Abstract
The Histories of Gregory of Tours are among the most important literary testimonies for the transition period from Late Antiquity to the early Middle Ages. The verdict on the Latin literature and language of the first centuries of the Frankish Empire has often been very negative. Krusch and Levison, who published today’s still authoritative critical edition of the Histories, also assumed that Gregory’s original text could only have been written in poor Merovingian Latin. This paper presents arguments for a new edition of the Histories from different perspectives. Gregory’s testimonies in which he addresses his own linguistic and grammatical deficiencies or the necessity of writing in a simple language, have to be viewed and evaluated within the larger tradition of statements of this kind in (Late) Antiquity. They should, thus, not be read as evidence for the argument that Gregory’s Histories were written in poor and incorrect Latin. An assumption of this kind, however, has influenced Krusch’s and Levison’s evaluation of the manuscripts of Gregory’s Histories and is thus reflected in their reconstructed text, even though quite a few manuscripts offer a much better text. This approach has repeatedly been criticised by different scholars; my paper joins this criticism. In assessing the various manuscripts of Gregory’s Histories, the editors have to make a decision regarding the presumed quality and state of Gregory’s Latin. My paper, therefore, also offers a case-study of Gregory’s stylistic and rhythmic arrangement of his text. The analysis of the so-called prose rhythm provides important evidence in favour of a positive assessment of Gregory’s level of education and thus of his linguistic and grammatical proficiency. This can also be viewed as an argument for a new and appropriate edition.
1 Einleitung
Das Leben und Wirken des Gregor von Tours (ca. 538/539 bis ca. 594)[1] fällt in eine Zeit des Umbruchs, in die Phase des Überganges von der Spätantike hin zum frühen Mittelalter. Die Historien Gregors können sicherlich als das wichtigste literarische Zeugnis bzw. die wichtigste historische Quelle dieser Zeit angesehen werden.[2] In diesem Werk schildert Gregor in zehn Büchern die Ereignisse von der Erschaffung der Welt bis zur Zeit der fränkischen Herrscher des 6. Jahrhunderts; das zehnte Buch endet mit den Geschehnissen des Sommers 591.[3]
Doch das Urteil, das in der Forschung hinsichtlich der lateinischen Literatur und Sprache der ersten Jahrhunderte des Frankenreiches geäußert wird, fällt oft recht negativ aus. So äußert sich z. B. Franz Brunhölzl im ersten Band seiner „Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters“ wie folgt:
Die ersten zweieinhalb Jahrhunderte des fränkischen Reichs sind durch fortschreitende Verwilderung und steten Niedergang auf nahezu allen Gebieten des geistigen Lebens gekennzeichnet. Nirgends spiegeln sich diese Vorgänge deutlicher als in der lateinischen Sprache und Literatur dieser Jahrhunderte.[4]
Zwar wird der Dichter Venantius Fortunatus, ein Zeitgenosse und Freund Gregors, der Gedichte in lateinischer Sprache verfasste, hier noch als Literat angeführt, der ganz in antiker bzw. spätantiker Traditionslinie stehe.[5] Doch von der literarischen bzw. sprachlichen Leistung Gregors wird ein recht negatives Bild gezeichnet: Die Sprache wird als „Musterbeispiel des verwilderten Merowingerlateins“ tituliert. Allerdings ist festzuhalten, dass sich Brunhölzl dabei insbesondere auf die Orthographie zu beziehen scheint, während Morphologie und Syntax als „konservativ“ bzw. als „auf der Linie, die vom Spätlatein kommt“ bezeichnet werden. Vor eigentlichen Fehlern, so hält Brunhölzl fest, bewahre Gregor „das natürliche Sprachgefühl und die selbstverständliche Sprachbeherrschung“.[6]
Ähnliche bzw. durchaus auch negativere Einschätzungen werden in der Forschung vielfach geäußert; einige Beispiele seien im Folgenden zur Illustration angeführt: So spricht z. B. Max Bonnet, der eine umfassende Studie zum Latein Gregors von Tours vorgelegt hat, diesem sogar die Kenntnis der lateinischen Sprache selbst bzw. die Fähigkeit ab, korrekt zu sprechen oder zu schreiben:
Ce n’est pas seulement l’art de composer et de faire valoir les faits par le style qui manque à Grégoire, c’est la connaissance même de la langue et l’habitude de la parler ou de l’écrire correctement.[7]
Siegmund Hellmann attestiert ihm einen „völlige[n] Verfall in seiner Sprache“ oder einen Ausdruck, der „oft unbehilflich oder gleichwie unsicher tastend“ sei.[8] Erich Auerbach spricht davon, dass das „Schriftlatein Gregors […] grammatisch und syntaktisch verfallen“ sei.[9] Eduard Norden urteilt, dass u. a. Gregor „eine Vorstellung von dem stufenweisen Niedergang des Könnens und des Geschmacks“ gebe.[10] Weitere Stimmen dieser Art finden sich in großer Zahl.[11]
Allerdings sind die Forschungsmeinungen keineswegs einhellig: Eine gemäßigtere Haltung vertritt z. B. Ernst Robert Curtius, der konstatiert:
Gregor stand auf der Höhe der damaligen Bildung und seine […] Klage über einen Mangel an „Grammatikern“ darf nicht voreilig als geschichtliches Zeugnis für die Verfinsterung des Mittelalters ausgewertet werden.[12]
Positive bzw. vermittelnde Ansichten finden sich überdies bei Einar Löfstedt, der Gregor ein „realistisches, zwischen Volks- und Schulsprache schwankendes Latein“ attestiert,[13] ferner bei Wallace-Hadrill,[14] Vollmann,[15] Zelzer,[16] Shanzer,[17] Wood,[18] Hilchenbach,[19] Bourgain[20] und Bjornlie[21] – und damit gerade in der neueren Forschung.
Dieses breite Spektrum an Meinungen ist sicherlich frappierend. Es lässt sich jedoch durch zwei Problemfelder erklären, die eng miteinander verknüpft sind: Zu nennen sind einerseits die zahlreichen Selbstzeugnisse Gregors, in denen dieser seine eigene lateinische Sprachkompetenz und seinen Stil in kritischer Weise beurteilt und die in der Forschung ganz unterschiedlich aufgenommen und gedeutet wurden. Zum anderen ist auf den Bereich der Überlieferung und Editionsarbeit zu verweisen: Die Herausgeber der heute noch maßgeblichen Ausgabe der Historien, die in der Reihe Monumenta Germaniae Historica vorgelegt wurde, Bruno Krusch und Wilhelm Levison,[22] gehen bei der Bewertung der Handschriften der Historien – gerade auch auf Grund der kritischen Selbstzeugnisse ihres Autors – davon aus, dass der Urtext Gregors in verwildertem und schlechtem Latein abgefasst worden sein müsse.[23] Ein solches Bild wird dann auch in der genannten Ausgabe geboten, auch wenn durch etliche Handschriften ein besserer Text konstituiert werden könnte. Vor dem Hintergrund der Erstellung einer neuen, sachgerechten Edition soll im Folgenden zu diesen beiden Themenkomplexen und dem jeweiligen Forschungsstand Stellung genommen werden; diese Überlegungen verstehen sich als Prolegomena, die die Editionsarbeit hermeneutisch kontextualisieren sollen. Schließlich soll durch die exemplarische qualitative Untersuchung der Rhythmuspraxis Gregors ein wichtiger Anhaltspunkt für seine sprachlich-stilistische Kompetenz gewonnen werden.
2 Einige Selbstzeugnisse Gregors und ihre Stellung in der literarischen Tradition
In den Historien selbst finden sich einige Äußerungen des Bischofs von Tours, die in der Frage nach seiner eigenen Sprachkompetenz, aber auch im Blick auf den Bildungsstand im fränkischen Gallien des sechsten Jahrhunderts immer wieder herangezogen werden. Eine dieser Passagen steht an exponierter Stelle, in der Praefatio zu den Historien selbst.[24] Im Folgenden sollen der gedankliche Aufbau und die Struktur der Argumentation an dieser Stelle nachgezeichnet werden; im Anschluss soll auf die Probleme eingegangen werden, die die Deutung dieser Passage bietet.
An prominenter Position zu Beginn der Praefatio wird in der Form einer (wohl) kausalen Ablativus-absolutus-Konstruktion auf das Schwinden bzw. den Verfall der Bildung oder konkreter „der Pflege der freien Wissenschaften“ in Gallien verwiesen: Decedente atque immo potius pereunte ab urbibus Gallicanis liberalium cultura litterarum.[25] Damit in Beziehung gesetzt werden in der Form eines mehrgliedrigen Nebensatzes historische Ereignisse dieser Zeit, die den weltlich-säkularen sowie den christlich-kirchlichen Bereich betreffen. Genannt werden zunächst als Oberbegriffe „gute wie schlechte Ereignisse“ (cum nonnullae res gererentur vel rectae vel inprobae), die danach konkretisiert und zumeist in Gegensatzpaaren angeführt werden: Aufgezählt werden die „Wildheit der Heiden“ und die „Raserei von Königen“, der Angriff der Häretiker auf die Kirche und deren Verteidigung durch Gläubige, der wachsende oder schwindende Glaube an Christus sowie die Schmückung oder Plünderung von Kirchen.[26]
Immer noch auf derselben Ebene des Nebensatzes wird als letztes Glied der Aufzählung schließlich ein Aspekt angeführt, der auf die zu Anfang artikulierte „Bestandsaufnahme“ in Sachen Bildung zurückgreift: Thematisiert wird hier das Fehlen eines Gelehrten, der nach den Grundsätzen des traditionellen antiken Bildungssystems geschult worden ist und der die genannten Ereignisse in Form von Prosa oder Poesie darstellen könnte (nec repperire possit quisquam peritus dialectica in arte grammaticus, qui haec aut stilo prosaico aut metrico depingeret versu).[27] Die genannten historischen bzw. kirchlichen Ereignisse auf der einen Seite und das Fehlen eines in der antiken Bildungstradition geschulten Mannes auf der anderen Seite bilden die Ausgangslage für die im folgenden Hauptsatz angeführte Klage sehr vieler Menschen.[28] Zum dritten Mal in diesem relativ kurzen Textabschnitt wird also die Problematik thematisiert, dass die allgemeine Bildung zur Zeit Gregors in einer schwierigen Verfassung gewesen sein soll. Wurde oben noch das Fehlen eines grammaticus beklagt, so wird hier bedauert, dass sich kein rethor finden lasse, der die aktuellen Geschehnisse schriftlich festhalten könnte. Beide Termini verweisen im engeren Sinne auf zwei Ausbildungsstufen des antiken paganen Bildungssystems.[29] Diese Klagen der Menge nimmt Gregor nun zum Anlass,[30] sich der Ereignisse der Vergangenheit anzunehmen und diese der Nachwelt zur Kenntnis zu bringen (pro commemoratione praeteritorum, ut notitiam adtingerint venientum). Das oben genannte Kontrastpaar von guten und schlechten Ereignissen und Verhaltensweisen wird hier in der Form certamena flagitiosorum vel vitam recte viventium in umgekehrter Reihenfolge wieder aufgenommen. Auf seinen eigenen Stil bzw. seine eigene Ausdrucksweise nimmt Gregor dabei pointiert mit den Worten incultu effatu Bezug; die konzessive Subjunktion etsi führt diesen Gedanken prima facie in der Form einer Entschuldigung an.[31] Diese „nicht anspruchsvolle Ausdrucksweise“ wird jedoch im Anschluss durch den erneuten Hinweis auf die Meinung einer breiten Menge legitimiert bzw. als notwendig dargestellt: Denn Gregor zitiert nun einen geradezu sentenzartigen Ausspruch einer anonymen Menge, die eine derartige schlichte Ausdrucksweise bevorzuge gegenüber einer, die von einem „philosophierenden Redner“ verwendet werde: „Philosophantem rethorem intellegunt pauci, loquentem rusticum multi“. Diese Äußerung des Volkes wird von Gregor als zusätzliche Motivation für seine Tätigkeit als Historiograph angeführt.[32] Gregor bekennt sich in dieser Passage also zu einer schmucklosen Ausdrucksweise – aber in einem Kontext, in dem ein derartiger Stil von einer anonymen Menge eingefordert wird.
In der Forschung wird diese Passage ganz unterschiedlich gedeutet – die Auseinandersetzung entspinnt sich an der Frage, inwieweit die unterschiedlichen Äußerungen Gregors als Topoi[33] oder aber als ernstzunehmende Einschätzungen angesehen werden sollen: Von einigen wird Gregors Eingeständnis schlechter sprachlicher und stilistischer Fähigkeiten ernst genommen und der Verweis auf den Wunsch einer breiten Menge als Entschuldigung dafür gelesen, warum Gregor trotz seiner Defizite ein Geschichtswerk in Angriff nehme.[34] Bisweilen wird davon ausgegangen, dass der Bischof von Tours hier nur thematisiere, dass er sich in seiner sprachlichen Gestaltung an die Gegebenheiten seiner Zeit anpasse; dies werde mit einem Bescheidenheitstopos verknüpft.[35] Andernorts wird angenommen, dass sowohl die Klage über die aktuellen Verhältnisse als auch das Eingeständnis der mangelnden eigenen Fähigkeiten als Topos angesehen werden könne.[36]
Was lässt sich aber aus der stilistischen Ausgestaltung an dieser Stelle selbst ableiten? Hier sind einige Gestaltungsmittel auffällig, die auf eine angemessene Sprachbeherrschung bzw. rhetorische Ausbildung schließen lassen, da ihre Anzahl das Normalmaß sich „natürlich einstellender“, d. h. unabsichtlich verwendeter, „Rhetorik“ klar übersteigt.[37] So ist z. B. die Aufzählung der vergangenen Ereignisse, durch die die Notwendigkeit einer schriftlichen Dokumentation verdeutlicht wird, strukturell interessant; parallele Anordnungen alternieren hier mit einer Variation in der Darstellung bzw. der Wortwahl: Für die Formulierung feretas gentium desaeviret, regum furor acueretur lässt sich festhalten, dass die Abfolge Substantiv + Genitivattribut im zweiten Kolon chiastisch variiert wurde; die alliterierenden Nomina feretas und furor sind semantisch verwandte Emotionsvokabeln. Die Anfeindungen gegen die Kirchen und deren Verteidigung wird durch ein antithetisches Gefüge ausgedrückt, das eine chiastische Anordnung seiner Glieder aufweist: (eclesiae) inpugnarentur ab hereticis, a catholicis tegerentur (Prädikat – präpositionaler Ausdruck – präpositionaler Ausdruck – Prädikat). Das sich anschließende, ebenfalls antithetisch gestaltete Kontrastpaar, das vom Glauben handelt, weist dagegen eine syntaktisch weitgehend parallele Struktur auf: ferveret (Christi fides) in plurimis, tepisceret in nonnullis (Prädikat […] – präpositionaler Ausdruck – Prädikat – präpositionaler Ausdruck). Diese parallele Struktur ist auch im Anschluss fortgeführt: (ipsae quoque eclesiae) vel ditarentur a devotis vel nudarentur a perfides ([…] Konjunktion – Prädikat – präpositionaler Ausdruck – Konjunktion – Prädikat – präpositionaler Ausdruck). Ferner ist dabei die Bildlichkeit der Sprache auffällig, die insbesondere durch die verwendeten Verbformen erzeugt wird, wobei immer zwei Prädikate als semantische Kontrastpaare ausgestaltet sind (inpugnarentur und tegerentur; ferveret und tepisceret; ditarentur und nudarentur).
Innerhalb der Klage des Volkes muss vor allem auf die lautlich auffällige, mehrfach alliterierende Wortfolge (qui gesta) praesentia promulgare possit in paginis hingewiesen werden, die dieser Äußerung eine geradezu feierliche Färbung verleiht. In diesem Kontext unbedingt zu nennen ist ferner die sentenzartige (dem Volk in den Mund gelegte) Formulierung Philosophantem rethorem intellegunt pauci, loquentem rusticum multi; auch hier ist eine parallele Struktur zu konstatieren, durch die ein zweifacher Gegensatz verdeutlich wird: Die Formulierung Philosophantem rethorem wird mit loquentem rusticum kontrastiert. Dabei sind die inhaltlichen Gegensätze chiastisch angeordnet bzw. werden gerade durch die jeweils nicht entsprechende Wortart ausgedrückt, denn das Partizip Philosophantem bildet (in Bezug auf den Bildungsstand) einen Gegensatz zum Nomen rusticum; das Substantiv rethorem wird mit dem Partizip loquentem in Bezug auf das formale Niveau der Sprache kontrastiert. Ferner bildet das Zahladjektiv pauci einen inhaltlichen Gegensatz zu multi; die jeweiligen Quantitätsbegriffe stehen betont am Ende ihres Kolons. Diese stilistischen Feinheiten bilden also einen deutlichen Kontrast zu den bereits in dieser Passage erkennbaren sprachlichen Auffälligkeiten bzw. Merkwürdigkeiten (vgl. z. B. die Form des Nomens feretas; s. hierzu auch die Ausführungen unter 3).
Wie ein typischer, in der antiken Tradition stehender Bescheidenheitstopos mutet überdies eine Formulierung Gregors an, die sich in der Praefatio des ersten Buches seiner Historien findet. Hier legt er knapp sein literarisches Programm dar – die Schilderung der Kämpfe von Königen und feindlichen Völkern, Märtyrern und Heiden, Kirchen und Häretikern.[38] Er bekennt sich zum katholischen Glauben[39] und bittet seine Leser um Nachsicht für den Fall, dass er „im Blick auf Buchstaben oder Silben“ gegen die Grammatik verstoßen sollte; denn in dieser Kunst sei er nicht „vollends ausgebildet“: Sed prius veniam legentibus praecor, si aut in litteris aut in sillabis grammaticam artem excessero, de qua adplene non sum inbutus.[40] Derartige Äußerungen, durch die die eigene Bildung als vermeintlich gering eingestuft wird, finden sich bei zahlreichen paganen wie christlichen Autoren. Als Topos, der in einer langen Traditionslinie steht, müssen derartige Aussagen Gregors also nicht zwangsläufig ernst genommen werden.[41]
Gregors eigentliche Bemühung – die Formulierung illud tantum studens bildet dabei einen deutlichen Kontrast zum unmittelbar vorangehenden Ausdruck adplene non sum inbutus – ziele jedoch darauf ab, an den Glaubenssätzen der Kirche ohne „Schmuck bzw. Verstellung“ (sine aliquo fuco) oder „Zögern des Herzens“ (aut cordis hesitatione) festzuhalten.[42] Das Prädikat reteneam dürfte sich zwar prima facie auf die innere Haltung Gregors beziehen. Dennoch ist die Formulierung sine aliquo fuco auffällig. Der Ausdruck fucus lässt nämlich eher an eine äußere, schmuckvoll-gekünstelte literarische Ausgestaltung denken: Augustin benutzt in seiner epistula 137,18 eine ähnliche Formulierung, als es um den Stil der Heiligen Schrift geht: Diese könne wegen ihres fehlenden Schmuckes im Ausdruck (sine fuco) im Blick auf klare Stellen von Gelehrten und Ungelehrten gleichermaßen verstanden werden; im Blick auf dunkle Stellen sei sie dann gerade durch ihre „bescheidene Ausdrucksweise“ (humili sermone) zugänglich.[43] Ein möglicher Bezug zur Augustinstelle wird dabei gerade dadurch nahegelegt, dass Gregors Formulierung sine aliquo fuco aut cordis einen gewissen Anklang an die augustinische Ausdrucksweise sine fuco ad cor aufweist. In seiner Praefatio zu den Historien schreibt Gregor, wie schon oben thematisiert, also von seiner „ungekünstelten Ausdrucksweise“ (incultu effatu) und – unter Verweis auf eine anonyme Menge – davon, dass jemand, der bäuerisch bzw. schlicht spreche (loquentem rusticum), besser verstanden werden könne. An dieser Stelle in der Praefatio des ersten Buches der Historien lehnt er nun Künstlichkeit bzw. Schmuck ab. Dabei lässt die Gegenüberstellung der Grammatik, deren Regeln man bisweilen übertrete, mit der Bemühung um eine Vermeidung von (übertriebenem) Schmuck den Schluss zu, dass sich Gregor hier auch auf seinen sprachlichen Ausdruck bezieht, der – wie auch die Heilige Schrift in der Darstellung Augustins – von Gebildeten und Ungebildeten verstanden werden kann bzw. soll.
Seinen eigenen „bäuerischen“ Stil setzt Gregor ferner selbst explizit in Bezug zum Stil der Heiligen Schrift, wenn er im Prolog zum ersten Buch seiner Martinsvita darauf verweist, dass Gott für die Verbreitung seiner Nachricht, die gerade als „Zerstörung weltlicher Weisheit“ bezeichnet wird, nicht Redner, sondern Fischer, nicht Philosophen, sondern Bauern ausgewählt habe – warum solle Gregor sich also für seinen Stil schämen?[44] Auch hier ist ein Topos erkennbar, der bei den griechischen und lateinischen Kirchenvätern allgegenwärtig ist, demgemäß die einfache Sprache der Heiligen Schrift ein nachahmenswertes Stilideal darstellt.[45] Äußerungen, die dahin gehen, dass im Kontext der Darlegung oder Verkündigung der christlichen Lehre bzw. christlicher Inhalte auf eine besonders ausgefeilte und komplexe rhetorische Darstellung verzichtet werden solle, finden sich z. B. bei Hieronymus und Augustinus. So weist Hieronymus zu Beginn des dritten Buches seines Galaterkommentares darauf hin, dass für Kommentare zu biblischen Schriften besondere Anforderungen gälten: Hier stehe gerade nicht die rhetorische Finesse – wie in anderen Gattungen –, sondern Verständlichkeit im Vordergrund.[46]
In diesem Zusammenhang erwähnt Hieronymus auch die eingeschränkte Bildung der breiten Masse der Gläubigen. Hier – zweihundert Jahre zuvor – klingen bereits ganz ähnliche Gedanken an wie bei Gregor; auch deswegen müssen die vergleichbaren Äußerungen des Bischofs von Tours in ihrer Bedeutung relativiert werden.[47] Hieronymus konstatiert, dass die Kirche Christi nicht aus Philosophen bestehe, sondern sich aus einer einfachen Menge zusammensetze. Kaum jemand lese – oder kenne! – noch Aristoteles oder Platon; die ganze Welt spreche von den Bauern und Fischern des Neuen Testaments. Daher müsse er deren Ansichten in einfacher Redeweise bzw. mit einfachen Worten darlegen.[48] Interessanterweise kritisiert Hieronymus in ebendiesem Zusammenhang auch selbst seinen eigenen Stil als unelegant, wofür er drei Faktoren verantwortlich macht: das Erlernen der hebräischen Sprache, die die lateinische Sprachkompetenz beeinträchtige, den Verzicht auf die Lektüre paganer Autoren sowie die Notwendigkeit zu diktieren, statt selbst zu schreiben, wodurch der Arbeitsschritt einer glättenden Überarbeitung ausbleiben müsse.[49] Dass sich Hieronymus hier eines Bescheidenheitstopos bedient, auch wenn er in just demselben Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer einfachen sprachlichen Darlegung verweist, wird kaum jemand bezweifeln.[50] Auch diese Ausführungen machen also bereits deutlich, dass bei der Deutung der Selbstzeugnisse Gregors Vorsicht im Blick auf voreilige Schlüsse geboten ist.
Auch Augustin betont z. B. in seiner Schrift De doctrina Christiana, wie wichtig die sprachliche Verständlichkeit im Kontext der Übersetzung bzw. Zitation, Auslegung und Verkündigung des Bibeltextes ist: Im dritten Buch dieses Werkes findet sich im Rahmen von Anweisungen zum Umgang mit doppeldeutigen Formulierungen der Heiligen Schrift eine Äußerung des Kirchenvaters, die der Verständlichkeit sogar den Primat vor der sprachlichen Korrektheit einräumt. In Bezug auf den Psalmenvers 138,15 (von ihm in der Form non est absconditum a te os meum, quod fecisti in abscondito angeführt) konstatiert er, dass es ihm lieber sei, den morphologisch falschen Akkusativ ossum (von ŏs, ossis, der Knochen) zu bilden als die korrekte Form ŏs. Denn diese Form sei ambig durch die Übereinstimmung mit der homographen Form ōs (von ōs, oris, der Mund).[51] Weitergeführt wird dieser Gedanke in seinen Enarrationes in Psalmos, wo Augustin unter Betrachtung desselben Beispiels bzw. Psalmenverses festhält, er wolle lieber von den Grammatikern getadelt als vom Volk nicht verstanden werden: Sic enim potius loquamur: melius est reprehendant nos grammatici, quam non intellegant populi.[52] Im Blick auf einen möglichst breiten Rezipientenkreis ist für Augustin also die Klarheit des Ausdruckes wichtiger als die grammatische Sprachrichtigkeit. Auch im vierten Buch von De doctrina Christiana, das sich an den Prediger als Verkündiger der christlichen Wahrheit richtet, äußert Augustin ähnliche Gedanken (wiederum im Blick auf das bereits genannte Beispiel): Der Prediger solle so sprechen, dass er von seiner Gemeinde zweifelsfrei verstanden werden könne, auch wenn dies eventuell zu unlateinischen Formulierungen führen sollte.[53]
Die theoretische Maßgabe, man müsse in bestimmten Gattungen bzw. in christlichen Kontexten auf eine schlichte und leicht verständliche Sprache achten, weist also eine längere Tradition auf. Wenn Gregor nun davon spricht, er schreibe „bäuerisch“, könnten ähnliche Überlegungen eine Rolle spielen wie diejenigen, die von Hieronymus oder Augustinus vorgebracht wurden, denen jedoch gerade keine sprachlichen Defizite angekreidet werden. Zwar sind die Historien kein exegetisches Werk und auch keine hagiographische Schrift im engeren Sinne, aber sie handeln nicht nur von historischen Ereignissen, sondern beinhalten auch Wundergeschichten und Märtyrererzählungen.[54] Das seit der christlichen Spätantike immer wieder (oft wohl auch nur in topischer Weise) formulierte Postulat einer Schreibweise, die für eine breite Menge verständlich ist,[55] lässt sich daher wohl auch mit Gregors Äußerungen in den Historien plausibel in Verbindung bringen.[56] Bei den Kirchenvätern führten Empfehlungen einer einfachen Sprache und eines einfachen Stils jedoch oft nicht zu einer entsprechenden Umsetzung in der Praxis;[57] für Gregor hingegen wird in der Forschung oft angenommen, dass sich die sprachlichen Verhältnisse in Gallien so weit geändert hätten, dass eine derartige Äußerung zwar in einer Traditionslinie stehe, nun aber überhaupt keine topische Qualität mehr habe.[58] Festzuhalten ist also an dieser Stelle, dass allein auf Grund derartiger Aussagen Gregors keine Rückschlüsse auf seine Bildung oder sein sprachliches Niveau (das wohl eben gerade nicht adäquat in der maßgeblichen Ausgabe abgebildet ist) möglich sind; hier ist eine Untersuchung seines rhetorischen Stils selbst unbedingt angezeigt (vgl. u. 4).[59] In der Forschung wird jedoch in der Regel auf Grund der Testimonien Gregors auf einen mehr oder weniger schlichten Stil und eine entsprechende (auch fehlerhafte) Sprachform geschlossen, für die entweder eine bewusste Entscheidung oder ein Unvermögen des Bischofs von Tours verantwortlich seien.[60]
Auch am Ende der Historien findet sich eine Äußerung, in der Gregor auf sein literarisches Schaffen eingeht (10,31):[61] Er zählt zunächst seine Werke auf; danach verweist er in gleichsam entschuldigender Weise auf seinen „ziemlich bäuerischen Stil“ (Quos libros licet stilo rusticiori conscripserim). Im Anschluss richtet er sich in einer emphatischen Anrede an seine künftigen Nachfolger auf dem Bischofssitz von Tours. Gregor beschwört diese geradezu (vgl. coniuro), dennoch, also trotz dieser sprachlichen Form, seine Werke nicht vernichten oder umschreiben zu lassen, nichts auszuwählen oder wegzulassen, sondern alles so zu belassen, wie sie es vorgefunden hätten.[62] Dabei beruft er sich nicht nur auf Jesus Christus, sondern in drohender Weise auch auf den Tag des Jüngsten Gerichtes.[63]
Auch durch diese Form der Kontextualisierung wird der Eindruck erzeugt, dass sein Stil Gregor selbst nicht als Makel erscheint.[64] Diese Einschätzung bestätigt sich auch im Anschluss: Hier richtet sich der Bischof von Tours an einen potentiellen Nachfolger, der durch den Grammatiker Martianus Capella in den sieben freien Künsten (Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Geometrie, Astrologie, Arithmetik, Harmonielehre) ausgebildet worden sei;[65] diese werden nun jeweils kurz beschrieben. Die Argumentation bzw. der syntaktische Aufbau ist bemerkenswert: Der Grad der Ausbildung des imaginierten Nachfolgers wird zur Voraussetzung dafür, dass der Stil Gregors als bäuerisch empfunden werden könnte – oder anders formuliert: Nur ein Mensch, der umfassend in den septem artes liberales ausgebildet wurde, kann überhaupt an Gregors Stil Anstoß nehmen (si in his omnibus ita fueris exercitatus, ut tibi stilus noster sit rusticus).[66] Doch auch wenn diese Bedingung erfüllt ist, so fährt Gregor fort, solle dieser Mensch seine Schriften nicht „beschädigen“ (nec sic quoque, deprecor, ut avellas quae scripsi). Danach artikuliert der Bischof von Tours ein drittes Mal den Wunsch, dass sein Werk unversehrt bleiben möge; hier geschieht dies nun im Zusammenhang damit, dass es auch in Versform gebracht werden könnte.[67] Die Ausführungen Gregors an dieser Stelle lassen mithin sicherlich keinen Menschen erkennen, der sich seiner Ausdrucksweise schämen würde – im Gegenteil:[68] Die mehrfache Aufforderung, seine Nachfolger sollten sein Werk unangetastet lassen, erweckt durchaus einen literarisch selbstbewussten Eindruck. Hierzu trägt v. a. auch der Bildungsanspruch bei – an dieser Stelle wird gewissermaßen ein Ideal abgebildet –, der an eine Person gestellt wird, die überhaupt an Gregors Stil Anstoß nehmen könnte.[69]
Dass Gregor selbst kaum wirklich bäuerisch gesprochen (und daher wohl auch nicht entsprechend geschrieben) haben kann, lässt sich ferner aus einer kurzen Anekdote ableiten, die der Bischof von Tours im zweiten Buch seiner Martinsvita einfügt: Er berichtet hier von einem Priester, den er einmal gebeten habe, an seiner Stelle die Sonntagsmesse zu übernehmen.[70] Dieser sei vom Volk wegen seiner bäuerischen Sprache verspottet worden mit den Worten, er hätte lieber schweigen sollen, statt in ungebildeter Weise zu sprechen.[71] Gregor selbst verurteilt diese Kritik zwar mit dem Hinweis darauf, dass vor Gott „einfache Bescheidenheit“ mehr gelte als „der Scharfsinn der Philosophen“ (apud Dei maiestatem magis simplicitas pura quam philosophorum valet argutia). Deutlich wird aber durch diese Stelle, dass sich Gregors eigene Sprechweise merklich von der seines „Vertretungspriesters“ abgehoben haben muss.[72]
Auch in seinen Historien tadelt Gregor die Ausdrucksweise eines Mannes als sermo rusticus. Die negative Konnotation wird dabei durch die weitere Charakterisierung seiner Aussprache als „Breite der Sprache, die schändlich und hässlich war“ deutlich; auch in Bezug auf die vorgetragenen Inhalte wird dieser Mensch diskreditiert, denn aus seinem Mund komme kein vernünftiges Wort.[73] Überhaupt wird ein gänzlich negatives Bild von dieser Person gezeichnet: Denn dieser Mann, der mit vermeintlichen Heiligenreliquien nach Tours gekommen sei, um dort einen entsprechenden Empfang zu erhalten, wird als betrügerischer „Verführer“ in die Handlung eingeführt.[74] Auch hierdurch wird Gregors Charakterisierung seiner eigenen Ausdrucksweise durch das Attribut rusticus in ihrer Ernsthaftigkeit relativiert.[75] Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang eine weitere Passage aus den Historien (6,46), in der Gregor die dichterischen Bemühungen des Chilperich – genauer gesagt dessen Fähigkeit, die Länge von Silben richtig zu messen – kritisiert.[76] Hierdurch schreibt sich Gregor also gewissermaßen selbst eine entsprechende Sachkenntnis zu.[77] Ferner attestiert der Dichter Venantius Fortunatus, mit dem Gregor in regem Briefkontakt stand, dem Bischof von Tours einen rhetorisch gewandten und gefälligen Schreibstil.[78]
Äußerungen Gregors, mit denen er sich selbst eine geringe Bildung bzw. Sprachkompetenz zuschreibt, sich einen sermo rusticus attestiert resp. die Notwendigkeit einer derartigen Ausdrucksweise formuliert, müssen also auch vor diesem Hintergrund beurteilt werden – eine Sprachform, die vielfach grammatische und sonstige sprachliche Fehler aufweist (wie sie eben gerade in der Ausgabe von Krusch/Levison dargestellt wird), kann damit also kaum gemeint sein.
3 Die handschriftliche Überlieferung der Historien
An dieser Stelle soll nun näher auf das Problem der Überlieferung bzw. des handschriftlichen Befundes eingegangen werden; auch hier soll zunächst der Forschungsstand skizziert werden: Die Historien sind in ca. 50 Codices überliefert. Die ältesten Handschriften stammen aus dem 7. Jahrhundert – weisen also eine Distanz von nicht einmal hundert Jahren zur Lebenszeit des Autors auf –, die jüngsten Handschriften lassen sich dem 15. Jahrhundert zuordnen. Für die Nomenklatur der Codices hat sich seit der Ausgabe von Arndt/Krusch eine Aufteilung in die Gruppen A, B, C, D, E und F eingebürgert, wobei die Gruppen E und F Handschriften umfassen, die nur Auszüge der Historien beinhalten.[79]
Die einzige alle zehn Bücher vollständig enthaltende Handschrift A1 stammt aus dem 11. Jahrhundert, aus dem Kloster Monte Cassino. Die älteste Handschriftengruppe B (7./8. Jahrhundert) bietet z. T. nur die ersten sechs Bücher der Historien, wobei auch innerhalb dieser Bücher Kürzungen vorgenommen wurden, z. T. wurden die Bücher sieben bis zehn nachträglich hinzugefügt. Die nur sechs Bücher enthaltende Fassung wurde in der früheren Forschung als eine erste vom Autor selbst publizierte Version der Historien angesehen, die später von Gregor durch weitere Bücher ergänzt worden sei. Inzwischen hat sich jedoch die Ansicht durchgesetzt, dass diejenige Fassung der Historien, die nur sechs Bücher bietet, auf einen späteren Redaktor zurückzuführen ist.[80] Unter den ältesten Handschriften sind ferner drei Fragmente zu nennen, die 17 Kapitel enthalten, unter der Sigle A2 zusammengefasst werden und in das 7. Jahrhundert (wohl noch vor B) zu datieren sind.[81]
Die Vertreter der sog. C-Gruppe stammen aus dem 8./9. bis 12. Jahrhundert. Für diese Handschriftengruppe, die nicht als homogen anzusehen ist, ist als Auffälligkeit festzuhalten, dass die eigentlichen Bücher neun und zehn der Historien Gregors in ein „neues“ neuntes Buch zusammengeführt wurden, wobei ein „neues“ zehntes Buch u. a. aus der Chronik Fredegars erstellt und hinzugefügt wurde; auch in den Codices dieser Gruppe finden sich darüber hinaus unterschiedliche Kürzungen oder Änderungen in der Anordnung bestimmter Passagen.[82] Die Handschriften der D-Gruppe werden auf das 10. bis 15. Jahrhundert datiert und weisen einen nahezu vollständigen Text der Historien auf, die jedoch im Verbund mit anderen Geschichtswerken überliefert sind.[83] In dieser Gruppe ist irrtümlich der Titel Historia Francorum überliefert.[84]
Dass Krusch/Levison in ihrer Ausgabe an sehr vielen Stellen einen lateinischen Text rekonstruieren, der orthographische und grammatische Fehler bzw. Auffälligkeiten aufweist, in der Annahme, dadurch werde der Bildungsstand Gregors angemessen repräsentiert,[85] wurde bereits oben thematisiert. Erwähnenswert ist dabei, dass sich in einer Vielzahl der Fälle im Apparat dieser Ausgabe Lesarten finden lassen, durch die der fehlerhafte Text „geheilt“ werden könnte.[86] Ein kurzer Blick auf die bereits erwähnte Praefatio des ersten Buches soll hier genügen; auf die Frage, welche Handschriften einer neuen Edition zu Grunde gelegt werden sollen, kann an dieser Stelle jedoch nicht eingegangen werden:[87] Bei Krusch/Levison findet sich die Formulierung feretas gentium;[88] ein Blick in den textkritischen Apparat der Ausgabe zeigt, dass auch die gewöhnliche lateinische Schreibung feritas belegt ist (A1 und C1.2). Im Lesetext der Ausgabe steht ferner der Wortlaut nudarentur a perfides, der gleich in doppelter Weise auffällig ist: Einerseits gehört das Lexem perfidus der o- bzw. a‐Deklination an und bildet daher keine Form mit der Endung -es, die u. a. in der dritten Deklination im Nominativ oder Akkusativ Plural auftritt. Andererseits erfordert die Präposition a einen Ablativ, so dass die richtige Flexionsform an dieser Stelle perfidis lautet. In der Tat wird auch im Apparat die grammatisch korrekte Form perfidis angeführt – und zwar gerade als Mehrheitslesart, denn nur die Handschrift B1 hat laut Krusch/Levison den für den Lesetext der Ausgabe gewählten Wortlaut perfides. Auffällig ist der präpositionale Ausdruck a perfides ferner, weil die kurz zuvor verwendete Formulierung a devotis keine derartige orthographisch-grammatische Auffälligkeit aufweist. Daneben ist auf die Formulierung nec repperire possit hinzuweisen, da hier eigentlich ein passiver Infinitiv zu erwarten wäre. Diese Form ist auch tatsächlich handschriftlich belegt (A1). Auch der oben mehrfach zitierte Ausdruck incultu effatu ist auffällig, denn als Adjektiv der o- bzw. a-Deklination müsste das Lexem incultus im Maskulinum die Ablativform inculto aufweisen – die entsprechende Form ist laut Krusch/Levison auch durch die Handschrift C1 bezeugt.[89] Ferner ist im Lesetext von Krusch/Levison die Form inlicitus (stimulis) auffällig; auch die übliche Form des Partizips des Verbs illicere, nämlich illectus (A1) bzw. inlectus (pr. m. C2), ist im Apparat belegt. Diese kurze Zusammenstellung soll an dieser Stelle genügen, um die Problematik der tendenziösen Textkonstitution der aktuell maßgeblichen Ausgabe zu illustrieren.
Dass der Text der Historien in der Gestalt, wie er von Krusch/Levison ediert wurde, nicht dem Urtext Gregors entspricht bzw. nicht die sprachliche Kompetenz seines Autors abbildet, wird auch dadurch nahegelegt, dass die hagiographischen Schriften Gregors in ihrer maßgeblichen Ausgabe (ebenfalls von Krusch ediert) einen deutlich besseren lateinischen Text bieten.[90] Die Tatsache, dass Krusch/Levison sich in ihrer Ausgabe der Historien in der Regel für die unkorrekte Form entscheiden, auch wenn von anderen (auch älteren vorkarolingischen) Handschriften ein korrekter Text geboten würde, wird in der Forschung oft thematisiert bzw. kritisiert;[91] bisweilen wird dies mit der Forderung nach einer neuen, unvoreingenommenen Edition verknüpft.[92] Die grundlegende Frage, der sich die Herausgeber einer neuen Edition bei der Beurteilung der unterschiedlichen Handschriften stellen müssen, ist dabei, welche Sprachform man Gregor – und nicht zuletzt auch seinen Kopisten –[93] zuschreiben bzw. welche sprachliche Gestalt des Urtextes man annehmen sollte.[94] Erschwert wird die Lage dadurch, dass die handschriftliche Überlieferung auch von den Problemen des Überganges von der merowingischen zur karolingischen Tradition belastet wird: Karolingische Kopisten sahen sich mit merowingischen Schreibweisen konfrontiert, die sie nur noch bedingt verstanden.[95]
Einen vielversprechenden Anhalts- bzw. Ansatzpunkt in der Frage nach den sprachlichen und literarischen Fähigkeiten Gregors bietet jedoch die stilistische und rhythmische Ausgestaltung seiner Texte, genauer gesagt: eine Analyse seiner Klauseltechnik, die in der Forschung bislang noch kaum berücksichtigt wurde.
4 Die rhythmische Ausgestaltung des Textes der Historien – ein vielversprechender Zugang?
Einige neuere Untersuchungen – zu nennen sind hier z. B. Arbeiten von Pascale Bourgain und Danuta Shanzer – haben zwar bereits stichprobenartig eine besondere stilistische Ausgestaltung in Gregors Schriften nachgewiesen.[96] Generell wird eine Untersuchung des Stils Gregors jedoch in der Forschung oft als Desiderat bezeichnet,[97] und auch der Frage nach dem Prosarhythmus bei Gregor von Tours, also der bewussten rhythmischen Ausgestaltung von Kolon- und Satzenden durch sog. Klauseln zu Zwecken der Betonung und Gliederung, wurde bislang noch nicht intensiver nachgegangen. Der Aufsatz von Jean-Baptiste Jungblut, der in seiner primär statistischen Analyse erstaunlicherweise nur metrische Klauseln in den Blick nimmt und die bekannten Cursusformen außer Acht lässt, konnte diesem Missstand nicht abhelfen.[98] Im Folgenden soll nun am Beispiel des bereits besprochenen Textes aus dem zehnten Buch der Historien die rhythmische Praxis Gregors in den Blick genommen werden. Zur Vermeidung von Zirkelschlüssen soll dabei der Text der Ausgabe von Krusch/Levison verwendet werden, auch wenn sich in Einzelfällen durch eine modifizierte Textgestaltung ein leicht veränderter Befund einstellen dürfte. Nachgewiesen werden soll dabei, dass auch bei Zugrundelegung einer Ausgabe, die einen tendenziell zu schlechten lateinischen Text bietet, der Eindruck entsteht, dass Gregor an einer rhythmisch-stilistischen Ausgestaltung gelegen war. Ziel dieser Analyse ist daher keine generelle, quantitativ angelegte Untersuchung der Prosarhythmik Gregors. Vielmehr ist die zu Grunde liegende Intention, zu zeigen, dass der Bischof von Tours überhaupt eine Stilistik an den Tag legen kann, die auf ein bestimmtes Bildungsniveau und damit auch auf ein entsprechendes sprachlich-grammatisches Vermögen schließen lässt, was auch für anstehende editorische Entscheidungen eine nicht unwesentliche Rolle spielen wird.
Dabei wird dasjenige Notationssystem verwendet, das auf die Arbeiten von Theodor Zielinski und vor allem Adolf Primmer zurückgeht:[99] Neben metrisch-quantitierenden Aspekten werden auch Gesichtspunkte der Akzentuierung berücksichtigt. Die metrischen Klauseln werden dabei durch die Angabe der sog. Hauptform erfasst, die akzentuierenden Klauseln, d. h. bestimmte Abfolgen von betonten und unbetonten Silben, durch die Angabe des sog. cursus. Durch griechische Minuskeln wird ferner verzeichnet, vor welcher Silbe sich eine Zäsur innerhalb einer Klausel befindet. Die nachfolgende Tabelle illustriert dieses Notationssystem.[100] Was die Festlegung von Kolonenden angeht, soll im Folgenden das Kriterium der Sinneinheit (also eng zusammengehöriger grammatischer und syntaktischer Einheiten) die entscheidende Rolle spielen.[101] Verzeichnet werden dabei alle messbaren Klauseln (soweit sie hier vorgestellt werden), ohne dass a priori behauptet würde, dass es von Gregor bewusst gestaltete rhythmische Strukturen sind.
Notationssystem nach Theodor Zielinski und Adolf Primmer.
Bezeichnung |
Symbol |
Akzentfolge |
metrische Entsprechung |
cursus planus |
P |
x´xxx´x |
– ⏑ – – × Creticus und Trochäus (= Hauptform 1) |
cursus tardus |
T |
x´xxx´xx |
– ⏑ – – ⏑ × 2 Cretici (= Hauptform 2) |
cursus velox |
V |
x´xxxxx´x |
– ⏑ – – ⏑ – × Creticus + 2 Trochäen (= Hauptform 3) |
cursus tritrochaicus [102] |
TT |
x´xxxx´x |
– ⏑ ⏑ ⏑ – × (= Hauptform 1², d. h. mit Auflösung des zweiten longum) |
4.1 Ein Fallbeispiel: die stilistische und rhythmische Analyse von Hist. 10,31
Decem lĭ́brōs Hīstŏrĭā́rŭ̇m,[103] |
Vγ |
sḗptēm Mīrācŭlṓrŭ̇m, |
Vγ |
unum de Vita Patrum scripsi; |
– |
in Psaltḗrĭī trāctā́tŭ̇ |
TTδ |
librum unum commentatus sum; |
– |
de Cursibus etiam ecclesiasticis |
– |
unum librum condidi. |
– |
Quos libros licet |
– |
stilo rusticiṓrī cōnscrī́psĕrĭ̇m, |
Tγ |
tắmēn cōniū́rŏ̇ |
Pγ |
omnes sacerdotes Domini, |
– |
qui post me humilem |
– |
ecclesiam Turŏ́nĭcām sūnt rēctū́rĭ̇, |
Vδε |
per adventum domini nostri Iesu Christi |
– |
ac terribilem reis omnibus iudĭ́cĭī dĭ́ĕ̇m, |
Pδ |
sic nū́mquām cōnfū́sĭ̇ |
Pγ |
de ipso iudĭ́cĭō dīscēdḗntĕ̇s |
Vδ |
cum diabolo condempnemini, |
– |
ut numquam libros hos |
– |
aboleri faciā́tĭs aūt rēscrī́bĭ̇, |
TTγδ |
quasi quǣ́dăm ēlĭgḗntĕ̇s |
TTγ |
et quǣ́dām prǣtērmīttḗntĕ̇s, |
Vγ |
sed ita ṓmnĭă vōbī́scŭ̇m |
TTδ |
integra inlibatā́quĕ pērmắnĕa̐nt, |
Tγ |
sicut a nṓbīs rĕlī́ctă sŭ̇nt. |
Tγζ |
Quod si te, |
– |
o sacerdos Dei, |
– |
quicumque es, |
– |
Martianus noster |
– |
septem disciplī́nīs ērŭ́dĭĭ̇t, |
Tγ |
id est, |
– |
(1) si te in grammaticis |
– |
dŏ́cŭīt lĕ́gĕrĕ̇, |
Tδ |
(2) in dialecticis |
– |
altercationum propositiṓnēs ādvḗrtĕrĕ̇, |
Tγ |
(3) in rethoricis |
– |
genera metrṓrŭm āgnṓscĕrĕ̇, |
T2γ |
(4) in geometricis |
– |
terrarum linearumque mensū́rās cōllĭ́gĕrĕ̇, |
Tγ |
(5) in astrologiis |
– |
cursus sī́dĕrūm cōntēmplā́rĕ̇, |
Vδ |
(6) in arithmeticis |
– |
numerorum pā́rtēs cōllĭ́gĕrĕ̇, |
Tγ |
(7) in armoniis |
– |
sonorum modulationes suavium accentuum carmĭ́nĭbūs cōncrĕpā́rĕ̇; |
Vδ |
si in his omnibus |
– |
ita fueris exercitatus, |
– |
ut tibi stilus nṓstēr sīt rū́stĭcŭ̇s, |
Tγδ |
nec sic quoque, |
– |
deprecor, |
– |
ut avḗllās quǣ scrī́psĭ̇. |
Pγδ |
Sed si tibi in his quī́ddām plăcŭ́ĕrĭ̇t, |
Tγ |
salvo ŏ́pĕrĕ nṓstrŏ̇, |
Pδ |
te scribere vḗrsū nōn ā́bnŭŏ̇. |
Tγδ |
Hos enim libros |
– |
in anno XXI. ordinationis nṓstrǣ pērscrī́psĭmŭ̇s. |
Tγ |
4.2 Interpretation
Was lässt sich aus diesem Befund nun also ableiten? Im Folgenden sollen v. a. die Auffälligkeiten der stilistischen und rhythmischen Ausgestaltung besprochen werden; dabei ist freilich damit zu rechnen, dass eine derartig exponierte Passage, die als „Sphragis“ fungiert, eine besonders ausgefeilte Stilistik aufweist. Zu Beginn dieses Abschnittes bietet Gregor einen kurzen Überblick über sein schriftstellerisches Schaffen. In dieser kurzen Aufzählung seiner Werke ist in auffälliger Weise Parallelität mit Variation verknüpft (auch wenn festzuhalten ist, dass die Titel der Werke selbst natürlich gewissermaßen „vorgegeben“ sind): Zu Beginn der ersten drei Kola wird jeweils die Zahl der Bücher genannt (in abnehmender Reihenfolge: Decem, septem, unum). An die Formulierung Decem libros Historiarum ist der Ausdruck septem Miraculorum angeschlossen, wobei das Nomen libros nicht mehr explizit genannt ist. Eine Parallelität ist dennoch dadurch gegeben, dass beide Kola den Rhythmus Vγ aufweisen.
Im Blick auf Gregors Werke, die aus nur einem Buch bestehen, findet sich eine Variation in der Darstellung: Im Falle der Formulierung unum de Vita patrum scripsi schließt sich ein Präpositionalausdruck (Präposition + Nomen im Ablativ + Genitivattribut) direkt an das Zahlwort an. Für Gregors Werk zum Psalter ist eine abweichende Anordnung gewählt: Hier geht ein Präpositionalausdruck (Präposition + Genitivattribut + Nomen im Ablativ) der Buchzahlangabe voran; ferner ist das Nomen librum, das zuvor ergänzt werden musste, nun explizit gesetzt: in Psalterii tractatu librum unum commentatus sum. Für die Wortfolge Psalterii tractatu kann überdies die Klausel TTδ festgestellt werden. Für das dritte – ebenfalls ein Buch umfassende – Werk in dieser Auflistung ist erneut eine Anordnung gewählt, in der ein Präpositionalausdruck vor der Buchzahlangabe steht, statt eines Genitivattributes liegt hier jedoch ein Adjektivattribut vor, das von seinem Bezugswort durch die Vokabel etiam abgetrennt ist (de Cursibus etiam ecclesiasticis); der zuvor verwendete Ausdruck librum unum ist hier in der invertierten Wortfolge unum librum gesetzt. Daneben ist zu konstatieren, dass Gregor jeweils ein anderes Prädikat verwendet, um auf sein schriftstellerisches Schaffen zu verweisen (scripsi – commentatus sum – condidi).
Auch die sich anschließende Beschwörungs- bzw. Verfluchungsformel liefert interessante Befunde für die Fragestellung dieser Untersuchung; auch hier sind einige stilistische, aber auch rhythmische Auffälligkeiten zu benennen: Beachtenswert ist zunächst die Formulierung stilo rusticiori[104]conscripserim, die sich innerhalb eines konzessiven Satzgefüges befindet und an die sich kontrastierend die Beschwörung Gregors anschließt: tamen coniuro. Beide Formulierungen sind durch eine Klausel (Tγ bzw. Pγ) besonders hervorgehoben; insbesondere für die Formulierung tamen coniuro ist dabei von einer bewusst gestalteten Wortfolge auszugehen, da die Reihenfolge coniuro tamen wohl mindestens genauso naheliegend wäre. Hervorzuheben ist dabei, dass gerade die Formulierung, die den vermeintlich „bäuerischen Stil“ Gregors anprangert, eine besondere rhythmische Ausgestaltung aufweist; der gleiche Sachverhalt (und sogar der gleiche cursus) lässt sich ferner für die später verwendete Formulierung ut tibi stilus noster sit rusticus konstatieren (s. u.).
Eine auffällige Abfolge von rhythmisch besonders ausgestalteten Kola findet sich dann in demjenigen Abschnitt, in dem Gregor diejenigen editorischen Verfahrensweisen aufführt, die er in Bezug auf seine Schriften untersagen möchte: Die beiden unterschiedlichen Vorgehensweisen, die der Bischof von Tours ablehnt, sind als passive Infinitive um das übergeordnete Prädikat herum angeordnet (numquam libros hos aboleri faciatis aut rescribi); der Prozess des Umschreibens wird dann durch zwei parallele Partizipialkonstruktionen näher erläutert; beschrieben wird ein Vorgehen, bei dem Passagen ausgewählt oder ausgelassen werden (quasi quaedam eligentes et quaedam praetermittentes). Das laut Gregor zu praktizierende Vorgehen wird im Anschluss dargelegt: Die Formulierung ita omnia vobiscum […] permaneant wird durch das korrespondierende Kolon sicut a nobis relicta sunt fortgeführt. Direkte Bezüge liegen dabei zwischen ita und sicut, vobiscum und a nobis sowie permaneant und relicta sunt vor; betont wird der inhaltliche Zusammenhang ferner durch die gleiche Rhythmisierung zweier Kola mithilfe von T-Klauseln. Ferner wird der unversehrte Zustand, den Gregor für seine Werke einfordert, durch die alliterierende Zusammenstellung integra inlibataque betont. Gerade dieser Abschnitt, in dem Gregor die Verfahrensweisen, die in Bezug auf seine Schriften zu beherzigen sind, benennt, weist ferner eine besondere rhythmische Ausgestaltung auf: Denn für faciatis aut rescribi, quaedam eligentes und omnia vobiscum ist jeweils eine TT-Klausel zu konstatieren, für quaedam praetermittentes dann Vγ.
Besonders auffällig ist die stilistische, aber auch rhythmische Elaboriertheit in demjenigen Passus, in dem Gregor die sieben freien Künste nach Martianus Capella auflistet. Erkennbar ist eine sich weitgehend wiederholende Struktur, die die Ausgangsformulierung Martianus noster septem disciplinis erudiit, id est, si te in grammaticis docuit legere für die jeweiligen anderen Künste in parallel gestalteter Weise fortführt. Die jeweilige Kunst ist in der Form in + Ablativ angeführt, wobei auffälligerweise jeweils eine pluralische Form verwendet wird (in grammaticis, in dialecticis, in rethoricis, in geometricis, in astrologiis, in arithmeticis, in armoniis). Darauf folgt eine Infinitivkonstruktion, die grammatisch von der anfangs verwendeten Formulierung si te […] docuit abhängig ist. Eine entsprechende Kolonaufteilung, die die Nennung der jeweiligen Kunst von ihrer darauffolgenden Ergänzung abtrennt, scheint daher naheliegend und sinnvoll.
Während für die erstgenannte Kunst (Grammatik) nur ein einfaches Infinitivgefüge ohne abhängige Objekte gesetzt ist (te […] docuit legere), werden die nachfolgenden artes durch komplexere Infinitivergänzungen weiter ausgestaltet; der Infinitiv nimmt jeweils eine Endposition im betreffenden Kolon ein. Zu beobachten ist ferner, dass für die an zweiter und dritter sowie an fünfter und sechster Stelle in der Aufzählung genannten Künste (Dialektik, Rhetorik, Astrologie, Arithmetik) der Infinitiv durch je zwei Elemente (Objekt und Genitivattribut) erweitert ist. Für die an erster, vierter und siebter Position genannten Wissenschaften (Grammatik, Geometrie, Harmonielehre) finden sich abweichende Strukturen, wobei eine Steigerung zu verzeichnen ist: Der zur Erläuterung der Grammatik gesetzte Infinitiv legere steht alleine ohne grammatische Ergänzung. Vom Infinitiv colligere, der sich in demjenigen Abschnitt befindet, der die Geometrie erläutert, hängt ein Akkusativobjekt ab, das durch zwei Genitivattribute ergänzt ist: terrarum linearumque mensuras. Die an siebter und letzter Position genannte Wissenschaft, die Harmonielehre, weist eine vom bisherigen Schema abweichende, komplexere Struktur auf: Hier findet sich zwar auch ein vom Infinitiv concrepare abhängiges Objekt mit Genitivattribut (sonorum modulationes), aber daneben auch eine Ergänzung im Ablativ, die durch ein Genitivattribut (mit kongruierendem Adjektivattribut) erweitert ist: suavium accentuum carminibus. Gerade die letztgenannte Wissenschaft zeichnet sich also durch eine besonders umfassende Beschreibung aus.
Wenn man die Auflistung insgesamt in den Blick nimmt, fällt ferner ein alternierendes Muster auf in Bezug darauf, ob das Genitivattribut oder das Akkusativobjekt die erste Position in demjenigen Kolon einnimmt, das sich an die Nennung der jeweiligen Kunst anschließt: Für die an zweiter, vierter, sechster und siebter[105] Stelle genannte Wissenschaft (Dialektik, Geometrie, Arithmetik, Harmonielehre) ist das Genitivattribut an erster Stelle genannt, für die dritte und fünfte (Rhetorik, Astrologie) das Akkusativobjekt.
Die generell feststellbare Parallelität in der Aufzählung der septem artes liberales wird überdies gerade durch die rhythmische Ausgestaltung betont: Die Infinitivkonstruktion der ersten, zweiten, dritten, vierten und sechsten Wissenschaft schließt jeweils mit einer T-Klausel ab, wobei gerade im Kontext der Rhetorik das Kolonende hervorsticht, da es mit T2γ eine zugleich metrische und akzentuierende Klausel aufweist. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass für Gregor hier gerade die Rhythmisierung (genera metrorum agnoscere) den Kernbereich der Rhetorik darstellt. Für die fünfte und die siebte (und damit letztgenannte) Kunst findet sich an der vergleichbaren Stelle Vδ. Auffällig ist ferner der Konsekutivsatz ut tibi stilus noster sit rusticus, der die Konsequenz anführt, die sich aus der Bildung des imaginierten Rezipienten für die Bewertung des Stiles Gregors als „bäuerisch“ ergibt: Denn gerade durch die spezifische Wortfolge wird hier eine T-Klausel erzeugt (wie bereits bei rusticiori conscripserim), während die gewöhnlichere Wortfolge ut tibi stilus noster rusticus sit keinen besonderen rhythmischen Satzschluss bewirkt hätte. Gerade an derjenigen Stelle also, an der Gregor thematisiert, dass sein Stil eventuell als nicht besonders ausgefeilt angesehen werden könnte, verwendet er – in durchaus bewusster Weise – eine Klausel, durch die im Grunde gerade das Gegenteil des Gesagten nahegelegt wird. Man könnte dies als versteckten bzw. subtilen Hinweis des Autors darauf deuten, dass derartige Äußerungen eben doch nur cum grano salis zu verstehen sind. In der Tat ist es nämlich so, dass auch die bereits thematisierten vergleichbaren Äußerungen Gregors zu Beginn der Historien eine besondere Rhythmisierung aufweisen: incultu effatu (Pγ), artem excessero (T2γ) und non sum inbutus (P1βγ)[106].
Hierzu passt, dass gerade auch derjenige Satz, in dem Gregor eine Versifizierung seines Werkes als Möglichkeit in Aussicht stellt, eine – wohl absichtliche – rhythmische Ausgestaltung aufweist; auch hier wäre jeweils eine andere Wortfolge denkbar bzw. wahrscheinlicher. Für den Konditionalsatz Sed si tibi in his quiddam placuerit (Tγ) wäre auch die Anordnung Sed si tibi quiddam in his placuerit denkbar, durch die keine besondere Rhythmisierung erzielt würde. Auch der Folgesatz te scribere versu non abnuo (Tγδ) könnte in anderer Wortfolge in der Form te versu scribere non abnuo ohne Klausel am Satzende formuliert werden.
Insgesamt ist für diese (jedoch nur sehr kurze) Beispielpassage festzuhalten, dass vor allem zentrale inhaltliche Aspekte durch rhythmische Kolon- und Satzschlüsse hervorgehoben werden, wobei sich in erster Linie akzentuierende Klauseln finden lassen. Eine akzentuierende und quantitierende Klausel liegt jedoch gerade dann vor, als die Rhetorik als Wissenschaft kurz beschrieben wird. Der cursus tardus lässt sich in dem betrachteten Abschnitt am häufigsten ausmachen. Daneben weist diese Passage auch eine besondere Stilisierung auf.[107] Das stilistische Vermögen Gregors, das sich auch auf die Verwendung rhythmischer Kolon- und Satzschlüsse erstreckt, ist als Argument dafür ins Feld zu führen, dass seine Bildung bzw. seine Sprachform an sich nicht von minderer Qualität sein kann. Eine Neuedition scheint also auch aus dieser Perspektive dringend angezeigt.
5 Fazit
Die vorangehenden Ausführungen haben aus verschiedenen Perspektiven Argumente für eine Neuedition der Historien Gregors zusammengetragen. Die Selbstzeugnisse des Bischofs von Tours, in denen dieser entweder auf eigene sprachliche bzw. grammatische Schwächen eingeht oder die Notwendigkeit thematisiert, in einfacher Sprache zu schreiben, lassen sich in eine spätantike, christliche Tradition einordnen. Sie dürfen also nicht als Grundlage und Legitimation dafür herangezogen werden, dass unter der Annahme eines schlechten Bildungsstandes Gregors ein grammatisch und sprachlich verderbter Text zu konstituieren sei. Dass die aktuell maßgebliche Ausgabe von Krusch/Levison bei der Auswahl der jeweiligen Handschriftenlesarten jedoch genau so verfährt, wurde in der Forschung bereits kritisiert; der vorliegende Beitrag schloss sich dieser Kritik an. Schließlich wurde auch Gregors stilistische bzw. rhythmische Praxis selbst exemplarisch in den Blick genommen. Ein Argument dafür, Gregors Bildungsniveau und damit auch sein sprachlich-grammatisches Vermögen positiv zu bewerten, bietet nämlich, wie sich zeigte, gerade seine Verwendung der traditionellen Klauseltechnik, die ja in der Antike als besondere Kunst galt.[108] Auch aus dieser Perspektive lässt sich also die Forderung nach einer neuen, sachgerechten Edition der Historien unterstützen.[109]
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