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Die Möglichkeiten moderner apologetischer Lösungen des Theodizeeproblems – Dargestellt und betrachtet anhand des Lösungsversuchs von F.v. Kutschera, sowie einer Anregung von J. S. Mill

  • Dragan Jakovljević EMAIL logo
Published/Copyright: June 10, 2021

Zusammenfassung

In diesem Aufsatz wird zunächst das klassische Theodizee-problem dargelegt und eine Typologie seiner möglichen Lösungsarten (apologetische Konzeptionen, Atheismus, begriffliche Modifikationen an der Gottesvorstellung, Agnostizismus) entworfen. Nach einer zusammenfassenden Erörterung dieser Strategien wendet sich der Verfasser einer reizvollen, bislang kaum beachteten Stellungnahme von J. S. Mill zu, die er dann innerhalb der weiteren Ausführungen zu berücksichtigen sucht. Im zweiten Teil des Aufsatzes wird die apologetische Lösung der Theodizee durch F. v. Kutschera systematisch rekonstruiert und kritisch beleuchtet. Diese Lösung hebt hervor, der letzte Sinn des Leidens sei zwar für uns nicht erfassbar, wir könnten aber im Vertrauen auf die Vorsehung Gottes annehmen und uns im Rahmen der Gemeinschaft mit Gott darauf verlassen, dass Heilsgeschichte zugleich Leidensgeschichte sei. Hierbei sollen wir im Glauben mit Gott den Weg zueinander gehen – wohin er auch führt. Nach einer partiellen Infragestellung dieser Lösung, stellt der Verfasser die Frage, ob unser Vertrauen zu Gott unter allen denkbaren Umständen bedingungslos bleiben sollte. Dabei wird auf die Risiken eines blinden und fanatischen Glaubens hingewiesen. Demgegenüber wird das Bedürfnis danach bejaht, unseren Glauben doch an die positiven Aussichten für die Erfüllung gewisser menschlicher Fundamentalerwartungen (keine Vernichtung von Menschheit sowie anderer Lebewesen, kein sinnloser und umfassender Weltuntergang, die Anerkennung und Bewahrung der Schöpfung etc.) zu binden.

Summary

This paper introduces the classical problem of theodicy and suggests a typology of the possible kinds of solutions for it (apologetic views, atheism, conceptual modifications regarding the understanding of God, agnosticism). After a summary discussion of these strategies the author turns to an attractive proposal by J. S. Mill that has until now not been sufficiently noted and applies it in his further reflections. In the second part of the paper the author offers a systematic reconstruction and critical assessment of the apologetic solution of the theodicy problem by F. v. Kutschera. This solution emphasises that the ultimate meaning of suffering cannot be grasped by us now. We can nevertheless trust in God’s providence and assume that there is an ultimate meaning of suffering. In communion with God we can trust that the history of salvation is a history of suffering so that we can go our way in communion with God, wherever it may lead. The author raises the question whether our trust in God should in all circumstances be unconditional and points to the risks of a blind and fanatical faith. In contrast, he affirms the need to relate our faith to the fulfilment of certain fundamental expectations (no annihilation of humanity and other living beings, no meaningless and comprehensive end of the world, the recognition and conservation of creation etc.).

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Online erschienen: 2021-06-10
Erschienen im Druck: 2021-06-26

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 25.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/nzsth-2021-0008/html
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