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Transtextuelle Figuren als soziosemiotische Kerne. Ein Vorschlag

  • Silvia Reuvekamp EMAIL logo
Published/Copyright: September 10, 2025
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Abstract

This article proposes a new theoretical model for understanding transtextual character identity by introducing the concept of sociosemiotic cores. Traditional feature-based approaches – defining identity through stable traits shared across texts – fail to explain the long-term cultural persistence of certain figures. In contrast, the sociosemiotic core model posits that transtextual character identity emerges from the symbolic condensation of a culturally salient anthropological or socio-cultural problem in a specific, recognizable figural form. This deep structure enables both narrative variation and thematic continuity across texts, media, and historical contexts.

Using the figure of Gawain as a case study, the article analyzes medieval and contemporary manifestations – from the Prose Lancelot to Kazuo Ishiguro’s The Buried Giant – to show how this character continually rearticulates a specific cultural aporia: the tension between normative ideals and the complexities of social reality. Gawain’s identity is not grounded in stable attributes or plot roles, but in his consistent function as a symbolic medium for negotiating unresolved cultural dilemmas.

The model demonstrates that transtextual figures gain cultural resonance not through trait stability, but through the durable articulation of problems that remain relevant over time. The concept of sociosemiotic cores allows for a more nuanced and historically sensitive understanding of why certain figures – such as Gawain or even mythic-religious ones like the Devil – remain culturally productive. It also opens new methodological perspectives for analyzing figures in medieval literature, where textual variance and transmission often resist essentialist models. Ultimately, this framework reframes transtextual identity as a product of semantically charged figural structures capable of accommodating both change and recognition within evolving cultural discourses.

Erzählerische Variabilität, symbolische Kontinuität: Eine neue Perspektive auf Figurenidentität

Die allermeisten Figuren der mittelalterlichen Literatur basieren in einem engeren oder weiteren Sinne auf Vorlagen, und viele ihrer Geschichten werden weit über das Mittelalter hinaus wieder- und neuerzählt. So ist es wenig erstaunlich, dass sich die mediävistischen Literaturwissenschaften seit jeher intensiv mit dem beschäftigt haben, was man als ›einzeltextübergreifende Arbeit an einer Figur‹ bezeichnen könnte (vgl. zuletzt pointiert Philipowski 2019). Immer wieder wurde gezeigt, dass mittelalterliche Autoren im Prozess des rewritings allem voran bei Figuren ansetzen, wenn es ihnen darum geht, Neuakzentuierungen innerhalb eines gegebenen Stoffes vorzunehmen (vgl. u. a. Brüggen/Bumke 2011; Möllenbrink 2020). Wiedererzählen bedeutet in den volkssprachigen Literaturen des Mittelalters auffällig häufig Neuerzählen von Figuren. Im Rahmen der Themenstellung des vorliegenden Heftes stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, welchen Mehrwert es mit sich bringen könnte, solche längst erkannten, auf unterschiedlichen Ebenen der Produktion und Rezeption von Literatur angesiedelten und entsprechend in unterschiedlichen methodisch-theoretischen Designs bereits beschriebenen Phänomene (adaptation courtoise, Mediaevalisierung, Wiedererzählen, Retextualisierung, Intertextualität, Mehrfachüberlieferung, Mittelalterrezeption) neu unter einem Label wie ›Transtextualität‹, ›Transfiktionalität‹ oder ›Transmedialität‹ zu theoretisieren.[1] Die Frage stellt sich insofern umso dringlicher, als die narratologischen und medienwissenschaftlichen Beiträge zu transtextuellen Figuren in ihrer methodisch-theoretischen Diversität bisher erst im Ansatz ein eigenes Forschungsfeld konturieren, dessen Erkenntnisinteressen zudem in allererster Linie auf Phänomene eines spezifisch modernen Erzählens gerichtet sind. Zu klären wäre also, welchen methodischen Herausforderungen oder Problemen der mediävistischen Figurenforschung sich im Rekurs auf die aktuellen Diskussionen um transtextuelle, transmediale oder transfiktionale Figuren besser begegnen ließe als ohne einen solchen methodisch-theoretischen Impuls.

Während sich die mediävistische Forschung zu retextualisierten Figuren vor allem mit konkreten Rezeptionsverhältnissen und deren Relevanz für die Bedeutungskonstitution einzelner literarischer Werke beschäftigt, liegt der Fokus der Forschung zu transtextuellen Figuren auf den Möglichkeiten und Grenzen, deren Identität über die einzelnen Realisationen in individuellen Werken hinaus zu bestimmen. Vergleichend in den Blick geraten verschiedene Entwürfe einer Figur entsprechend auch dann, wenn sie in keinem direkten Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. In solchen Fällen geht es weniger um konkrete Bearbeitungsstrategien einzelner Adaptationen als um die kulturelle Bedeutung der transtextuellen Figur insgesamt. Fruchtbar könnte ein in diesem Sinne erweiterter Fokus insbesondere für solche Figuren vormodernen Ursprungs sein, die über eine breite und langanhaltende Rezeptionsgeschichte in unterschiedlichen historischen, kulturellen und medialen Kontexten verfügen und die dabei ganz heterogene Ausgestaltungen erfahren haben. Gerade für solche Figuren stellt sich die Frage nach einer übergreifenden Identität und den Ursachen für ihr anhaltendes Faszinationspotenzial mit besonderer Dringlichkeit.

Leider fehlt es bisher an einer grundlegenden Verständigung darüber, wie die Identität transtextueller und transmedialer Figuren theoretisch modelliert und methodisch erfasst werden kann. Im Wesentlichen stehen sich aktuell zwei gegenläufige logische Operationen gegenüber, mit denen versucht wird, identitätsstiftende Relationen zwischen unterschiedlichen Realisationen einer transtextuellen Figur zu bestimmen: Während Identität im einen Fall als minimaler Ähnlichkeitsgrad im Sinne einer den verschiedenen Realisierungen der Figur gemeinsamen Schnittmenge essentieller Merkmale konzeptualisiert wird (vgl. u. a. Margolin 1990; 1996), wird sie im anderen Fall in entgegengesetzter Richtung als Vereinigungsmenge der Attribuierungen aller Realisationen aufgefasst (vgl. u. a. Philipowski 2019).[2] Beide Zugänge führen allerdings in grundlegende methodische Probleme hinein. So scheint es schon schwierig, in der Analyse konkreter Realisationen einer transtextuellen Figur zwischen essenziellen und fakultativen Eigenschaften zu unterscheiden (vgl. Margolin 1990, 868; Reicher 2010, 126–129; Philipowski 2019, 125). Hinzu kommt, dass gerade bei Figuren mit einer langen und ausdifferenzierten Rezeptionsgeschichte in vielen Fällen kaum mehr als der Eigenname im Schnittfeld aller Realisationen liegen dürfte. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass in diesen Fällen die Summe der Merkmale aller Realisationen in sich so diversifiziert sein dürfte, dass damit kaum mehr die Identität einer transtextuellen Figur beschreibbar wäre.

Die Probleme beider Ansätze könnten daraus resultieren, dass sie gleichermaßen versuchen, Identität allem voran über Merkmale und Merkmalsbündel zu bestimmen, obwohl gerade die Analyse hochfrequenter transtextueller Figuren eindrücklich vor Augen führt, wie austauschbar die allermeisten Attribuierungen im Verlauf ihrer Rezeptionsgeschichte sind (vgl. auch Bertetti/Thibault 2022, 231). Zu wenig einbezogen werden hingegen die impliziten und expliziten Bedeutungen, die durch einzelne Figurenmerkmale und deren Verknüpfungen evoziert werden, sowie deren Auswirkungen auf die narrativen, aktanziellen und diskursiven Funktionen der Figur.[3] Dabei liegt die Vermutung nahe, dass sich die zeit- und kulturübergreifende Reichweite und Relevanz vieler transtextueller Figuren allem voran auf der Ebene ihrer Bedeutungen und Funktionen erklären lässt.[4] Auf der Suche nach der Identität solcher Figuren wäre entsprechend gezielter, als es bisher geschieht, zu fragen, ob es Bedeutungen und Funktionen gibt, die im Verlauf der Rezeptionsgeschichte relativ stabil bleiben und die dabei über unterschiedliche und sich wandelnde Merkmalsattribuierungen hervorgebracht werden, und ob es bestimmte Typen von semantischen Relationen gibt, die gerade transtextuelle Figuren mit einer besonderen zeit- und kulturübergreifenden Reichweite auszeichnen. Das Ziel wäre es, den Grad an Variabilität transtextueller Figuren näher zu bestimmen und gleichzeitig besser zu verstehen, an welcher konzeptionellen Stelle Identität und Variabilität verortet sind.

Ein in diesem Sinne besonders anschlussfähiger Vorschlag findet sich bei Paolo Bertetti, der hochfrequente transtextuelle und transmediale Figuren als soziosemiotische Objekte versteht – als kulturell zirkulierende Zeichen, deren Identität sich nicht aus einem einzelnen Werk oder Medium ableitet, sondern in einem Geflecht aus Texten, medialen Transformationen, Rezeptionsakten und diskursiver Wiederverwertung konstituiert. Bereits in seinem Beitrag von 2014 (»Toward a Typology of Transmedia Characters«) argumentiert er gegen ein essentialistisches Figurenverständnis und entwickelt stattdessen das Modell einer Wiedererkennbarkeit im Wandel, die durch strukturelle Offenheit und semantische Variabilität ermöglicht wird. In seiner später gemeinsam mit Mattia Thibault ausgearbeiteten Theorie (»Towards a Semiotic Theory of Transmedia Characters«, 2022) beschreibt er Figuren differenziert als Produkte auf drei verschränkten Ebenen: als textuelle Konstruktionen, als semio-pragmatische Wirkungen und als kulturelle Einheiten, die sich im kollektiven Gedächtnis sedimentieren.

Das von Bertetti entwickelte Modell bietet ein präzises deskriptives und analytisch-methodisches Instrumentarium, das die dynamische Identitätsbildung transtextueller Figuren sichtbar macht und methodische Leitlinien für deren Analyse formuliert. Es liefert jedoch keine theoretische Erklärung dafür, warum bestimmte Figuren überhaupt über eine longue durée hinweg in immer neuen kulturellen und medialen Kontexten wiederkehren, während andere rasch in Vergessenheit geraten. Die Prozesse der kulturellen Sedimentierung, auf die Bertetti verweist, bleiben in ihrer Genese theoretisch unterbestimmt.[5]

Der vorliegende Beitrag möchte an diesem Modell ansetzen und es weiterführen. Transtextuelle Figuren mit hoher Persistenz lassen sich nicht nur als semiotisch flexible Konstrukte verstehen, sondern als symbolische Konfigurationen, die ein kulturell dauerhaft relevantes anthropologisches oder sozialanthropologisches Grundproblem auf spezifische Weise artikulieren. Entscheidend für ihre langfristige Wiedererkennbarkeit ist dabei die Verbindung von zwei Komponenten: (1) ein Problemfeld, das kulturelle Selbstverständigungsprozesse in immer neuen historischen Konstellationen herausfordert – etwa Fragen nach Schuld und Gerechtigkeit, Geschlechterordnung, Zugehörigkeit oder transgressivem Wissen –, und (2) eine figurenspezifische Artikulationsform, die eine prägnante, wiedererkennbare Weise bietet, dieses Problem zu dynamisieren und narrativ zu verhandeln.

Diese Kombination bildet, so mein Vorschlag, den soziosemiotischen Kern einer transtextuellen Figur. Ein soziosemiotischer Kern bezeichnet jene figurenspezifische Konfiguration, in der ein dauerhaft relevantes anthropologisches oder sozialanthropologisches Problem durch eine charakteristische, kulturell anschlussfähige Artikulationsweise symbolisch verdichtet wird. Transtextuelle Figurenidentität entsteht erst durch die spezifische Verschränkung von Problembezug und figurativer Gestalt: Sie ist weder durch narrative Strukturähnlichkeit noch durch thematische Parallelität allein identifizierbar, sondern durch eine Tiefenstruktur, die Differenz im Modus der Wiedererkennbarkeit ermöglicht. In terminologischer Anlehnung an Bertetti bezeichnet der Begriff ›soziosemiotisch‹ weiterhin den kulturellen Status der Figur als gesellschaftlich zirkulierendes Zeichen. Während Bertetti allerdings unter soziosemiotischen Objekten vorrangig die Dynamik figuraler Bedeutung im Zusammenspiel von Text, Rezeption und Diskurs versteht, zielt mein Konzept eines soziosemiotischen Kerns auf eine inhaltlich-semantische Tiefenstruktur, die eine Figur über verschiedene mediale, historische und poetische Konkretionen hinweg erkennbar macht[6] – selbst dann, wenn sich Figureneigenschaften, narrative Kontexte, Wertsysteme und ästhetische Verfahren stark unterscheiden.[7]

Gerade die spezifische Artikulation eines Problems in einer Figur erzeugt dabei eine Ähnlichkeit mittlerer Reichweite: Sie ist weder durch oberflächliche Merkmalskonstanz noch durch vollständige semantische Deckung bestimmt, sondern durch eine Kohärenz, die es erlaubt, disparate Gestaltungen als Varianten einer gemeinsamen semantischen Konstellation zu begreifen. Der soziosemiotische Kern wirkt als Ermöglichungsstruktur für Differenz und Wiedererkennung zugleich: Er sichert nicht Identität im Sinne narrativer oder mimetischer Gleichheit, sondern Wiedererkennbarkeit im Modus kultureller Anschlussfähigkeit. Transtextuelle Figuren lassen sich in dieser Perspektive nur im Schnittfeld beider Ebenen fassen: Ein anthropologisches oder sozialanthropologisches Problem kann von verschiedenen Figuren in vollkommen unterschiedlicher Weise artikuliert und in Handlung überführt werden. Ebenso können sich Figuren in ihrer Handlungsstruktur stark ähneln, ohne dass sie auf denselben Problemhorizont referieren. Erst in der Verbindung von Problembezug und Artikulationsform entsteht ein soziosemiotischer Kern, der eine rekonstruierbare Identität im Wandel ermöglicht.

Zwei Beispiele mögen die analytische Trennschärfe dieses Modells illustrieren. Sie zeigen, dass unterschiedliche transtextuelle Figuren je eigene Artikulationsformen für ein gemeinsames kulturelles Grundproblem entwickeln können: Diogenes und Till Eulenspiegel exponieren auf radikal verschiedene Weise die Kontingenz und Konstruiertheit kulturkonstituierender Normen – und treten so als Figuren in Erscheinung, die auf die kulturell verankerte Tendenz zur Selbstvergewisserung durch Ordnungskonformität und den damit verbundenen normativen Geltungsanspruch reagieren.[8] Diogenes unterläuft in seiner performativen Kulturkritik demonstrativ die unhinterfragte Selbstgewissheit bürgerlich-zivilisatorischer Normativität und zielt damit auf Selbsterkenntnis. Till Eulenspiegel hingegen nutzt die Blindstellen kultureller Ordnung strategisch, um individuelle Vorteile zu erzielen und andere bloßzustellen – ohne auf fundamentale Subversion abzuzielen. Der soziosemiotische Kern liegt in beiden Fällen in der figurenspezifischen Auseinandersetzung mit einem gemeinsamen Problemfeld, doch ergibt er sich jeweils aus der spezifischen Art der Artikulation: bei Diogenes als existenzielle Konfrontation und ethische Provokation, bei Till als komisch-subversives Spiel mit der Ordnung. Die Unterschiede in der symbolischen Verdichtung konstituieren somit unterschiedliche soziosemiotische Kerne – ungeachtet der gemeinsamen kulturellen Bezugsspannung.

Mein zweites Beispiel verdeutlicht die umgekehrte Konstellation: Verhaltensähnlichkeit bei unterschiedlicher Problemreferenz. Sowohl Don Quijote als auch Till Eulenspiegel agieren im Widerspruch zur sozialen Wirklichkeitsauffassung ihrer Umwelt, legen konventionelle Erwartungen bloß und erzeugen Deplatzierungseffekte. Doch die semantische Tiefenstruktur, auf der ihr Handeln beruht, ist grundverschieden: Don Quijote thematisiert das Spannungsverhältnis zwischen poetischer Imagination und entzauberter Wirklichkeit; sein Verhalten ist tragisch grundiert durch das Scheitern einer idealistischen Weltdeutung. Demgegenüber richtet sich Tills subversives Agieren auf das Aufdecken normativer Inkonsequenzen – nicht aus Überzeugung, sondern als ironisch-strategisches Spiel mit sozialen Regeln. Die Ähnlichkeit im Handlungsverlauf erzeugt hier keine semantische Nähe; vielmehr verweist sie auf die Notwendigkeit, transtextuelle Figuren in ihrer Problemreferenz und Artikulationsform zu analysieren. Auch hier zeigt sich: Transtextuelle Figuren gewinnen ihre Identität nicht aus narrativer Strukturähnlichkeit, sondern aus der spezifischen Kopplung von Problembezug und Artikulationsform.

Beide Konstellationen verdeutlichen die zentrale Prämisse des hier vorgeschlagenen Modells: Transtextuelle Figuren erschließen sich analytisch nur über die Kopplung von kulturellem Problembezug und figurativer Artikulationsweise. Ob eine Figur ein vergleichbares Problem auf unterschiedliche Weise artikuliert oder ähnliches Verhalten auf divergente Problemkonstellationen verweist – erst die spezifische Konfiguration dieser beiden Ebenen bestimmt den soziosemiotischen Kern und damit das transtextuelle Potenzial einer Figur. Das hier entwickelte Modell des soziosemiotischen Kerns erlaubt es, Persistenz und Wiedererkennbarkeit transtextueller Figuren nicht lediglich als Effekte von Rezeption und medialer Zirkulation zu verstehen, sondern als Resultat einer semantischen Tiefenstruktur, die in sich variabel, aber symbolisch tragfähig genug ist, um über Gattungs- und Mediengrenzen hinweg kulturell wirksam zu bleiben. Diese Analyse verweist zugleich auf die begriffliche Abgrenzung des hier vorgeschlagenen Modells gegenüber merkmalzentrierten Figurenkonzepten. Der Begriff des ›soziosemiotischen Kerns‹ ist nicht im Sinne eines komplexen Merkmals zu verstehen. Während sich Merkmale – auch in elaborierter Form – auf textinterne, stabil extrahierbare Eigenschaften beziehen, handelt es sich beim soziosemiotischen Kern um eine rekonstruktive Tiefenstruktur, die sich nicht aus einer summativen Betrachtung figuraler Eigenschaften ergibt, sondern sich erst im Modus der transtextuellen Refiguration erschließt. Zentral ist dabei die Verschiebung des analytischen Fokus: Nicht Zuschreibbarkeit oder Typisierung, sondern semantische Funktionalität in kulturellen Aushandlungsprozessen konstituiert die figurale Identität. Der soziosemiotische Kern ist somit kein deskriptives Attribut, sondern ein relationales Deutungskonstrukt, das die Figur als Antwort auf ein kulturelles Problem in einer bestimmten symbolischen Artikulationsform verständlich macht. Ziel ist es nicht, die Stabilität einer Figur im Sinne narrativer Wiedererkennbarkeit zu beschreiben, sondern ihre Wirksamkeit in unterschiedlichen kulturellen Semantiken erklärbar zu machen.

Am Beispiel der Gawein-Figur soll im Folgenden exemplarisch gezeigt werden, wie eine solche Tiefenstruktur als soziosemiotischer Kern funktioniert – und wie sich eine solche Struktur produktiv interpretieren lässt als Ausdruck sich wandelnder, aber wiederkehrender Formen kultureller Selbstverständigung. Ihre langfristige Wiederkehr lässt sich dann als Indikator dafür lesen, dass sich bestimmte kulturelle Konstellationen immer wieder neu in diesen Figuren artikulieren – nicht, weil diese Figuren selbst unveränderlich wären, sondern weil sie eine prägnante, erinnerbare und transformierbare Artikulation grundlegender kultureller Spannungsfelder verkörpern. Das macht sie anschlussfähig über Gattungen, Medien und Epochen hinweg. Ein solches Konzept transtextueller Identität eröffnet einen erweiterten Zugriff auf die Kopplung von figuraler Semantik und kulturellem Problemwissen, der auch mediävistisch anschlussfähig ist.

Symbolträger ohne Zentrum? Zugänge zu Gaweins transtextueller Identität

Die transtextuelle ›Identität‹ der Gawein-Figur hat der mediävistischen Forschung seit jeher Mühe bereitet. Als Neffe des Königs und erster Ritter der Tafelrunde gehört Gawein zum festen Figureninventar des Artusromans. Schon mit dieser häufig begegnenden knappen literaturhistorischen Verortung ist die Figur vor allem transtextuell bestimmt. Gaweins Genese ist nicht an ein bestimmtes Ursprungswerk gebunden, sondern an eine ganze Stofftradition (vgl. zur generischen Verankerung transtextueller Figuren auch die Einleitung des vorliegenden Heftes). In den zugehörigen Einzelwerken wird die Gawein-Figur zudem in den allermeisten Fällen in spezifischer Relation zum jeweiligen Protagonisten entworfen. So begegnet der Artusneffe von Beginn an ausschließlich in Varianten, und zwar in Varianten, die auf allen Ebenen der Figurenkonzeption sehr weit auseinander liegen können (vgl. zuletzt resümierend Vollstedt 2022, 401–405).[9] Wenig festgelegt erscheinen wichtige biographische Details, wie etwa die Existenz und der Name einer Ehefrau oder die Anzahl seiner Brüder, die Existenz einer Schwester oder eines Sohnes. Zudem fehlt eine enge Bindung der Figurenbiographie an bestimmte Ereignisse oder Handlungselemente. Letztlich gibt es keine Aventiure, die in der Erzähltradition dominant mit dem Namen Gawein assoziiert ist. Besonders irritierend sind aber die zum Teil diametral entgegengesetzten expliziten und impliziten Bewertungen, mit denen Gawein in verschiedenen Werken der arthurischen Stofftradition belegt wird. Das Spektrum reicht vom idealisierten Repräsentanten eines gemeinschaftsbezogenen Portfolios elitärer Normen und Werte bis hin zum charakterlich depravierten Zerstörer des gesellschaftlichen Friedens. Zwischen diesen Polen begegnen Konstellationen, in denen Gawein im Zeichen der guten Absicht problematisch und gemeinschaftsgefährdend agiert. Das einzig wirklich stabile Merkmal der Figur ist seine verwandtschaftliche Bindung an seinen Mutterbruder Artus (vgl. Däumer 2020, 147–150; Vollstedt 2022, 410 f.). Und so stellt sich bei Gawein in besonderem Maße die Frage, was es am Ende eigentlich ist, das die Identität in der Variation bestimmt und zu einem Gradmesser der ›Stimmigkeit‹ unterschiedlicher konkreter Artikulationen einer gemeinsamen abstrakten Entität werden könnte.[10]

Im Folgenden sollen zwei Ausgestaltungen der Gawein-Figur vergleichend untersucht werden, die in keinerlei unmittelbarem oder mittelbarem Rezeptionsverhältnis zueinander stehen: Kazuo Ishiguros Roman The Buried Giant (2015) und der letzte Teil des spätmittelalterlichen Prosalancelot-Zyklus. Die Auswahl folgt dabei einer zentralen Annahme des vorangestellten Modells: Die transtextuelle Identität einer Figur erschließt sich nicht durch stoffliche Tradierung oder Merkmalsstabilität, sondern durch die persistente symbolische Verdichtung eines kulturellen Problemfeldes in figurativer Form. Entscheidend ist daher nicht die genealogische Nähe zwischen Texten, sondern die Anschlussfähigkeit der Figur an strukturell verwandte Problemkonstellationen in unterschiedlichen kulturellen Kontexten. In dieser Perspektive erscheint es methodisch sinnvoll, die Analyse mit einer Ausgestaltung der Figur zu beginnen, die sich zeitlich und ästhetisch maximal vom arthurischen Ursprungskontext entfernt: Ishiguros Roman entwirft eine postarthurische Erzählwelt, die nicht nur narrativ, sondern auch erinnerungspolitisch dezidiert auf den Zusammenbruch der ritterlichen Ordnung reagiert. Gerade weil diese Konstellation weit von den mittelalterlichen Realisationen der Figur entfernt ist – historisch und diskursiv –, erlaubt sie eine besonders scharfe Profilierung dessen, was als soziosemiotischer Kern der Figur gelten kann. Die Analyse beginnt daher bewusst an einem äußersten Rand der Gawein-Überlieferung, um von dort aus die Voraussetzungen für eine rekonstruierbare figurenbezogene Tiefenstruktur herauszuarbeiten. Auf diese Weise lässt sich mit größerer Deutlichkeit zeigen, ob und wie sich bei aller Differenz eine symbolische Funktion artikuliert, die seit vormodernen Kontexten als kohärente Artikulationsform eines kulturellen Problems wirksam ist.

Zur funktionalen Tiefenstruktur der Gawain-Figur in Ishiguros The Buried Giant

In seinem 2015 erschienenen Roman The Buried Giant erzählt der Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro vom Zustand Britanniens unmittelbar nach dem Untergang des arthurischen Reiches. Das Land ist zerstört durch den Krieg zwischen Britanniern und Sachsen, und die Gesellschaft ist tief zerrüttet. Eine halbwegs friedliche Koexistenz der einstigen Kriegsgegner wird nur durch einen von Merlin gewirkten Schleier des Vergessens ermöglicht. Vom kollektiven Vergessen ausgelöscht sind aber neben den Erinnerungen an die Gräueltaten beider Kriegsparteien auch das gesamte private Gedächtnis – Eltern wissen nichts von der Existenz oder auch vom Tod ihrer Kinder, Paare nichts über die Geschichte ihrer Liebe und deren Verletzungen. Und so spüren immer mehr Menschen ihren nur schlaglichtartig aufscheinenden Einblicken in die eigene Geschichte nach.

Nicht vom Zauber des Vergessens betroffen, wohl aber von einer getrübten Erinnerung, ist allein Sir Gawain, der Neffe des legendären König Artus und letzter Repräsentant seines Hofes.[11] Als junger Ritter war er selbst an der Mission beteiligt, die Frieden um den Preis der kollektiven Amnesie stiften sollte. Gemeinsam mit vier weiteren Artusrittern überwältigte er den gewaltigen weiblichen Drachen Querig, damit Merlin dessen Atem mit dem Zauber belegen konnte – zwei der vier Artusritter überlebten den Kampf nicht. Fortan besteht Gawains Aufgabe bis in die erzählte Gegenwart des Romans hinein in der Bewahrung des Geheimnisses und dem Schutz des Drachen.

Zum Zeitpunkt des Erzählens sind beide, Sir Gawain und Querig, allerdings bereits schwer gealtert – der schwindende Rest-Atem des Drachen erklärt, warum das lange unterdrückte kollektive Gedächtnis ebenso wie die verlorenen privaten Erinnerungen sich zunehmend Bahn brechen. Als der Herrscher der Sachsen daraufhin seinen besten Ritter Wistan aussendet, um den Drachen zu töten und die Erinnerung an das erlittene Unrecht freizulegen, ist Gawains Schicksal besiegelt. Obwohl ihm vollkommen klar ist, dass er nicht die geringste Chance hat, gegen den sehr viel jüngeren und vitaleren Sir Wistan zu bestehen, und obwohl dem schwächlichen Drachen ohnehin kaum noch Lebenszeit bleibt, hält Gawain beharrlich an seiner Aufgabe fest. In dieser Beharrlichkeit gegenüber einem normativ gestifteten Auftrag artikuliert sich das zentrale Moment eines soziosemiotischen Kerns: das unbedingte Festhalten an einer wertbasierten Ordnungsidee, selbst wenn deren gesellschaftlicher Nutzen fraglich geworden ist.

Auf dem Weg in den Kampf und damit in den sicheren Tod setzt Gawain sich immer wieder – angestoßen durch Vorwürfe von Fremden, denen er begegnet – mit der Rechtmäßigkeit seiner Lebensaufgabe auseinander. Nur sehr langsam kristallisiert sich für den Rezipienten aus seinen selektiven Erinnerungen ein Bild der tatsächlichen Ereignisse rund um Merlins Vergessenszauber: Weil sein Gesetz zum Schutz der Zivilbevölkerung immer wieder gebrochen wird, sah Artus sich genötigt, die Spirale gewaltsamer Rachehandlungen zwischen Britanniern und Sachsen mit drakonischen Maßnahmen zu durchbrechen – vermeintlich ein für alle Mal. Im Namen des Friedens veranlasste er eine Säuberungsaktion. Artusritter zogen durch die sächsischen Dörfer und Ansiedlungen, um vor allem Frauen und Kinder beider Geschlechter zu töten – die Jungen, weil sie Rache üben, und die Mädchen, weil sie irgendwann angehende Krieger gebären könnten. Der zeitgleich mit den Tötungen der Sachsen gewirkte Vergessenszauber sollte die Erinnerung an eben diese Gräueltaten in beiden Volksgruppen tilgen. Das selbst begangene unfassbare Unrecht führte jedoch zu einer Spaltung der Artusgesellschaft. Während der Protagonist des Romans, Axelus, sich von Artus, der Artusgesellschaft und der Ritterschaft lossagte, um mit seiner Frau unter dem weniger exponierenden Namen Axl in einem Dorf zu leben, hielt Gawain beharrlich an der arthurischen Friedensidee fest – wie seine Erinnerungen zeigen, letztlich wider besseres Wissen. Getrieben war und ist er vom Wunsch, am Ende seines Lebens ohne Selbstzweifel von sich sagen zu können, ein guter Ritter gewesen zu sein.[12] Für die Rezipierenden werden die axiologischen Aporien, die sich aus den verschiedenen Perspektiven auf das Geschehen ergeben, bis zum Ende nicht aufgelöst. So erinnert sich Wistan zuletzt nicht mehr ausschließlich an den Völkermord der Artusritter, sondern zunehmend stärker auch an Axelusʼ unermüdlichen Einsatz für einen dauerhaften Frieden. Sein vormals unbedingter Wunsch nach Rache an den Britanniern wird durch eigene Kindheitserinnerungen an die Artusritter und speziell an den unermüdlich für gegenseitige Verständigung eintretenden Axelus verunsichert.[13] Am Ziel seiner Mission formuliert er seine erdrückenden Sorgen vor den Konsequenzen zurückgekehrter Erinnerung ganz offen, ohne jedoch die Notwendigkeit seines Tuns letztgültig in Frage zu stellen.[14] Im Gegenzug fällt es Gawain immer schwerer, vor sich selbst sein Festhalten an der arthurischen Idee zu rechtfertigen.

Auch wenn Ishiguro in seinem Roman den Artusmythos aufgreift, unterscheiden sich seine Erzählwelt, die erzählten Begebenheiten und die Art des Erzählens sehr grundlegend vom mittelalterlichen Artusroman: Die Handlung spielt nicht in einem höfischen Umfeld, sondern begleitet die (vermeintlich) aus einem Dorf stammenden Protagonisten Axl und Beatrice auf einer Reise durch ländliche Gefilde – zunächst auf der Suche nach dem gemeinsamen Sohn. Zwar ist Axl ein ehemaliger Artusritter, doch erinnert er sich über weite Strecken der Handlung nicht an diesen Teil seiner eigenen Geschichte. Entsprechend folgt die Erzählung keiner aventiurehaften Bewährungslogik. Der die Handlung generierende Konflikt entsteht nicht in der Erzählung, sondern liegt dem erzählten Geschehen weit voraus. Damit verschiebt sich auch der funktionale Einsatz der Gawein-Figur: Sie dient nicht der Repräsentation ritterlicher Idealität, sondern wird zum Träger eines gesellschaftlichen Problemhorizonts, der sich narrativ kaum noch auflösen lässt. Gawain erscheint so nicht nur als narrative Einzelfigur, sondern als spezifische Realisation der transtextuellen Figur, deren soziosemiotischer Kern die Spannung zwischen idealisierter Werteordnung und erfahrener Aporie verdichtet. Nicht zuletzt sind die Rezipierenden mit einem unhintergehbar unzuverlässigen Erzählen konfrontiert. Die Informationsvergabe ist vollständig an Überlegungen und Aussagen von Figuren mit einem durch Zauber und Selbsttäuschung korrumpierten Gedächtnis delegiert, ohne dass die auktoriale Erzählinstanz Hinweise zu deren Integration geben würde.[15] Undurchsichtig bleibt bis zum Ende z. B. die für die Bewertung der Handlung zentrale Frage, ob Artus die Säuberung und den Vergessenszauber veranlasst hat, nachdem alle diplomatischen Versuche einer dauerhaften Befriedung letztlich gescheitert sind – so die Aussage Gawains –, oder lediglich aus Sorge vor wiederaufkommenden Übergriffen beider Kriegsparteien auf die Zivilbevölkerung, wie es Axl erinnert (vgl. ebd., 308–314).

The Buried Giant behandelt die Chancen und den Preis des politischen und privaten Vergessens. Die Geschichte hätte historisch ganz unterschiedlich verortet werden können. Und doch ist Sir Gawain deutlich eine ›stimmige‹ Realisation der Gawein-Figur, und sie ist bei weitem nicht nur über den Eigennamen als solche erkennbar. Allerdings sind es nicht die typischen oder vermeintlich typischen Merkmalsbündel und Attribuierungen der Figur, die diese Identität bestimmen. Und auch die Geschichte, die Sir Gawain erlebt, unterscheidet sich in ihren einzelnen Ereignissen und der sie verbindenden Handlungslogik deutlich von ›klassischen‹ arthurischen Aventiuren. Ishiguro nutzt die Gawein-Figur, um an ihr die Frage zu diskutieren, ob es einen richtigen Umgang mit Traumatisierungen gibt und geben kann, die sich koexistierende Bevölkerungsgruppen zugefügt haben.[16] Solange Gawain in der Erzählwelt von The Buried Giant existiert, gibt es ein, wenn auch brüchiges, Festhalten an der Idee, dass es einen richtigen Weg gibt – mit ihm stirbt der Glaube daran, dass eine tatsächliche Bewältigung überhaupt möglich ist. Gawain verkörpert so die gesellschaftspolitische Idee, aus der der Zustand der erzählten Welt resultiert, die Idee, dass auch unfassbare Taten zu rechtfertigen sind, wenn sie im Zeichen einer guten Absicht stehen, und dass es eine Hierarchie von Werten gibt, entlang derer sich solche Entscheidungen begründen lassen. Er fungiert damit als projektiver Träger einer Wertstruktur, deren innerer Widerspruch zwischen moralischem Idealismus und praktischer Gewalt in seiner Lebensgeschichte erzählerisch verdichtet wird. An ihm werden die Aporien greifbar, die die Idee, dass es höhere Ziele gibt, die Gewalt auch gegen Unschuldige rechtfertigen, hervortreibt. Haltbar erscheint sie nur, wenn dem Denken und Erinnern enge Selbstbeschränkungen auferlegt werden, wenn die Richtigkeit dieser Idee als Setzung zur unhinterfragbaren Prämisse wird. In Gawains Denken und Sprechen markiert die moralische und politische Integrität des längst verstorbenen Artus den Punkt, an dem diese Selbstbeschränkung am deutlichsten greifbar wird.[17] Allerdings wird schon mit der Einführung Gawains in die Handlung eindrücklich vor Augen geführt, dass seine loyale Bindung an den legendären Onkel und damit die eigene ritterliche Identität längst zur Pose erstarrt sind. Diese Pose ist nicht nur Ausdruck individueller Erstarrung, sondern figuriert als körpersemantische Artikulation der normativen Restitution vergangener Ordnungsmodelle, die im Modus der Gegenwart lediglich noch als Zeichen fortbestehen. Den ersten Blick auf Gawain erhalten die Rezipierenden gemeinsam mit Wistan, Axl und Beatrice, die ihn auf einer Lichtung im Wald an einen Baum gelehnt antreffen. Während sein Gesicht von Zweigen verdeckt und deswegen nicht zu erkennen ist, sehen die Betrachtenden vor allem seine schlaff und steif im Gras liegenden gerüsteten Beine.[18] Als er sich den Herannahenden dann selbst vorstellt, erklärt er sein Schwert, seine Rüstung und seine Lebensweise zu Reminiszenzen an den längst verstorbenen König und die mit ihm vergangene Zeit.[19] In der gesamten weiteren Handlung besteht Gawains Aktivität darin, seinen von vornherein vorgezeichneten Weg konsequent zu beschreiten und die Dynamiken und Handlungsalternativen, die von verschiedenen anderen Figuren eröffnet werden, abzuwehren.[20] Und so ist sein beharrliches Festhalten an einer einmal getroffenen Entscheidung und an den Gründen, die zu ihr geführt haben, das dominante Motiv der gesamten Figurenhandlungen. Dabei erkennt er durchaus die Dysfunktionalität dieser Haltung in den inzwischen geltenden Rahmenbedingungen, aber diese Erkenntnis ermöglicht es ihm nicht, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Diese Konstellation erscheint im Erzählen metapoetisch verdichtet: Während sein Festhalten an der zur Pose erstarrten Loyalität gegenüber den Entscheidungen seines Onkels ihn in einen ebenso sicheren wie überflüssigen Tod führen, würde eine Veränderung seiner Haltung ihn seine Identität kosten. Gawain wäre nicht mehr Gawain dieses Romans, wenn er bereit wäre, die wertbasierte Richtschnur seines Handelns, zu der er sich einmal bekannt hat, pragmatisch an veränderte Gegebenheiten anzupassen, selbst wenn deren Angemessenheit verunsichert ist und er die Problematik des eigenen Tuns erkannt hat.

Wenn man bereit ist, Ishiguros Konzeption der Gawein-Figur eine Stimmigkeit auch im Rückbezug auf die vormodernen arthurischen Erzähltraditionen zuzusprechen, dann liegt diese offensichtlich nicht in einzelnen Merkmalen und Attributen, mit denen er den Artusneffen in The Buried Giant auszeichnet. Stimmigkeit erzeugt vielmehr die soziosemiotische Funktionalisierung der Figur als Zeichenträger für die Chancen und Risken eines unflexibel an prästabilisierten gesellschaftlich verankerten Wertehierarchien ausgerichteten Handelns. In dieser Funktionalisierung kann Gawain gleichzeitig als idealer Repräsentant der Artusgesellschaft das Prinzip des wahrhaft Guten verkörpern wie auch das zwangsläufige Scheitern dieses Prinzips und aus ihm abgeleiteter mechanistischer Handlungsrepertoires an komplexen und aporetischen gesellschaftlichen Problemstellungen. An dieser Gleichzeitigkeit wird eine konstitutive Ambivalenz greifbar, die nicht nur eine diachrone Varianz der Figur legitimiert, sondern als stabilisierender Vektor innerhalb einer abstrahierten Figurenidentität wirkt. Aus einem so umrissenen soziosemiotischen Kern der Figur – der sich an der symbolischen Artikulation eines sozialanthropologischen Problems formiert – lassen sich viele der zunächst disparat wirkenden Handlungsrollen und -entscheidungen Gaweins in unterschiedlichen Texten als Varianten einer gemeinsamen semantischen Konstellation interpretieren. Das zugrundeliegende Problem, auf das die Figur immer wieder reagiert, ist das aufgrund der Komplexität der Welt zum Scheitern verurteilte Bedürfnis des Menschen nach prästabilen Wertordnungen, die gesellschaftliche Interaktion einzelfallübergreifend zu bestimmen vermögen und geeignet sind, als Maßstab persönlicher und kollektiver Integrität zu wirken. Die spezifische Artikulationsform, die sich in der Gawein-Figur sedimentiert, besteht darin, an der Vorstellung festzuhalten, dass solche übergreifenden Werthierarchien existieren müssen – selbst (oder gerade) dann, wenn ihre Gültigkeit in der erzählten Welt radikal in Frage gestellt wird. Aus dieser soziosemiotischen Grundspannung heraus erklären sich seine oft paradoxen Handlungsweisen, etwa der fatale Rat an Iwein, der eine situationsfremde Präferenz ohne Rücksicht auf die aktuelle Handlungskonstellation überträgt, sein Festhalten an der Unterstützung der älteren Schwester vom Schwarzen Dorn, selbst nachdem sich erwiesen hat, dass diese im Erbschaftsstreit absichtlich betrügerisch agiert (beides in Hartmann von Aue, Iwein), seine nicht unproblematische und in ihren Konsequenzen selbstdestruktive Parteinahme für den Vergewaltiger Urjans (Wolfram von Eschenbach, Parzival), die Tränen, die Orgeluse beim Fest von Joflanze weint, nachdem Gawan ihr individuelles Bedürfnis nach Gerechtigkeit dem gesamtgesellschaftlichen Friedensschluss unterordnet (Wolfram von Eschenbach, Parzival), den grotesken Zweikampf Gaweins gegen Gasoein, der nicht entschieden werden kann, weil Gawein jeden schwer erkämpften Vorteil sogleich wieder aufgibt, um keine ungleichen Voraussetzungen für eine Kampfentscheidung zu generieren (Heinrich von dem Türlin, Diu Crône), aber auch die ebenso groteske Entscheidung des gesamten Artushofes, fortan Schärpen zu tragen, um Gawains nach außen demonstrierte Selbstanklage wegen eines punktuellen Versagens zu entschärfen (Sir Gawain an the Green Knight) u.v.m. In allen diesen Fällen artikuliert Gawein ein Ideal, das als regulatorischer Fluchtpunkt fungiert, dessen Unhaltbarkeit jedoch ebenso offenkundig ist wie seine normative Attraktivität. So wird Gaweins partielles oder vollumfängliches Scheitern in der arthurischen Tradition immer wieder zum Gradmesser kultureller Aporien: Er verweist auf die Brüchigkeit gesellschaftlicher Selbstverständigungsprozesse, die ihre Ordnung aus universalisierbaren Normen beziehen wollen, diese Normen aber an ihren inneren Widersprüchen nicht stabilisieren können. In The Buried Giant erscheint Gawain deshalb konsequenterweise als narrativer Knotenpunkt eben jener Problemverarbeitung: Er verkörpert das Versprechen einer werthaften Ordnung selbst dann noch, wenn es längst zur Pose erstarrt ist – und gerade dadurch wird er lesbar als Zeichen für die anthropologische Relevanz, aber auch die symbolische Instabilität solcher Ordnungssehnsüchte. Der soziosemiotische Kern der Figur entsteht also nicht durch die Wiederkehr konkreter Merkmale oder Handlungslogiken, sondern durch die persistente Artikulation eines gesellschaftlichen Konflikts in einer charakteristischen figuralen Semantik: Gawein figuriert als Träger eines normativen Ideals, dessen performative Behauptung gerade in Situationen scheiternder Eindeutigkeit seine semantische Wirkmacht entfaltet. Seine transtextuelle Identität liegt genau in dieser rekursiven Verbindung eines kulturellen Problemfelds mit einer spezifischen Artikulationsform, die sich epochenübergreifend als symbolisch anschlussfähig erweist. Soziosemiotisch ist die beschriebene Grundkonzeption auch insofern, als sie durch die Struktur der Artusgesellschaft als einer Gesellschaft, die Idealität nicht nur für möglich hält, sondern zum Leitprinzip gemeinschaftlichen Handelns erklärt, gleichsam hervorgetrieben wird. Eine solche Ausgangslage verlangt beinahe zwangsläufig nach einer Figur, an der die Aporien dieser Grundannahme in Handlung dynamisiert werden können. Das erklärt auch, warum sich in der Geschichte arthurischen Erzählens an sehr weit auseinanderliegenden Punkten ähnliche Entwicklungen und Konstellationen in der Arbeit an der Gawein-Figur beobachten lassen, ohne dass eine direkte Abhängigkeit zwischen den jeweiligen Realisationen vorliegt oder angenommen werden müsste.[21] Exemplarisch zeigt sich dies in den Analogien der körpersemiotischen Indienstnahme der Gawein-Figur in Ishiguros The Buried Giant und dem mittelhochdeutschen Prosalancelot.

Figur gewordene Erstarrung: Gawin als soziosemiotisches Krisensymptom im Prosalancelot

Die finale Phase des Prosalancelot inszeniert Gawins Tod infolge einer Kopfverletzung als symbolisch verdichtetes Krisensymptom einer Gesellschaft, deren normative Ordnungsprinzipien innerlich zersetzt sind – ein zentrales Moment jener soziosemiotischen Problemkonfiguration, die sich in der Gawein-Figur immer wieder artikuliert. Zum Kampf zwischen den einst in inniger Liebe verbundenen Freunden Gawin und Lancelot kommt es, nachdem der Ehebruch zwischen Lancelot und Ginover endgültig an die Öffentlichkeit gerät. Ginover wird zum Feuertod verurteilt und von Lancelot, der nach der Entdeckung zunächst geflohen war, gerettet. Bei ihrer Befreiung tötet er allerdings zwei Brüder Gawins, der daraufhin Rache schwört und allen Versuchen Lancelots, eine gütliche Einigung mit Artus herbeizuführen, entgegenwirkt. So lässt sich Artus schließlich gegen seine eigentliche Überzeugung auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit Lancelot ein, ist aber noch während des Kampfgeschehens so von dessen Loyalität und Fairness beeindruckt, dass er seinen Angriff – zum Missfallen Gawins – offen bereut. Die Kämpfe finden ein erstes Ende, als Lancelot Ginover an Artus zurückgibt und damit seine Unschuld dokumentiert. Doch vermag die Restituierung von Herrscherehe und Herrschaft nicht den Riss zu heilen, der auch durch die Parteinahme zahlreicher Artusritter für Lancelot inmitten der Artusgesellschaft entstanden ist. Vor allem Gawin überschattet den Friedensschluss mit neuerlichen Kriegsdrohungen und bringt Artus schon kurz nachdem Lancelot das Land verlassen hat dazu, einen weiteren Kriegszug vorzubereiten, der allerdings von vornherein im Zeichen des Unrechts und der Verblendung steht. Weil Artus’ Streitkräfte auch nach monatelanger Belagerung Lancelots erfolglos bleiben und Artus auf eine Lösung drängt, fordert Gawin schließlich einen gerichtlichen Zweikampf, um auf diesem Weg dem Vorwurf Geltung zu verschaffen, Lancelot habe seine Brüder bößlich und verretlich (Prosalancelot V, 874, 14 f.) ermordet. Obwohl Lancelot in seinem Bemühen, sich mit dem Freund auszusöhnen, größte Zugeständnisse macht, und auch Gawins engste Verbündete ihn im Unrecht sehen, besteht er auf den Kampf und unterliegt erwartungsgemäß. Während Lancelots ebenso zahlreiche wie schwere Verletzungen schnell kuriert werden können,[22] erklären die Ärzte insbesondere eine Kopfwunde Gawins für unheilbar. Tatsächlich bricht die Verletzung, die zunächst entgegen aller Prognosen heilt, in Artus’ anschließendem Feldzug gegen die Römer wieder auf und Gawin stirbt nach einiger Zeit in der Folge des enormen Blutverlusts.

Was sich in der Handlungsübersicht als stimmige Abfolge unmittelbar aufeinander bezogener Ereignisse liest, erweist sich beim näheren Hinsehen als ungleich komplexerer Problemzusammenhang, bei dem sich handlungslogische Unbestimmtheiten auftun, unterschiedliche und zum Teil gegenläufige Motivationen überlagern und verschiedene Sinnebenen der Wunde Gawins öffnen, ohne durch eine auktoriale Stimme in einen gemeinsamen Verständnishorizont eingeordnet zu werden.[23] So kann es schon auf den ersten Blick nur erstaunen, dass der ausführliche Bericht vom Zweikampf der Ritter, der u. a. die Wunden, die Gawin und Lancelot sich gegenseitig zufügen, mit zahlenmäßiger Präzision auflistet (vgl. z. B. ebd. 894, 29 f.; 900, 23–25; 900, 28–34; 902, 14–18; 902, 25–28; 902, 34–904, 1), ausgerechnet Gawins tödliche Kopfverletzung nicht einmal erwähnt, und dies, obwohl sie das weitere Geschehen nachhaltig bestimmt und den Untergang des Artusreiches ganz wesentlich mitbegründet. Dass Gawin überhaupt eine tiefe Wunde am Kopf davongetragen hat, die im Gegensatz zu seinen anderen Verletzungen nicht ohne weiteres zu heilen ist, erfährt der Rezipient erst, als ihn der Arzt des Königs nach dem Kampf untersucht.[24] Auch im weiteren Handlungsverlauf tun sich Unbestimmtheiten auf. Obwohl die Wunde vom Arzt, von Gawin selbst und von allen am Hof Anwesenden als todbringend erkannt wird und sogar der Erzähler diese Einschätzung in einer der wenigen Prolepsen des Textes bestätigt (vgl. ebd. 912, 35–914, 2), sieht Gawin sich in dem Moment, als Artus die Nachricht vom bevorstehenden Angriff der Römer erreicht, ganz plötzlich nicht nur in der Lage, mit in die Schlacht zu ziehen, sondern sein Einsatz wird als entscheidend für den Sieg des arthurischen Heeres betrachtet.[25] In der gesamten Episode wird die Schwächung Gawins in Folge der nicht ausgeheilten Verletzung zwar präsent gehalten, doch scheint sich diese Schwächung während des Römerkampfes nicht als körperliche Einschränkung oder Indisponiertheit auszuwirken.[26] Am Ende stirbt Gawin in Folge eines immensen Blutverlustes. Aber dafür verantwortlich gemacht wird die wiederaufgebrochene Kopfverletzung aus dem Kampf mit Lancelot und nicht etwa die Summe der zahlreichen, großen und tiefen Wunden, die römische Schwerter und Lanzen ihm außerdem noch zufügen. Für Gawin selbst und den Erzähler scheint es von entscheidender Bedeutung zu sein, dass der wichtigste Artusritter nicht in der Schlacht gegen die Römer fällt, sondern an der Auseinandersetzung mit Lancelot zugrunde geht.[27] Mit dieser Sichtweise korrespondiert die Deutung der Wunde durch die Figuren. Obwohl der Verlauf des Zweikampfes gegen Lancelot dies eigentlich nahelegt, wird die todbringende Verletzung Gawins nicht einfach als Folge der kämpferischen Überlegenheit des besten Ritters über den Zweitbesten verstanden, sondern als Sündenstrafe. So wirft Artus dem schwerverletzten Gawin schon unmittelbar nach der Diagnose des Arztes vor, sein Leben durch úbermuot und dorheyt (ebd. 910, 28; vgl. außerdem 924, 17–22) verwirkt zu haben, und auch Gawin selbst bezeichnet seine Hartherzigkeit gegenüber Lancelot retrospektiv mehrfach als schwere Sünde und verfügt auf dem Sterbebett, in einer Grabinschrift seine eigene hoffart für seinen Tod verantwortlich zu machen.[28]

Gawins Wunde fungiert zugleich als körperliche Manifestation und als semantisch übercodiertes Zeichen innerhalb einer symbolischen Artikulationsstruktur, die körperliche Versehrung mit der strukturellen Dysfunktion einer gesellschaftlichen Ordnung kurzschließt.[29] Dass das Zerfallen der Gemeinschaft eine unheilbringende Schwächung der Artusherrschaft bedeutet, wird von den Figuren der Handlung allenfalls momenthaft erkannt und reflektiert. Vor allem aber fehlen der Artusgesellschaft ganz offensichtlich Mechanismen, die es ermöglichen, den Prozessen der inneren Zersetzung entgegenzuwirken. Und das zeigt sich insbesondere an Gawins axiologischer Rigidität in Bezug auf seine einmal beschlossene Verurteilung Lancelots, selbst nachdem er dies als selbstzerstörerischen Fehler und Sünde erkannt hat.[30] Die fatalen Konsequenzen zeigen sich zwar vor allem im Untergangsgeschehen, das Problem zieht sich aber durch den gesamten Romanzyklus.

Gawins handlungslogisch unterbestimmte todbringende Verletzung steht offensichtlich in symbolischer Relation zu seiner im Prosalancelot ausgestellten Unfähigkeit, mit den Komplexitäten einer Wirklichkeit umzugehen, in der sich Richtig und Falsch, Gut und Böse nicht trennscharf voneinander unterscheiden lassen. In diesem Sinne stellt Gawins Kopfwunde keine bloß individuelle Schwäche dar, sondern fungiert als figurale Artikulation eines soziosemiotischen Kerns, der die Unheilbarkeit gesellschaftlicher Selbsttäuschung und normativer Erstarrung sedimentiert. Die Tafelrunde fungiert als Dingsymbol einer vermeintlich integrativen Ordnung, deren Semantik auf die Negation innergesellschaftlicher Agonalität zielt – und damit jenen normativen Idealismus imaginiert, dem Gawein als transtextuelle Figur verhaftet bleibt, auch wenn dessen performative Unhaltbarkeit offenkundig geworden ist. Ermöglichende Voraussetzungen dafür sind Freundschaftsbeziehungen zwischen allen Angehörigen des Kreises und kollektiv geteilte Werte. Allerdings dokumentiert schon die Entstehungsgeschichte der Tafelrunde, dass ihr Gesellschaftsbezug nicht deskriptiv, sondern normativ ist: Wace berichtet, Artus habe sie in Reaktion auf den unvermeidlichen Streit seiner Ritter um den besten Platz fertigen lassen.[31] Und so schließt das Dingsymbol letztlich in Form eines Dementis die Agonalität ein, die sich – wenig überraschend – in den erzählten Welten der Artustradition immer wieder als nicht dementierbare soziale und anthropologische Realität erweist. Die meisten Figuren des Artusromans verhalten sich eher indifferent gegenüber dieser tiefliegenden Paradoxie der arthurischen Gesellschaftsordnung. Gawein dagegen ist in besonderem Maße von ihr betroffen. Er dynamisiert in Handlung, was die Tafelrunde als Symbol konstatiert, nämlich dass es Werte und darauf basierende Interaktionsformen geben kann, die – wenn man sie nur konsequent genug umsetzt – Agonalität und innere Konkurrenz vermeintlich arretieren können. Im Prosalancelot ist es bezeichnend, dass Gawin zunächst versucht, den Umstand, dass sein Freund Lancelot gleichzeitig der beste Ritter aller Zeiten ist und dennoch im Ehebruch mit der Königin die destruktivste Form innerer Konkurrenz in die Artusgesellschaft trägt, schlicht zu ignorieren (vgl. dazu auch Theßeling 2021, 293–300). Als dies nach der Tötung seiner Brüder nicht mehr möglich ist, kann seine Freundschaft nur in radikale Feindschaft umschlagen. Während die meisten anderen Artusritter und sogar der König bereit und in der Lage sind, Lancelots Qualitäten trotz seiner immer weniger zu übersehenden Verfehlungen anzuerkennen und ihm weiterhin einen Platz in der Gesellschaft zuzugestehen, verkörpert Gawin eine figurale Artikulationsform, in der die Unfähigkeit zur Komplexitätstoleranz zur tragenden Achse eines kulturellen Problembezugs wird: der illusionären Hoffnung auf moralische Eindeutigkeit. Gawin repräsentiert damit nicht die Idealität des Artushofes, wie die Forschung immer wieder angenommen hat, sondern er verkörpert die (wider besseres Wissen formulierte und aufrechterhaltene) Idee, dass der Mensch und menschliche Vergesellschaftungen überhaupt ideal sein könnten.

Die Gawein-Figur erweist sich in mittelalterlichen wie gegenwärtigen Realisationen als paradigmatischer Träger eines soziosemiotischen Kerns, in dem ein grundlegendes, historisch persistentes Problemfeld symbolisch verdichtet wird: die Aporie zwischen dem menschlichen Bedürfnis nach prästabilisierten, universalisierbaren Wertordnungen und der erfahrbaren Komplexität gesellschaftlicher Wirklichkeit, die solche Ordnungsvorstellungen regelmäßig unterläuft. Gaweins transtextuelle Identität gründet nicht in narrativer oder attributiver Konstanz, sondern in der wiederkehrenden Artikulation dieser Problemkonstellation in charakteristischer figuraler Form: Er verkörpert die Idee, dass sich moralische und gesellschaftliche Orientierung durch überzeitlich gültige Maßstäbe sichern lässt – und wird zugleich zum Zeichen dafür, dass eben dieses Orientierungsbedürfnis selbst in normativen Gewaltverhältnissen münden kann. Die Spannung zwischen Idealität und Realität, zwischen Ordnungshoffnung und Desillusionierung konstituiert den soziosemiotischen Kern der Figur.[32] In den mittelalterlichen Konstellationen könnte diese semantische Tiefenstruktur besonders markant durch eine kulturelle Überlagerung hervorgetreten sein: Es liegt nahe anzunehmen, dass sich die Virulenz des thematischen Problemfeldes im Hochmittelalter aus dem Zusammenspiel eines christlich-anthropologischen Menschenbildes, das den Menschen als grundsätzlich defizitäres, der moralischen Orientierung bedürftiges Wesen fasst, mit den Repräsentationsansprüchen einer adeligen Elite ergeben hat, die gesellschaftliche Ordnung durch körperlich und ethisch codierte Idealität zu legitimieren suchte. In einer solchen Konstellation erscheint es besonders plausibel, dass Gaweins Handeln – etwa in Form physischer Versehrtheit oder dysfunktionaler Loyalität – als symbolische Verdichtung jener Aporien fungiert, die sich aus dem Bedürfnis ergeben, soziale Komplexität durch moralische Eindeutigkeit zu regulieren. Die Kopplung von figuraler Integrität und gesellschaftlicher Kohärenz wird damit zu einem kulturell anschlussfähigen Ausdruck für die prekäre Balance zwischen individueller Tugend und kollektiver Ordnung.

Dass Gawein auch in einem so weit entfernten kulturellen und historischen Kontext wie dem von Kazuo Ishiguros The Buried Giant anschlussfähig bleibt, belegt die strukturelle Tragfähigkeit dieser Konstellation: Als Figur, die an der Idee idealer Ordnung festhält, obwohl diese längst zur Pose erstarrt ist, wird er zum Medium narrativer Reflexion über das Verhältnis von Ethos, Erinnerung und Gewalt. Zugleich verweist diese Realisation der Figur über das konkret behandelte Thema der Vergangenheitsbewältigung nach kollektiver Gewalt hinaus auf ein allgemeineres kulturelles Problem: die begrenzte Reichweite normativ aufgeladener Ordnungsvorstellungen angesichts wachsender gesellschaftlicher Komplexität. Die Frage, ob sich Orientierung in einem pluralisierten, konfligierenden Weltverhältnis durch eindeutige moralische Maßstäbe sichern lässt, ist kein exklusives Thema historischer Gesellschaften oder postkatastrophischer Konstellationen. Sie berührt auch grundlegende Herausforderungen gegenwärtiger normativer Selbstverständigung – etwa im Umgang mit globaler Gerechtigkeit, sozialer Ungleichheit, ökologischer Verantwortung oder kultureller Diversität. In diesem Sinne wird Gawain auch in Ishiguros Roman nicht nur zur erinnerungspolitischen Figur, sondern zu einem transkulturell anschlussfähigen Zeichen für die Ambivalenz von Ordnungsideen, die aus einem moralischen Absolutheitsanspruch heraus ihre eigene Blindheit für situative Vielschichtigkeit produzieren. Die langanhaltende kulturelle Resonanz der Figur lässt sich aus dieser Perspektive nicht durch die Akkumulation wiederkehrender Merkmale erklären, sondern durch ihre Funktion als figurale Artikulationsform für ein überzeitlich relevantes kulturelles Problemwissen – ein Problemwissen, das in unterschiedlichen historischen Konstellationen Relevanz gewinnt, weil es an die Grenze der Möglichkeit normativer Eindeutigkeit in komplexen sozialen Systemen rührt.

Fazit

Im Licht der vorangegangenen Analysen lässt sich nun die Frage nach dem theoretischen Erkenntniswert der Ergebnisse für ein Verständnis transtextueller Figurenpräsenzen neu konturieren. Die exemplarischen Analysen zur Gawein-Figur verdeutlichen, dass merkmalzentrierte Ansätze zur Bestimmung transtextueller Figurenidentität nur eingeschränkt tragfähig sind. Ihre Fixierung auf oberflächliche Stabilitäten – seien es biographische Daten, narrative Rollen oder visuelle Wiedererkennungszeichen – unterschätzt die Variabilität, in der Figuren in kultureller Zirkulation auftreten. Vor allem aber laufen sie Gefahr, die konkreten Realisationen transtextueller Figuren zu typenhaften Repräsentanten eines gleichbleibenden Musters zu reduzieren und deren semantische Eigenwertigkeit zu marginalisieren.

Demgegenüber ermöglicht das hier vorgeschlagene Modell eines soziosemiotischen Kerns eine Perspektivierung figuraler Identität, die Ähnlichkeit im Wandel nicht als Paradox, sondern als produktive Bedingung transtextueller Rezeption versteht. Der Kern bezeichnet keine fixe Essenz, sondern eine symbolische Tiefenstruktur: die semantische Verschränkung eines persistenten kulturellen Problemfeldes mit einer charakteristischen, figural codierten Artikulationsweise. In dieser Konzeption ist Identität nicht trotz, sondern durch Differenz rekonstruierbar – eine Differenz, die gerade in der diskursiven Eigenständigkeit einzelner Realisationen sichtbar wird. Die Analysen zu The Buried Giant und dem Prosalancelot haben exemplarisch gezeigt, wie stark sich die ästhetische Form, die narrative Logik und die diskursive Rahmung der jeweiligen Figurengestalt unterscheiden können – und dennoch auf einen gemeinsam geteilten Problembezug verweisen, der in beiden Fällen in der Gawein-Figur symbolisch verdichtet wird.

Ein entscheidender Vorteil des Modells liegt dabei in seiner zweifachen analytischen Reichweite: Zum einen erlaubt es die präzise Bestimmung figuraler Tiefenstrukturen, ohne den Blick für die ästhetische und semantische Eigenlogik einzelner Texte zu verstellen. Zum anderen vermag es, überindividuelle Erklärungshorizonte zu eröffnen. So lässt sich nicht nur beschreiben, dass bestimmte Figuren über Epochen und Medien hinweg zirkulieren – es lässt sich auch analysieren, warum dies der Fall ist. Transtextuelle Figuren mit langanhaltender Rezeptionsgeschichte lassen sich als semantisch tragfähige Verdichtungen kultureller Aporien lesen, die in immer neuen historischen Konstellationen aktualisiert und umcodiert werden.[33] Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Figur eine solche anhaltende kulturelle Produktivität entfaltet, hängt dabei wesentlich von der Spannungsstruktur ihres soziosemiotischen Kerns ab: Vor allem solche Konfigurationen, in denen Problembezug und Artikulationsform in einer Weise aufeinander bezogen sind, dass Ambivalenz, Aporie oder semantische Reibung entstehen, laden zur weiteren Arbeit an der Figur ein. Die kulturelle Anschlussfähigkeit ergibt sich somit nicht aus Eindeutigkeit, sondern aus Deutungsoffenheit – aus der gleichzeitigen Verankerung im anthropologischen Problemhorizont und in einer figurenspezifischen Artikulation, die diese Spannung weder auflöst noch beruhigt, sondern produktiv entfaltet.

Auf dieser Grundlage wäre zu prüfen, ob sich mit dem Modell auch figuralen Konjunkturen in bestimmten zeithistorischen Phasen analytisch beikommen lässt: Warum erfahren bestimmte Figuren in bestimmten Epochen eine plötzliche Konjunktur, während andere in Vergessenheit geraten? Welche Problemkonstellationen sind kulturell anschlussfähig – und welche Artikulationsformen besitzen die notwendige Flexibilität, um in veränderten Konfigurationen weiterhin semantisch wirksam zu bleiben?

Zudem eröffnet das Modell methodische Perspektiven auf figurenanalytische Grenzbereiche, etwa bei der Modellierung historischer oder bibelepischer Figuren, deren Identität sich ebenfalls nicht über konstante Merkmale, sondern nur über symbolisch konsolidierte Problembezüge erschließen lässt. Gerade hier zeigt sich das heuristische Potenzial des Konzepts: Wenn Figuren – wie im Fall biblischer oder mythisch aufgeladener Gestalten – nicht als poetische Erfindungen gelten, sondern als vorgängig gedachte Größen (vgl. dazu den Beitrag von Katharina Philipowski in diesem Heft), kann das Konzept des soziosemiotischen Kerns helfen, die Frage nach ihrem ontologischen Status methodisch zu relativieren. Wenn es weniger um die Frage geht, was eine Figur ontologisch ist, als vielmehr darum, wie sie in konkreten kulturellen und textuellen Konstellationen symbolisch funktionalisiert wird, dann verschiebt sich der Fokus figurenanalytischer Verfahren von einer essenzialistischen Zuschreibung hin zu einer relationalen, kontextgebundenen Betrachtung ihrer Bedeutung. Das Modell des soziosemiotischen Kerns kann damit einen Beitrag leisten, um die Figur zwischen historischer Vorprägung, kultureller Projektionsfläche und poetischer Artikulation systematisch erfassbar zu machen – auch und gerade dort, wo traditionelle Figurenmodelle an ihre Grenzen stoßen, weil sie die diachrone Persistenz oder transmediale Anschlussfähigkeit solcher Figuren nicht adäquat erklären können.

Ausblick

Ein letztes Beispiel soll die Tragfähigkeit des Ansatzes auch für solche mythisch-biblischen Figuren andeuten: Die transmediale Präsenz der Figur des Teufels – etwa jüngst noch in der populären Netflix-Serie Lucifer (6 Staffeln, 2016–2021) – belegt, dass auch Figuren mit einem kategorial veränderten ontologischen Status über einen stabilen soziosemiotischen Kern verfügen können. Obwohl die reale Existenz des Teufels heute nicht mehr zur gepflegten Semantik unserer Kultur gehört, bleibt die Figur kulturell wirksam, weil sie auf eine fundamentale anthropologische Problemstellung reagiert, die sich in unterschiedlichen weltanschaulichen Konfigurationen mit jeweils neuer Dringlichkeit stellt: Wie ist das Böse zu erklären in einer Welt, in der dem Menschen moralische Urteilskraft und Handlungsfreiheit zugeschrieben wird?

Die christliche Theologie der Spätantike und des Mittelalters hat diese Spannung mit besonderer Schärfe formuliert, indem sie den Teufel zwar als unter der Zulassung Gottes agierenden Verführer, nicht aber als kausale Instanz moralischer Verfehlung zuließ – und damit die Verantwortung für das Böse beim Menschen selbst verortete. Der Teufel ist in dieser Denkfigur gerade dann machtlos, wenn der Mensch moralisch handelt; seine Macht entsteht allein durch menschliche Projektion und die Weigerung, die eigene Schuld anzunehmen. Diese dialektische Konstellation – die zugleich Entlastungsmechanismus und Moralisierungsstrategie ist – bildet den Kern nicht nur der geistlichen, sondern auch der ersten literarischen Teufelserzählungen des Mittelalters und zeigt sich in ihrer fortdauernden Relevanz in gegenwärtigen Erzählungen erneut. Denn auch säkularisierte Kulturen haben das anthropologische Grundproblem nicht gelöst, das hier aufscheint: die Schwierigkeit, moralisches Versagen als Teil der eigenen Handlungssphäre zu akzeptieren.

Der soziosemiotische Kern des Teufels liegt folglich nicht primär in einem bestimmten metaphysischen Konzept des Bösen, sondern in der symbolischen Struktur eines Spannungsverhältnisses: zwischen einem strukturell eingeschränkten Handlungsspielraum und der gleichzeitigen symbolischen Überladung durch menschliche Schuldverlagerung. Diese Konstellation ist deshalb kulturell überaus anschlussfähig – nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Unabhängigkeit vom Glauben an die reale Existenz des Teufels oder an einen personalen Gott. Entscheidend ist nicht die theologische Rahmung, sondern die anthropologische Tiefenstruktur, die das Erzählen vom Teufel in unterschiedlichsten Kontexten prägt. Auch dieses Beispiel zeigt: Die kulturelle Persistenz einer transtextuellen Figur hängt nicht an der Konstanz ihres ontologischen Status, sondern an der semantischen Tragfähigkeit ihres soziosemiotischen Kerns. Diese Tiefenstruktur erlaubt es, grundlegende Spannungen menschlicher Selbstdeutung narrativ zu artikulieren – unabhängig davon, ob dies im Modus religiöser Eschatologie, psychologischer Allegorie oder popkultureller Selbstironie geschieht.

Diese Überlegungen können nur noch skizzenhaft angedeutet werden; sie bedürfen einer eigenen, systematischen Untersuchung. Doch schon in der Andeutung wird hoffentlich erkennbar, dass das hier entwickelte Modell eines soziosemiotischen Kerns nicht nur literarische Figuren theoretisch neu zu fassen erlaubt, sondern auch anschlussfähig ist für die Analyse figuraler Dynamiken in religiösen, mythischen und popkulturellen Erzählwelten – über Zeiten, Medien und Weltbilder hinweg.

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Published Online: 2025-09-10
Published in Print: 2025-09-05

© 2025 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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Downloaded on 9.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/jlt-2025-2018/html
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