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Ökumenische Ausblicke

Published/Copyright: April 7, 2021
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Liebe Leserinnen und Leser,

kürzlich hat die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland das „Jahr der Ökumene“ 2021/22 eröffnet. Das hat uns veranlasst, in diesem Heft „ökumenische Ausblicke“ zu bieten, Ausblicke nicht nur auf kommende ökumenische Ereignisse, sondern auch auf ökumenische Grundsatzfragen.

Ökumene gilt gemeinhin als eine Bemühung, zu Gemeinsamem zu kommen, ist also ein inkludierendes Unterfangen. Selten wird dabei reflektiert, ob auf dem jeweils beschrittenen Weg tatsächlich prinzipiell alle mitgehen können, die dabei sein soll(t)en. Stellt sich diese Frage aber schon innerhalb der sich als christlich verstehenden Mitglieder der Religionsfamilie, so umso mehr, wenn auch das Judentum mit in Betracht gezogen wird, unabhängig davon, ob man es religionsgeschichtlich als „Mutter“ oder, wie neuere Forschung empfiehlt, als „Schwester“ auffasst. Karl Barth hat diese Frage mit Nachdruck gestellt, und einer seiner wissenschaftlichen „Enkel“, der emeritierte Bonner Professor für Systematische Theologie Andreas Pangritz, führt in seinem Beitrag „Jüdisches Leben in Deutschland als Anfrage an die innerchristliche Ökumene“ entsprechende Überlegungen mit herkömmlichen und aktuellen Zielbestimmungen von Ökumene zusammen. Unmittelbarer Anlass ist das Jubiläum „321–2021 – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.

Seit langem hat das Konfessionskundliche Institut (KI) intensive Beziehungen zum Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn. Einer seiner Direktoren, Burkhard Neumann, nimmt das Datum „25 Jahre Enzyklika ‚Ut unum sint‘“ zum Anlass zu fragen: „Was bleibt 25 Jahre nach dem Erscheinen der Ökumene-Enzyklika Johannes Pauls II., und wo liegen jene Punkte, an denen sie die Linien des II. Vatikanischen Konzils weiter auszieht und die darum über das bisher Gesagte hinaus auch für die gegenwärtige Ökumene von Bedeutung ist?“ Neumann fragt also nach der aktuellen Bedeutung der Enzyklika sowohl innerhalb der römisch-katholischen Kirche als auch für die Christenheit überhaupt.

Ökumenisch ist der Begriff „Freikirche“ schon in sich selbst, insofern er höchst unterschiedliche Kirchen bezeichnen kann. Die 1926 gegründete „Vereinigung Evangelischer Freikirchen“ ist die älteste kirchenverbindende ökumenische Organisation Deutschlands. Der Begriff wird aber im Deutschen nicht selten auch für das gebraucht, wofür man früher „Sekte“ sagte. In der Coronakrise ist das leider noch stärker geworden. Daher hat das Freikirchenreferat des KI im Herbst 2020 für die Tagung des „Jungen Forums Freikirchen“ ein Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des KI, Markus Iff, um einen Vortrag „Unbrauchbar und unverzichtbar – der Begriff Freikirche im deutschsprachigen Raum“ gebeten. Dieser Vortrag des Professors für Systematische Theologie und Ökumenik an der Theologischen Hochschule Ewersbach des Bundes Freier evangelischer Gemeinden liegt hier nun in erweiterter und überarbeiteter Fassung vor.

Nichts weniger als „Eine Ökumenische Vision für das 21. Jahrhundert” bietet der Bericht der Konsultation “Towards a More Responsive and Inclusive Ecumenical Vision“, den die KI-Referentin für Weltökumene, Hanne Lamparter, vorstellt und in seiner Bedeutung analysiert. Es handelt sich um eine Zukunftsperspektive erfahrener internationaler Ökumeniker*innen.

Zwei Beiträge aus kirchenleitender Perspektive zu den beiden ursprünglich für 2021 in Deutschland geplanten ökumenischen Großveranstaltungen beleuchten einerseits den aktuellen Stand der Vorbereitungen, andererseits die möglicherweise nachhaltig wirkenden Veränderungen, zu denen das Covid-19-Virus gezwungen hat. Der Vorsitzende der ACK, Erzpriester Radu Constantin Miron, der auch gleichzeitig Ökumenereferent der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland ist, macht aus dieser Doppelperspektive die multilaterale Ökumene stark und auf ihre Besonderheiten in Deutschland aufmerksam. Die Leiterin der Hauptabteilung IV, Ökumene und Auslandsarbeit, im EKD-Kirchenamt, Bischöfin Petra Bosse-Huber, beschreibt die Vorbereitungen der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen und die Hoffnungen und Erwartungen, die sie damit verknüpft.

Drei Rezensionen runden das Heft ab: Insofern es beim ersten besprochenen Buch um die „Endzeit“ geht, ist auch das ein „Ökumenischer Ausblick“, und die hier vertretenen Lehren finden sich z. T. auch in anderen Konfessionen bzw. Denominationen. Ebenfalls in vielen Kirchen wird z. Z. über die Frauenordination debattiert (vgl. das Themenheft MdKI 1/2019). Auch in der Orthodoxie ist, wie das zweite Buch zeigt, das Bild diesbezüglich vielschichtiger als zumeist angenommen wird. Die dritte Buchbesprechung behandelt die in wissenschaftlicher Literatur selten analysierten ökumenischen Partnerschaften auf Gemeindeebene.

„Ausblicke“ ist aber auch in noch anderer Weise ein passendes Leitwort über diesem Heft, denn mit ihm beginnt eine neue Phase für den Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts. Erschien er über 70 Jahre lang im Eigenverlag, so freuen sich Herausgeber und Redaktion darüber, dass die Zeitschrift nun im Verlag Walter de Gruyter herauskommt. Dieser äußere Wechsel impliziert erhebliche Verbesserungen; dazu gehört u. a. die zusätzliche elektronische Publikation des MdKI. Außerdem ist damit eine Änderung im Erscheinungsrhythmus sowie ein neues Layout verbunden. Dieser unabdingbare Fortschritt war nur durch die Partnerschaft mit einem renommierten Wissenschaftsverlag möglich. Wir erhoffen uns davon Verbesserungen in der Rezeption durch unsere bisherigen Leserinnen und Leser sowie die Erschließung neuer Leserschichten. Wir arbeiten daran, dass auch frühere Jahrgänge unserer Zeitschrift in absehbarer Zeit online erhältlich sein werden.

Nun aber wünschen wir, auch im Namen unserer Mitredakteur*innen Martin Bräuer, Miriam Haar und Hanne Lamparter, erst einmal ertragreiche Lektüre in diesem Heft!

Dagmar Heller und Lothar Triebel

Published Online: 2021-04-07
Published in Print: 2021-04-06

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 11.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/mdki-2021-0010/html
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