Zusammenfassung
Deutungsmuster stellen ein fruchtbares Konzept zur Eingrenzung sozialer Wissensbestände dar. Wenig überraschend erfreut es sich einer breiten Anwendung im deutschsprachigen Raum. Dennoch ermangelt es einer klaren Konzeptualisierung sowie eines klaren empirischen Forschungsprogramms. Es lässt sich allerdings über den Grundkonsens der Deutungsmustertheoretikerinnen zum konzeptionellen Kern der Deutungsmuster vordringen, der im vorliegenden Beitrag herausgearbeitet wird. Anhand eines empirischen Anwendungsbeispiels zu den Deutungsmustern der Katastrophe wird zudem ein empirisches Forschungsprogramm zur Rekonstruktion des Raums an Deutungsmustern vorgestellt und eine flexible, aber dennoch theoretisch geleitete Anwendung als forschungsheuristisches Konzept anstelle einer essentialistischen a-priori Definition des Konzepts, seiner Strukturdimensionen, und seiner raum-zeitlichen Verortung befürwortet.
Die soziale Welt und die sich in ihr vollziehenden Phänomene sind dem Individuum nicht unmittelbar zugänglich. Erst durch die Wahrnehmung werden sie dem Individuum überhaupt zugänglich und durch Interpretation mit Bedeutung gefüllt. Individuen nehmen ihre sinnlichen Wahrnehmungen dabei nicht als bruchstückhafte Aneinanderreihung voneinander unabhängigen Eindrücken wahr, sondern sind bestrebt, diese in einen Zusammenhang zu bringen und ihre Wahrnehmungen mit Sinn und Bedeutung zu füllen. Nur so können sie in die bestehende Weltsicht integriert werden und ihnen gegenüber auch entsprechend gehandelt werden. Dabei wird nicht nur auf individuell-biographische Wissensbestände, sondern vielmehr auch auf sozial geteilte Deutungsangebote rekurriert, um in einer zunehmend komplexer werdenden Welt, unreflektiert und spontan deuten und handeln zu können. Das Konzept der „Deutungsmuster“, das im Folgenden näher dargestellt wird, versucht nun gerade diese sozialen Deutungsangebote einzufangen.
Während nun das Gros der alltäglichen Lebenswelt durch routinehaften Rückgriff auf bestehende Deutungsangebote bewältigt werden kann, stellen Grenzbereiche des Alltagserlebens immer schon ein besonderes Deutungs- und Handlungsproblem dar. Eine Extremform eines solchen Grenzbereichs stellen dabei „Katastrophen“ dar. Als „entsetzliche soziale Prozesse“ (Clausen et al. 2003) drängen sie sich immer schon in die Aufmerksamkeit (Rost 2014: 35). So auch, als ein kleiner Ort in den österreichischen Alpen unlängst von einem Murenabgang verschüttet wurde. Liegt erstmals das Eigenheim in Trümmern, sind Menschen vermisst und bricht die Grundversorgung zusammen, kann sich die Gesellschaft der Problematik nicht entziehen: „Die Gesellschaft muss ‚antworten‘. Sie steht unter Deutungs- und Handlungszwang“ (Prisching 2006: 55).
Zusätzlich zu diesem Deutungs- und Handlungsdruck stellt sich die Katastrophe dem Individuum in Form eines Erlebens extremer Kontingenz dar. Die „Katastrophe“ ist selbst immer schon ein Konstrukt, das die Einordnung von Erfahrung einer fundamentalen Irritation der Wirklichkeit, eines Bruchs mit dem Band des Althergewohnten erlaubt (Stallings 2003). Während der alltägliche Fluss der Dinge typischerweise durch routinehaften Rückgriff auf vorhandene Wissensbestände gedeutet werden kann und dem Individuum als selbstverständlich und unmittelbar evident erscheint, sind die vorhandenen Wissensstrukturen angesichts der Katastrophe, die sich ja gerade als das Unfassbare, das den jeweiligen Denkhorizont Übersteigende offenbart, nicht mehr hinreichend (Berger und Luckmann 2016: 24-27). Die Katastrophe zwingt zu einer reflexiven Haltung (Rost 2014: 40) und expliziert damit die soziale Logik, die im Schatten des Alltags oft verborgen bleibt.
Dabei unternimmt das Bewusstsein zunächst die Anstrengung, die Kontinuität unterbrechenden Probleme noch in die Alltagswelt hereinzuholen, indem auf bestehende Wissensbestände rekurriert wird (Berger und Luckmann 2016: 45; 2427). Dabei wirft gerade die Katastrophe als hochkomplexe Situation (die Katastrophe als extrem vernetzter Wandel) unter Zeitdruck (die Katastrophe als extrem beschleunigter Wandel) und mit dramatischem Charakter (die Katastrophe als „entsetzlicher sozialer Prozess“) das Individuum auf Heuristiken bzw. allgemeinere Wissensbestände zurück, was sich etwa im Aufkeimen magisierter Deutungen im Anschluss an die Katastrophe äußert (Clausen 2003: 58).
Auf welche verfügbaren Wissensbestände dabei zurückgegriffen wird, ist damit weder im Ereignis festgeschrieben, noch im persönlichen Katastrophenerleben. Vielmehr folgt die Art und Weise, wie Katastrophen ausgedeutet werden, einer sozialen Logik (Prisching 2006: 53f). Es sind sozial geteilte Deutungsangebote – oder Deutungsmuster – die als Art Leitfaden für Deutungs- und Handlungsprozesse fungieren und sich in konkreten Deutungen und Praktiken manifestieren. Folglich liegt gerade in den sozialen Deutungsangeboten der Schlüssel zum Verständnis, welche Interpretationen und Handlungsoptionen angesichts der Katastrophe offen stehen.
Zudem ist die Anschlussfähigkeit an das bestehende Wissen allerdings nicht immer gegeben. Gerade Grenzerfahrungen stellen eine besondere Herausforderung für die etablierte Ordnung mitsamt ihrer symbolischen Dimension dar (Berger und Luckmann 2016: 92; 105ff). Die verfügbaren Deutungsangebote sind womöglich nicht mehr hinreichend, die Katastrophe (kognitiv und praktisch) zu bewältigen. Damit sind gerade in Krisen- und Umbruchsituationen auch fundamentale Brüche zum bisherigen Weltbild möglich (auch Rost 2014: 178; Arnold 1983: 896; Keller 2008b: 291). Damit öffnet die Katastrophe den Raum für die Veränderung der bestehenden symbolischen Ordnung, indem sich etwa neue Wissensbestände niederschlagen oder bestehende Deutungsangebote modifiziert werden (Lüders und Meuser 1997: 72f; Arnold 1983: 896f; Kassner 2003: 43; Plaß und Schetsche 2001: 525).
Offensichtlich stellt die Katastrophe damit einen potenziell erkenntnisreichen Gegenstand für die Analyse von Deutungsmustern dar. Im Rahmen einer abgeschlossenen Forschungsarbeit wurde nun am Beispiel eines Murenabgangs in den österreichischen Alpen nach dem Repertoire an Deutungsmustern der Katastrophe gefragt, die Individuen und Gesellschaften zur Verfügung stehen, um die Katastrophe kognitiv und praktisch zu bewältigen. Dabei wurde das Konzept der Deutungsmuster als Forschungsheuristik angewandt – zum einen, indem seine theoretisch-konzeptionellen Grundlagen das empirische Design maßgeblich anleiteten, zum anderen, als Konzept, das die Ordnung der Daten anleitet und sie zu kohärenten Idealtypen zusammenschließt. Im Folgenden dient dieses Anwendungsbeispiel als Vehikel, um ein empirisches Programm zur Rekonstruktion von Deutungsmustern zu skizzieren und Implikationen für die Anwendung des Konzepts abzuleiten.
Das Konzept der „Deutungsmuster“ und seine Stärke als Forschungsheuristik stehen im Fokus des vorliegenden Beitrags. Folglich gilt es zunächst noch ein systematisches Verständnis des Deutungsmusterkonzepts zu erarbeiten. Wenngleich sich das Konzept im Anschluss an ein unveröffentlichtes Manuskript von Oevermann aus dem Jahr 1973 rasant verbreitete und einer beliebten Anwendung erfreut (Keller 2014: 150; Plaß und Schetsche 2001: 511), so ermangelt es nach wie vor klaren Konturen: „Deutungsmuster ist ein Begriff, dessen Verwendung in der sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung so breit wie uneinheitlich ist“ (Meuser 2018: 38). Deshalb wird versucht, über den „Grundtenor“ von Deutungsmustertheoretikerinnen auf deren konzeptionellen Kern vorzudringen. Letztlich, so wird argumentiert, ergibt sich der zentrale Unterschied der verschiedenen Positionen nicht aus ihrer inhaltlichen Konzipierung, sondern vielmehr aus dem analytischen Ansatzpunkt, der aber stets nur von der je konkreten Fragestellung aus beurteilbar ist.
„Deutungsmuster“ – Zur Genesis eines Konzepts
Zahlreiche Ansätze und Vorbilder für die Deutungsmusteranalyse finden sich bereits in der frühen Soziologie, welche die Frage nach den Sinnstrukturen schon systematisch gestellt hat. Schon Weber kennt das Motiv des Niederschlags von Ideen in individuellen Handlungen und Praktiken (Lepsius 2009: 31), wenngleich sein Gegenstand weiter gefasst ist, als das, was Oevermann später als Deutungsmuster zu bezeichnen beabsichtigt (Oevermann 2001b: 37). Und auch Schütz (1932) stellt bereits die Frage nach dem sinnhaften Aufbau der sozialen Welt. Dabei prägte er das Konzept der „Deutungsschemata“ (Schütz 1932: 89), eine Art Typik, um das lebensweltliche Erleben in den Erfahrungszusammenhang einzuordnen. Damit sind diese Deutungsschemata konstitutiv für den Sinn des Erlebens sind – oder in anderen Worten: dessen Deutung. „Deutung ist dann nichts anderes als die Rückführung von Unbekanntem auf Bekanntes“ (ebd.: 90), die Integration von Wahrnehmungen in bestehende Wissensstrukturen. Der konkrete Begriff der „kulturellen Deutungsmuster“ findet sich dann erstmals in der Habilitationsschrift Rainer Lepsius (2015 [1963]: 65). Diese versteht er im Sinne einer gedachten Ordnung, als schicht- bzw. klassenspezifische Wertvorstellungen, die aus einer sozialen Lage erwachsen und Ausdruck klassenspezifischer Deutungsbedürfnisse sind (Oevermann 2001b: 37; Keller 2014: 144). Die konkrete Deutungsmusterdebatte nimmt allerdings im Wesentlichen ihren Anstoß erst 1973 mit einem unveröffentlichten Manuskript von Oevermann, das 2001 erstmals in Sozialer Sinn veröffentlicht wird (Oevermann 2001a [1973]).
Oevermanns zentrales Erkenntnisinteresse liegt – wie es bereits Weber als grundlegenden Gegenstand der Soziologie fasste – im Verstehen und Erklären sozialen Handelns. Ihm zufolge sei die „Sinn“ zu einer „Grundkategorie der Soziologie“ (Oevermann 1973: 2) avanciert, womit eine Theorie menschlichen Handelns eben gerade die subjektiven Sinnzuschreibungen im Zentrum haben müsse. Allerdings stelle sich dieses Problem in der Soziologie als Rekonstruktion von Sinnzusammenhängen, die dem einzelnen Individuum als „Tatsachen sui generis“ (ebd.) objektiv gegenüberstehen. Damit ist es der „soziale Sinn, nicht der subjektiv gemeinte (aber auch nicht der ‚objektive’) Sinn“ (Ullrich 1999b: 2), der in das Zentrum des Interesses rückt.
Der Ausgangspunkt Oevermanns Überlegungen ist nun die Annahme, dass das wesentliche Kennzeichen sozialen Handelns in seiner Regelgeleitetheit liegt. Nur die Existenz intersubjektiv geltender Regeln, so Oevermann, ermögliche überhaupt erst intersubjektiv verstehbaren Sinn und ist damit logische Grundvoraussetzung für soziales Handeln. Dabei dürfen diese sozial geteilten Regeln keineswegs als explizite, nicht einmal als grundsätzlich explizierbare Richtsätze des Handelns missverstanden werden. Vielmehr erscheinen sie als implizite, tiefergründige Strukturen, die konkrete Deutungen und Praktiken hervorbringen – als „Maxime, der das Handlungssubjekt praktisch folgt“ (Oevermann 1973: 7). In der Rekonstruktion dieser intersubjektiv geteilten Regeln liege nun der Schlüssel zur Erklärung sozialen Handelns. Die bis dato (1973) etablierte Forschungstradition unternehme jedoch den Fehler, dass sie Konzepte, die auf diese Sinnzusammenhänge verweisen, stets nur auf der Ebene ihrer Repräsentationen im individuellen Bewusstsein erfasse, was letztendlich zu lediglich trivialen Kausalbehauptungen führe. (Oevermann 1973: 2-8)
Aus diesen Überlegungen heraus legt Oevermann (1973) den Grundstein für die Deutungsmusteranalyse. Obgleich Oevermann Jahrzehnte später in seiner Aktualisierung (2001) selbst darauf hinweist, dass seine Erläuterungen stellenweise unzulänglich waren, fand das Konzept des Deutungsmusters eine rasante Verbreitung und erfreut sich in der deutschsprachigen Soziologie einer beliebten Verwendung (Keller 2014: 150; Plaß und Schetsche 2001: 511). Lüders/Meuser (1997: 57) sehen in der Rekonstruktion von Deutungsmustern sogar eine – wenn nicht die – zentrale Aufgabe der interpretativen Sozialforschung.
Nichtsdestotrotz bleibt das „Deutungsmuster“ bislang ein theoretisch wie methodisch unreflektiertes und unbestimmtes Konzept, welches anstelle von analytischer und theoretischer Präzision mit hohem Variantenreichtum glänzt (Meuser 2018). Anstatt die Vagheit des Konzeptes nun zu überwinden, scheint diese sich unlängst im Zuge einer unsystematischen Diskussion nur noch weiter zuzuspitzen (Lüders 1991: 378; Lüders und Meuser 1997: 57; Plaß und Schetsche 2001: S. 512, 516; Keller 2014: 151). Während Lüders und Meuser (1997: 60ff) nun den Versuch unternehmen, die verschiedenen Zugänge entlang einer strukturtheoretischen und wissenssoziologischen Ausrichtung zu ordnen, [1] hebt Keller (2008: 84) hervor, dass dieser Klassifikationsversuch viel zu eng greife, sofern sich die unterschiedlichen Deutungsmusterkonzepte im Kern doch überlappen. Dementsprechend scheint es fruchtbar, den „Grundkonsens der DeutungsmusteranalytikerInnen“ (Meuser und Sackmann 1992: 19) herauszuarbeiten, um hierdurch zum konzeptionellen Kern von „Deutungsmustern“ vorzudringen und ein fundiertes Verständnis des Konzepts zu entfalten.
Zum konzeptionellen Kern der Deutungsmuster
In einem allgemeinen Verständnis können Deutungsmuster als „’[E]nsemble’ von sozial kommunizierbaren Interpretationen der physikalischen und sozialen Umwelt“ (Oevermann 1973: 4) verstanden werden. Sie dienen dem Individuum als Instrumente, um seine Wahrnehmungen und Erfahrungen der Lebenswelt nach bekannten Mustern zu ordnen (Lüders und Meuser 1997: 58). Diese werden in einen Sinnkontext gesetzt und damit an bestehendes Wissen anschlussfähig. Widersprüchlichkeiten und Inkonsistenzen werden überdeckt und in ein konsistentes Ganzes integriert. Sie erlauben also dem Individuum, seine Wahrnehmungen in die eigene Weltsicht zu integrieren. Indem Deutungsmuster dem Individuum erst die Bedeutung eines Phänomens nahelegen, sind sie dabei zwangsläufig (auch) Orientierungspunkte des Handelns und konstitutiv für die Handlungsfähigkeit des Subjekts. Damit sind Deutungsmuster metaphorisch auch als eine Art „Leitfaden“ für Wahrnehmungs-, Deutungs- und Handlungsprozesse zu verstehen. Sie eröffnen dem Individuum die Perspektive auf konkrete Situationen und legen deren Handlungsrelevanz, mögliche Interpretationen sowie Handlungsoptionen fest – sie sind ein Bündel von „handlungsleitenden Wissensbeständen“ (Schetsche 2008: 108; siehe auch Kassner 2003: 39; Plaß und Schetsche 2001: 523).
Funktionaler Bezug zu Handlungsproblemen
Deutungsmuster werden – wie Wissen allgemein – in der „Krise“ konstituiert. Sie sind Sedimente der Lösungen vorangegangener Handlungs- und Deutungsprobleme, denen sich das Bewusstsein ständig gegenübersieht. Sie sind „krisenbewältigende Routinen“ (Oevermann 2001b, 38), die sich ehemals angesichts der Problemstellungen als Lösung angeboten und sich im Zuge ihrer wiederholten Anwendung und Bewährung und damit einhergehenden Habitualisierungs- und Routinisierungsprozessen allmählich als Wissen abgelagert haben und damit verselbstständigt operieren. Damit bleiben Deutungsmuster aber auch stets funktional auf die Handlungsprobleme bezogen, auf die sie (ursprünglich) antworten (Oevermann 1973: 3, 16). Während in Oevermanns Konzeption diese Handlungsprobleme dabei tendenziell noch einen strukturellen Charakter annehmen, denen Individuen als Träger von Deutungsmustern begegnen, wird dem Individuen in späteren, wissenssoziologischen Ausrichtungen eine stärkere gestaltende Rolle eingeräumt und der Fokus auf situativ verfügbare Deutungsmöglichkeiten gelegt (Bögelein und Vetter 2019: 25f). Der Problembezug von Deutungsmustern bleibt damit bestehen, der Blick aber von strukturellen Handlungsproblemen eher auf theoretisch-abstrakt beschreibbare Bezugsprobleme gelenkt. Die Bezugsprobleme, sind dabei mit individuellen Daten über Deutungsmuster als die „abstrahierten Modi einer generellen Bearbeitung eines Bezugsproblems“ (Hoffmann 2019: 215) verbunden. Deutungsmuster fungieren also als eine Art „Scharnier“ zwischen Bezugsproblemen und individuellem Deuten und Handeln.
Als situativ verfügbare Wissenselemente, als routinehafte Typisierungen, ermöglichen sie schließlich unreflektiertes Deuten und damit auch Handeln. Denn nur indem das Individuum über gefestigte Interpretationsmuster verfügt, über mehr oder weniger stabile Grundlagen für alltägliches Deuten und Handeln als „Routineanwendung von Typisierungen“ (Keller 2008b: 290), welche die Rückführung komplexer Sachverhalte auf bekannte Strukturen und Muster erlauben, werden komplexe Situationen überhaupt erst überschaubar und damit kognitiv wie praktisch bewältigbar und damit dem Individuum überhaupt erst die Möglichkeit für spontanes und unreflektiertes Handeln eröffnet. (Rost 2014: 39; Oevermann 2001a: 55; Arnold 1982: 895f; Ullrich 1999b: 2; Plaß und Schetsche 2001: 253; Kassner 2003: 48).
Relative Latenz und Manifestation in der Praxis
Deutungsmuster stehen dem Individuum also im alltäglichen Deuten und Handeln unreflektiert zur Verfügung. Sie sind latente Phänomene, eine Art „Tiefenstruktur gesellschaftlichen Bewußtseins“ (Arnold 1983: 895), oder in den Worten Oevermanns (2001: 51) „tacit knowledge“ – jedenfalls eine Form impliziten Wissens, das noch nicht einmal grundsätzlich explizierbar sein muss, sofern es dem individuellen Bewusstsein zumeist nur begrenzt reflexiv verfügbar ist. Dennoch bringen sie als eine Art innere Logik, als tiefergründige „Maxime, der das Handlungssubjekt praktisch folgt“ (Oevermann 1973: 7; Hervorhebung SP) konkrete Deutungen und Praktiken hervor, wodurch sich diese impliziten und unbewussten Wissensstrukturen situativ manifestieren und damit immer auch emergenten Charakter besitzen: Deutungsmuster sind relativ latente Phänomene (Oevermann 1973: 8f; Oevermann 2001c: 538; Ullrich 1999a: 430; Ullrich 1999b: 4; Plaß und Schetsche 2001: 523; Kassner 2003: 45).
Soziale Tatsachen und individuelle Repräsentationen
Zudem sind Deutungsmuster als „Formkategorie sozialen Wissens“ (Plaß und Schetsche 2001: 522) nicht im individuellen Bewusstsein, sondern als überindividuelle Phänomene im kollektiven Wissensbestand verankert. Als „faits sociaux“ (Oevermann 1973: 11) haben Deutungsmuster eine kollektive, soziale Realität. Deutungsmuster bestehen von dem einzelnen Individuum losgelöst und treten ihm als objektive Struktur gegenüber (Oevermann 2001c; Kassner 2003, 41). Dennoch können sie nicht unabhängig von den Individuen fortbestehen. Sie sind, so lässt sich sagen, eher intersubjektiv als objektiv. Wie Berger und Luckmann (2016: 124) bereits festhielten: „Wirklichkeit ist gesellschaftlich bestimmt. Aber die Bestimmung wird immer auch verkörpert, das heißt: konkrete Personen und Gruppen sind die Bestimmer von Wirklichkeit.“ Das heißt, Deutungsmuster werden von konkreten Individuen getragen. Doch sind die sich im individuellen Bewusstsein manifestierenden Repräsentationen von Deutungsmustern niemals identisch mit den Deutungsmustern, auf die sie verweisen. Sie sind eher „Derivate von Deutungsmustern“ (Oevermann 1973: 11) als deren unmittelbare Verkörperungen.
Dies ist schon Resultat des Aneignungsprozesses durch das Individualbewusstsein. Die Aneignung im Zuge der Sozialisation und soziale Weitergabe erfolgt niemals isomorph, sondern stets nur partiell und in an das Individualbewusstsein adaptierter Form. Während Plaß und Schetsche (2001: 524) die Aneignung als medial vermittelten, „reproduktiven Mustertransfer“ fassen, kann eher davon ausgegangen werden, dass die Internalisierung von Deutungsmustern in einem lebensgeschichtlichen Prozess der Aneignung in und durch die Praxis erfolgt: In ihrer Anwendung als Argumentationsstruktur für soziales Handeln, d.h. in sozialen Interaktionen, werden sie situativ evaluiert, verfestigt und gegebenenfalls modifiziert – mithin: (re-)produziert (Ullrich 1999a: 430; Ullrich 1999b: S. 5). So argumentieren bereits Berger und Luckmann (2016: 163ff) im Hinblick auf subjektive „Sinnwelten“, welche Wahrnehmungen und Deutungen zu Grunde liegen, dass diese niemals ein völlig abgeschlossenes Produkt sind, sondern in sozialen Interaktionsprozessen immer wieder aufs Neue kollektiv ausgehandelt und damit stetig modifiziert und aktualisiert werden. Die verinnerlichten Repräsentationen der Deutungsmuster werden also nicht nur bei ihrer initialen Aneignung entsprechend der vorhandenen kognitiven Strukturen angepasst, sondern unterliegen auf einem kontinuierlichen Wandel und Differenzierungen in und durch die Praxis (Ullrich 1999a: 430; Oevermann 1973, S: 17f; Kassner 2003: 42ff; Arnold 1983: 895ff).
Wenngleich die individuellen Repräsentationen von Deutungsmustern also mit den Deutungsmustern, die sie hervorbringen, nicht identisch sind, bleiben sie dennoch stets auf diese bezogen (Kassner 2003: 42; Plaß und Schetsche 2001: 525, Schetsche 2008: 110; Ullrich 1999a: 430). Sie müssen mit den Deutungsmustern, die sie hervorbringen, zumindest kompatibel bleiben, da sie ansonsten ihre Funktion als sozial geteilte Argumentationsstruktur für soziales Handeln nicht mehr zu erfüllen vermögen (Ullrich 1999a: 430; Ullrich 1999b: 3). Deutungsmuster fungieren eben nicht nur als Handlungsleitfäden, sondern bieten als überindividuell geteilte Wissensstrukturen auch die Möglichkeit, Handeln plausibel zu begründen. Dementsprechend konstituieren sie auch wechselseitige Erwartungshaltungen und erlangen damit nicht nur normative Geltungskraft, sondern stellen dem Individuum eben auch Modelle für die Situationsentwicklung bereit. Damit erlauben sie, Kontingenz zu bewältigen und verleihen dem Alltag Normalität, Stabilität und Selbstverständlichkeit (Plaß und Schetsche 2001: 527; Kassner 2003: 47).
Relative Stabilität und Wandel
Deutungsmuster sind also als soziale Tatsachen im kollektiven Wissensbestand verankert. Dadurch erlangen sie immer schon Kontinuität und Stabilität. Im Zuge der Bewältigung von Handlungsproblemen schlagen sie sich allmählich in der Wissensstruktur nieder und lösen sich damit von den spezifischen lebensweltlichen Problemen (Oevermann 2001b: 55). Gleichzeitig weisen sie hinreichend Flexibilität auf, um auf verschiedene Situationen verallgemeinerbar zu bleiben und sich damit in der Praxis (dauerhaft) bewähren zu können. Dabei ist nicht eine tatsächliche Kompatibilität mit der Realität maßgeblich, als vielmehr eine Art innere Logik, welche die Vermeidung kognitiver Dissonanzen, selektive Wahrnehmungen oder Rationalisierungen anleitet und die Deutungsmuster dadurch stabilisiert (Arnold 1983: 897). In diesem Sinne kommt Deutungsmustern ein „quasiuniverseller“ Charakter zu (Oevermann 2001b: 38).
Allerdings darf diese Beharrlichkeit in der Zeit nicht dahingehend missinterpretiert werden, dass Deutungsmuster statische, unveränderliche Gebilde wären. Obgleich sie in sich relativ konsistente Gebilde darstellen, sind sie weder völlig widerspruchsfrei und geschlossenes Sinngebilde (Oevermann 1973: 26), noch sind die ihnen zu Grunde liegenden strukturellen Handlungsprobleme universalgültige Größen. Inkompatibilitäten und Brüche bleiben bestehen – zwischen verschiedenen Interpretationselementen, zwischen konkurrierenden Deutungsmustern oder auch zwischen Deutungen und den deutungsbedürftigen Handlungsproblemen. Diese manifestieren sich als krisenhafte Reibungsflächen insbesondere dann, wenn sie gleichzeitig für ein Handlungsproblem aktiviert werden oder Subjekte vor Handlungsproblemen stehen, für welche die verfügbaren Deutungsangebote nicht mehr hinreichend sind, wie etwa in Phasen strukturellen Wandels (Oevermann 1973: 13f, 17; Lüders 1991: 384). Damit sind Deutungsmuster per se – und nicht nur ihre individuellen Repräsentationen – entwicklungsoffen. Ihre Stabilität ist immer nur eine relative und nur insofern aufrechtzuerhalten, als dass sie mit dem bisherigen Weltbild vereinbar sind und keine allzu großen Brüche auslösen (Oevermann 1973: 9, 16; Kassner 2003: 42f; Arnold 1983: 896; Oevermann 2001b: 38).
Interdependenz von Struktur und Handeln
Die bisherigen Erläuterungen dürfen nun nicht zur Annahme verleiten, Deutungsmuster würden einseitig durch die strukturbedingten Handlungsprobleme, auf die sie antworten, determiniert. Vielmehr stehen sie mit den Handlungsproblernen in einem wechselseitigen Verhältnis. Struktur determiniert das Individualbewusstsein und die konkreten Praktiken nicht, sondern Struktur und Praxis (re)produzieren sich wechselseitig. So können zwar Deutungsmuster selbst nur im Rahmen der Handlungsprobleme, auf die sie antworten, erklärt werden, diese Handlungsprobleme selbst sind ihrerseits aber stets schon gedeutet. Deutungsmuster und die Handlungsprobleme, auf die sie sich beziehen, sind also zirkulär miteinander verknüpft (Oevermann 1973). Deutungsmuster sind damit weder rein auf der Ebene des Individuums und individueller Praktiken noch auf der Ebene sozialer Strukturen zu verorten, sondern eher an der „Schnittstelle von Handlung und Struktur“ (Bögelein 2016: 99) anzusiedeln. Sie schlagen damit eine Brücke zwischen Struktur und Praxis, zwischen Handlungsproblemen und Bewältigung (Lüders und Meuser 1997: 59).
Damit tangiert es eine der zentralen soziologischen Debatten, nämlich die des Verhältnisses zwischen Struktur und Praxis. Wenig überraschend setzt damit gerade an diesem Punkt Kritik an. So sehen Plaß und Schetsche (2001: 522) in der mangelnden Abgrenzung zwischen Deutungsmustern als soziale Kategorie und Deutungsmustern als subjektbezogene Kategorie das „größte Problem des Deutungsmusterkonzepts“ in der oevermannschen Tradition. Diese eingeforderte, klare Abgrenzung impliziert allerdings eine dichotome Gegenüberstellung von Individuum und sozialer Welt. Gerade aber die Überwindung dieser „falschen Dichotomisierung“ (Meuser und Sackmann 1992: 21) ist Oevermann ein Anliegen, das er einzulösen versucht, indem er gerade den Konnex von Wissen, Handeln und Struktur hervorarbeitet (Oevermann 2001c: 537ff). Damit erlaubt das Konzept, der gesellschaftlichen Vermitteltheit von Deutungsmustern Rechnung zu tragen, ohne von einer Determiniertheit des Bewusstseins auszugehen (Arnold 1983: 903). Und gerade hierin ist auch die wesentliche Stärke und der eigentliche Kern des Deutungsmusterkonzepts zu sehen (Lüders 1991: 381; Ullrich 1999b: 3).
Zugleich findet sich hierin jedoch auch die größte Herausforderung. Es gilt, das Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft, Praxis und Struktur, Emergenz und Determination zu überwinden und ihre interdependente Verflechtung zu erfassen. Einen möglichen Ausweg aus dem oppositionell konzipierten Dualismen zu Gunsten einer wechselseitigen Dualität bietet dabei, „Struktur als Prozeßstruktur“ (Lüders und Meuser 1997: 68) – Praxis als strukturierte Praxis und strukturierende Praxis – zu denken (Kassner 2003: 42). Allerdings dürfte es für die konkrete empirische Analyse doch empfehlenswert sein, eine analytische Trennung vorzunehmen, d.h. pragmatisch entsprechend des Gegenstandes, des Materials und der Forschungsfrage eine Differenzlinie zwischen Deutung, Handlung und Struktur zu ziehen (Lüders 1991: 385; Kassner 2003: 42).
Sozialräumliche und historische Reichweite
Wie erläutert, antworten Deutungsmuster also auf strukturelle Handlungsprobleme, von denen sie ablösbare Gebilde darstellen, und dennoch nur mit Bezug auf diese erfassbar sind. Damit erlangen sie relative Autonomie und drücken zugleich den jeweiligen Zeitgeist aus. Als soziale Tatsachen sind sie überindividuell und existieren dennoch nicht unabhängig von den Individuen, die sie tragen. Daraus ergibt sich aber auch, dass sie in ihrer Geltung und Reichweite raum-zeitlich verortbar sind, d.h. sie können sowohl historisch-zeitlich als auch synchronisch entlang der Trägergruppen, welche sie verinnerlich haben, abgegrenzt werden (Meuser und Sackmann1992: 17; Oevermann 1973: 10; Schetsche 2008: 85).
Hinsichtlich ihrer synchronischen Abgrenzung – der Verortung von Deutungsmustern auf ihre jeweiligen Trägergruppen – ergibt sich für Oevermann als Resultat ihres funktionalen Bezugs zu strukturbedingten Handlungsproblemen eine Bindung an sozial differenzierte Lebenswelten und -praktiken: Das Sozialmilieu erscheint als primäre Trägergruppe von Deutungsmustern (Oevermann 2001b: 37; Kassner 2003: 43f). Die Annahme der sozialräumlichen Verankerung von Sinnstrukturen findet sich dabei bereits bei Berger und Luckmann (2016: 63ff), für die unterschiedliche Lebenswelten unterschiedliche subjektive Sinnwelten hervorbringen, welche weniger Resultat ihrer Plausibilität als vielmehr baren Interesses seien. Ähnlich unterliegen Deutungsmuster als implizite, unbewusste Wissensgebilde einer Selektion gemäß kollektiver Interessen, mit denen sie kompatibel bleiben bzw. ihrer Aufrechterhaltung oder Erweiterung dienen müssen. Deutungsmuster sind also stets auch interessensbezogen (Oevermann 2001b: 37f).
Die „Engführung des Deutungsmusterbegriffs auf ‚alltagspraktisch’ generierte Deutungs- und Handlungsschemata“ (Keller 2008a: 83) und damit auf das Sozialmilieu als Trägergruppe, wie es Oevermann forciert, vernachlässige nun all diejenigen Wissensformen, welche nicht milieuspezifisch, sondern milieuübergreifend erwachsen – etwa medial vermittelte oder massenkulturelle Wissensformen – und kann damit der Realität nicht angemessen sein (Plaß und Schetsche 2001: 519; Kassner 2003: 44). Schetsche (2008) schlägt nun etwa vor, die (Rep-)roduktion von Deutungsmustern würden weniger von Sozialmilieus getragen, als vielmehr von kollektiven Akteuren, wie aktiv Betroffene, AdvokatInnen, Expertinnen, Problemnutzerinnen, soziale Bewegungen, Massenmedien und der Sozialstaat (Schetsche 2008: 87ff), die als Gruppen mit geteilten Interessen und Strategien an der Thematisierung und Ausdeutung von sozialen Problemen beteiligt sind (ebd.: 52). Damit sei eine Verknüpfung von Deutungsmustern und milieuspezifischer Lebenswelt zwar prinzipiell möglich, nicht aber notwendigerweise der Fall (Plaß und Schetsche 2001: 519).
Sofern allerdings auch Schetsche (2008) und Plaß und Schetsche (2001) Deutungsmuster als „lebensweltliche Wissensformen“ (Plaß und Schetsche 2001: 523) verstehen, plädieren sie weniger für eine Abkehr von der Lebensweltbezogenheit von Deutungsmustern, als lediglich für eine Ausweitung des Lebensweltbegriffs über die Kategorie des sozialen Milieus hinaus. Es gilt, einen Deutungsmusterbegriff zu etablieren, der die vielfältigen Facetten des lebensweltlichen Wissens berücksichtigt (Plaß und Schetsche 2001: 521). Dies kann gelingen, indem eine a priori Bindung an soziale Kategorien abgelehnt und analytische Offenheit gewahrt wird, um die Vielschichtigkeit lebensweltlichen Wissens zu berücksichtigen und Gemeinsamkeiten in den Lebenspraktiken zu erfassen, die quer zu sozialen Kategorien liegen. Die Frage nach der Reichweite von Deutungsmustern, ihre Verortung im Sozialraum, ist also letzten Endes eine empirisch zu beantwortende. Dies bedeutet nicht, dass sie losgelöst von theoretischen Überlegungen zu erfolgen hat, sondern lediglich, dass der Geltungsbereich von Deutungsmustern nicht vorab zu bestimmen ist (Kassner 2003: 55, 56).
Darüber hinaus wird Oevermanns Ansatz vorgeworfen, grundlegend ahistorisch und damit blind für ihre historische Verortung zu sein (Plaß und Schetsche 2001: 521). Individuen stünden bei ihm vor universellen Handlungsproblemen, auf die – milieuspezifisch – Antworten gefunden werden müssen. Er missachte damit historisch spezifische Problematisierungsweisen, die Handlungsprobleme überhaupt erst aufwerfen. Zwar erlangen Deutungsmuster, wie erläutert, in der oevermannschen Konzeption tatsächlich quasi-universellen Charakter, doch verweist er explizit darauf, dass Deutungsmuster stets auch den jeweiligen Zeitgeist verkörpern (Oevermann 2001b: 38). Indem er den zirkulären Zusammenhang zwischen Deutungsmuster und Handlungsproblemen betont, wonach Handlungsprobleme immer schon gedeutet sind, und Deutungsmuster gleichsam immer auf Handlungsprobleme bezogen sind, wird die Historizität von Deutungsmustern sehr wohl berücksichtigt (Oevermann 1973: 4; Oevermann 2001c: 545). Im Gegenteil, aufgrund dieser Wechselseitigkeit ist es für Oevermann für das Verständnis von Deutungsmustern auch unabdingbar, den strukturellen Kontext ihrer ursprünglich historischen Genese zu identifizieren (Oevermann 1973: 16), um anschließend erst die aktuellen Handlungsprobleme, mit Bezug auf die es aktiviert wird, in den Fokus zu nehmen. Forschungspraktisch gelinge dies am ehesten mit einem „historisch-genetischen Spiralmodell“ (Oevermann 2001c: 545) bei dem Handlungsprobleme, auf die Deutungsmuster antworten, pragmatisch als analytischer Ausgangspunkt festgelegt werden.
Inhaltliche Bestimmung von Deutungsmustern
Schließlich stellt sich die Frage nach der inhaltlichen Beschaffenheit von Deutungsmustern. Diese sind niemals bloß formale Regeln der Konstitution von Praktiken, sondern lassen sich auch inhaltlich bestimmen (Meuser und Sackmann 1992: 17). Deutungsmuster sind eine Komposition verschiedenster Deutungselemente, die in sich integriert eine relativ schlüssige Deutungsfigur ergeben (Keller 2007: 104f; Ullrich 1999b: 2).
Plaß und Schetsche (2001) bzw. Schetsche (2008) schlagen nun vor, die inhaltliche Gestalt von Deutungsmustern bzw. Problemmustern anhand spezifischer Dimensionen zu strukturieren: Situationsmodelle legen den Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Deutungsmusters fest. Sie sind ein Gefüge situativer Strukturmerkmale für den Abgleich mit einer konkreten Situation und umfassen dabei ebenso Abgrenzungskriterien und normativen Bewertungsrichtlinien für den Abgleich mit der konkreten Situation. Die normative Bewertung ist dabei insofern von Interesse, als dass als „problematisch“ geltende Sachverhalte stets einer Verknüpfung mit einer legitimen Werteordnung bedürfen. Eng damit einher gehen Emotionsmuster, die Wissen zu den der Situation angemessenen Emotionen umfassen und neben der kognitiven Beschäftigung auch eine emotionale Betroffenheit erlauben. Hintergrundwissen bietet die Grundlage für Annahmen über Kausalzusammenhänge, Folgewirkungen und Verläufe, wodurch häufig auch Verantwortungszuschreibungen und moralische Urteile impliziert werden. Darüber hinaus legen Handlungsmodelle pauschale Reaktionsweisen nahe. Dabei ist zwischen Handlungsmodellen im Anlassfall, d.h. situativ adaptiere Handlungsmuster für die konkrete Konfrontation mit der Problemsituation, und generellen Handlungsmodellen zur Lösung bzw. Vermeidung der Problematik, die damit in unmittelbaren Zusammenhang mit Kausalattribuierungen stehen, zu unterscheiden (Schetsche 2008: 112-119; Plaß und Schetsche 2001: 528ff).
Die Stärke dieses inhaltlichen Strukturierungsvorschlags liegt nun weniger in seiner Anwendung als starre Schablone für die empirische Analyse von Deutungsmustern, als vielmehr als flexibler Leitfaden, der die Aufmerksamkeit der Forschenden auf potenzielle Aspekte lenkt, die ansonsten womöglich übersehen werden. Eine a priori Festlegung von Elementen von Deutungsmustern könnte in eine Sackgasse führen, da die Art der Komposition von Deutungselementen und ihre inhaltliche Strukturierung je nach Frage und Datengrundlage variieren kann (Lüders 1991: 385). Die konkrete Gestalt eines Deutungsmusters, die Komposition aus Elementen, ist also stets eine empirisch zu bestimmende (Ullrich 1999b: 2), wobei als Differenzlinie konkurrierender Deutungsmuster bzw. als Indikator ihrer inhaltlichen Begrenzung eine grobe Inkompatibilität von Elementen dient (Plaß und Schetsche 2001: 527).
Analytischer Ansatzpunkt der Deutungsmusteranalyse
Wenngleich dem Deutungsmusterkonzept also eine Unbestimmtheit und unsystematische Diskussion angelastet wird, konnte ein Grundkonsens der verschiedenen Ansätze identifiziert und als Anhaltspunkte genommen werden, um ein hinreichendes Verständnis von Deutungsmustern zu entfalten. Im Kern sind Deutungsmuster sozial geteilte Bündel von Wissensbeständen, die unreflektiertes Deuten und Handeln erlauben. Die fundamentale Differenz zwischen den unterschiedlichen Deutungsmusterkonzepten dürfte weniger in der inhaltlichen Konzipierung des „Deutungsmusters“ liegen, als vielmehr in ihrem analytischen Ansatzpunkt.
So sieht Oevermann in der Rekonstruktion von Deutungsmustern, die als generative Regeln Verhalten und Handeln hervorbringen, den Schlüssel zur Vorhersage von Handeln (Oevermann 1973: 24). Weiters frage er aber auch nach der sozialräumlichen Verortung von Deutungsmustern, nach ihrer Reichweite und Geltung und der Abgrenzung entlang ihrer Trägergruppen, wodurch sein Ansatz für die Frage nach dem Erklären und Verstehen sozialen Handelns relativ fruchtbar sein dürfte (Oevermann 2001b: 37f). Während für Oevermann ein solcher Anspruch allen voran durch das Verfahren der objektiven Hermeneutik eingelöst werden kann (Oevermann 2001b: 66ff), Jüngst machte Somm (2019) für den Anspruch, die Handlungsrelevanz von Deutungsmustern zu erschließen, die methodischen Prinzipien der Narrationsanalyse fruchtbar – eine sequenzielle Gesamtbetrachtung, die fallspezifisch persistente Deutungen aufdeckt, das Interview selbst als Interaktionsprozess zu begreifen, sowie eine vorgelagerte Sichtung von Kernthemen. Dabei ist der Fokus insbesondere auf Spannungen, d.h. auf Inkonsistenzen zwischen verschiedenen Textsorten (etwa zwischen einer Erzählung und einer Argumentation), zu legen, um Aufschluss darüber zu gewinnen, welche Deutungsmuster eher auf der Ebene der explizierbaren Rechtfertigung des Handelns bleiben, und welche Deutungsmuster eher als latente Handlungsmotivationen fungieren. Damit wird Somm (2019) dem Umstand gerecht, dass Individuen sich verschiedene, auch widersprüchliche Deutungsangebote aneignen, kann aber zugleich darüber hinausgehen, das Individuum als bloßes Sammelsurium individueller Repräsentationen zu begreifen, sondern diese entlang der Funktionen, die Deutungsmuster für Handeln und Deuten erfüllen, auf Fallebene differenzieren.
Demgegenüber sieht Ullrich das Ziel der Deutungsmusteranalyse in einer möglichst vollständigen Rekonstruktion des „Raumes der situativ bedeutsamen Deutungsmuster“ (Ullrich 1999b: 6). Damit steht weder die Rekonstruktion einzelner situativ verfügbarer Deutungsmuster noch die Handlungsrelevanz einzelner Deutungsmuster auf der Ebene des Individuums im Vordergrund, sondern eine umfassende Abbildung des Raumes, eine möglichst vollständige Typologie von situativ verfügbaren Deutungsmustern im Hinblick auf ein spezifisches Bezugsproblem (Ullrich 1999b: 6). Die empirische Rekonstruktion von Deutungsmustern gelinge dabei am ehesten über die Analyse individueller Repräsentationen und deren Verdichtung und Typisierung zu konsistenten Deutungsmustern. Individuen erscheinen damit weniger als der interessierende Fall, auf dessen Ebene Deuten und Handeln zu erklären ist, sondern als Vehikel, um über das Scharnier individueller Repräsentationen zu den Deutungsmustern vorzudringen. Denn auch, wenn die individuellen Repräsentationen nicht identisch mit den ihnen zu Grunde liegenden Deutungsmustern sind, sind sie als deren Ableitungen die einzige Form, in der Deutungsmuster als latente Phänomene empirisch zugänglich sind (Ullrich 1999a: 431; Ullrich 1999b: 6).
Es ist damit kein analytischer Zugang a priori zu negieren, sondern stets in seiner Angemessenheit für die jeweilige konkrete Fragestellung zu bestimmen. Von der Formulierung einer essentialistischen Konzeption von Deutungsmustern und einer allgemeinen analytischen Perspektive ist damit per se abzuraten. Das Streben nach größtmöglicher Systematik ginge lediglich auf Kosten der empirischen Offenheit, wodurch wertvolle Informationen über den Forschungsgegenstand verloren gingen. Eine sinnvolle Auslegung des Deutungsmusterbegriffs kann stets nur gegenstandsbezogen, entlang einer spezifischen Fragestellung erfolgen (vgl. Bögelein und Vetter 2019: 23). Damit scheint es vielversprechend, das „Deutungsmuster als forschungspragmatisch-heuristisches Konzept“ (Lüders 1991: 380) zu verstehen, das eine spezifische Perspektive, Organisation und Interpretation der empirischen Daten erlaubt. Nur so kann die Deutungsmusteranalyse auch den Konnex von Empirie, Methode und Theorie hinreichend berücksichtigen (Lüders und Meuser 1997: 64).
Gerade dieser Zugang stellt für Plaß und Schetsche (2001) allerdings ein Problem dar: So würden Deutungsmuster zwar als überindividuelle und damit von den einzelnen Subjekten unabhängige Strukturen konzipiert werden, die empirische Analyse komme allerdings nicht über die Ebene der individuellen Repräsentationen hinaus. Folglich schlagen sie eine Umkehrung der Analyseperspektive vor, wonach die Verbreitung und Entstehung von Deutungsmustern in den Fokus gerückt wird und weniger die Manifestation von Deutungsmustern in der Alltagspraxis der Menschen (Plaß und Schetsche 2001: 530f). Deutungsmuster lassen sich ihnen zu Folge eher in den Interaktionszusammenhängen, in denen sie übermittelt werden, erfassen (ebd.: 522). Dabei favorisieren sie vor allem die Analyse von Medienberichte, sofern Deutungsmuster hier in der Form, in der sie verbreitet werden, anzutreffen seien (Schetsche 2008: 119f). Dabei ist es also weniger eine grundlegende Kritik an der Analyse der Manifestation von Deutungsmustern in der Alltagspraxis, als vielmehr eine radikale Umkehr der Analyseperspektive, welche die Etablierung und Verbreitung von kollektiven Wissensbeständen in den Fokus rückt (Plaß und Schetsche 2001: 530f). Zudem übersehen sie, dass selbst Medienberichte als Form des Wissenstransfers Produkte sozialer Praktiken sind, die an die Körperlichkeit von Individuen und damit ihrer Träger gebunden sind (z.B. Reporter, Interviewpartner, Pressesprecher, Redakteurinnen uvm.) und damit selbst über Manifestationen von individuellen Repräsentationen verinnerlichter Deutungsmuster nicht hinauskommen.
Eine derartige offene Anwendung soll im Folgenden anhand eines abgeschlossenen Forschungsprojektes zur Rekonstruktion des Raumes von Deutungsmustern der Katastrophe illustriert werden.
Feedback from the field: Zur empirischen Rekonstruktion von Deutungsmustern der Katastrophe
Anhand eines Murenabgangs in den österreichischen Alpen wurde untersucht, auf welche Deutungsmuster – als spezifisches Konzept kollektiver Wissensstrukturen – Menschen angesichts von Katastrophen zurückgreifen, um diese Situationen kognitiv und praktisch zu bewältigen. Dabei steht im vorliegenden Beitrag das Konzept der Deutungsmuster und ihre Stärke als Forschungsheuristik im Vordergrund. Das Anwendungsbeispiel dient lediglich als Vehikel, um ein empirisches Programm zur Rekonstruktion von Deutungsmustern zu skizzieren und Implikationen für die Anwendung des Konzepts abzuleiten. im Folgenden wird der methodische Zugang erläutert und damit ein empirisches Forschungsprogramm in Aussicht gestellt. Abschließend erfolgt eine kurze Darstellung des rekonstruierten Raums an Deutungsmustern. Für detaillierte Erläuterungen der Ergebnisse ist auf andere Stelle zu verweisen (Pfister i.E.). In der abschließenden Diskussion wird auf Anwendungsproblematiken hingewiesen.
Zur Methodik der Deutungsmusteranalyse der Katastrophe
Die Unbestimmtheit der Deutungsmuster spiegelt sich nun auch hinsichtlich ihres empirischen Zugangs wider. Der Debatte ermangelt es sowohl im Hinblick auf die Dateninterpretation als auch auf die Datenerhebung eines klaren empirischen Programms zur Rekonstruktion von Deutungsmustern. Festzuhalten ist allerdings, dass der empirische Zugang entlang des analytischen Ansatzpunktes der Deutungsmusteranalyse variiert. Konsens besteht lediglich dahingehend, dass es eines rekonstruierenden Verfahrens bedarf. Ein solches Verfahren, so Ullrich (1999a: 431; 1999b: 6-9), sollte hinreichend flexibel und auf die Evokation von Repräsentationen von Deutungsmustern ausgerichtet sein. Sofern in der vorliegenden Studie gerade die Rekonstruktion des Raumes von Deutungsmustern der Katastrophe im Vordergrund steht, stützt sich die Deutungsmusteranalyse im vorliegenden Beispiel – angelehnt an Ullrichs (2019, 1999a, 1999b) Vorschlag des diskursiven Interviews – auf qualitative, leitfadengestützte Interviews.
Wie oben erläutert, ist ein Zugang über individuelle Repräsentation allerdings mit dem Vorwurf konfrontiert, dass er überindividuelle Strukturen auf individuelle Dispositionen reduzieren würde (Plaß und Schetsche 2010). Allerdings sind Deutungsmuster als latente Phänomene niemals direkt zugänglich und, wie Ullrich (2019, 1999a, 1999b) überzeugend darlegt, kann ihre empirische Rekonstruktion nur über die Analyse individueller Repräsentationen erfolgen, sofern diese die einzige Form sind, in der Deutungsmuster überhaupt empirisch fassbar sind. Die sozialen Deutungsmuster liegen sozusagen hinter den individuellen Repräsentationen verborgen (Ullrich 2019: 16f).
Darüber hinaus werden Leitfäden häufig dahingehend kritisiert, dass sie die Erzählstruktur beeinflussen würden. Allerdings stehen in der Deutungsmusteranalyse ohnehin nicht individuelle Fallstrukturen oder individuelle Meinungen und Einstellungen im Vordergrund. Der bzw. die Befragte ist ausschließlich als ReproduzentIn und Trägerin von Deutungsmustern von Interesse. Zu Gunsten der Ausrichtung der Fragetechnik im Interview auf die Evokation von Deutungsmuster-Repräsentationen kann damit auch die Vermeidung von Reaktivität und Überformung des Gesprächsverlaufs vernachlässigt werden. So erscheinen selbst Interviewtechniken wie „Warum“-Fragen oder die Konfrontation mit Gesagtem im Sinne einer (situativ passenden) Begründungsaufforderung in der Deutungsmusteranalyse weniger als Interview-Fauxpas, als vielmehr als funktionelles Erfordernis (Ullrich 2019: 35). Darüber hinaus bieten Leitfäden eine besondere Gelegenheit, Interviews thematisch zu fokussieren und damit die verschiedenen potenziellen Strukturdimensionen von Deutungsmustern abzudecken (ebd.: 77).
Dementsprechend wurde für die vorliegende Arbeit gemäß der theoretisch nahegelegten, inhaltlichen Strukturierung von Deutungsmustern ein Leitfaden generiert, der sich im Wesentlichen entlang der Dimensionen der Beschreibung und Abgrenzung der Katastrophe, Annahmen zu Ursachen und Folgewirkungen, affektiven Komponenten sowie Handlungsimplikationen strukturiert (siehe Abbildung 2). Dieser Leitfaden fungierte schließlich in der konkreten Interviewsituation im Sinne eines flexibel zu handhabenden Instruments, das den Blick auf spezifische Themenblöcke lenken, aber die thematische Offenheit des Interviews dennoch nur geringstmöglich beeinflussen sollte. Darüber hinaus wurde der Leitfaden entsprechend neu aufgeworfener Aspekte im Zuge des Projektfortschritts oder entsprechend spezifischer Rollen von InterviewpartnerInnen (Betroffene, behördliche oder operative Entscheidungsträgerinnen) adaptiert, womit der Forschungsprozess angelehnt an die Grounded Theory als ein iterativ-zyklischer Prozess von Datenerhebung, Auswertung und Theoriebildung erfolgte: Theoretische Aspekte flossen nicht nur in die Fallauswahl ein, sondern auch das Erhebungsinstrument wurde im Prozess der Erhebung modifiziert, um eine größtmögliche empirische Offenheit für neuartige Aspekte zu gewährleisten (Ullrich 1999a: 434, 438; Ullrich 1999b: 9f).

Interviewsampling

Deutungsmuster der Katastrophe
Im Hinblick auf die Auswahl von InterviewpartnerInnen schlägt Ullrich (2019: 70f) zwei grundlegende Sampling-Strategien vor. Zum einen das theoretische Sampling gemäß der Grounded Theory und zum anderen das selektive Sampling, das die Befragten anhand vorab definierter Kriterien auswählt. Ziel ist jedenfalls nicht ein nach quantitativen Maßstäben repräsentatives Sampling, als vielmehr die möglichst vollständige Erfassung verschiedener Deutungsmuster. Dementsprechend sind es auch nicht die konkreten InterviewpartnerInnen, welche die Fälle darstellen, sondern die Deutungsmuster. Die InterviewpartnerInnen fungieren lediglich als deren Trägerinnen und sind derart auszuwählen, dass möglichst viele verschiedene Deutungsmuster abgebildet werden können (Ullrich 1999b: 11f). Sofern im Rahmen der Arbeit keine einschlägigen Vorerhebungen möglich waren, wurden auf Basis theoretischer Vorüberlegungen pragmatisch zwei Merkmale als Variationspunkte der Auswahl von InterviewpartnerInnen genommen: Sofern Oevermann (1973, 2001a, 2001b) zunächst darauf verweist, dass Deutungsmuster im Grunde lebensweltlich verankerte, routinisierte Antworten auf sich typisch stellende Handlungsprobleme darstellen, ist in der Verankerung von Deutungsmustern in sozialen Milieus ein erster vielversprechender Variationspunkt zu sehen. Dementsprechend wurde darauf geachtet, dass sich die Gruppe der Befragten im Hinblick auf zentrale Parameter (Berufsstatus, Alter, Geschlecht), die Aufschluss über die Zugehörigkeit zu spezifischen Sozialmilieus bzw. Lebenswelten geben, zusammensetzt.
Neben der lebensweltlichen Einbettung liegt, angelehnt an Schetsche (2008), ein weiterer vielversprechender Variationspunkt in der Zugehörigkeit zu kollektiven Akteursgruppen, die an der Thematisierung eines Problems bzw. der Formulierung von Problemmustern beteiligt sind. Aktiv Betroffene, „jene, die sich selbst gemäß der Logik der betreffenden Problemdeutung als Opfer betrachten“ (Schetsche 2008: 87), AdvokatInnen, die stellvertretend für die Betroffenen eintreten, ExpertInnen, die nicht-alltägliche Kompetenzen für den Umgang mit sozialen Problemen mitbringen, Problemnutzerinnen, die aus der Problemthematisierung profitieren, und die Lösung der Probleme nur aus opportunistischen Gründen favorisieren, soziale Bewegungen, der Sozialstaat sowie die Massenmedien (ebd.). Sofern es im Rahmen dieser Arbeit nicht um die Verbreitung und die ursprüngliche Entstehung von Problemmustern geht, sondern um deren Rezeption und Handlungsrelevanz in konkreten Handlungskontexten, dürften dabei vor allem die Gruppen der ExpertInnen (RepräsentantInnen von Organisationen mit institutionell verankerten Mitwirkungskompetenzen an der Katastrophenhilfe) und der Ortsansässigen als potenziell Betroffene von Relevanz sein, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Grenzziehung zunehmend verschwimmt, da sich Befragte teils in einer Zwischenstellung befinden, sowie in beiden Gruppen mit AdvokatInnen zu rechnen ist (z.B. in Form von Interessensvertretung, Betroffene, die selbst wiederum Nachbarschaftshilfe leisten).
Die konkrete Auswahl der Interviewpartnerinnen erfolgte letztendlich nach dem Schneeballprinzip: Informationen über die soziodemographischen Merkmale von Bewohnerinnen und die Rollen von Akteuren sowie Empfehlungen seitens vorangehender InterviewpartnerInnen oder Ortskundiger dienten als Grundlage für die Auswahl. Die Befragten wurden größtenteils persönlich, teils aber auch telefonisch kontaktiert. Bis auf zwei potenzielle Befragte, die abwiesen und einen, der spontan absagte, war die Bereitschaft zur Interviewdurchführung durchwegs gegeben. So wurden im Zeitraum von Ende Dezember 2016 bis Anfang Februar 2017 in Summe 20 Interviews durchgeführt. Fehler! Verweisquelle k onnte nicht gefunden werden. gibt einen Überblick über die Verteilung der InterviewpartnerInnen gemäß deren „Gruppenzugehörigkeit“, Geschlecht, Alter und Berufsstatus. Die durchschnittliche Interviewdauer bewegte sich in einer Spannbreite von 0,75 bis 2,5 Stunden, lag allerdings im Schnitt bei etwa über einer Stunde.
Während die Interviews dabei zunächst als Einzelgespräche geplant und angesetzt wurden, kam es fallweise (konkret betrifft dies vier Betroffeneninterviews) vor, dass sich eine Gesprächssituation situativ zu einer Art Partnerinterview entwickelte. Folglich ist mit etwaigen thematischen Ablenkungen und inhaltlichen Verzerrungen ist in den betroffenen Interviewsequenzen zu rechnen. Allerdings steht hier nicht die Rekonstruktion individueller Fallstrukturen, deren individuelle Meinungen oder Deutungen im Vordergrund. Diese werden vielmehr als Vehikel benutzt, um zu den ihnen zu Grunde liegenden, sozialen Deutungsmustern vorzudringen. Das diskursive Interview beruht per se auf der Annahme, dass Deutungsmuster kommunikativ vermittelte Begründungs- und Erklärungszusammenhänge für soziales Handeln bereitstellt (Ullrich 2019: 76). Folglich wurde versucht, auf die Situationsveränderung flexibel zu reagieren und die störenden Einflüsse auf die Gesprächsverläufe konstruktiv zu nutzen, indem sie einen verstärkten Zugzwang für die Begründung oder Explikation des Gesagten mit sich bringen können.
Eine weitere Grenze des methodischen Designs ergibt sich aus der zeitlichen Anordnung der Interviewsituation und dem im Rahmen des Interviews thematisierten Ereignis: So lag der Murenabgang zum Zeitpunkt der Interviewdurchführung bereits mehr als vier Jahre in der Vergangenheit. Dabei ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass Katastrophen auf Grund ihrer emotionalen Färbung und ihres dramatischen Charakters relativ stark im Gedächtnis verankert bleiben, wodurch ein vollständiges Vergessen der Katastrophe nur sehr unwahrscheinlich ist, sowie die Interviewsituation als eine besondere Gelegenheit der Aufmerksamkeitsausrichtung auf spezifische Weltausschnitte Raum für Reflexion und Selbstbeobachtung bietet, wodurch auch im Verlauf des Alltags verdrängte Aspekte reaktiviert werden können (Rost 2014: 171).
Allerdings ist ein verblasstes bzw. verzerrendes Erinnern zu erwarten, sofern das Thematisieren von Vergangenem stets „im Lichte der Gegenwart“ erfolgt (Wetzel 2011: 38f). Die Durchführung der Interviews vollzieht sich also in einem Spannungsfeld zwischen Erinnern und Vergessen und die vollständige Rekonstruktion der damaligen Ereignisse aus den Augen der Befragten zum Zeitpunkt der Katastrophe ist damit schlichtweg nicht möglich. Sofern Deutungsmuster und ihre Bezugsprobleme stets in einem zirkulären Verhältnis zueinander stehen, ist darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Analyse sich auf die Rekonstruktion einer Art retrospektiver Deutungsmuster richtet. Auch wenn nicht die Rekonstruktion der objektiven Geschehnisse im Vordergrund steht, sondern die Rekonstruktion der Sinnstrukturen, die diesen Erzählungen zu Grunde liegen, führt die Dynamik des Erinnerns und Vergessens dazu, dass sich der Raum der Deutungsmuster, der den Erzählungen über die vergangene Katastrophe zu Grunde liegt, maßgeblich vom Raum der Deutungsmuster, die das Wahrnehmen und Deutens des Problems in der akuten Handlungssituation anleiten, unterscheiden kann. Das Erinnern ist, wie erläutert, weniger ein bloßes Reproduzieren als vielmehr ein Vergegenwärtigen der damaligen Situation im Lichte der Gegenwart unter Rückgriff auf aktuell vorhandene Wissensstrukturen. Folglich verweist ein verzerrendes Erinnern auf eine Veränderung in den verfügbaren Deutungsmustern: So könnten dominante weniger dominante verdrängt haben oder neue Deutungsmuster hinzugetreten sein. Das Verzerren bzw. Vergessen über den Zeitverlauf kann dabei auch als Stabilisierungsmechanismus einer symbolischen Ordnung und damit als Ausdruck deren Gültigkeit und Dominanz interpretiert werden. Folglich ist damit zu rechnen, dass gerade jene Wirkung der Katastrophe, die symbolische Ordnung zu irritieren und die Adaption bestehender oder Evokation neuer Deutungsmuster anzustoßen, über die Zeit hinweg verblasst.
Die Auswertung des erhobenen Interviewmaterials erfolgte anschließend als Kombination von induktiver und deduktiver Kategorienbildung, wie es Reinhoffer (2015: 131ff) für die praktische Anwendung der qualitativen Inhaltsanalyse vorschlägt: Formale Kategorie, die deduktiv aus Theorien abgeleitet werden können, strukturieren den Forschungsgegenstand und materiale Kategorien füllen die deduktiv gewonnene Struktur mit Inhalten. Damit können die jeweiligen Vorteile beider Zugänge kombiniert werden: Deduktive Kategorien schärfen den Blick für Strukturaspekte, die ansonsten womöglich übersehen werden, und können zugleich durch den induktiven Zugang ergänzt und inhaltlich ausgefüllt werden. Dementsprechend wurde theoretisches Vorwissen (sowohl zur Struktur der Deutungsmuster als auch zu möglichen inhaltlichen Ausprägungen) systematisch als bewusste und flexible Kategorien angewandt, um den Blick auf mögliche Spezifika zu lenken und die Strukturen des Forschungsgegenstandes herauszuarbeiten.
Diese Flexibilität in der Handhabung von theoretischen und methodischen Konzepten und Ansätzen richtet sich nun zwar entgegen der Bestrebungen, qualitative Auswertungsverfahren entlang einer größtmöglichen Systematik und Strukturiertheit zu gestalten (Mayring 2010: 48f), kann aber gerade auf Grund dieser Offenheit auch als Stärke gefasst werden. Ohnehin, so Weber (1985) sind in der idealtypischen Rekonstruktionsarbeit weniger vorgelagerte Maßstäbe für deren Qualität entscheidend, als vielmehr ihr Erfolg „für die Erkenntnis konkreter Kulturerscheinungen in ihrem Zusammenhang, ihrer ursächlichen Bedingtheit und ihrer Bedeutung. Nicht als Ziel, sondern als Mittel kommt mithin die Bildung abstrakter Idealtypen in Betracht“ (Weber 1985: 193).
Insbesondere in der Methode des ständigen Vergleichs und Kontrastierung, wie es auch in der Grounded Theory formuliert wird, kann Ullrich (1999b) zu Folge nun ein vielversprechender Ansatz gesehen werden, um Deutungsmuster typisierend zu rekonstruieren. Erst durch das Übereinanderlegen von individuellen Repräsentationen können Deutungsmuster überhaupt erst herausgearbeitet und zu einzelnen Typen verdichtet werden. Dabei wird die sinnhafte Kompatibilität von Deutungselementen als (flexible) Grenze der Deutungsmuster und analog dazu bestehende Inkompatibilitäten als Trennlinie konkurrierender Deutungsmuster gefasst (Plaß und Schetsche 2001: 527). Zudem sind die real vorgefundenen Fälle stets nur als empirische Vorstufen zu verstehen, über die dann durch eine thematische Reinigung bzw. einseitige Steigerung zu Idealtypen gelangt werden kann (Ullrich 1999b: 22). Ein Idealtypus im weberschen Sinne (1985) wird „gewonnen durch einseitige Steigerung eines oder einiger Gesichtspunkte und durch Zusammenschluß einer Fülle von diffus und diskret, hier mehr, dort weniger, stellenweise gar nicht, vorhandenen Einzelerscheinungen, die sich jenen einseitig herausgehobenen Gesichtspunkten fügen, zu einem in sich einheitlichen Gedankenbilde“ (Weber 1985: 191). Damit ist ein empirischer Bezug zwar notwendig, aber nicht hinreichend für die Qualität der Deutungsmustertypologie. Ohnehin ist es für Idealtypen charakteristisch, dass sie in ihrer Reinheit niemals real vorzufinden sind. Die idealtypischen Deutungsmuster stellen damit „überreale“ Gebilde dar, deren Beurteilungskriterium eher in der theoretischen Brauchbarkeit liegt, als in ihrer Deckungsgleichheit mit den empirisch vorgefundenen konkreten Ausdeutungen: „Er ist ein Gedankenbild, welches nicht die historische Wirklichkeit oder gar die ‚eigentliche’ Wirklichkeit ist, welches noch viel weniger dazu da ist, als ein Schema zu dienen, in welches die Wirklichkeit als Exemplar eingeordnet werden sollte, sondern welches die Bedeutung eines rein idealen Grenzbegriffes hat, an welchem die Wirklichkeit zur Verdeutlichung bestimmter bedeutsamer Bestandteile ihres empirischen Gehaltes gemessen, mit dem sie verglichen wird“ (Weber 1985: 194).
Der Raum der Deutungsmuster der Katastrophe
Im Folgenden werden nun die Ergebnisse aus dem Anwendungsbeispiel skizziert, mithin: der rekonstruierte Raum der Deutungsmuster der Katastrophe. Für eine inhaltlich detaillierte Darstellung ist auf andere Stelle zu verweisen (Pfister 2020).
Wie erwartet, konnte eine Pluralität von Deutungsmustern ausgemacht werden (siehe Abbildung 2 für einen Überblick). Dabei wurde die sinnhafte (In)Kompatibilität von Deutungselementen als Indikator für die Trennlinien zwischen verschiedenen Deutungsmustern angenommen. Anstelle der erwarteten, klar über die verschiedenen Deutungsmusterdimensionen hinweg abgrenzbaren Deutungsmuster, konnten eher Deutungsebenen ausgemacht werden, auf denen sich mehr oder weniger mehrfach kompatible Deutungscluster ansiedeln. Dementsprechend wurde eine Unterscheidung von Deutungsmustern über drei Ebenen hinweg eingeführt – Situationsmodelle, begründende Deutungsmuster und Deutungsmuster des Katastrophenschutzes.
Erstens, auf der der Ebene der Situationsmodelle siedeln sich Deutungsmuster an, welche das Konzept der „Katastrophe“ abgrenzen und festlegen, wann und inwiefern Situationen als Katastrophe zu fassen sind. Diese umfassen Wissensbestände für den Situationsabgleich und fungieren damit sozusagen als Filter der Deutungsmusteraktivierung. Dabei ist allen Deutungsmustern auf dieser Ebene gemeinsam, dass der Abgleich mit den ,,schablonenhafte[n] Kurzbeschreibungen der Situationen, in denen das betreffende Deutungsmuster anzuwenden ist“ (Schetsche 2008: 112), nicht als punktueller Deutungsakt, sondern als sukzessive Verdichtung der Wahrnehmung hin zur „Katastrophe“ verläuft: Beginnend mit einem irritierenden Moment, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht, gefolgt von Versuchen, bekannte Deutungsschemata anzulegen, bis hin zum Erkennen derer Unzulänglichkeit.
Im Hinblick auf die Kriterien, anhand derer die Situation als „Katastrophe“ kategorisiert wird, konnten verschiedene Situationsmodelle unterschieden werden. Ein erster Zugang des „schadbringenden Ereignisses“ besteht darin, die Katastrophe anhand von (unmittelbaren) Schadensauswirkungen und Betroffenen festzumachen. Ein nächster Zugang der „Überforderung von Handlungsressourcen“ löst die Katastrophe von ihrem scheinbaren Ereignischarakter und verortet sie auf der Handlungsebene. Die Katastrophe erscheint als Krise des Handelns und damit auch als Möglichkeit, an der Herausforderung zu wachsen. Das Situationsmodell der „Unterbrechung von Normalität“ legt den Fokus zwar ebenfalls auf die Unterbrechung des Routinehandelns, doch erscheint die Katastrophe hier wiederum als Ereignis, welches das fließende Band des Alltags entzwei zu reißen scheint, womit die Unterbrechung der Handlungsroutine nicht als der eigentliche Kern der Katastrophe, sondern als deren Folge erscheint. Dabei umfassen diese Situationsmodelle auch affektuelle Komponenten: Einerseits geht die Katastrophe mit einem Bündel an negativen Emotionen einher, wie Angst und Furcht angesichts der extremen Unsicherheit, Leid und Trostlosigkeit angesichts des Schadensausmaßes oder Hilfs- und Machtlosigkeit angesichts der erlebten Handlungsunfähigkeit. Andererseits ist die Katastrophe auch Ausgangspunkt „positiver“ Emotionen, vor allem einer optimistischen Perspektive des „nach vorne Schauens“ im Sinne eines Ausblicks auf die Wiederherstellung des Status Quo, die Bewältigung der objektiven Schäden, die Rückkehr in die Normalität oder auf die Möglichkeit, an der Herausforderung zu wachsen. Gerade die affektuellen Komponenten können auch als impliziter Verweis auf die Werteordnung, auf der das „Problem“ angesiedelt ist, verweisen (z.B. die Rolle von Privateigentum, Stabilität und Sicherheit). Trotz der Variabilität von Perspektiven auf die Katastrophe findet sich zudem ein Situationsmodell der „richtigen Katastrophe“, welches unmittelbar mit Vorstellungen einer institutionell verankerten Deutungsmacht und den damit verbundenen Zugangschancen zu Ressourcen der Katastrophenhilfe einhergeht.
Der Ebene der Situationsmodelle liegt nun offensichtlich eine logische Dimension der Zeitlichkeit zu Grunde. Während der Ansatz der Katastrophe auf der Handlungsebene die Möglichkeit offen lässt, die Katastrophe in ihrem langfristig angelegten Charakter, als Kumulation von blinden Flecken der alltäglichen Verflechtungsverhältnisse, zu denken, bleibt dieser Weg in ereignishaften Konzeptionen versperrt. Hier liegt das Ende der Katastrophe im Aufräumen und Wiederherstellen des Status Quo oder der unterbrochenen „Normalität“ – mithin in der Ausmerzung des „Fremden“, das in die vertraute Sphäre eingebrochen ist (Clausen et al. 1978: 61f) – eine Paradoxie, bedenkt man, dass es eigentlich die Folgen sind, welche wir überhaupt erst als Katastrophe fassen: Katastrophen haben keine Folgen, sie sind die Folgen (Dombrowsky 1998: 21).
Zweitens, auf der Ebene der begründenden Deutungsmuster siedeln sich nun Kausalannahmen und damit einhergehende Handlungsimplikationen an. Hier finden sich also Deutungsangebote, welche die Ursachen der Katastrophe nahelegen und damit einhergehende langfristige Handlungsperspektiven zu deren Bewältigung. Hier wurden die Ergebnisse anderer AutorInnen, insbesondere Wagner (2008) und Furedi (2007), bewusst als „sensitizing concepts“ (Blumer 1954) eingesetzt, um die inhaltlichen Dimensionen auf dieser Ebene abzuschöpfen.
Das Deutungsmuster einer höheren Ordnung denkt die Katastrophe als Resultat einer umfassenderen Ordnung, etwa des Willen Gottes, Schicksal, etc. Die Katastrophe ereignet sich in einer von außen gesteuerten Zufallswelt. Dementsprechend sind Handlungsaussichten stark eingeschränkt, oder bestehen in einem Appell an oder Beschwörung von höheren Mächten. Das Deutungsmuster der natürlichen Kausalität denkt die Katastrophe als einen natürlichen, objektiven Gesetzmäßigkeiten folgenden Ereignisablauf, der Verwerfungen der gesellschaftlichen Sphäre mit sich bringt. Die Gesetzmäßigkeiten gilt es, rational zu begreifen und zu überformen, um ihre Folgen für die Gesellschaft zu vermeiden bzw. begrenzen. Das schuldzuweisende Deutungsmuster verortet die Gründe der Katastrophe in einzelne gesellschaftliche Instanzen. Vor diesem Hintergrund gilt es, einzelne Lücken bzw. Schwachstellen im System auszubessern, um die Funktionalität des Systems zu gewährleisten. Das gesellschaftskritische Deutungsmuster versteht die Katastrophe schließlich als Resultat gesamtgesellschaftlichen Handelns. Anders als beim schuldzuweisenden Deutungsmuster sind es hier nicht einzelne, isolierbare Schwachstellen, sondern das gesamtgesellschaftliche System „kränkelt“. Dabei wird insbesondere die kulturelle Kolonisierung der Natur thematisiert. Natur und Gesellschaft folgen grundsätzlich unterschiedlichen Logiken, und gerade der Versuch, Natur zu formen und ihr eine soziale Logik überzustülpen ist Mit-Ursache des ursprünglichen Problems.
Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, dass Deutungsmuster von Naturkatastrophen immer auch vor dem Hintergrund allgemeinerer Natur- und Weltbilder zu denken sind (Gill 2003: 53; Groh et al. 2003: 24). Die empirisch rekonstruierten Deutungsmuster verweisen offensichtlich auf eine je spezifische und sich dynamisch verschiebende Grenzziehung zwischen Natur und Gesellschaft. Folglich wird auf Basis theoretischer Überlegungen eine Erweiterung der Deutungsmustertypologie um ein weiteres – empirisch ausgeblendetes – Deutungsmuster der „False Division“ zu ergänzen. Gesellschaft und Natur wird hier immer schon als ineinander verwobenes Geflecht verstanden und gerade die sozial konstituierte Grenzziehung zwischen Gesellschaft und Natur gilt es zu hinterfragen und erscheint als Wurzel allen Übels.
Der Ebene der begründenden Deutungsmuster liegt offensichtlich eine logische Dimension mit den beiden Polen der Internalisierung und Externalisierung zu Grunde. So ist dem Deutungsmuster der höheren Ordnung, dem Deutungsmuster der natürlichen Kausalität und dem schuldzuweisenden Deutungsmuster bei all ihrer inhaltlichen Verschiedenartigkeit gemeinsam, die Ursache der Katastrophe aus dem gesellschaftlichen Zusammenhang auszulagern: Es erfolgt eine „Externalisierung von Schuldfragen auf Natur, Gott, den Zufall oder bedauerliches menschliches Versagen im Einzelfall“ (Keller 2003: 408; Keller 2008: 310). Die externalisierenden Deutungsmuster sind nun logisch kohärent mit den ereignishaften Konzeptionen der Katastrophe, denn die Katastrophe ist ja gerade der situative und ereignishafte Einbruch von außen in die gesellschaftliche Sphäre. Externalisierende Deutungsmuster gehen dabei tendenziell mit Bestrebungen zum Wiederaufbau bzw. Wiederherstellung oder der Aufbesserung des Bekannten – jedenfalls einer Rückkehr zum Status Quo – einher, denn die Problematik liegt ja außerhalb der sozialen Ordnung. Konsequenzen, die daraus gezogen werden, liegen zumeist in einer Aufrüstung bzw. Verstärkung bestehender Problemlösungsmechanismen, welche sich auf die Abwehr der von außen drohenden Gefahr richten.
Mit dem gesellschaftskritischen Deutungsmuster und dem Deutungsmuster der „False Division“ finden sich hingegen Deutungsmuster, denen eine internalisierende Logik zu Grunde liegt, d.h. die Katastrophenursachen gerade in das gesellschaftliche System hereinholt und sie als Resultat des gesamtgesellschaftlichen Verflechtungszusammenhangs fasst: „Die Katastrophe ist somit ein Symbol bzw. ein Kumulationspunkt der für die Gesellschaft gefährlichen Entwicklungen“ (Wagner 2008: 3621). Damit erscheint auch die dualistische Konzeption von Natur und Gesellschaft als eine Mit-Ursache für die Katastrophe. Katastrophe entspringen nicht einer externen Sphäre, sondern sind grundlegend sozial konstituiert. Die internalisierenden Deutungsmuster sind dabei logisch kohärent mit der Verortung der Katastrophe auf der Handlungsebene bzw. mit der Konzeption der Katastrophe als Krise des Handelns.
Drittens, auf der Ebene der Deutungsmuster des Katastrophenschutzes finden sich nun Deutungsmuster, welche die Umsetzung der in den anderen beiden Ebenen angelegten inhaltlichen Zielrichtungen anleiten: Mithin, die Frage der Koordinationslogik und Handlungsprinzipien bzw. die Art und Weise, wie Katastrophenschutz zu bewerkstelligen sei. Hier dienten wiederum Schuberts (2016) Überlegungen zur idealtypischen Unterscheidung von „eco-cultural habitats“ als flexible Denkschablone der Deutungsmusteranalyse.
Das Deutungsmuster des hierarchisch koordinierten Katastrophenschutzes denkt in einem langfristigen Planungshorizont. Damit rückt nicht nur die Katastrophenbewältigung und die unmittelbare Vorbereitung auf Katastropheneinsätze auf die Agenda, sondern bereits die Vorsorge und Prävention. Die Koordination erfolgt zentral und stark reguliert und hat sich grundlegend am Gemeinwohl zu orientieren, was unter anderem durch die Bereitstellung von Schutz und Hilfe durch die öffentliche Hand Ausdruck findet. Im liberalen Katastrophenschutz wird Katastrophenschutz hingegen unter den Prämissen individueller Freiheit und Autonomie gefasst. Katastrophenschutz ist hier über Eigenmittel, InteressentInnen oder marktförmige Lösungen bereitzustellen und die Lösungen dem freien Walten von Interessen und Marktgesetzen zu überlassen. Dabei überwiegt eine kurzfristige Nutzenorientierung, womit das Gros des Katastrophenschutzes sich in der Bewältigung im Anlassfall bzw. in unmittelbaren Vorbereitungsmaßnahmen bündelt. Das Deutungsmuster der gemeinschaftlichen Katastrophenhilfe fokussiert schließlich auf grundlegend gemeinschaftliche Beziehungsgefüge, in denen Solidarität und Reziprozität als handlungsleitende Prinzipien in der Katastrophenbewältigung erscheinen.
Wie erläutert, besteht zwischen den Ebenen der Deutungsmuster eher eine relativ lose Koppelung, anstelle von eindeutig abgrenzbaren Deutungsgebilden. Wenngleich etwa in der Cultural Theory (Thompson et al. 1990, Schwarz und Thompson 1990) oder bei Schubert (2016) spezifische soziale Organisationsformen mit spezifischen Naturbildern einhergehen, treten die beiden Ebenen (Deutungsmuster des Katastrophenschutzes und begründende Deutungsmuster) im Fallbeispiel relativ entkoppelt auf. Es lässt sich kein sinnadäquater und deutlicher Zusammenhang zwischen einzelnen begründenden Deutungsmustern, welche die inhaltliche Ausrichtung vorgeben, und den Deutungsmustern des Katastrophenschutzes, welche deren Koordination und Umsetzung anleiten, ausmachen.
Die Differenzierung der Deutungsmuster über Ebenen der Deutungsmuster hinweg wirft dabei ein spannendes Problem auf in der Analyse von Deutungsmustern auf. Bereits bei Sachweh (2010: 89-100) findet sich ein ähnlicher Verweis auf die Notwendigkeit der analytischen Trennung von Ebenen von Deutungsmustern, die empirisch in verschiedenartigen Kombinationen auftreten können. Während er dabei zwar eher an der Art der Deutungselemente ansetzt und eine kognitive, evaluative und normative Ebene unterscheidet, offenbaren sich dennoch maßgebliche inhaltlichen Parallelen in den Bruchlinien: So siedeln sich für Sachweh auf der kognitiven Ebene zum einen Abgrenzungen und Klassifizierungen zu sozialer Ungleichheit (die Frage nach dem What? Parallel zu Situationsmodellen), und zum anderen Annahmen über Ursachen und Gründe für soziale Ungleichheiten an (die Frage nach dem Why? Parallel zu begründenden Deutungsmustern). Die normative Ebene umfasst Legitimationen und Rechtfertigungen sozialer Ungleichheit, die unter anderem Gerechtigkeitsvorstellungen umfassen (die Frage nach dem How? Ähnlich zu den Deutungsmustern des Katastrophenschutzes). Die evaluative Ebene umfasst bei Sachweh schließlich Bewertungen sozialer Ungleichheit und den daraus resultierenden Orientierungen und liegt quer zu den anderen Ebenen, sofern sie stark an andere Wissenselemente gekoppelt sind (die Frage nach dem What to do? Parallel zu Handlungsausrichtungen). Es gilt folglich, die Frage nach der analytischen Differenzierung von Ebenen der Deutungsmuster anhand weiterer Forschungsarbeiten zu betrachten und gegebenenfalls zu erhärten.
Diskussion
Deutungsmuster stellen ein äußerst fruchtbares, heuristisches Konzept zur Eingrenzung sozialer Wissensbestände dar. Wenig überraschend, dass sie sich einer beliebten Anwendung erfreut. Einer klaren Konzeptualisierung sowie eines klaren, empirischen Forschungsprogramms ermangelt es allerdings. Dennoch lässt sich ein Grundkonsens der Deutungsmustertheoretikerinnen hervorarbeiten, der auf einen konzeptionellen Kern der Deutungsmuster verweist. Deutungsmuster können dementsprechend im allgemeinen Sinne als eine Art Leitfaden für Deutungs- und Handlungsprozesse verstanden werden. Als implizites Wissen sind
sie dem Individuum nur bedingt reflexiv verfügbar und ermöglichen dadurch unreflektiertes, spontanes und routinisiertes Deuten und Handeln. Sie sind eine Form lebensweltlich verankerten Wissens, welches sich auf strukturell bezogene Handlungsprobleme bezieht, wodurch ihnen auch historische und synchronische Variabilität zukommt. Als soziale Tatsachen sind sie überindividuell angesiedelt und treten dem Individuum als objektive Wirklichkeit gegenüber. Gleichzeitig sind sie allerdings auf deren überindividuelle Trägerschaft angewiesen. Dabei werden sie von den Individuen im Zuge ihrer Sozialisation angeeignet und schlagen sich im individuellen Bewusstsein als individuelle Repräsentationen von Deutungsmustern, niemals aber in deren Reinform, nieder. Inhaltlich stellen sie ein Potpourri unterschiedlicher Deutungselemente dar, die zu einer in sich relativ konsistenten Deutungsfigur zusammenfließen, wenngleich Inkonsistenzen dennoch verbleiben. Die eigentlich starke Differenz zwischen den Positionen ergibt sich letztlich aus dem jeweiligen analytischen Ansatzpunkt der Deutungsmusteranalyse. Die eigentliche Stärke entfaltet das Konzept letztlich durch eine flexible Anwendung als Forschungsheuristik, welche die Erhebung und die Auswertung anleitet, nicht aber durch eine vorab essentialistische Definition, inhaltliche Strukturierung und raum-zeitliche Verortung determiniert.
Anhand einer abgeschlossenen Forschungsarbeit zu den Deutungsmustern der Katastrophe am Beispiel eines Murenabgangs in den österreichischen Alpen wurde im vorliegenden Beitrag ein empirisches Programm zur Rekonstruktion des Raumes von Deutungsmuster vorgestellt. Der Zugang über leitfadengestützte Einzelinterviews scheint dabei angemessen, da Deutungsmuster als latente Sinnstrukturen per se immer nur über individuelle Repräsentationen empirisch direkt zugänglich sind. Dabei stehen aber weniger die einzelnen Manifestationen, als vielmehr deren idealtypische Verdichtung zu Sinngebilden im Vordergrund. Alternative Zugänge hingegen, wie etwa die von Plaß und Schetsche (2001) vorgeschlagene Analyse von Medienberichten, unterliegen angesichts des Forschungsziels, den Raum an Deutungsmustern abzuschöpfen, einer klaren Restriktion, sofern hier immer schon ein Selektionsmechanismus angelegt ist, indem nur jene Deutungsmuster, die den Weg in den öffentlichen Raum schaffen, erfasst werden könnten.
Sowohl das Erhebungsinstrument (Leitfaden) als auch die Auswertung wurde durch flexibel angewandte, a priori Konzepte zur möglichen Dimensionsstruktur von Deutungsmustern und deren inhaltlichen Ausprägungen angeleitet (nicht determiniert). Die Herausarbeitung von Deutungsmustern orientierte sich dabei an inhaltlich logischen (In)Kompatibilitäten bzw. (In)Kohärenzen, um die Grenzen zwischen verschiedenen Deutungsmustern zu definieren. Dabei ließen sich keine klar abgrenzbaren Deutungsmuster quer über die Strukturdimensionen von Deutungsmustern ausmachen, sondern lediglich mehr oder minder koppelbare Deutungsebenen. Damit zeigt sich einmal mehr die Stärke eines flexiblen Einsatzes von theoretischen Konzepten: Die Elemente dienen nicht als starre Schablone, sondern als den Blick lenkenden, „sensitizing concepts“ (Blumer 1954). Deutungsmuster erscheinen damit als ein flexibles Konzept, das erlaubt, Ordnung in die Daten zu bringen und diese zu kohärenten Sinngebilden zu verdichten.
Eine Analyse der Deutungsmuster der Katastrophe darf sich allerdings nicht nur mit einer reinen Katalogisierung von Deutungsmustern begnügen. Als Formkategorie sozialen Wissens existieren sie niemals in einem luftleeren Raum. Sie sind keine von der Realität losgelösten, freischwebenden Ideengebilde in den Köpfen der Individuen (siehe dazu auch Weber 1986: 252; Lepsius 2009; Berger und Luckmann 2016). Zwar bestehen – im vorliegenden Beispiel – gegenüber der Katastrophe Interpretationsspielräume, doch ist ihre Ausdeutung niemals beliebig, sondern folgt einer grundlegend sozialen Logik (Prisching 2006: 53f). Ihre Ausdeutung wird durch konkrete Akteure getragen sowie durch Institutionen angeleitet, ermöglicht und begrenzt (Stallings 2003: 43; Keller 2003: 409). Während dem Individuum nun seine Weltdeutungen und -anschauungen sowie die damit verbundenen Sinnstrukturen, die konkrete Deutungen und Handlungen im Kontext der Katastrophe hervorbringen, als selbstverständlich und in letzter Instanz gültig erscheinen, gilt es der Soziologie doch, hinter der „‚Gewißheit’ von jedermanns Wirklichkeit“ (Berger und Luckmann 2016: 23) die Einbettung von Katastrophenwahrnehmung und -erinnerung in ein strukturelles Gefüge als Grundlage der Herstellung dieser „Gewissheit“ bzw. vermeintlichen „Normalität“ zu erschließen (Keller 2008: 297). Die Doppelstruktur der Wirklichkeit zeigt, dass eine reine Typologie von Deutungsmustern, wie z.B. von Ullrich (1999a, 1999b) eingefordert, nicht hinreichend ist, um menschliches Deuten und Verhalten angesichts der Katastrophe zu verstehen.
Die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Deutungsmuster, wie sie im vorliegenden Beispiel rekonstruiert wurden, ist eben durch keine friedliche Koexistenz innerhalb eines symbolischen Vakuums gekennzeichnet. Die parallel existierenden Deutungsmuster sind eben nicht miteinander kompatibel. Vielmehr findet sich latente und manifeste Konflikte sowie Konkurrenz um Deutungsmacht und das „richtige“ Deutungsmuster. Nicht jedes Deutungsmuster erlangt dieselbe Geltung und empirische Relevanz. Während dominante Deutungen die gesellschaftliche Ordnung zu durchsetzen scheinen, erlangen andere kaum Geltung, wie im vorliegenden Beispiel alleine die lebensweltliche Ausblendung des theoretisch rekonstruierten Deutungsmusters der „False Division“ offenbart. Eine Integration der gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnisse in die Deutungsmusteranalyse trägt folglich dazu bei, die gesellschaftliche Relevanz von Deutungsmustern zu erschließen (vgl. zur Verknüpfung deutungsmusteranalytischer mit machttheoretischen Ansätzen auch Alemann 2019).
Damit stellt sich unmittelbar die Frage, wie die empirische Relevanz von Deutungsmustern erschlossen werden kann. Zum einen kann in ihrem Niederschlag in die institutionelle Ordnung ein Hinweis auf ihre Dominanz gefunden werden. Zum anderen verweist die Abgrenzung und Reichweite ihrer Trägergruppen auf ihre empirische Relevanz. Allerdings ist die Analyse gerade hier mit der Problematik der Operationalisierung der Deutungsmuster konfrontiert, d.h. der Frage, woran spezifische Deutungsmuster in ihrer empirischen Verbreitung festgemacht und gemessen werden können. Die rekonstruierten Deutungsmuster stellen immer schon Idealtypen dar, d.h. sie entspringen der Interpretationsleistung der Forschenden und sind damit in ihrer Reinform nie in der empirischen Wirklichkeit anzutreffen. Schließlich kann ein Deutungskonsens als unmittelbarer Beleg einer Deutungshegemonie gefasst werden, d.h. den Rückgriff auf ein dominantes Deutungsmuster. Besteht hinsichtlich einer Ausdeutung Konsens, darf dies keineswegs als Indikator ihrer Plausibilität oder Deckungsgleichheit mit einer ontologischen Realität missverstanden werden. Je mehr Individuen ein Deutungsmuster tragen und je fragloser und unreflektierter es hingenommen wird, desto mehr ist davon auszugehen, dass es sich eben um das dominante handelt (Schetsche 2008: 81f). Ähnlich zu interpretieren ist etwa die Durchsetzung von konkurrierenden Deutungsmustern durch ein dominantes. Im Fallbeispiel etwa konnte ein paradoxes (weil logisch widersprüchliches) Miteinander von individuellen Repräsentationen des gesellschaftskritischen Deutungsmusters auf der interpretativen Ebene der Katastrophenursachen und des Deutungsmusters einer natürlichen Kausalität als handlungsleitendes Prinzip ausgemacht werden, was vor dem Hintergrund der relativ stabilen Verankerung letzteren in der empirischen Realität zu verstehen ist.
Jedenfalls muss es der Deutungsmusteranalyse eben neben der inhaltlichen Rekonstruktion von Deutungsmustern auch darum gehen, die Koexistenz konkurrierender Deutungsmuster zu erfassen und zu fragen, wie das offensichtliche Gefälle in der Deutungsmacht zwischen den dominanten und marginalen Deutungsmustern umkämpft und damit aufrechterhalten oder ausgeglichen wird.
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Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- Ökonomisierung
- Der Sinn der Ökonomisierung
- Logik der Ökonomisierung
- Ordnungen universitärer Lehre
- Allgemeiner Teil
- Die unangreifbare Phantasie vom Ich
- „Das war mir dann zu weit weg von der Quelle“
- Methodenwerkstatt
- Deutungsmuster als forschungsheuristisches Konzept
- Zeitzeichen
- Zur Gesichtslosigkeit der Online-Lehre
- Rezensionen
- Passion und Kalkül. Zur beruflichen Bewährung in der Galerie
- Narrative der Gewalt
Artikel in diesem Heft
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- Der Sinn der Ökonomisierung
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- Ordnungen universitärer Lehre
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