Reviewed Publication:
Kloppenborg John S. Christ’s Associations. Connecting and Belonging in the Ancient City New Haven – London (Yale University Press) 2019 978-0-300-21704-9(geb.) $ 40,– 1 536
Der Vergleich christlicher Gemeinden mit anderen Vereinen ihrer Zeit erfreut sich seit längerem großer Beliebtheit. In den letzten 30 Jahren sind zahlreiche Arbeiten vor allem aus dem anglo-amerikanischen Raum erschienen, denen (bei oft sehr unterschiedlichem Fokus) gemein ist, dass sie in Vereinsinschriften und -papyri einen Datenpool sehen, der zuvor missverstandene oder unterbelichtete Aspekte christlichen Gemeindelebens im römischen Reich erhellen kann. Mit John K(loppenborg) legt nun ein Forscher sein opus magnum zum Thema vor, der diesen Ansatz in den frühen 1990er Jahren wesentlich mitgeprägt und seitdem kontinuierlich verfolgt hat. K. verantwortet nicht nur einen programmatischen Sammelband, der als Wegbereiter eines ganzen Forschungsfelds gelten kann (J. Kloppenborg – S. Wilson, Voluntary Associations in the Graeco-Roman World, London 1996), sondern ist auch maßgeblich an den Quellensammlungen beteiligt, die in den letzten Jahren eine Auswahl des weit verstreuten Materials in Übersetzung und Kommentierung einem breiteren Publikum zugänglich gemacht haben (s. zuletzt J. Kloppenborg, Greco-Roman Associations. Texts, Translations, and Commentary, III: Ptolemaic and Early Roman Egypt, Berlin 2020). Wenn jemand in der Lage ist, mit gleicher Autorität sowohl die Quellen zum Vereinswesen als auch die frühchristliche Literatur zu diskutieren, dann ist dies K., und so darf von einer Gesamtdarstellung seines Ansatzes einiges erwartet werden.
Das Buch beginnt mit einer ausführlichen Einführung in Methodenprobleme (1–22), orientiert vor allem an der Frage: Wozu überhaupt vergleichen? K. betont sehr stark, dass es sich beim Begriff ‚Verein‘ bzw. „association“ um ein heuristisches Instrument handelt, um eine moderne Kategorie, die keine exakte Entsprechung in der antiken Gedankenwelt habe. Das ist in gewisser Hinsicht banal, doch setzt sich K. hier mit einer Gegnerschaft auseinander, zu der unten mehr zu sagen ist. Äußerst plausibel stellt K. sodann den grundlegenden Vorteil der vergleichenden Methode heraus: Sie erlaubt methodisch kontrollierte (da an Vereinsinschriften überprüfbare) Aussagen darüber, ob bestehende Hypothesen etwa zu christlichen Gruppengrößen, Finanzierungsstrategien und Versammlungsorten im antiken Kontext eine hohe oder nur eine geringe Plausibilität haben. Gleichzeitig kann die Rekonstruktion eines ‚Normalverhaltens‘ von Gruppen quellenbedingte Lücken in unserem Wissen um frühchristliche Gemeindeorganisation stopfen: Warum schließlich sollten sich Christen mit Blick auf eine konkrete Organisationsfrage anders verhalten haben als andere Gruppen, für die eben zufällig Belege zur Verfügung stehen? In diesem Sinne werden sodann in Kapitel eins die wesentlichen Facetten des antiken Vereinswesens weitgehend entlang der üblichen Parameter vorgestellt (23–54), bevor K. im zweiten Kapitel auf die praktische Seite der Methodendiskussion eingeht (55–96). Hier stellt K. das Konzept der ‚Konnektivität‘ ins Zentrum: Gewiss gab es zahlreiche Unterschiede zwischen antiken Vereinen, wie es eben auch erhebliche Unterschiede zwischen den frühchristlichen Gemeinden etwa in Korinth und Thessalonike gab. All diese Gruppen einte jedoch, dass sie ihre Mitglieder aneinander binden konnten und gerade durch diese Verbindung soziales Kapital generierten – denn sozialer Status war in antiken Gesellschaften nicht einkommensabhängig, sondern „a function of the strength and character of connections“ (96). Wie diese Verbindungen jeweils geschaffen wurden, lässt sich vergleichend untersuchen, und dies ist der Anspruch des Buches. Konnektivität ist also der Rezitationston, auf den die Variationen der Folgekapitel stets zurückführen.
In vier Kapiteln werden zunächst grundsätzliche Überlegungen dazu vorgestellt, was für Gruppen man sich unter den frühen Christengemeinden überhaupt vorzustellen hat. Kapitel drei (97–130) nähert sich der Frage vor allem durch eine Diskussion der möglichen Gruppengröße: Der Vergleich mit anderen Kultgruppen zeigt, dass eine niedrige Schätzung (15–30 Mitglieder) deutlich höhere Plausibilität hat als die allerdings wohl ohnehin nicht weit verbreitete Annahme, die korinthische Gemeinde des Paulus habe aus bis zu 100 Mitgliedern bestanden. Auch bei der Frage nach Versammlungsorten gelingen K. überzeugende Einsichten, allerdings vornehmlich negativer Art: Während Teile der Forschung ‚das Haus‘ oder auch ‚das Triclinium‘ als Treffpunkt der frühen Christen bevorzugen, lassen die Vereinsparallelen schlicht zu viele Möglichkeiten offen, um sich konkret auf ein Modell festzulegen – auch dies ist ein Ergebnis. Ein Kapitel zu „Belonging“ stellt sodann Vereine noch einmal neu als Vertrauensnetzwerke vor (131–161); K. geht hier konkreter auf die Praktiken ein, die innerhalb solcher Gruppen Zugehörigkeit und Konnektivität schufen. Die Themen (Mitgliederlisten, Mahl, Verhaltensregeln) sind die üblichen, doch K. ordnet sie zu einem stimmigen Gesamtbild: Gerade die teils weitreichenden Ansprüche der Gruppe an neue Mitglieder sind für das Entstehen von Vertrauen wichtig, denn je höher der „buy-in“, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass andere nur dabei sind, um Vorteile abzugreifen. Eng zusammen hängen sodann die folgenden beiden Kapitel zur römischen Wirtschaft (162–185) und zum sozialen Status der frühen Christen (186–208). Ersteres bietet im Wesentlichen eine Einführung in jüngere Diskussionen zum Urbanisierungsgrad und zum durchschnittlichen Wohlstand im römischen Reich: Das hat mit Vereinen nicht konkret zu tun, bereitet aber den Boden für die nähere Diskussion der frühen Christen vor. Älteren Annahmen, wonach unterhalb der oberen Zehntausend eigentlich alle Bewohner des Reiches arm waren, stellt K. mit Recht ein differenzierteres Verständnis entgegen. Auch die Christen sieht er keineswegs als reine Unterschichtenreligion, schließt sich also im Wesentlichen dem „new consensus“ an (siehe zuletzt auch A. Weiß, Soziale Elite und frühes Christentum, Berlin 2015, dessen Schlussfolgerungen K. aber nicht akzeptiert). K.s eigener Beitrag zur Debatte ist denn auch weniger im ökonomischen Bereich zu sehen als in der Betonung von Konnektivität als Statusmerkmal: Wer starke Verbindungen zu anderen hatte, wer die „esteem services“ organisierter Gruppen für sich nutzte, der oder die war auch dann jemand, wenn die finanziellen Mittel begrenzt waren. K. sieht hier keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Christengruppen und etwa einem Schiffsbauerverein in Ostia. Dass Christengemeinden keine Ehreninschriften aufstellten und jedenfalls bis ins dritte Jahrhundert hinein keine mächtigen Patrone hatten, räumt K. zwar ein, doch „at least within the confines of the group“ (208) habe auch Mitgliedschaft in einer Christengemeinde Sozialprestige verschaffen können. Ob diese leicht hingeworfene Einschränkung nicht doch wichtiger ist, als K. suggeriert, wäre sicherlich zu fragen.
Weiter geht es mit drei Diskussionen praktischer Aspekte des Gruppenlebens. Das siebte Kapitel (209–244) widmet sich dem frühchristlichen Mahl vornehmlich in Korinth: ein Dauerbrenner, dem diverse Dissertationen gewidmet sind (zwei davon zuletzt sogar spezifisch zur Frage der Vergleichbarkeit von Vereinsmahlzeiten mit dem von Paulus in 1 Kor 11 geschilderten Geschehen). Hier noch Neues herauszufinden, dürfte kaum möglich sein, und doch überrascht K. gleich zu Beginn mit einer Übersetzung des paulinischen kyriakon deipnon, die jedenfalls dem Rezensenten so noch nicht untergekommen ist: Die korinthischen Christen trafen sich demnach regelmäßig zum Kaiserbankett („emperor’s banquet“), denn die weitaus meisten Belege für kyriakos/on anderswo bezögen sich schließlich auf den Kaiser. Eine kontextsensible Auslegung hätte hier wohl Aufschluss darüber geben können, wen Paulus im Korintherbrief als kyrios bezeichnet; die Übersetzung mag als Beispiel für die kuriosen Abwege dienen, auf die methodisch unkontrollierte Vergleiche führen können. Für die eigentliche Fragestellung ist die Terminologie indes unerheblich. K. wiederholt seine bereits mehrfach vorgestellten Überlegungen zur Finanzierung von Mahlzeiten: Sehr überzeugend stellt er fest, dass übliche Erklärungen (Jeder bringt sein Essen mit? Der Patron bezahlt alles?) im antiken Kontext äußerst ungewöhnlich wären, was derartige Rekonstruktionen natürlich nicht unmöglich, aber doch unwahrscheinlich macht. K. geht daher davon aus, dass auch die Christen einen Mitgliedsbeitrag erhoben und/oder die Verantwortlichkeit für die Organisation des Mahls reihum gehen ließen; damit überzeugt er jedenfalls den Rezensenten. Größere Probleme bereitet das ebenfalls finanziellen Fragen gewidmete Folgekapitel zur paulinischen Sammlung für die Armen in Jerusalem (245–264). K. sucht (wie zuletzt auch R. Last – P. Harland, Group Survival in the Ancient Mediterranean, London 2020) den Vergleich zu epidoseis in griechischen Städten und Vereinen, und natürlich ist es richtig, dass solche Geldsammlungen in vieler Hinsicht – Verwaltungsfragen, Konformitätsdruck, Anspruch auf Anerkennung der Spender – überall gleich ablaufen. Keine Stadt und kein Verein sammelten allerdings a) für Arme und b) für Menschen anderswo, worauf K. nur sehr knapp eingeht; den Vergleich zur jüdischen Tempelsteuer schließt er von vornherein als unpassend aus. Man kann hier den Eindruck gewinnen, dass der umständliche Nachweis trivialer Gemeinsamkeiten mit Städten und Vereinen den Blick auf einen doch sehr sonderbaren Aspekt paulinischer Gemeindeorganisation verstellen soll. Das knappe Kapitel neun zu Begräbnissen begibt sich dann wieder auf sehr traditionelles Terrain (265–277). Bereits die Forschung des 19. Jahrhunderts hatte Christen als Begräbnisvereine gedeutet, und auch wenn diese von Mommsen postulierte Vereinskategorie heute keine Konjunktur mehr hat, lässt sich doch mit K. als eine mögliche Aktivität von Christengruppen auch das Begräbnis von Mitgliedern annehmen.
Die letzten beiden Kapitel (das Fazit ist sehr kurz) richten den Blick auf das Verhältnis von Christengruppen zur Außenwelt. Kapitel zehn (278–305) versteht zunächst den gut bekannten Nachbau städtisch-demokratischer Strukturen in Vereinen als eine Reaktion auf die zunehmend undemokratischen Verhältnisse in den Städten des Hellenismus und der Kaiserzeit: Sicherlich eine mögliche Erklärung, die aber in einer gewissen Spannung zu der im gleichen Atemzug vertretenen Idee steht, dass Vereine so auch Nichtbürger mit den „civic practices and values“ der Stadt vertraut machten (289). Die Übernahme städtischer Strukturen wird sodann mit der Selbstbezeichnung christlicher Gemeinden als ‚Fremde‘ in weltlichen Städten verglichen. Aus Begriffen wie paroikoi und parepidēmoi darf man nach K. nicht auf Isolation oder auch nur auf ein distanziertes Verhältnis von Christengemeinden zur Stadt schließen, denn da diese Begriffe auch von Städten zur Bezeichnung von Bevölkerungsgruppen verwendet wurden, handle es sich bei solcher Rhetorik lediglich um ein weiteres Beispiel für die im Vereinswesen verbreitete Tendenz der Nachahmung städtischer Strukturen. Überdies riefen auch christliche Autoren dazu auf, sich Verdienste um die Gruppe zu erwerben, stimmten darin also mit auf Ehrungen bedachten „civic practices“ völlig überein. Wie die Dinge hier logisch zusammenpassen, ist dem Rezensenten leider noch immer nicht klar geworden (K. publiziert dieses Argument hier zum dritten Mal). Jedenfalls sind keine anderen Vereine bekannt, die sich als fremd in ihrer eigenen Stadt bezeichneten (mit Ausnahme natürlich von Einwanderergruppen), und auch staatsgefährdende Organisationen können Verdienste nach herkömmlichen Kriterien belohnen. Abschließend geht es um die Rekrutierung neuer Mitglieder (306–343). Plausibel spricht K. in Bezug auf das Vereinswesen von „network intersections“: Einzelne Personen konnten mehrere Vereine miteinander verbinden, wodurch sich neue Ideen leicht verbreiteten. Insbesondere für Berufsvereine lässt sich das zeigen, und so setzt K. Berufsvereine als Ausgangspunkt christlicher Mission an: Paulus und andere Handwerker knüpften auf ihren Reisen Kontakte zu den für sie einschlägigen Gruppen, die ihrerseits durch Mitglieder und Patrone mit anderen Gruppen vernetzt waren.
Für die Rezeption des Buches wird wichtig sein, wie intensiv sich seine Leserinnen und Leser bereits mit der Debatte beschäftigt haben. Fast alles, was das Buch bietet, konnte man so oder sehr ähnlich von K. bereits an anderer Stelle lesen; gelegentlich erscheinen längere Passagen hier wortidentisch erneut, ohne dass dies im Vorwort kenntlich gemacht würde. Das ist im anglo-amerikanischen Raum keineswegs ungewöhnlich, schmälert aber natürlich den Gewinn für diejenigen, die besagte Publikationen schon kennen. Wer hier zum ersten Mal mit K.s Modell konfrontiert wird, findet eine hochintelligente, detailreiche und kohärente Darstellung dessen, was man mit den von K. bevorzugten Analyseinstrumenten erreichen kann. Der Durchgang durch diese Ergebnisse mag indes die Frage aufwerfen, was an ihnen eigentlich so kontrovers ist, dass K. sich zu Beginn des Buches durch eine umständliche Methodendiskussion gegen Einwände absichern zu müssen glaubt. Ein guter Teil dessen, was K. als neue, nur durch den Vergleich zu erreichende Ergebnisse präsentiert, dürfte ohnehin Konsens sein. Angeführt seien nur drei paradigmatische Fälle: „Christ assemblies, no less than other associations, were sites where communal values and achievements could be recognized and commended and social capital generated for their members“ (207 f., Schluss von Kap. 6). – „The banquets of Christ groups and cultic associations were communal meals where members dined with, or at the invitation of, their deities and where they materialized a sense of belonging and ‘groupness’ “ (244, Schluss von Kap. 7). – „[Christian] burial practices were designed to cultivate a social imaginary that reinforced members’ sense of belonging during their lifetimes and that extended beyond the grave“ (277, Schluss von Kap. 9). – Die Frage ist wohl weniger, ob solche Thesen zustimmungsfähig sind (natürlich sind sie es), sondern vielmehr, ob es sich dabei tatsächlich um Forschungsergebnisse handelt, die den enormen Aufwand rechtfertigen. Aus Forschersicht ist die umfassende Sichtung des Materials zu antiken Vereinen schließlich eine nicht unbeträchtliche Herausforderung; aus Lesersicht gilt dasselbe für die ausführliche (und zwangsläufig oft monotone) Darbietung von Details aus diesem Material in einem Buch. Wenn dabei im Wesentlichen herauskommt, dass auch Christen beim Mahl eine Gemeinschaft bilden und dass auch bei Christen eine Geldsammlung für einen gemeinsamen Zweck Zugehörigkeitsgefühle verstärkt (262; Schluss von Kap. 8), muss die Frage erlaubt sein, ob diese Schlussfolgerungen nicht auch einfacher zu haben gewesen wären.
Kontrovers wird es am ehesten dort, wo K. aus dem Vergleich Schlussfolgerungen nicht nur bezüglich christlicher Praxis, sondern auch bezüglich der Integration von Christengemeinden in die Strukturen des römischen Reiches ableitet. Wie gesehen bemüht sich K. an mehreren Stellen, Eigenarten christlicher Texte durch den Hinweis zu relativieren, dass diese Texte auf einer sehr abstrakten Ebene keine anderen Werte zum Ausdruck bringen als antike Vereinsinschriften. Der oft angenommene Grundsatzkonflikt zwischen ‚Staat und Christentum‘ besteht demnach nicht. Man kann so arbeiten, und es ist innerhalb des hier gewählten Forschungszuschnitts wohl kein Problem, dass viele traditionelle Fragen (etwa zur rechtlichen Lage der Christen) allenfalls am Rande behandelt werden. Man kann aber eben auch diese Dinge wissen wollen und zum Beispiel finden, dass in eine Geschichte frühchristlichen Gruppenlebens auch die Frage gehört, warum Christsein – anders als Mitgliedschaft in Vereinen – mit dem Tod bestraft wurde und wie sich dies auf Gruppenstrukturen auswirkte. Es folgen ja daraus auch Anfragen an den Vergleich: Warum etwa stellen Christengruppen keine Inschriften auf (K. bietet auf S. 52 f. lediglich vergängliches Material als Erklärung), und was bedeutet das konkret für die bei K. zentrale Frage nach Konnektivität in der antiken Stadt – die ja für andere Vereine im Wesentlichen aus Inschriften im öffentlichen Raum rekonstruiert wird? Führt ein Vergleich, der die römische Sonderbehandlung von Christen ausblendet, in der Frage nach gesellschaftlicher Integration tatsächlich zu ‚methodisch kontrollierten‘ Ergebnissen? Ist es ein Problem, dass nicht wenige von K.s Ergebnissen auch dann gültig wären, wenn die ersten Christengemeinden nicht im römischen Reich, sondern in Nordamerika entstanden wären? Die Antwort auf solche Einwände beschränkt sich leider auch in diesem Buch auf bloßes Abqualifizieren: Die Kritiker (der Rezensent gehört dazu) seien eben nicht in der Lage, emische und etische Ordnungskriterien auseinanderzuhalten und hingen überdies obsessiv an Herkunfts- und Statusfragen, statt vorurteilsfrei Analogien zu untersuchen. Diese Argumente kennt man seit den eingangs erwähnten Arbeiten aus den 1990er Jahren. Damals waren sie sicherlich in Teilen berechtigt und trugen dazu bei, ein neues Forschungsfeld zu erschließen. Dem Rezensenten ist nicht bekannt, dass heute noch jemand die bloße Möglichkeit eines Vergleichs zwischen christlichen und anderen Vereinigungen bestreitet; er weiß auch niemanden zu nennen, der diesen Vergleich schon deshalb ablehnt, weil Christen in den Quellen nicht als collegium bezeichnet werden (nach K. aber ein Einwand, der ihm „all too often“ entgegengehalten werde, S. 19). Die Kritik richtet sich nicht gegen den Vergleich an sich, sondern betont die Grenzen dessen, was man damit konkret herausfinden kann. Dies aber ist ein Unterschied, den K. nicht zulässt: Die umständliche Einleitung zu Sinn und Unsinn von Vergleichen imaginiert noch immer eine erzkonservative Gegnerschaft, die aus ‚apologetischen‘ Gründen die ‚Unvergleichlichkeit‘ des Christentums behauptet und deshalb K.s Projekt verketzert. Wer soll sich davon ernsthaft angesprochen fühlen?
Das Buch ist als Monument des Erreichten konzipiert, nicht als Einladung zur kontroversen Diskussion. Man kann daran Anstoß nehmen, und ob ein solches Buch die im Klappentext versprochene „watershed“ sein kann, wird darauf ankommen, ob K. damit auch Forscher ansprechen kann, die nicht ohnehin schon innerhalb des von ihm abgesteckten Rahmens arbeiten. Da sie von K. pauschal diskreditiert werden, sind Zweifel begründet. Doch soll die Rezension mit solch kritischen Überlegungen nicht enden: Es steht außer Frage, dass es sich bei diesem Buch um eine sehr sorgfältig gearbeitete und in vielen Details auch überzeugende Darstellung frühchristlicher Gruppendynamik handelt. Kloppenborgs hervorragende Quellenkenntnis und die oft ins Zentrum der Kapitel gestellten Methodendiskussionen machen das Buch zur Pflichtlektüre auch für diejenigen, die andere Fragestellungen für gewinnbringender halten.
© 2021 Benedikt Eckhardt, published by De Gruyter
Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
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- Christoph Hammann, Katharsis in Kaiserzeit und Spätantike. Vorstellungen von Reinigung und Reinheit in Medizin, platonischer Philosophie und christlicher Theologie des 2. bis 4. Jahrhunderts n. Chr., Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2020 (Hypomnemata 208), 983 S., ISBN 978-3-525-31723-5 (geb.), € 100,–
- Muriel Moser, Emperor and Senators in the Reign of Constantius II. Maintaining Imperial Rule between Rome and Constantinople in the Fourth Century AD, Cambridge (Cambridge University Press) 2018, XVII, 420 S., ISBN 978-1-108-48101-4 (geb.), £ 90,–
- Andreas Schwab, Fremde Religion in Herodots „Historien“. Religiöse Mehrdimensionalität bei Persern und Ägyptern, Stuttgart (Franz Steiner Verlag) 2020, 307 S., ISBN 978-3-515-12720-2 (brosch.), € 46,–
- Simon Hornblower, Lykophron’s Alexandra, Rome and the Hellenistic World, Oxford (Oxford University Press) 2018, XXIV, 254 S., ISBN 978-0-19-87236-8 (geb.), £ 63,–
- Irmgard Männlein-Robert (Hg.), Über das Glück. Marinos, Das Leben des Proklos, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von Matthias Becker, John Dillon, Udo Hartmann, Christoph Helmig, Irmgard Männlein-Robert, Dominic O’Meara, Stefan Schorn, Benjamin Topp, unter Mitwirkung von Oliver Schelske, Tübingen (Mohr Siebeck) 2019 (SAPERE XXXIV), XIII, 451 S., ISBN 978-3-16-157638-6 (geb.), € 94,–
- Stephen Mitchell – David French (Hgg.), The Greek and Latin Inscriptions of Ankara (Ancyra), II: Late Roman, Byzantine and other Texts, München (C.H.Beck) 2019 (Vestigia 72), VIII, 347 S., ISBN 978-3-406-73234-8 (geb.), € 108,–
- Tonio Hölscher, Visual Power in Ancient Greece and Rome. Between Art and Social Reality, Oakland (University of California Press) 2018, 426 S., ISBN 978-0-520-96788-5 (geb.), $ 49,95
- Alexander the Great’s Route to Gaugamela and Arbela