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§ 35 BauGB verstehen und anwenden

  • Volker Herbolsheimer
    Volker Herbolsheimer
    ist gegenwärtig als Proberichter am Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen tätig und war zuvor wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Verfassungstheorie und interdisziplinäre Rechtsforschung an der Ruhr-Universität Bochum des Koautors Julian Krüper. Bochum Germany
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    und Julian Krüper
    Julian Krüper
    ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Verfassungstheorie und interdisziplinäre Rechtsforschung an der Ruhr-Universität Bochum. Bochum Germany
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Veröffentlicht/Copyright: 7. Dezember 2019
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Grundstudium ÖRDr. Volker Herbolsheimer* und Prof. Dr. Julian Krüper§35 BauGB verstehen und anwendenhttps://doi.org/10.1515/jura-2019-2294§35 BauGB ist neben §30 und §34 BauGB die dritte we-sentliche Rechtsgrundlage für einen der drei Gebietstypen,die nach der Konzeption des BauGB für die planungsrecht-liche Zulässigkeit von Einzelvorhaben entscheidend sind.Dabei gelten im Rahmen des §35 BauGB nicht nur andereZulässigkeitsvoraussetzungen als in den beiden anderen Ge-bieten; auch die generelle Ausrichtung und Intention des§35 BauGB ist deutlich verschieden. Im Anschluss an dieBeiträge zu §34 BauGB1soll dieser Beitrag zeigen, dass derUmgang mit §35 BauGB keinen besonderen Herausforde-rungen unterliegt, wenn man Zweck und Systematik derNorm verstanden hat.I. Der Zweck des §35 BauGBDie Überschrift des §35 BauGB lautet »Bauen im Außen-bereich«. Bereits der Begriff »Außenbereich« lässt die In-tention des §35 BauGB erahnen: Er stehtaußerhalbdesplanungsrechtlichen Zentrums als dem Ort hoher Nut-zungsverdichtung und Konzentration baulicher Anlagen.In der Wirklichkeit entspricht dies nicht immer den Tatsa-chen: Weder sind Außenbereichsflächen immer unberührtvon menschlicher und baulicher Nutzung, können es abersein, noch finden sich Außenbereichsflächen stets »vorden Toren der Stadt«.2Im Gegenteil können etwa auchgroße Brachflächen im räumlichen Zentrum von Städtenetwa ehemalige Bahnhofs-, Industrie- oder Kasernenge-lände3Außenbereiche im Rechtssinne sein. Ein recht-lich angemessenes Verständnis des §35 BauGB setzt alsovoraus, sich von einer allzu naturalistischen Außen-bereichsvorstellung vonBienchen und Blümchenfrei-zumachen undAußenbereichdaher als Rechtsbegriff zuverstehen.Gleichwohl kommt im begrifflichen Innen- und Au-ßen-Dualismus des BauGB ein für das Verständnis von§35 BauGB wichtiger Gedanke zum Ausdruck. Denn §35BauGB beschreibt nicht nur, dass es Bereiche gibt, dienicht im Zentrum menschlicher Aktivität stehen und daherüberwiegend »unberührt« sind; vielmehr sieht §35 BauGBdarin auch eine planungsrechtliche Notwendigkeit, der erGesetzesform verleiht. Freie, nicht bebaute und damit derNatur überlassene Flächen dienen dem Menschenins-besondere in Großstädtenzur Erholung und als Ort desnotwendigen sozialen Austauschs und des körperlich-see-lischen Ausgleichs. Darin erschöpft sich der Zweck des§35 BauGB allerdings noch nicht. Er will in einem stärkerplanerischen Sinn Flächen zur geordneten städtebauli-chen Entwicklungund das heißt auch: zur Bebauungfreihalten, namentlich Splittersiedlungen verhindern, unddamit zugleich auch ökologische Reserven freihalten. DieIntention des §35 BauGB ähnelt insoweit der ressourcen-ökonomischen Bedeutung des umweltrechtlichen Vorsor-geprinzips.4Damit gilt als Grundsatz: Der Außenbereichsoll geschont, d.h. grundsätzlichunbebautbleiben, umdie vorgestellten ZieleErholung, planerische Entwick-lung, Umweltschutzzu verwirklichen.II. Die Systematik des §35 BauGBDiese Zwecksetzung macht klar, dass die Zulässigkeits-voraussetzungen für Bauvorhaben in Gebieten nach §35BauGB andere sein müssen, als im Rahmen von §30BauGB oder §34 BauGB5. Während es diesen primär umeine geordnete städtebauliche Entwicklung in dem Sinnegeht, dass die grundsätzlich erwünschten Vorhaben nicht*Kontaktperson: Volker Herbolsheimer,ist gegenwärtig als Probe-richter am Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen tätig und war zuvorwissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht,Verfassungstheorie und interdisziplinäre Rechtsforschung an derRuhr-Universität Bochum des Koautors Julian Krüper.Julian Krüper,ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht,Verfassungstheorie und interdisziplinäre Rechtsforschung an derRuhr-Universität Bochum.1Krüper/Herbolsheimer,JURA2017, 286ff., 532ff.2Muckel/OgorekÖffentliches Baurecht, 3.Aufl. 2018, §7 Rn.136.3BVerwG NVwZ 2017, 412 (412f.);Stollmann/BeaucampÖffentlichesBaurecht, 11.Aufl. 2017, §16 Rn.11.4Zum Vorsorgeprinzip etwaKrüperGemeinwohl im Prozess, 2009,S.69ff.5Ausführlich zur Dogmatik des §34 BauGBKrüper/HerbolsheimerJURA2017, 286ff. und 532ff.Juristische Ausbildung 2020(1): 2235
Online erschienen: 2019-12-07
Erschienen im Druck: 2019-12-02

© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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