdarstellung Jugendlicher durch eine „gegenstandsadä-quate Methodisierung“ (Bergmann 1993) erschlossen werden kann. Dazu möchte ich zunächst den Forschungsgegenstand näher konzipieren, bevor ich mich mit der Erhebungssituation (v.a. der Frage nach der Art der Daten) und schließlich mit den daraus folgenden Implikationen für die Analyse befasse.

4.1 Zum Forschungsgegenstand: Gewalterzählungen als kommunikative Gattung

Um die Ausdrucksgestalten von Gewalterzählungen zu rekonstruieren, ist es nicht unerheblich, sich damit auseinanderzusetzen, was Gewalt eigentlich darstellt. Um Gewalterzählungen zu rekonstruieren, muss man wissen, wo man hinschaut. Die Frage scheint auf inhaltlicher Ebene – also auf Ebene der objektiven Darstellung von Fakten in den Narrationen – vielleicht unerheblich, wenn man doch im Interview darauf achten kann, wann konkrete Gewaltakte zum Thema werden, also Szenen von Gewalt dargestellt werden. Da sich die Analyse der Daten aber weit über diese explizite Sprachebene hinausbewegt – sie nämlich nach latenten Ausdrucksgestalten von Gewalterfahrungen fragt – distanziert sie sich methodisch von der rein berichtenden Darstellung der Gewalt. Vielmehr will sie diese verstehen als latente Strukturen, die als das Ergebnis einer Rekonstruktion sichtbar werden. Schäfer/Dellwing (2016) betonen, dass es im Sinne einer rekonstruktiven Logik weder sinnvoll ist, ein vorher festgelegtes theoretisches Gewaltkonzept an das Material anzulegen, als auch, dass die Übernahme der subjektiven Gewaltdefinition der Erzählenden empirisch in die Irre führen kann. Vielmehr schlagen sie eine „intersubjektive Verhandlung“ vor, „die eine interaktionistisch-dramatur-gische Perspektive eröffnen kann“ (Schäfer/Dellwig 2016: 152f). Das bedeutet, dass Gewalt auf Ebene der narrativen Selbstdarstellung rekonstruiert wird – dieser Ansatz geht über eine deskriptive Gewaltbeschreibung oder das Paraphrasieren einer Erzählung hinaus. Es wäre zunächst vollkommen ausreichend, wenn wir Gewalt mit Equit (2012) als (körperliche oder psychische) Konfliktsituation verstehen, die geprägt ist durch Momente der Bedrohlichkeit und Verletzlichkeit, durch eine klare Intention auf Seiten des Gewaltausübenden und in ihrem Ausnahmecharakter von alltäglichen Situationen abgrenzbar ist. Mit dieser Perspektive würdige ich ebenso die konstruktivistische Perspektive der „Uneindeutigkeit von Gewalt als soziales Phänomen“ (Helfferich 2015: 123).

Es ist – wie bereits ausgeführt – davon auszugehen, dass die Gewaltmitteilungen der Jugendlichen im Rahmen eines institutional talk stattfindet, die eine gewisse Strukturiertheit dieser Erzählungen produziert, weil sie sich an den impliziten Kommunikationsregeln der Institution orientiert bzw. sich an deren spezifischen Struktur sprachlich organisiert. Wenn es also um „sozial verfestigte Muster der Kommunikation [geht, C.N.], die Gesellschaftsmitglieder verwenden, um typisch wiederkehrende Situationen“ (Kramer/Singh, 2023: 2) zu bearbeiten, so geht es mir nicht um die individuelle Realisierung von Erzählungen aufseiten der Jugendlichen, sondern um fallübergreifende Typen „abstrakter, jedoch zugleich gesellschaftlich institutionalisierter Entitäten“ (Haus 2021: 90). Weiterführend möchte ich dafür plädieren, dass es sich bei Mitteilungen von subjektiven Gewalterleben im institutionellen Kontext nicht (nur) um eine subjektiv zu bewältigende Aufgabe handelt, sondern dass der Erzählkontext habitualisierte Formen des Erzählens hervorbringt, also „im Sprechen erzeugte interaktive Handlungsmuster, […] als Bindeglieder zwischen Gesellschaft und Sprache“ (Günthner/ Knoblauch 1997: 282). Dabei zeigt sich die Wirkkraft des institutionellen Raums, so meine Annahme, in der Ausgestaltung einer wiederkehrenden sprachliche Strukturierung der Erzählungen über erlebte Gewalterfahrungen. Diese kommunikativsprachlichen Prozesse werden von Akteuren in besonderen Interaktionssituationen als Lösung eines wiederkehrenden Problems hervorgebracht und als kommunikative Gattungen bezeichnet (Luckmann 1986). Die darauf aufbauende Gattungsanalyse gründet auf den Arbeiten von Alfred Schütz, der die Entlastungsfunktion dieses gesellschaftlichen Wissensvorrats betont (Schütz/ Luckmann 1979: 355). Die kommunikativen Regeln, die dieser Gattung zugrunde liegen und die sich am institutionellen Referenzrahmen abarbeiten, sind dann also einzelfallübergreifend in ihrer Strukturförmigkeit sichtbar.

Diese Perspektive bringt Implikationen für die Wahl des Forschungsdesigns mit sich, weil sich in dieser Annahme ein spezifischer Fallbegriff ausformuliert. Nicht der oder die Jugendliche wird zum Fall der Untersuchung, sondern die Mitteilung der Gewalt an sich, der Sprechakt über Gewalt, der in Form einer kommunikativen Gattung analytisch hervortritt. Das heißt wiederum, dass wir uns ausgehend von der Gattung Gewalterzählung als gesellschaftlich vorgeprägte Lösung eines Vermittlungsproblems nicht für den individuell-biographischen Kontext der Erzählenden interessieren, weil die Art und Weise der Kommunikation von Gewalterleben dann vor allem durch die Rahmung der Schutzeinrichtung, also der gesellschaftlich überformten Institution vorstrukturiert ist und nur in der Mikrogestalt seines Ausdrucks individuell gewählt wird. Versuche, sich mit den Strukturen institutioneller Kommunikation auseinanderzusetzen - sich also sprachlich zu diesen Anforderungen zu verhalten – tragen gewissermaßen zu ihrer Reproduktion bei. Die Auswahl an Kommunikationsoptionen vollzieht sich somit immer unter den Bedingungen der Institution. Ausdrucksgestalten des Sprechens über Gewalterfahrungen, also protokollierte Spuren von Praxis, zeigen sich in ihrer Spezifik unter den Bedingungen der Institution und spiegeln gleichermaßen in sie zurück.

Zusammengetragen bedeutet das für meine weiteren Betrachtungen: Der Verzicht auf die Eingrenzung des Forschungsgegenstandes durch ein vorangelegtes definitorisches Verständnis von Gewalt trägt dazu bei, dem Vermittlungsproblem von Gewalterzählungen Rechnung zu tragen. Des Weiteren lassen sich Gewalterzählungen als kommunikative Gattung begreifen, die sprachliche Lösungen für das Vermittlungsproblem subjektiver Gewalterfahrungen unter der Bedingung einer institutionellen Artikulation liefern.

Kommunikative Gattungen lassen sich als Institutionen des kommunikativen Handelns begreifen, die sich in Sprachgemeinschaften als „üblicherweise feste Strukturen“ (Knoblauch 2010: 177) ausbilden. Die Sprachgemeinschaft, die sich im Sprachraum der Schutzeinrichtung als institutional talk zeigt und vor diesem Hintergrund jene festen Strukturen ausbildet, konstituiert sich als individuell und kollektiv gleichermaßen – sie ist „zugleich Sinnvermittlung und Strukturierung“ (Knoblauch 2010: 177). Die Verschränkung individueller und kollektiver kommunikativer Strukturen zeigt sich in meinem Fall ganz eindrücklich in der Ausbildung kommunikativer Gattungen. Das heißt: Das Kommunikationsproblem individueller Gewalterfahrung wird im institutionellen-strukturiertem Raum ein Vermittlungsproblem, weil sich das Gesagte nur in Relation zum Erzählraum sinnhaft begreifen lässt. Kurz gesagt: Aus Kommunikation wird dann Vermittlung, wenn sich eine, von der individuellen Deutung abgekoppelte Richtung, eine Relation, zwischendrängt. Diese Richtung erschafft mithin die Institution (vgl. Hall 2000). Die Grundfunktion kommunikativer Gattungen ist dann, wie angedeutet, die „Lösung immer wiederkehrender kommunikativer Probleme – und das sind auch die der Wissensvermittlung“ (Knoblauch 2010: 179). Hierbei zeigt Luckmann, dass insbesondere das Problem der Rekonstruktion vergangener Erfahrung ein typisches Problem der Kommunikation darstellt (Luckmann 1980: 29). In diesem Sinne ermöglichen die im Raum des institutional talks etablierten kommunikativen Gattungen der Gewaltmitteilung die Wiedergabe individueller Erfahrungen.

Die Strukturen dieser Gattung müssten sich dann in jedem Sprechakt über Gewalterfahrung rekonstruieren lassen. Daraus lässt sich eine rekonstruktive Interpretationshaltung ableiten, die sich den nicht explizit zugänglichen Konstruktionsleistungen dieser institutionellen Kommunikation annimmt. Als Datengrundlage sind wir auf Äußerungen, also Ausdrucksgestalten dieser kommunikativen Gattung angewiesen, was ich im folgenden Abschnitt besprechen möchte.

4.2 Im Feld: zur Art und Form der erhobenen Daten

Als Forschungsfeld liegt ein institutionelles Setting in einer Schutzeinrichtung vor, in der sich jugendliche Selbstmelder*innen mitteilen. Die Grundlage der Forschung stellen Sprechakte Jugendlicher über erlebte Gewalt dar. Wie ausgeführt, vertrete ich in diesem Beitrag die Annahme, dass sich diese Sprechakte über erlebte Gewalterfahrung im institutionellen Kontext als kommunikative Gattung zeigen. In der Analyse schaue ich daher bspw. auf „textliche Muster […] wie etwa argumentative Formen oder Narrationen“ (Knoblauch/Singh 2023: 19), aber auch auf die Gesprächsorganisation unter den Umständen einer Institution, also die „situative Relation der Handelnden im sozialräumlichen Kontext und in längeren kommunikativen Kontexten“ (Günthner/Knoblauch 1994, 705). Dabei ist es mir wichtig zu betonen, dass ich mich nicht für die Ausgestaltung der institutionellen Praxis an sich – bspw. die Hilfebeziehung zwischen Jugendlichen und Fachkraft – interessiere, sondern dafür, wie diese Praxis als umgebender Referenzrahmen die Art und Weise des Erzählens mitgestaltet. So machen Interviewerhebungen durchaus Sinn, weil sie vielmehr das Sprechen über eine Erfahrung in den Blick nehmen, als das Sprechen von einer Praxis, wie sie bspw. in der Professionellen-Klienten*innen-Interaktion der Fall sein dürfte, sie produzieren also Erzählungen im klassischen Sinne und kommen damit dem Erleben am nächsten (Schütze 1983; Rosenthal 2021: 271), liefern also „Protokolle der Deutungspraxis der Akteure“ (Maiwald 2022: 124). Es mag forschungspraktisch irritieren, dass Interviews als Erhebungsform in einem Feld bevorzugt werden, in dem sich die Aufzeichnung einer vermeintlich natürlichen Situation, bspw. eines Erstgespräches zwischen Jugendlichen und Fachkraft, anbietet. Hier möchte ich etwas weiter ausholen.

Ich stimme zwar mit den Aussagen von Maiwald (2022) überein, dass das Interview im Kontinuum natürliche – künstliche Protokollerhebung eine Zwischenstellung einnimmt, aber nicht mit seiner Diagnose einer „strukturellen Abwesenheit des Vollzugs der Lebenspraxis“ (Maiwald 2022: 128). Dieser Befürchtung kann einerseits mit dem Zeitpunkt der Erhebung entgegengewirkt werden, nämlich wenn Jugendliche noch in der Situation (d.h. wenige Tage bis Wochen nach der Ankunft in der Einrichtung) zu Wort kommen. Zweitens – und so löst Maiwald m.E. selbst die Problematik auf – unterstützen die Prinzipien der Interviewführung das Hervorlocken gelebter Geschichte, nämlich wenn es gelingt, „Äußerungen zu evozieren, in denen die erlebte Krisenhaftigkeit der Handlungsprobleme zum Ausdruck kommt und reflexiv bearbeitet wird“ (Maiwald 2022: 130). So bietet das narrative Interview im Vergleich zu anderen Formen der qualitativen Erhebung die Möglichkeit zur Selbstthematisierung, gekennzeichnet durch ein monologisches Rederecht, die Fremdheit der Interviewpartner*innen und damit einen beidseitigen Explikationszwang, ein geschützter und störungsfreier Raum, sowie die Interviewerin als potenzielle Projektionsfläche (Lucius-Hoene/Deppermann 2002). Um diesen Gesprächscharakter zu etablieren, ist eine offene Struktur unerlässlich, die zu freien Narrationen anregt und oft nur eine Eingangsfrage vorsieht und im weiteren Verlaufe eher auf die Erzählungen des Gesprächspartners reagiert durch bspw. Nachfragen (Przyborski/Wohlrab-Sahr 2014, Hildenbrand 2005). Auch wenn sich Gesprächsanalytiker*innen oft ausschließlich auf die Analyse ‚natürlicher‘ Daten, die in ‚natürlichen‘ Situationen aufgezeichnet wurden, interessieren und die Verwendung von Interviewmaterial kategorisch ausschließen (Bergmann 1993, Deppermann 2013, Gülich 2020), möchte ich mich v.a. auf Soziolinguist*innen, wie Zilles/Kind 2005 und Baker 2004 aber auch schon auf Wolfson 1976 beziehen, die betonen, dass Erzählungen, die im Rahmen narrativer Interviews generiert werden, trotz ihres vermeintlich künstlichen Charakters natürliche Daten darstellen, weil sie in einem natürlichen Kontext des Interviews mit spezifischen transparenten Kommunikationsaufgaben generiert werden. Das Interview wird dann betrachtet als „a particular subset of interactional settings and as events that members make happen thoroughly inside and as part of the social worlds being talked about, rather than as “outside” or “time out” from those social worlds” (Baker 2004: 778). Auf diese Weise wird es bspw. möglich, sich dem narrativen Interview gesprächsanalytisch zu nähern (König 2014, Buck 2017), also meine Frage nach den sich niederschlagenden institutionellen Strukturen in das Zentrum zu stellen.

So möchte ich für die Erhebungssituation und die Art der erhobenen Daten zusammenfassen: Aufgabe ist, im Forschungsfeld Gewalt narrative Interviews zu etablieren, die Raum für Selbstpräsentationen unter den Bedingungen einer institutionellen Vorstrukturierung lassen (Helfferich 2016). Auf diese Weise, so meine Annahme, setzt sich die Thematisierungsverpflichtung, in meinem Fall die Inobhutnahmeeinrichtung, die impliziten Regeln ihres institutional talks, also wie man über Gewalterfahrungen in einem spezifischen Kontext spricht, in die Interviewsituation fort. Die impliziten Regeln des institutional talk reproduzieren sich auf die Gesprächssituation im Interview. Somit ist es eine plausible Annahme, dass sich die Strukturmerkmale dieser Gattung in jeglicher Interaktionsordnung wiederfinden werden. Es bleibt dieselbe kommunikative Aufgabe, nämlich sich als jemand zu präsentieren, der oder die aus einem nicht unplausiblen Grund – nämlich erlebter Gewalt – in einer Schutzeinrichtung ist. Die Thematisierungsverpflichtung geht über die natürliche Situation hinaus, sie schlägt sich aufgrund der Involviertheit der Jugendlichen in den Kontext der Schutzeinrichtung mit ihren impliziten Regeln über Sagbares und Nichtsagbares auch im Erzählkontext des Interviews nieder. Sie bietet, um mit Rosenthal (2021) zu sprechen einen globalen Referenzrahmen des Erzählens, welches so „fast kaum ohne Einbettung in das thematische Feld“ (Rosenthal 2021: 268) zu vollziehen ist. Mit dieser Annahme kann sich für narrative Interviews ausgesprochen werden, die nicht retrospektive, sondern im Geschehen, in der konkret sich vollziehenden Lebenspraxis, durchgeführt werden.

4.3 Zur Analyse: In der Ausdrucksgestalt von Gewalterzählungen verdeckte Erzählstrategien sichtbar machen

An die, für Gewaltmitteilungen typischen, verdeckten Erfahrungen nähern wir uns wie bereits angeführt, indem wir nicht die Gewalt als Gegenstand betrachten, sondern das sprachliche Handeln über Gewalt und damit zwangsläufig eine dem Gegenstand angemessene, suspensive Interpretationshaltung beim Interpretieren an den Tag legen, also eine Perspektive für jedes Detail eröffnen (Helfferich 2015: 136f.). Wenn wir uns die methodische Ausrichtung der zitierten Studien anschauen, die sich mit der sprachlichen Vermittlung von ‚schwierigen‘ Themen oder der sprachlichen Reaktion auf institutionelle Handlungsaufforderungen befassen, finden wir den Einsatz der Gesprächsanalyse (bei Wessels 2016, Knerich/Haagen 2021, Deppermann/Lucius-Höhne 2005, Schwabe 2002), der Soziolinguistik (bei Schiffrin 1996, Lempert 1996) bzw. linguistische Gattungsanalyse (Gülich 2005) und der Ethnomethodologie (Bergmann 1993, Karl 2012). Den Methoden ist gemeinsam, dass sie sich trotzt teilweise verschiedener methodologischer Hintergrundfolien, oft ähnlichen hermeneutische Praktiken und Prinzipien verpflichten. Dabei interessieren bspw. szenisch-episodische Erzählungen, in denen Schlüsselerlebnisse wiedergegeben werden, die bspw. Elemente von Reinszenierung und Dialogwiedergabe enthalten (Lucius-Hoene/Deppermann 2004). Auf diese Weise versetzen Erzählende „sowohl sich selbst als auch den Hörer in die raumzeitliche Position der Erzählten Zeit und bezieht sich auf zugehörige Objekte und Geschehnisse, als wären sie im gegenwärtigen Moment zu verorten“ (Stenzel 2021: 46). Helfferich verdeutlicht die Besonderheit gesprächsanalytischer Verfahren, die „einige Merkmale mit anderen hermeneutischen Auswertungsverfahren [teilen, C.N.] wie z. B. das sequentielle Vorgehen und die hohe Textaufmerksamkeit. Sie führt aber zu einer stärkeren Akzentuierung der interaktiv-herstellenden Leistung von Sprache, zur stärkeren Beachtung des Erzählkontextes und zur stärkeren Befassung mit den formalen, mikrosprachlichen Textstrukturen bei gleichzeitiger Zurückstellung von Deutungen und Interpretationen“ (Helfferich 2015: 135). Sequentielle Organisation ist für die Sprechakte daher nicht nur der „engine room of intreraction” (Heritage 2004: 123), sondern gibt auch Bedingungen für die Analyse dieser vor. Heritage nennt diese Analysekategorie „lexical choice“ (Heritage 2004: 132), meint damit auch die Frage danach, wieso etwas genau so und nicht anders gesagt wurde. Lucius-Hoene/Deppermann (2002) legen ähnliche Fragen an ihr Material an, nämlich: Was wird dargestellt? Wie wird dargestellt? Wozu wird das jetzt so dargestellt? (Lucius-Hoene, Deppermann 2002: 177). Mit Oevermann nennen wir dieses Vorgehen Gedankenexperimente, mit denen Kontexte expliziert werden, in welchen das Gesagte Sinn ergibt (Wernet 2009). Die Sequenzanalyse ist damit der Schlüssel für die Rekonstruktion, weil sie der Prozessualität der Herstellung von Sinn Rechnung trägt (Wernet 2009: 101). Um die Ausdrucksgestalt, also die Spuren (Loer 2015) institutioneller Anrufung, in der sprachlichen Mitteilung zu erschließen, ist also eine sequenzanalytische Rekonstruktion nötig. Als Grundlage dienen dann alle textlichen Protokolle, in denen „die sinnstrukturierte menschliche Praxis in allen ihren Ausprägungen erforschbar wird“ (Oevermann 2002: 4). Neben einem streng sequenzanalytischen Umgang mit dem Material, bleibt der Einsatz von sprachtheoretischen Verfahren der Textanalyse unverzichtbar, um für implizite Erzählstrategien sensibel zu bleiben. Lucius-Hoene/Deppermann (2002) legen den Analysefokus auf Deskriptionen im Text (z.B. Kategorisierungen, Reformulierungen, Andeutungskommunikation, Negationen und Konjunktionen), auf den Einsatz von Stimmen und Ausdruck von Perspektiven (z.B. durch Re-Inszenierungen und Dialogwiedergaben; Rahmungen und Bewertungen) sowie auf die Struktur der Argumentation [5].

Das heißt letztendlich: Strukturen institutioneller Kommunikation lassen sich in verdeckten Erzählstrategien über Gewalterfahrungen rekonstruieren, weil sich institutionelle Erwartungen in der Ausdrucksgestalt der Erzählenden niederschlagen. Durch eine sequenzanalytische Herangehensweise an das Material lassen sich diese als objektive Bedeutungsstrukturen explizieren und im Sinne einer kommunikativen Gattung rekonstruieren.

5 Schluss

Das Sprechen über Gewalterfahrungen ist nicht trivial, es erweist sich – so meine These – für Jugendliche, die in einer Schutzeinrichtung untergebracht sind und zum Erzählen aufgefordert werden, als ein Vermittlungsproblem, das die kommunikativen Regeln der Einrichtung sichtbar macht. Ausgehend von einer Institutionenperspektive, die das Sprechen über Gewalterfahrung in einer Schutzeinrichtung für Jugendliche als institutional talk begreift, stellte der Beitrag die Frage, auf welche Weise das Sprechen über Gewalt im institutionellen Raum problematisch ist. Aus dem Kommunikationsproblem subjektiver Gewalterfahrung wird im Kontext der Schutzeinrichtung ein Vermittlungsproblem, weil der institutionelle Kontext die darin stattfindende Interaktion vorstrukturiert, also Sagbares und Nichtsagbares implizit definiert. Anhand einer Literaturschau konnte an dieser Stelle die Notwendigkeit beschrieben werden, sich der Bearbeitung dieses Forschungsdesiderats zu widmen. Dabei setzt der Beitrag den Fokus auf die methodischen Herausforderungen, die mit der Erforschung des Phänomens Gewalt einhergehen. Was also kann ein angemessener methodischer Zugang sein, der sprachliche Strategien zur Lösung des Kommunikationsproblems als Verbindung zwischen Person und Institution sichtbar macht? Dazu wurden folgende Aspekte zur Sichtbarmachung von Gewalterzählungen vorgestellt. (1) Im Forschungskontext der Schutzeinrichtung wird für die jugendlichen Erzähler*innen Gewalt thematisch. Um der angenommenen Implizität von Gewalterzählungen Rechnung zu tragen, wird auf eine konzeptuelle Eingrenzung des Gewaltbegriffes verzichtet und dieser als Rekonstruktionsergebnis in der Differenz zu anderen Erzählungen begriffen. (2) Ich begreife Gewalterzählungen als kommunikative Gattung – also als überindividuelle Strategien zur Vermittlung subjektiver Erfahrung und interessiere mich für die wiederkehrenden, strukturellen Merkmale dieser Kommunikation. Die Sichtbarmachung jener Strukturen ist Aufgabe einer rekonstruktiven Interpretationshaltung. (3) Als Raum für die Darstellung des individuellen Erlebens und seiner offenen Forschungshaltung bietet sich das narrative Interview gegenüber der Aufzeichnung ‚natürlicher‘ Interaktionen im Kontext der Schutzeinrichtung für die Erhebung von Gewaltmitteilungen insbesondere an, weil hier bspw. Aufforderungsdynamiken gegenüber den Jugendlichen als Klient*in oder auch als Opfer weniger stark wirken. (4) Da sich die Art und Weise der Gewaltdarstellung als Ausdrucksgestalt im Erzählen niederschlägt, konstituiert sich der einzelne Sprechakt über Gewalt zum Fall. Diesem Sprechakt lässt sich insbesondere mit einem sequenzanalytischen Zugang zum Material nähern.

Nach der Auseinandersetzung mit den zentralen Herausforderungen der Erforschung des Sprechens über Gewalt im institutionellen Kontext Schutzeinrichtung deutet sich somit eine Analyseheuristik an, die sich aus der Verbindung einer ethnomethodologischer Perspektive, einem hermeneutischen Zugang auf das Material mit der Verwendung sprachwissenschaftlicher Werkzeuge beschreiben lässt. Die ethnomethodologische Perspektive trägt als Rahmung der Tatsache Rechnung, dass „formal structures of practical actions“ (Garfinkel/Sacks 1970) im Rahmen des institutional talks, in je konkreten Einzelsituationen und unter Verwendung impliziter Regeln hervorgebracht werden. In diesem Sinne können wir auch das Interview als Teil dieser Hervorbringungsleistung verstehen, in dem bspw. sprachliche Strategien der Darstellung von Gewalt genauso sichtbar werden, wie in Gesprächen mit Fachkräften – also tatsächlichen Vertreter*innen der Institution. Gewalterzählungen lassen sich in diesem Sinne als kommunikative Gattung begreifen, die sprachliche Lösungen für das Vermittlungsproblem subjektiver Gewalterfahrungen unter der Bedingung einer institutionellen Anrufung zur Artikulation bereitstellt. Strukturen institutioneller Kommunikation lassen sich dann in verdeckten Erzählstrategien über Gewalterfahrungen rekonstruieren, weil sich institutionelle Erwartungen in der Ausdrucksgestalt der Erzählende niederschlagen. Innerhalb dieser Perspektive hilft uns ein hermeneutischer Zugang zum Material, jene Ausdrucksgestalten zu rekonstruieren, die Aufschluss geben über implizite Strukturen dieser Kommunikation. Der Analysefokus wird wiederum durch sprachwissenschaftliche Strukturen und linguistische Werkzeuge geschärft und kann auf diese Weise offen sein für verdeckte kommunikative Strategien. In seiner Konsequenz kann die Auseinandersetzung mit dem Thema zu einer Sensibilisierung von Sprache in der Kinder- und Jugendhilfeforschung beitragen, nämlich indem Sprache als Voraussetzung für Glaubwürdigkeit und Sprechen (und Nicht-Sprechen) als Scheitelpunkt im Kinder- und Jugendschutz betrachtet wird.

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Published Online: 2025-06-18
Published in Print: 2025-06-26

© 2025 Carolin Neubert, publiziert von De Gruyter

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