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§ 281 Abs. 4 BGB und das Ende des Erfüllungsanspruchs

  • Jürgen Kohler
    Jürgen Kohler
    Der Autor ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.
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Veröffentlicht/Copyright: 18. August 2014
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AufsatzProf. Dr. Jürgen Kohler§281 Abs.4BGB und das Ende desErfüllungsanspruchsDOI 10.1515/jura-2014-0104Der zum schuldrechtlichen Kernbestand gehörende §281Abs.4BGB regelt die Grenzen des Erfüllungsanspruchs imÜbertritt zur Schadensersatzhaftung unter den Vorausset-zungen der §§280 Abs.1 und3, 281 Abs.13BGB. Die un-scheinbare Norm erweist sich bei näherer Betrachtung alsdiffizil und streitanfällig. Ihre Problematiken betreffen zu-nächst die Frage, ob das Vorgehen nach §281 Abs.4BGBden Erfüllungsanspruch auch ausschließt, wenn der Scha-densersatzanspruch an §280 Abs.1S.2BGB scheitert. DesWeiteren und vor allem ist höchst kontrovers, welche Gren-zen dem Recht des Gläubigers, den Erfüllungsanspruchdurch seine Entscheidung für den Schadensersatz nach Ein-tritt der in §281 Abs.13BGB genannten Voraussetzungenauszuschließen, dadurch gesetzt sind, dass der Schuldnerauch dann noch in Erfüllung seiner primären Leistungs-pflicht befreiend leisten kann. Der Beitrag untersucht beideFragen, wobei der Schwerpunkt auf der zuletzt genanntenProblematik liegt.I. Der Regelungsinhalt und seineNeuigkeitenDer Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobaldder Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangthat; dies ordnet §281 Abs.4BGB an, und zwar gleichgül-tig, ob es sich um eine Haftung aus einem synallagmati-schen Vertrag handelt oder nicht1. Diese Vorschrift soll dasVerhältnis zwischen einem fälligen Leistungsanspruch,den der Schuldner auch nach Setzung einer eindeutig be-stimmten2Frist gemäß §281 Abs.1BGBoder in denFällen des §281 Abs.2BGB ohne Fristsetzungnichterfüllt hat, und einem Anspruch gegen den Schuldner aufSchadensersatz statt der Leistung auf Grund von §§280Abs.1 und3, 281 Abs.13, Abs.5BGB klären, und zwarhinsichtlich der Frage, ob und in wie weit der Gläubigerzwischen diesen beiden Rechten wählen kann. Da dem§281 Abs.4BGB zu entnehmen ist, dass der fruchtloseAblauf der nach §281 Abs.1BGB gesetzten Frist bzw. derUmstand, dass ein Fall des §281 Abs.2 bzw. Abs.3BGBvorliegt, jedenfalls nicht genügt, um dem Gläubiger denursprünglichen Erfüllungsanspruch zu nehmen und ihnauf den Schadensersatzanspruch festzulegen, geht es alsodarum, die elektive Konkurrenz3zwischen dem Erfüllungs-und dem Schadensersatzanspruch4, der zunächst nur einverhaltener Anspruch ist5, durch eine auf Schadensersatz-Jürgen Kohler:Der Autor ist Inhaber des Lehrstuhls für BürgerlichesRecht und Zivilprozessrecht an der Ernst-Moritz-Arndt-UniversitätGreifswald.1Damit wird die früher in den hier interessierenden Fällen bestehen-de Differenzierung der Schadensersatzhaftung wegen Nichterfüllungnach §326BGBaF. für synallagmatische Verträge und nach §280Abs.2BGB aF. für nichtsynallagmatische Rechtsverhältnisse auf-gegeben; dazu Heinrichs, Festschr. Derleder (2005) 87, 92.2Zum Erfordernis einer hinreichend klaren Fristbestimmung stattVieler Heinrichs, Festschr. Derleder (2005) 87, 100; näher dazu Ska-mel JuS2010, 671ff.3Dazu Althammer ZGS2005, 375, 376f.; ders., NJW 2006, 1179, 1180;Bressler NJW 2004, 3382, 3382f.; Faust, Festschr.Huber (2006) 239,240; Heinrichs, Festschr. Derleder (2005) 87, 106; M.Jacobs, Festschr.Otto (2008), 137, 143; Kleine/Scholl NJW 2006, 3462, 3462; AnwK/Dauner-Lieb (2.Aufl. 2012) §281 Rn.53; Palandt/Grüneberg (72.Aufl.2013) §281 Rn.49; MüKo/Ernst (6.Aufl.2012) §281 Rn.68; Staudin-ger/Otto/Schwarze (2009) §281 Rn.D2m.w.N.Darunter ist nachMüKo/Ernst (6.Aufl.2012) §281 Rn.68 die Befugnis des Gläubigerszu verstehen, den bisherigen Anspruchsinhalt durch einen anderenAnspruchsinhalt zu ersetzen.4Im Verhältnis zum Rücktrittsrecht, das in Fällen des §281BGB inder Regel auf Grund von §323BGB ebenfalls besteht, steht ein Scha-densersatzbegehren gemäß §325BGB in freier Konkurrenz, währenddie Ausübung des Rücktrittsrechts den Erfüllungsanspruch nach§346 Abs.1S.1 BGB zum Erlöschen bringt (Faust, Festschr. Huber(2006) 239, 241f.), andererseits aber die Geltendmachung des Erfül-lungsanspruchs grundsätzlich nicht den nachmaligen Übergang zumRücktritt präkludiert, wie BGH NJW 2006, 1198f. feststellt.5MüKo/Ernst (6.Aufl.2012) §281 Rn.92, 105, 108; Faust, Festschr.Huber (2006) 239, 240; M.Jacobs, Festschr. Otto (2008), 137, 139.Unter einem verhaltenen Anspruch ist ein Anspruch zu verstehen,den der Gläubiger geltend machen kann, auf den aber der SchuldnerJuristische Ausbildung 2014(9): 872887
Online erschienen: 2014-8-18
Erschienen im Druck: 2014-9-1

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