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Transtextuelle, transdiegetische oder transfiktionale Figuren? Eine theoretische Diskussion am Beispiel bibelepischer Figuren

  • Katharina Philipowski EMAIL logo
Published/Copyright: September 10, 2025
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Abstract

With regard to a theory of transtextual characters, central questions remain open or have hardly been identified as a problem. The article discusses some of these questions from a medievalist’s perspective, such as what the basic category of a literary character to be understood as transtextual is: ›text‹ (which would lead to the term ›transtextual‹), a piece of work including a specific ›storyworld‹ (which would lead to the term ›transdiegetic‹), or only a fictional storyworld (which would lead to the term ›transfictional‹). As a prerequisite for this discussion, I try to clarify how the identity of a character in different ›storyworlds‹ can be defined (e.g., via a prototype model or universalist theory). Although this has already been discussed at length, the relationship between the concept of ›storyworld‹ and literary theoretical concepts such as text, manuscript, work, and variants is still missing. The same is true for the connection between the theory of transtextuality and philological concepts that describe the relationships and interdependencies between texts, works, versions, redactions, and adaptations.

Historising the theory of transtextuality therefore first requires a clarification of the concept of ›work‹, or the criteria for conceptual identity of a piece of work. Another unresolved fundamental question is whether transtextuality presupposes fictionality. This question has hardly been asked so far because transtextuality has almost exclusively been discussed using examples of fictional characters from modern literature (such as Sherlock Holmes or James Bond) or from entertainment media (such as Tarzan or Lara Croft). In this paper, I discuss this question for Middle High German narrative literature. As an example for non-fictional narratives, I have chosen biblical narratives (›Bibelepik‹), i.e., narratives that use either biblical or apocryphal material as their source. Among other questions, the article discusses the issue of the extent to which the specific conditions of authority and validity of sacred texts limit their potential for variation. This is because the licenses for shaping and re-accentuating biblical figures are extremely limited: spiritual storytelling is about retelling the events revealed by the Bible (and apocryphal biblical narratives) over and over again, but without changing the main plot or adding new characters.

The main argument against extending the concept of transtextuality to characters such as Adam, John the Baptist or Herod, however, is that factual narratives do not produce their ›storyworld‹ themselves as fictional texts do. Their storyworld is to be understood as the actual world. The transgression necessary for a character to be transtextual, transdiegetic or transfictional can only take place from a distinguishable storyworld, and that is a fictional one.

1 Fragestellung

Die Frage, die ich in diesem Beitrag diskutiere, zielt auf den spezifischen Status von Figuren,[1] die die mittelhochdeutsche Literatur aus der Bibel übernimmt – Figuren also wie Adam, Samuel, Johannes der Täufer, die Gottesmutter Maria und Jesus oder Herodes. Es soll diskutiert werden, ob auch sie als transtextuell verstanden werden können. Das Konzept der Transtextualität wird derzeit in der Film- und Medientheorie sowie der Literaturtheorie diskutiert und weiterentwickelt.[2] Zweifelhaft und diskussionswürdig erscheint mir eine Übertragbarkeit der Theorie von Transtextualität auf bibelepische Figuren u. a. deshalb, weil die moderne Theoriebildung zur Transtextualität in aller Regel von fiktionalen Figuren ausgeht, bibelepische Figuren aber nicht nur als historische, also faktuale, sondern auch als durch die Offenbarung religiös beglaubigte vorausgesetzt werden:[3] Für bibelepische Erzählungen sind König David, Johannes der Täufer und der Erzengel Gabriel keine Figuren, die ihre Existenz einer Erzählung verdankten, sondern Personen, von deren historischen Taten die Bibel als Offenbarungsschrift berichtet. Das bedeutet aber auch, dass sie nicht einer fiktionalen ›Erzählwelt‹[4] entstammen und zugehören. Ob sie (als Beispiele für faktuale Figuren) auf diesem Hintergrund dennoch als transtextuell zu beschreiben und zu verstehen sind, soll im Folgenden diskutiert werden.

Doch wozu kann man nun eine Theorie transtextueller Figuren gebrauchen? Auf den ersten Blick mag es so scheinen, als beschreibe die Theorie mit großem terminologischen Aufwand einen trivialen Sachverhalt, nämlich, dass von bestimmten, besonders populären Figuren in verschiedenen Werken[5] erzählt wird, wobei Veränderungen entweder hinsichtlich der Erzählwelt oder der Figur vorgenommen werden. In der mittelhochdeutschen Literatur ist es sogar der Regelfall, dass Figuren nicht nur in einem einzigen Werk vorkommen: Es scheint für einen Autor mittelhochdeutscher Romane und Epen näher zu liegen, auf Figuren zurückzugreifen, die dem Publikum bereits bekannt sein konnten und die zumindest der Autor kennt, als sich die Mühe zu machen, mit ungewissem Erfolg eine neue Figur einzuführen.

Doch so verbreitet der Gebrauch von Figuren, die ein Autor aus einem bereits vorliegenden Werk übernimmt, im vormodernen Erzählen auch sein mag, so groß ist die Herausforderung, sie theoretisch zu beschreiben und zu verstehen, was sie eigentlich sind. Im Gegensatz zu Einzelfiguren, deren Existenz auf ein einziges Werk beschränkt ist, entsteht bei transtextuellen Figuren eine neue, abstrakte Bezugsgröße: Denn anders als der Artus im Iwein oder der im Lanzelet ist der Artus ›des Artusromans‹ keine konkrete literarische Figur, sondern eine Abstraktion literarischer Figuren, die mit keiner einzigen Artusfigur in einem einzelnen Werk identisch ist (ähnlich wie das Werk ›Nibelungenlied‹ eine Abstraktion der in 37 Handschriften überlieferten Nibelungenlieder ist). Ein solches Konstrukt kann sogar gegen die Regeln der Logik verstoßen. Ein Beispiel hierfür ist das Aufwachsen Siegfrieds/Sigfrits am Königshof (im Nibelungenlied) beziehungsweise im Wald (in der Thidrekssaga). Beides schließt sich für einen Menschen und wohl auch für eine literarische Figur aus. Eine transtextuelle Figur kann demgegenüber mehrere verschiedene Eltern haben (wie die Figur Helena in der antiken Literatur) oder wie Dietrich von Bern sowohl mit der Zwergenkönigin Virginal als auch mit Helches Nichte Herrat verheiratet sein.[6] Die Relevanz einer Theorie der Transtextualität ergibt sich also bereits aus den Unterschieden erstens zwischen Figuren, die nur in einem einzigen Werk vorkommen (wie dem Pfaffen Amis im gleichnamigen Roman des Stricker, Mätzli Rürenzumpf im Ring Heinrich Wittenwilers oder Kudrun aus dem gleichnamigen anonym überlieferten Heldenepos) und solchen, die in mehreren vorkommen. Zweitens aber ist der Unterschied zwischen den einzelnen Artusfiguren in konkreten Einzelwerken und der abstrakten (oder maximalen) transtextuellen Figur ›König Artus‹ zu unterscheiden.[7] Vor allem aber greifen Autoren (wohl) absichtsvoll auf Figuren zurück, die sie aus anderen Werken kennen und die ihr Publikum mutmaßlich wiedererkennen kann und soll.[8] Für die Interpretation eines Werkes, in dem eine Figur als eine bereits bekannte wiedererkannt werden soll, ist die solchermaßen produktiv gemachte Beziehung wesentlich. Natürlich kann ein Rezipient des Rosengartens, der von der Figur Kriemhild zuvor noch nie gehört hat, diese Erzählung auf einer basalen Ebene dennoch verstehen. Dass die Rosengarten-Kriemhild aber mit der Kriemhild des Nibelungenliedes in bedeutungsstiftender Beziehung steht, erschließt sich nur dem, der das Nibelungenlied kennt oder von ihm weiß. Für diesen Rezipienten erschließt sich damit noch eine weitere Bedeutungsdimension. Sie systematisch zu erfassen, setzt aber eine Theorie der Transtextualität voraus, die im Rahmen der Literaturtheorie gerade erst im Entstehen begriffen ist. Der vorliegende Aufsatz versteht sich als Beitrag dazu und berührt deshalb auch grundsätzliche Fragen. Dabei sind in einem ersten Schritt nicht nur diese offenen Grundsatzfragen innerhalb der Theorie der Transtextualität anzusprechen, sondern es sind außerdem die Herausforderungen einer bisher weitgehend ausstehenden Historisierung dieser Theorie[9] zu berücksichtigen. Zu den hierbei relevanten historischen Besonderheiten mittelalterlichen Erzählens gehört beispielsweise, dass innerhalb der mittelalterlichen Literatur Erzählungen oft um populäre Figuren herum entstehen: Das Nibelungenlied, der Hürnen Seyfrid, die Nibelungenklage, Biterolf und Dietleib, der Rosengarten, die Thidrekssaga und die Völsungasaga sind untereinander zwar nicht genetisch, wohl aber über die Figur Kriemhild/Gudrun und über andere Figuren, die mit ihr in Verbindung stehen (wie Siegfried, ihre Brüder oder Brünhild), verbunden. Dieser mittelalterliche ›Kriemhild-Diskurs‹ ist ein besonders prägnantes Beispiel dafür, dass die Textproduktivität mittelhochdeutschen Erzählens wesentlich durch die Auseinandersetzung mit einzelnen Figuren und ihre erzählerische Weiterentwicklung oder Umbesetzung angeregt zu sein scheint. Das ist außer bei Kriemhild der Fall bei König Karl, Alexander dem Großen, Dietrich von Bern und natürlich in besonderem Maße auch bei König Artus, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Faszination, die von diesen Figuren ausgeht, begründet und trägt ganze Serien oder Verbünde von Texten, die im Sprachgebrauch des Faches entsprechend nach diesen Figuren benannt werden: Sie werden als Karlsepik, Alexander-Romane, als Artus- und Dietrich-Epik bezeichnet, ohne dass zweifelsfrei ausgemacht wäre, dass ihre zentrale und namensgebende Kategorie (nämlich die Figur) immer dieselbe ist. So versteht es sich nicht von selbst, dass der mit nicht geringem Slapstick-Humor gezeichnete, unreife Dietrich der aventiurehaften Dietrichepik, dem bei seinem Kampf gegen Drachen, Zwerge und Riesen immer wieder von seinem alten Waffenmeister Hildebrant aus der Patsche geholfen werden muss, derselbe ist wie der schwermütige Exilant der historischen Dietrichepik, der alles daransetzt, gemeinsam mit seinen Getreuen in immer neuen militärischen Anläufen sein Erbland von seinem Onkel Ermenrich zurückzuerobern.

Die Figur scheint in der mittelhochdeutschen Dichtung in besonderer Weise im Zentrum des Erzählinteresses zu stehen. Man könnte auch sagen, dass mittelalterliches Erzählen in einer spezifischen Weise figurenzentriert ist.[10] Das bedeutet nicht nur, dass Figuren wie Alexander der Große, Artus oder Dietrich von Bern in den Werken, die von ihnen erzählen, im Mittelpunkt stehen (denn das dürfte für alle epischen Werke aller Epochen gelten), sondern dass diese Figuren ihrerseits Anlass zur Entstehung immer neuer Werke, Vorgeschichten und Fortsetzungen, geben. Diese prominenten und oft auch ambivalenten Figuren sind also nicht nur Elemente von oder in Werken, sondern regen ihrerseits immer wieder die Produktion neuer Werke an. Die hohe Anzahl von Figuren innerhalb der mittelhochdeutschen Literatur, die (in dem Sinne, der weiter unten präzisiert wird) als transtextuell gelten, hängt aber nicht nur mit diesem figurenzentrierten Erzählen, sondern auch ganz allgemein mit den vielfältigen Formen des Wieder- und Neuerzählens (vgl. zum Wiedererzählen Worstbrock 1999; Klinkert 2015; Lieb 2005), der Re-Textualisierung (vgl. Bumke/Peters 2005), des Übersetzens, Bearbeitens und Kürzens zusammen, die mittelalterliches Erzählen in besonderer Weise kennzeichnen und sich konkret in der Überlieferung niederschlagen. Beispiele dafür sind etwa die verschiedenen Tristan-Romane mit ihren Kurzfassungen, die Sigurd-Seyfrid-Siegfried-Erzählungen, Erzählkomplexe wie der fragmentarische Perceval Chrétiens mit seinen verschiedenen Fortsetzungen, Wolframs Parzival und Titurel, Albrechts von Scharfenberg Jüngerer Titurel und der Rappoltsteiner Parzifal oder der Lanzelet und Prosa-Lancelot sowie die vielfältigen Erzählungen, denen der Fuchs- und Wolf- oder der Mädchen-ohne-Hände-Stoff zugrunde liegt. Überall dort, wo transtextuelle Figuren begegnen, ist dies (auch) Praxis von Wieder- oder Weitererzählen, mithin also auch Indiz literarischen Erfolgs und Merkmal der Produktivität fortgesetzter Narrative, die sich um Figuren herum (oder in ihnen verdichtet)[11] bilden. Erzählkomplexe um Siegfried und Kriemhild, um Tristan und Isolde, Dietrich und Ermenrich, um Reinhart oder Reineke Fuchs und den Wolf Isengrim, um Artus, Keie und Ginover eröffnen literarische Felder, die sich nicht erschöpfend und nicht präzise in Begriffen von Übersetzung, Gattung, Reihe oder Fassung, ja nicht einmal von Bearbeitung beschreiben lassen, weil zwischen den Werken, in denen transtextuelle Figuren vorkommen, keine genetischen Beziehungen vorliegen (müssen). Vielmehr ist das Einzige, was die Werke innerhalb dieser Cluster (die in manchen Fällen die Gattungsgrenzen von Lied, Roman, Spiel und Epos überschreiten) miteinander verbindet, die Figur selbst, weswegen die Beziehung, die durch transtextuelle Figuren geschaffen wird, sich auch nicht mit Begriffen der Intertextualität, der Para-, Hypo-, Archi- oder Metatextualität bezeichnen lässt.

2 Inkonsistenzen und offene Fragen der Transtextualitätstheorie

Begriffliche Herausforderungen beginnen bereits bei der Frage, wie das Phänomen von Figuren, die in verschiedenen Erzählwelten (oder Diegesen)[12] vorkommen, bezeichnet werden sollte. Sie werden beispielsweise »transworld character[s]« (Lăcan 2019, 135 und öfter) oder (wenn der Aspekt der Intermedialität zusammen mit dem der Fiktionalität stark gemacht wird) »intermedial character-hybrids« (Heidbrink 2010, 103) oder »transmedia character[s]« (Thon 2019, 181) genannt. Ryan spricht im Titel eines Forschungsbeitrages zum Thema von »Transfictionality« (2008).[13] Es handelt sich also um Figuren, die in mehr als einem Werk vorkommen und durch ihren Eigennamen oder andere Merkmale (wie Figurenkonstellationen, vgl. dazu den Abschnitt ›2.4 Identitätskriterien/Identifikation‹) aufeinander bezogen sind und mutmaßlich von den Rezipienten aufeinander bezogen werden sollen.[14]

2.1 ›Vorkommen‹

Es besteht in der Theoriebildung allerdings noch kein Konsens hinsichtlich der notwendigen Form dieses ›Vorkommens‹ von Figuren, das durchaus verschieden sein kann. In nicht wenigen Fällen ›kommt‹ in einer Erzählung eine Figur schließlich ausschließlich dadurch ›vor‹, dass der Erzähler oder andere Figuren sich über sie äußern oder auch nur ihren Namen nennen, ohne dass sie innerhalb der Diegese auch tatsächlich in Erscheinung treten würde. Die Frage, welche Formen des ›Vorkommens‹ einer Figur in einer Erzählung unterschieden werden können und welche vorliegen müssen, damit eine Figur als einer Erzählung zugehörig verstanden werden kann, kann hier nur gestreift werden. Weiterführend könnten hier die Begriffe von ›telling‹ und ›showing‹ sein:

The telling vs. showing distinction captures two different modes of presenting events in a narrative. In a first approximation, the distinction can be taken quite literally: in the showing mode, the narrative evokes in readers the impression that they are shown the events of the story or that they somehow witness them, while in the telling mode, the narrative evokes in readers the impression that they are told about the events. (Klauk/Köppe 2014, 846; vgl. auch Rabinowitz 2005; Johansson 2012)

Solange eine Figur nur im Modus des ›telling‹ in Erscheinung tritt und nicht auch in dem des ›showing‹, kann sie kaum zu einer transtextuellen Figur, womöglich nicht einmal zu einer Figur im engeren Sinne werden. Ein Beispiel dafür wäre die ausgedehnte Auseinandersetzung mit und über Kriemhild in der Nibelungenklage. In diesem Text wird durch den Erzähler sowie mehrere Figuren wiederholt auf Handlungen Kriemhilds (die zum Zeitpunkt der Handlung der Nibelungenklage bereits tot ist) im Nibelungenlied Bezug genommen und ihr Anteil am Untergang der Burgunden wird aus verschiedenen Perspektiven immer wieder und immer wieder neu reflektiert, rekapituliert und diskutiert. Trägt das auch erheblich zum literarischen Wissen über und sogar zur (geradezu suggestiven) Sympathiesteuerung hinsichtlich der Figur Kriemhild bei, kann es doch nicht zu jenen Fällen gerechnet werden, in denen Texte transtextuelle Figuren hervorbringen, weil Kriemhild in der Nibelungenklage zwar geradezu allgegenwärtig ist, aber nur innerhalb von metadiegetischen Erzählungen von ihr, Bewertungen oder Mutmaßungen über sie, die entweder der Erzähler oder andere Figuren anstellen. Sie wird dem Rezipienten also nicht vor Augen gestellt, sein Bild von ihr wird gleichwohl auf der Ebene der histoire und auf der des discours ergänzt, korrigiert oder bestätigt. Sie wird als Figur nur im Modus des ›telling‹ manifest, aber nicht ›gezeigt‹, sie tritt in der Erzählwelt der Nibelungenklage nicht auf. Transtextuell können aber nur solche Figuren sein, die auf der Figurenebene ›gezeigt werden‹ und so als Figuren in Erscheinung treten.[15]

2.2 Bezugsgröße: Text, Werk, Erzählwelt?

Eine weitere Präzisierung ist notwendig: Maßgebliche Kategorie ist im Falle der transtextuellen Figur, anders als der Begriff dies nahelegt, nicht der Text, sondern das Werk. Denn die Frage nach transtextuellen Figuren ist zunächst die nach den Identitätsbedingungen von Figuren, die in mehreren Werken[16] (und nicht einfach nur in mehreren Texten) vorkommen: Im Rahmen einer wortwörtlichen Übersetzung (wie beispielsweise der des altfranzösischen Lancelot en prose durch den deutschen Prosa-Lancelot) liegt keine Transtextualität vor, auch nicht hinsichtlich der Fassungen des Iwein Hartmanns von Aue oder des Nibelungenliedes. Zwar handelt es sich bei diesen Beispielen um verschiedene Texte, nicht aber um verschiedene Werke. Um das präziser zu fassen, müssen an dieser Stelle ein paar Worte zum Werkbegriff gemacht werden, der ein mediävistischer sein muss.

Die Begründung für eine solche Präzisierung lässt sich einem für die Literaturtheorie wichtigen Beitrag von Carlos Spoerhase (2007) entnehmen, der in seiner Begriffsexplikation deutlich macht, dass aufgrund von Überlieferungssituation, Fehlen einer Autorisierung, spezifischen medialen Voraussetzungen mittelalterlicher Textualität, den technischen Rahmenbedingungen einer Handschriftenkultur und ihren Aufführungsbedingungen eine gesonderte Untersuchung nötig sei, um mittelalterliche Werke zu definieren,[17] wobei ihm umstritten erscheint, ob die Mediävistik einen Werkbegriff überhaupt benötige. Tatsächlich hat die New Philology mit ihrer Fokussierung auf die konkrete einzelne Handschrift, die Werke überliefert (und der die New Philology stellenweise regelrechten Werkstatus zuschrieb), definitorische Bemühungen um das Werk nicht gerade befördert. Für eine Untersuchung transtextueller Figuren ist eine nähere Bestimmung dessen, was unter einem Werk verstanden werden soll, aber unerlässlich, weil die Transgression, die Figuren zu transtextuellen Figuren macht, nicht die Textgrenze ist, sondern die Werkgrenze. Zunächst ist ganz allgemein festzuhalten, dass »literarische Werke – so wie wir sie normalerweise verstehen, über sie reden und uns in Form von Kritik und Interpretation mit ihnen auseinandersetzen – keine physischen Gegenstände sein können« (Thomasson 2019, 30). Im Rahmen mittelalterlicher Textualität ist das leicht nachzuvollziehen: Das Nibelungenlied instanziiert sich in derzeit 37 bekannten Überlieferungsträgern. Wonach wir fragen, wenn wir beispielweise im Handschriftencensus unter der Kategorie ›Werk‹ das Nibelungenlied eingeben, ist aber natürlich nicht identisch mit den Handschriften, die diese nicht-physische, abstrakte Entität überliefern und konstituieren:

Man kann sagen, dass die vorherrschende Meinung in den letzten Jahren lautete, dass literarische Werke erschaffene abstrakte Entitäten einer gewissen Art sind […], die in verschiedener Hinsicht von Schöpfungsakten durch Autoren und von kulturellen Hintergrundbedingungen abhängig sind und deren Identitätsbedingungen an bestimmte Umstände ihrer Schöpfung gebunden sind. (Thomasson 2019, 37)

Für die Zwecke, die ich hier verfolge (und das ist nicht die Beantwortung der Frage, wie sich ein mittelalterliches Werk definieren lässt), ist das universalientheoretisch inspirierte und gegenüber Aspekten wie Originalität und (Erst)Autorschaft neutrale Modell von Maria Reicher hinlänglich, das sie über mehrere Stufen argumentatorisch entwickelt. Im Rahmen ihrer Argumentation verwendet sie die Begriffe ›Werk‹ und ›Artefakt‹ synonym:

Vielmehr sind es intentionale Akte einer ganz besonderen Art, durch welche Werk-Artefakte hervorgebracht werden. Ich nenne diese intentionalen Akte Schaffensakte. Daher schlage ich nun folgende Definition des Artefaktbegriffs vor:

(W5) x ist ein Artefakt genau dann, wenn x seine Entstehung Schaffensakten verdankt, die x zum Gegenstand haben.

Was für Akte sind das aber genau? Wie kann man sie näher charakterisieren? – Zur Charakterisierung von Schaffensakten bieten sich die folgenden bedeutungsverwandten Begriffe an: Auswählen, Entscheiden, Festlegen, Anerkennen. Ein Werk-Artefakt zu schaffen heißt, Eigenschaften auszuwählen, sich für bestimmte Eigenschaften zu entscheiden, diese Eigenschaften festzulegen, einen Gegenstand mit diesen Eigenschaften als Werk-Artefakt bzw. als korrektes Exemplar eines bestimmten Werk-Artefakts anzuerkennen. (Reicher 2013, 216)

Diese Definition verhilft dazu, verschiedene Handschriften-Texte eines Werkes (wie den Text der Handschrift A des Nibelungenliedes) von diesem und (in Fällen, in denen der Text einer Handschrift nicht eine Fassung repräsentiert) auch von Fassungen zu unterscheiden. Denn ein beauftragter Schreiber, der eine Abschrift des Nibelungenliedes anfertigt, unterscheidet sich vom Autor (oder den Autoren) des Nibelungenliedes gerade dadurch, dass er die genannten Tätigkeiten des Auswählens, Entscheidens, Festlegens und Anerkennens nicht vollzieht. Täte er es, würde er zumindest als Schöpfer einer eigenständigen Fassung gelten können.[18]

Eine hinlängliche konzeptionelle Eigenständigkeit ist Voraussetzung für Transtextualität. Die Figuren in verschiedenen Texten, die ein Werk konstituieren (wie Übersetzungen, [Kurz- oder Lang-]Fassungen etc.) würden folglich nicht als transtextuell bezeichnet werden, weil die Abweichungen zwischen ihnen zu gering oder (wie im Falle mancher Übersetzungen) auch gar nicht vorhanden sind, beziehungsweise ausschließlich auf einzelsprachlicher Ebene liegen. Die Figuren, die in ihrer Summe eine transtextuelle Figur konstituieren, müssen zwar einander ähnlich sein: »Im […] Fall der intertextuellen Beziehung gilt das Ähnlichkeitsprinzip als entscheidendes Kriterium für die Beurteilung, ob eine Figur aus einer möglichen Welt (W1) identisch mit einer Figur aus einer anderen möglichen Welt (W2) ist« (Lăcan 2019, 138 f.). Ähnlichkeit kann aber nur unter der Voraussetzung von Abweichung und Differenz vorliegen, die für Transtextualität konstitutiv ist. Denn wo eine Figur unverändert ist wie etwa im Falle der Sherlock Holmes-Figur innerhalb der Kurzgeschichten und Romane seines Schöpfers A.C. Doyle würde Holmes ungeachtet des Werkstatus, der den Romanen und Kurzgeschichten zukommt, nicht zu einer transtextuellen Figur werden. Die betreffenden Werke müssen also, anders als im Falle von Übersetzungen und Fassungen, eine konzeptionelle Selbständigkeit aufweisen, die es erlaubt, sie als Werk zu verstehen. In diesem Sinne stehen sich Hartmanns Erec und Iwein als Werke gegenüber, Chrétiens Erec et Enide und Hartmanns Erec aber nicht. Zweitens müssen aber auch signifikante Abweichungen innerhalb der Gestaltung einer Figur zu verzeichnen sein, die die Frage, ob es sich um dieselbe handelt, überhaupt erst aufwerfen: Hinsichtlich des stets selben Dietrich in der historischen Dietrichepik stellt sich die Frage, ob er in der Rabenschlacht derselbe ist wie in Dietrichs Flucht weniger nachdrücklich als hinsichtlich der Rabenschlacht und der Virginal, die der aventiurehaften Dietrichepik angehört und ihn nicht als vertriebenen Thronfolger, sondern als unreifen und in Fragen des Frauendienstes unbeholfenen Drachenkämpfer zeigt.[19] Wie angreifbar und fragwürdig jede einzelne dieser Kategorien ist, versteht sich für jeden, der mit der mittelalterlichen Erzählwelt und Überlieferungskultur vertraut ist, von selbst. Ob beispielsweise Nibelungenlied und Nibelungenklage der Status von eigenständigen Werken zuzuweisen ist, darüber gibt es Kontroversen, die auf inhaltlicher, aber auch auf kodikologischer Ebene geführt werden, weil auch die Handschriften das Nibelungenlied und die Nibelungenklage teils nicht als selbständige Werke, sondern eher als Abschnitte eines größeren Erzählzusammenhanges präsentieren.

2.3 Transdiegetische Figuren?

Dass Werke (wie Rabenschlacht und Alpharts Tod oder Nibelungenlied und Nibelungenklage) eine gemeinsame Erzählwelt teilen können, wirft nun allerdings die Frage auf, ob es wirklich die Werkgrenze ist, die Figuren überschreiten müssen, um zu transtextuellen zu werden. Denn Nibelungenlied und Nibelungenklage können zwar hinsichtlich ihrer literarischen Form (Strophen vs. Reimpaarverse), ihres Erzählstils, ihres Hervorgehens aus der Nibelungensage etc. durchaus als so unterschiedlich verstanden werden, dass ihnen Werkstatus zugewiesen werden kann. Ihre Erzählwelt ist dessen ungeachtet aber die gleiche, sogar die Orte, an denen die Handlung der Nibelungenklage spielt, sind jene des Nibelungenliedes. Das liegt nahe, insofern die Handlung der Nibelungenklage unmittelbar mit jener Szene beginnt, mit der das Nibelungenlied endet: Dem Blutbad, das der Kampf zwischen Hunnen und Burgunden anrichtet. Doch können Figuren, die zwar die Werkgrenze überschreiten, aber trotzdem in der gleichen Erzählwelt bleiben, sinnvoll als transtextuell verstanden werden?

Weil eine deutliche Transgression vorliegen muss, damit eine Figur als transtextuell verstanden werden kann, und die Werkgrenzen nicht notwendigerweise die Grenzen einer Erzählwelt abstecken, ist vorgeschlagen worden, anstelle des Textes oder des Werkes die Erzählwelt zum maßgeblichen Kriterium für Transtextualität zu machen. In diese Richtung argumentiert Glauch:

Ich bin nun der Meinung, dass man das Irritierende, Transgressive und damit Besondere aller dieser Konstellationen deutlicher bezeichnen würde, wenn man nicht das Auftauchen von Figuren in verschiedenen Texten oder verschiedenen Medien, sondern das Auftauchen in verschiedenen Geschichten oder storyworlds zum Kriterium machen würde. (Glauch 2025, 198)

Um diese Präzisierung begrifflich zum Ausdruck zu bringen, müsste also eigentlich von transdiegetischen Figuren, bzw. von Transdiegetik, gesprochen werden. Diese Einschränkung würde die Zahl von Figuren, die als transdiegetisch gelten, gegenüber transtextuellen Figuren erheblich reduzieren und auch die Frage nach sich ziehen, ob der Artus der mittelalterlichen Artusromane überhaupt eine transdiegetische Figur ist, beziehungsweise ob den mittelalterlichen Artusromanen eine gemeinsame Erzählwelt zugrunde liegt. Wer und was darüber entscheidet, welche Welten gleich und welche anders sind, lässt sich allerdings kaum festschreiben oder definieren.[20] Für Glauch lässt sich die Frage, ob eine Erzählwelt dieselbe ist wie die eines anderen Werkes »nur beantworten im Hinblick auf die Vorstellung, die sich ein Leser mittels der Darstellung und evtl. weiterer Wissensquellen vom Dargestellten macht« (Glauch 2025, 199).

Von Erzählwelten auszugehen, würde folglich die Frage, was als Werk gelten kann, auf die Frage verschieben, wo die Grenzen einer Erzählwelt verlaufen und welche Werke gemeinsame oder verschiedene Erzählwelten aufweisen. Der Vorteil wäre jedoch, dass dem Aspekt der Transgression, der eine Figur erst zur transtextuellen (beziehungsweise eben zur transdiegetischen) macht, stärker Rechnung getragen würde als durch die Werkgrenze. Für das Folgende gilt deshalb, was auch in der Einleitung hinsichtlich der Ausgangskategorie von Figuren (die dann allerdings nicht mehr transtextuelle heißen dürften, sondern transdiegetische genannt werden müssten) formuliert ist:

While the current research landscape is defined by a range of different approaches to characters from literary, cultural, and media studies, we can take as our starting point the relatively uncontroversial observation that characters are often conceptualized as human or human-like entities represented through a medium and situated within storyworlds. (von Contzen et al. 2025, 171)[21]

2.4 Identitätskriterien/Identifikation

Transdiegetik bedeutet, dass ein Autor bewusst mit der Wiedererkennbarkeit, also der Identifizierbarkeit einer Figur, arbeitet. Er nutzt eine Figur, die sein Publikum aus einem anderen Erzählzusammenhang kennen kann und wiedererkennen soll, um das, was er über sie weiß, für die Auseinandersetzung mit dem neuen Erzählzusammenhang produktiv zu machen. Was aber ist an einer Figur maßgeblich dafür, dass sie als eine Figur identifiziert werden kann, die es auch in einer anderen Erzählwelt gibt?

Zunächst ist als Identifikationskriterium natürlich an den Eigennamen zu denken.[22] Doch wie wäre dann mit Figuren zu verfahren, die unterschiedliche Eigennamen haben wie Kriemhild (im Nibelungenlied) und Gudrun (in der Völsungasaga, in der Grimhild der Name der alten Königsmutter ist)? Kriemhild und Gudrun teilen ungeachtet ihrer verschiedenen Namen deutlich mehr Eigenschaften miteinander als die Kriemhild des Nibelungenliedes mit der namensgleichen Figur Kriemhild im Hürnen Seyfrit, die von einem Drachen entführt und von Seyfrid gerettet wird. Ein einziger Name (wie Isolde oder Hagen) kann umgekehrt auch zwei verschiedene Figuren bezeichnen, wie im Tristan Gottfrieds von Straßburg, in dem es eine junge Isolde gibt, eine alte, ihre Mutter, und noch eine dritte, die weißhändige. Und Hagen heißt nicht nur der Mörder Siegfrieds im Nibelungenlied, sondern auch der Spitzenahn im Kudrun-Epos, der mit dem Hagen der Nibelungensage aber in keiner Verbindung steht. Das Beispiel von Kriemhild und Gudrun zeigt, dass der in einem Werk vergebene Eigenname in vielen Fällen signalisiert, dass eine bestimmte Figur vom Rezipienten mit einer anderen in Verbindung gebracht werden soll, die bereits in einem oder mehreren anderen Werken vorhanden ist. Der Name ist aber kein verlässliches Identitätskriterium. Es sind dann Beziehungen zu anderen Figuren (Gudrun beispielsweise ist die Frau Sigurds und die Schwester der drei Königssöhne Gunnar, Guthorm und Högni), die eine Figur mit einer anderen in Beziehung setzen. Und obwohl es keinen verlässlichen Indikator dafür gibt, wie Figuren wiedererkannt werden können und wie viele oder welche ihrer Merkmale dazu übereinstimmen müssen, ist ganz unzweifelhaft ein großer Teil der Bedeutung von Werken, in denen transdiegetische Figuren begegnen, genau dadurch konstituiert, dass ihre Rezipienten in der Lage sind und dazu eingeladen werden, diesen Figuren eine bestimmte und spezifische Identität und mit ihr auch eine Geschichte, die ihnen ihre Prätexte zuweisen, zuzuschreiben. Gerade deshalb ist die Frage nach der Beziehung zwischen Figuren auch so relevant, denn diese ist, auch wenn sich Abhängigkeiten zwischen Werken oder Erzählwelten nur selten ausmachen lassen, keine reziproke: So verweist die Brünhild aus Biterolf und Dietleib mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Brünhild des Nibelungenliedes, diese aber nicht auf die Brünhildfigur in Biterolf und Dietleib. Doch ungeachtet der vielen Unbestimmtheiten und Unbestimmbarkeiten ist die Frage, welche Beziehungen Werke zueinander unterhalten, relevant. Für die Deutung des Lanzelet-Romans ist die Frage, ob die Lanzelet-Figur jene Figur ist, von der auch der Prosa-Lancelot erzählt, wesentlich. Doch von welchem Punkt an erlischt der Zusammenhang, der Figuren verschiedener Werke (womöglich) zu einer Figur macht, wann wird er zu lose, um von einer transdiegetischen Figur zu sprechen? Bilden sich dann zwei selbständige Figuren aus oder entstehen Spross- oder Geschwisterfiguren? Kaum, denn ein solches Verzweigungsmodell würde eine Entscheidung darüber voraussetzen, was den Kern und was die Peripherie einer Figur ausmacht und eine solche Entscheidung ist für Figuren der mittelhochdeutschen Literatur in vielen Fällen nicht zu treffen. Bei der Analyse moderner Literatur kann für die Definition dessen, was den Kern und was die Peripherie einer Figur ausmacht,[23] von Originalschöpfungen und Autorisierungen ausgegangen werden, in denen Figureneigenschaften vom Autor eines Werkes festgelegt werden.[24] Für mittelalterliche Literatur, innerhalb derer nur in Ausnahmefällen Autoren ausgemacht werden können, die originale Figuren schaffen,[25] welche von anderen Autoren aufgegriffen und für ihre eigenen Erzählungen genutzt werden, ist das keine Option. Wo eine Beziehung von Original-Variante (oder primärer und sekundärer) nicht auszumachen ist, muss eine kontingente Setzung an ihre Stelle treten:

When a relative chronology of the pertinent texts cannot be established, there is no original in the strict sense, and the decision is rather which IND [individual, K.P.] to employ as point of departure or fixed point of reference. This decision is purely heuristic in nature and depends on the context and purpose of the enquiry. (Margolin 1992, 44)

Es liegt auf der Hand, wie sehr eine solche Unterstellung von Ausgangs- und Referenztext die Analyse beeinflusst: Wer vom Nibelungenlied als Ursprungswerk für die Figur ›Siegfried‹ ausgeht, wird andere Merkmale der Figur als zentral und wesentlich ansehen als jemand, der als Ausgangspunkt des Vergleichs den Hürnen Seyfrid oder die Thidrekssaga zugrunde legt: Ist es beispielsweise für die Figur wesentlich, ein Königssohn zu sein, der behütet am Hof aufwächst (wie im Nibelungenlied) oder ein Findelkind, das (wie in der Thidrekssaga) von einer Hirschkuh gesäugt wird? Oder macht es Siegfried wesentlich aus, unermüdlich gegen Riesen und Drachen zu kämpfen? Ein Drache kommt, wenn gilt, was zum Vorkommen einer Figur oben gesagt worden ist, im Nibelungenlied gar nicht vor. Die Antwort auf die Frage, »which of a character’s internal properties are supposed to be essential and which are not« (Reicher 2010, 111–133, 127)[26] kann, wo nicht ein identifizierbares Original zugrunde liegt, immer nur eine normative sein.[27] Das gilt auch für einige Figuren des Artusromans, die meiner Auffassung nach eben nicht (wie Mohr behauptet) »are associated, if at all, with a few, always the same actions. In this way, they convey somewhat clearly contoured connotations and can thus serve as exemplary characters within the Arthurian storyworld« (Mohr 2025, 269). Ginover beispielsweise wird im Prosa-Lancelot wesentlich über ihre ehebrecherische Liebe zu Lancelot charakterisiert, von der andere mittelhochdeutsche Romane jedoch nichts erzählen. Zwar lassen sich alle diese Eigenschaften, auch jene, die sich widersprechen (wie frühes Aufwachsen als behüteter Königssohn und Aufwachsen im Wald) einer abstrakten maximalen Figur zurechnen, doch das, was die Identität und Wiedererkennbarkeit einer Figur ausmacht, ihr ›Kern‹, ist über das Konzept der maximalen Figur, die rein summarisch und additiv ist, gerade nicht zu erschließen.[28] Vielmehr verteilen sich die Eigenschaften transdiegetischer Figuren auf diese eher wie Familieneigenschaften[29] auf die Mitglieder einer Familie. Deshalb gibt es Kriemhild-Figuren, die nur eine einzige Eigenschaft miteinander teilen, die nämlich, Ehefrau Siegfrieds zu sein, und die dennoch als Kriemhild identifizierbar sind – man denke an die blutrünstige Kriemhild im Rosengarten und die entführte Kriemhild im Hürnen Seyfrit. Figuren, die durch ihren Namen oder durch spezifische andere Merkmale (wie ihre Beziehungen zu anderen, durch ihren Namen oder durch spezifische andere Merkmale identifizierbare Figuren) wiedererkannt werden können, bleiben Figuren, die durch ihre Zugehörigkeit zur maximalen Figur Bedeutung erlangen, wie lose diese Zugehörigkeit auch immer sein mag. Das dürfte wohl sogar noch für die Brynhild der Völsungasaga und die Brünhild in Herrmanns von Sachsenheim Mörin aus der Mitte des 15. Jahrhunderts gelten, die bis auf den Namen gar keine Eigenschaften mehr teilen. Aus der Walküre ist hier eine angriffslustige Schwarze geworden. Ein direkter Zusammenhang ist nicht auszumachen, was die Auseinandersetzung mit den indirekten Verbindungen aber umso relevanter macht: Auf welcher Ebene ist die Anbindung der Brünhild-Figur der Mörin an die maximale Figur ›Brünhild‹ beschreibbar? Wie vage diese Anbindung auch immer sein mag – solange sie erkannt werden kann, ist sie vorhanden und wirksam.

3 Bibelepisches Erzählen (als Beispiel faktualen Erzählens)

Auch die Bibelepik ist ein Beispiel für die figurenzentrierte Re-Textualisierung, die oben angesprochen wurde. Denn hier entstehen aus den verschiedenen kanonischen wie apokryphen biblischen Erzählungen um bestimmte Figuren und deren berühmte Taten, solchen des Alten wie des Neuen Testaments, immer wieder neue Texte, aber auch Werke unterschiedlicher Gattungszugehörigkeit. Aus dieser Perspektive scheint es zunächst naheliegend zu sein, sämtliche Figuren der Bibelepik als transtextuell[30] zu verstehen, weil sie allesamt dem Bezug auf den biblischen Prätext sowie auf apokryphe biblische Erzählungen, also einem Akt des Wieder- und Neuerzählens, entspringen, der teilweise nicht nur Bearbeitungen, Redaktionen und Fassungen biblischer Texte schafft, sondern sogar neue Werke (wie im Falle des Heliand oder der Kindheitsevangelien). Damit scheint die Bibelepik einerseits ein Paradefeld für Fragestellungen, die die Theorie der transtextuellen Figuren aufwirft. Allerdings sind hier hinsichtlich der Figuren kaum Akte der Neuschöpfung zu verzeichnen. Bibelepischem Erzählen sind hinsichtlich seiner zentralen Figuren und deren Handlungen und Konflikte dadurch enge Grenzen gesetzt, es lassen sich nicht einfach zu den biblischen oder apokryphen Erzählungen zusätzliche, andere oder neue Erzengel oder Verwandte Marias einführen. Demgegenüber sind den Variationen, Kürzungen und Amplifikationen von biblischen und apokryphen Erzählungen in der weltlichen Dichtung kaum Beschränkungen auferlegt.[31] Welchen Status haben Figuren der Bibelepik also hinsichtlich ihrer Transtextualität oder Transdiegetik und dürfen (müssen, sollen) sie behandelt werden wie Gawein, Laurin oder Neidhart/Neithart?[32] Das ist insofern fraglich, als – ohne dass das in der Theorie zur Transtextualität explizit reflektiert oder diskutiert würde – (wie unter ›1 Fragestellung‹ bereits angesprochen) von Transtextualität (beziehungsweise jenem Phänomen, das hier mit dem Begriff ›Transdiegetik‹ bezeichnet wird) dann die Rede ist, wenn es um Figuren fiktionaler Texte geht, bibelepische Figuren aber von ihren Autoren als faktuale geschaffen und von ihren Rezipienten als faktuale verstanden werden (sollen).[33] Man könnte auch sagen, es handelt sich bei den Figuren, an deren Beispiel Transtextualität diskutiert wird, um erfundene Figuren, und nur deshalb, weil sie erfunden sind, kann die Frage ihrer Identitätsbedingungen überhaupt interessieren oder diskutabel sein. Genau das scheint auch Richardson vorauszusetzen, wenn er, eher beiläufig, schreibt: »At the most straightforward level, the question is whether it is possible for the same character to appear in two or more works of fiction« (Richardson 2010, 527, Hervorh. K.P.). Als Bestandteile von »fictional narrative« fasst auch Margolin jene Figuren auf, die transdiegetisch sein können:[34]

Quite often, when we read a fictional narrative, we encounter in its story world a named individual (=IND) who can be intuitively regarded as a version of an original, bearing the same proper name, which is located elsewhere. Now this elsewhere can be another subdomain of the story world represented by this very text, or it may be another fictional, as if, story world represented by another text […]. (Margolin 1992, 43)[35]

Doch genau in der Frage, ob die Theorie der Transtextualität oder Transdiegetik auf fiktionale Texte beschränkt ist oder nicht, besteht kein Konsens. Für Lăcan beispielsweise stellt sich die Frage nach der Identität zwischen Original und Version gleichermaßen für Texte, die von historischen Personen und erfundenen Figuren erzählen: »Egal ob die Figur ein reales Pendant hat, d. h. eine wirkliche Person, z. B. eine historische Persönlichkeit, oder ein fiktives, d. h. eine andere nicht-wirkliche Figur einer möglichen Welt, stellt sich die Frage nach der Identität zwischen Original und Version.« (Lăcan 2019, 136) Auch Thon sieht keinen Grund dafür, dass eine Figur notwendigerweise fiktional sein müsste, um in verschiedenen Erzählwelten existieren zu können: »I remain unconvinced that characters necessarily have to be fictional and thus would consider it less problematic to conceptualize them as represented rather than fictional entities within represented rather than fictional worlds« (Thon 2019, 178). Ryan ist bestrebt, eine Ausgrenzung faktualer Erzählungen zu vermeiden und würde deshalb eigentlich den Begriff der Transtextualität gegenüber Transfiktionalität bevorzugen, wäre er nicht bereits durch Genette anders besetzt:

The best solution would be to coin a term that covers a certain type of relation between both narrative and fictional texts. Transtextuality would be the obvious candidate, but it has already been claimed by Genette with a broader meaning, and I will therefore stick with the term transfictionality, though I will not insist on the fictionality of both texts. (Ryan 2008, 387 f.)

Dass faktuale Personen im Rahmen der Theorie mit fiktionalen Figuren gleichgestellt werden können, versteht sich allerdings durchaus nicht von selbst. Denn im Fall einer Person sind einige Merkmale anders gelagert als im Falle einer erfundenen Figur. So sind Personen hinsichtlich ihrer Merkmale vollständig (vgl. dazu Thomasson 2003, 154 f.): Auf eine Person treffen im Gegensatz zu einer erfundenen Figur alle denkbaren Merkmale entweder zu oder nicht. Nicht alle Merkmale sind bekannt, nicht alle überliefert, aber unabhängig davon, ob diese Merkmale bekannt und überprüfbar sind, trifft auf eine Person ein jedes (wie Geburtsort und -jahr, natürliche Haarfarbe, Blutgruppe, Name der Eltern, Anzahl der Geschwister) unabhängig davon, ob sie bekannt sind, in spezifischer Weise zu. Darin liegt der Unterschied zu Figuren, die ausschließlich aus den Attributen bestehen, die ein Erzähler ihnen zuweist.[36]

Es sind diese Attribute, die von anderen Autoren nachträglich ergänzt, präzisiert, revidiert oder variiert werden können wie im Falle von Dietrich von Bern, der – je nach Werk – (noch) unverheiratet, mit der Zwergenkönigin Virginal oder mit Herat verheiratet ist. Das Prinzip der Ergänzung und Variation verfolgen Werke, die einem Heldenleben entweder eine enfance, eine Vorgeschichte, hinzudichten oder eine Fortsetzung wie im Fall des Rennewart, der sich an den Willehalm anschließt.[37] Versteht man Ulrichs von Zatzikhoven Lanzelet als Auseinandersetzung mit dem Prosa-Lancelot, dann wäre er ein Beispiel dafür, dass Figuren in ihrer Weiterentwicklung auch bestimmter Attribute beraubt werden können, im Falle Lanzelets beispielsweise der Eigenschaft, der ehebrecherische Liebhaber von Königin Ginover zu sein.

Man kann sich nun natürlich auf den Standpunkt stellen, dass durch ihr Eintreten in die Literatur eine Figur wie Kaiser Otto, Napoleon oder Marie Curie zu einer fiktionalen wird. So argumentiert auch Haug: »Die Fakten werden, auch wenn sie authentisch sind, im fiktiven Zusammenhang letztlich fiktionalisiert.« (Haug 2003, 133) Es drängt sich aber unter der Maßgabe dieser Auffassung die Frage auf, warum Autoren in ihren Erzählungen dann überhaupt auf historische Personen zurückgreifen. Wird nicht diese ihre Entscheidung übergangen, wenn unterstellt wird, zwischen Bertschi Triefnas im Ring Heinrich Wittenwilers und Thomas von Aquin, den Dante in der Göttlichen Komödie im Paradies trifft, bestünde in dieser Beziehung kein Unterschied? Die historische Person besitzt schließlich, solange sie referenzialisierbar ist, stets einen konkreten außertextuellen Bezug und wird an diesem, nicht an einem literarischen Prätext, gemessen: Wer in Tolstois Krieg und Frieden dem Namen Napoleon begegnet, stellt ganz selbstverständlich die Verbindung zur historischen Person her – und soll es selbstverständlich auch.[38] Zwar kann eine historische Figur wie Kaiser Otto oder Napoleon zu einer gattungsübergreifenden literarischen Figur werden, die zumindest nicht nur, sondern auch auf dem Hintergrund literarischer Prä-Texte verstanden wird. Doch ihr Ursprung liegt dennoch in der (historischen) Wirklichkeit und an ihr bemessen sich die Abweichungen, die die literarische Gestaltung an ihr vornimmt. Anders gesagt: Figuren, deren Ursprung außerhalb eines literarischen Werkes oder überhaupt eines Textes liegt oder vermutet wird, werden auch auf diese außertextuelle Welt bezogen.

Hier ist wieder auf die bibelepischen Figuren zurückzukommen, denen Faktualität gleich zweifach (wenn auch auf unterschiedlichen Ebenen) zukommt: Sie gelten nicht als erfunden, sondern als historisch, weswegen mittelalterliche Weltchroniken auch ganz selbstverständlich mit der Nacherzählung biblischer Ereignisse beginnen. Die Authentizität der Ereignisse, die die Bibel erzählt, wird im Mittelalter nirgends und von niemandem für irrelevant gehalten.[39] Manuwald weist in ihrer Auseinandersetzung mit bibelepischem Erzählen am Beispiel des Tobias darauf hin, dass die Sinnzusammenhänge, die hier Bedeutung konstituieren, auch jenseits seiner Textgrenze Geltung besitzen:

Bei biblischen Stoffen hat dieses Wissen [das intersubjektive Wissen über die erzählte Welt, K.P.] für eine christliche Rezeptionsgemeinschaft (so, wie sie im Tobias entworfen wird) jedoch eine besondere Verbindlichkeit. Denn die Bibel als Text besitzt eine besondere Autorität; zudem sind bei einem solchen Rezeptionsrahmen der Wahrheitscharakter und die Sinnerfülltheit des dahinterliegenden Geschehens nicht zu hinterfragen. Für das ›Erzählen‹ bedeutet das, dass selektiv auf dieses Geschehen zugegriffen werden kann, nicht weil das Wissen darum tatsächlich bei allen Rezipienten vorausgesetzt werden kann, sondern weil die Sinnzusammenhänge auch außerhalb des konkreten Textes existieren. Dafür ist nicht zuletzt die autoritative Quelle ein Garant. (Manuwald 2017, 279)

Dass die Sinnzusammenhänge der biblischen Erzählungen auch außerhalb und unabhängig von der Bibel existieren, gültig und wahr sind, bedeutet, dass sich, wer sich im Mittelalter auf sie bezieht, nicht (primär) auf eine Erzählung bezieht, sondern auf das dahinter liegende Geschehen, von dem sie berichten:

Greift man auf die Intertextualitätstheorie zurück, dann könnte man, weil der eine Text aus dem anderen abgeleitet ist, die Tobias-Dichtung Lambrechts versuchsweise als Hypertext fassen, mit dem Buch Tobit als Hypotext. Ganz passend ist diese Kategorisierung aber nicht, weil der sekundäre Text weder durch Transformation noch durch Nachahmung im Sinne Gérard Genettes entstanden ist. Außerdem ist der Bezugspunkt von Lambrechts Tobias – trotz der Quellenberufungen – nicht in erster Linie die textuelle Oberfläche des Buches Tobit, sondern das dahinter liegende Geschehen, für das das Buch Tobit als Garant dient. (Manuwald 2017, 277)

Die Sinnerfülltheit und Wahrheit des Geschehens, das hinter dem in der Bibel Erzählten steht und von dem sie erzählt, unterstreicht zusätzlich zu ihrer historischen Faktualität ihre Autorität und Gültigkeit: Biblische Personen und ihre Taten werden der zwar vergangenen, aber dennoch geteilten, eigenen Welt zugerechnet. Auf Pilgerfahrten ins Heilige Land können Pilger deshalb die historischen Stationen des Lebens Christi konkret nachvollziehen. Diese Faktualität konstituiert spezifische Rahmenbedingungen für die Rezeption: Während eine erfundene Figur erst mit ihrer Erfindung durch einen Autor in die Existenz tritt,[40] existiert eine Person zum Zeitpunkt der Abfassung eines Textes, der sich ihrer bedient, bereits, sie entsteht im Erzählzusammenhang nicht durch die Erzählung von ihr, sondern durch die Übernahme aus der Wirklichkeit, aus der sie ihre Merkmale und Eigenschaften in einen Text mitbringt. Das dürfte für historische Figuren ebenso gelten wie für biblische (die ihren mittelalterlichen Rezipienten als historische gelten). Über ihre Historizität hinaus aber ist die Bibel Wort Gottes. Das Geschehen, von dem die Bibel in ihren kanonischen und apokryphen Büchern erzählt, ist Heilsgeschichte: »Für die primären Produzenten und Rezipienten von legendarischen Texten des Mittelalters sind Heilige keine Bewohner von storyworlds, die sich als non-actual state of affairs definieren und innerhalb von Textgrenzen einhegen ließen, sondern vielmehr Teil ihrer Realität.« (Koch 2020, 94) Die Bedeutung dieses Geschehens kann durch unterschiedliche Perspektivierung und Ausschmückung unterschiedlichen Zielgruppen auf verschiedene Weise vermittelt werden, steht aber hinsichtlich der zentralen Handlung, Figuren und Konflikte nicht der freien Umgestaltung, Neuakzentuierung oder Fortsetzung zur Verfügung. Um die literarische Praxis zu beschreiben, die geistlichem Erzählen in »Bibel, Bibelepik, Legenden, Visionen u. a.« (Koch 2020, 105; an anderer Stelle spricht sie von »glaubensbasierte[n] Texte[n]« [87]) zugrunde liegt, hat Koch den Begriff des ›fidealen Erzählens‹ geprägt:

Ungeachtet dessen, ob man Protagonisten von Legenden als Figuren oder Personen bezeichnen will, sind sie nicht als ›Figuren‹ im Sinne von non-actual individuals und storyworld participants zu konzeptualisieren, da legendarisches Erzählen nicht fiktional ist. Sie sind aber auch nicht ohne weiteres als ›Personen‹ in faktualen Texten zu konzeptualisieren, da ihr Status als Heilige gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass sie teil an einer Sphäre der Realität haben, die menschlichem Wissen grundsätzlich […] entzogen ist. Ich halte es daher für angemessen, den Modus des Erzählens von religiösen Texten wie beispielsweise Heiligenlegenden von der pragmatischen Rahmung des Glaubens ausgehend zu bestimmen. (Koch 2020, 98)[41]

Wichtig für meinen Argumentationszusammenhang ist die Feststellung, dass das biblische Personal nicht als literarische Figur zu konzeptualisieren ist, weil es keiner fiktionalen storyworld entspringt. Dass diese Figuren Koch zufolge umgekehrt auch nicht ohne weiteres als ›Personen‹ in faktualen Texten zu konzeptualisieren seien, da ihr Status dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Teil an einer Sphäre der Realität haben, die menschlichem Wissen grundsätzlich entzogen ist, dass sie also in bevorzugter Weise schon während ihres irdischen Lebens an der Transzendenz teilhaben, wäre demgegenüber kein Grund, sie nicht (im Sinne Christian Schneiders [im Heft], vgl. darin Anm. 3) als faktual zu verstehen.

Eine weitere Bestätigung der unbestrittenen Faktualität biblischer Erzählungen kann in dem Bestreben vieler bibelepischer Texte gesehen werden, den Verdacht abzuweisen, bloße Erfindung zu sein. In der Judith aus der Stuttgarter Handschrift beispielsweise macht der Erzähler den Geltungsanspruch seiner Bearbeitung unmissverständlich deutlich, wenn er dem bruder und vriunt gegenüber, den er anspricht, klarstellt:

da bi so hore mich dir sagen:

wiltuz vor eine fabula han

und also blozlich verstan,

als ich dir schribe ein mere, –

owe daz wurde mir swere

und mochte mir wol werden zorn,

wand so were gar verlorn

die arbeit, die ich leite an dich. (V. 668–675)

Die Judith erhält, wie Lähnemann zeigt, mit der Aufforderung zum richtigen Verständnis (also einer Abgrenzung von der fabula)[42] eine eindeutige Bestimmung:

Das Stehenbleiben beim nackten Literalsinn […] würde den im Prolog dezidiert als kanonisch bezeichneten Text auf den Status fiktiver Erzählung reduzieren. Die fabula ist hier offensichtlich dem negativ konnotierten maere verwandt und so als Gegenbegriff zu historia zu verstehen. (Lähnemann 2006, 208)

Solche Geltungsbehauptungen schließen »Thematisierungen des ›Machens‹ einer Geschichte« (Glauch 2014, 404, Anm. 68) aber durchaus nicht aus, so wie umgekehrt diese Thematisierungen den Geltungsanspruch einer biblischen Erzählung nicht schmälern, sondern wohl eher zusätzlich unterstreichen. Dieser Geltungsanspruch dürfte auch für bibelepische Erzählungen ganz anderen Stils wie die Kindheit Jesu Konrads von Fussesbrunnen maßgeblich sein, der für sein Kindheitsevangelium neben der Legenda aurea des Jacobus von Voragine auch den apokryphen Pseudo-Matthäus zugrunde legt, der seinerseits auf das Kindheitsevangelium des Thomas zurückgeht. Ungeachtet der unterhaltsamen Räuberpistole samt spektakulärer Erzählung vom heilkräftigen Jesusbaby-Badewasser, die die Kindheit Jesu für den Leser bereithält und der irritierenden Beschreibung, die hier vom jähzornigen, selbstgerechten und herablassenden Jesusknaben gegeben wird, dürfte es, wie das Prologgebet deutlich macht, der Anspruch auch dieses Textes sein, Gott zu verherrlichen und seine Wunder zu vermitteln. Es geht der Kindheit Jesu nicht darum, eigenmächtig eine Figur entsprechend eigenen Ermessens und zugunsten des Unterhaltungsbedürfnis seiner Rezipienten auszuschmücken oder ihr probeweise neue Facetten zuzuweisen (wie man es wohl für die Gestaltung der blutrünstigen Kriemhild im Rosengarten oder der einschüchternden und bedrohlichen Brünhild in Biterolf und Dietleip und der Mörin Hermanns von Sachsenheim unterstellen darf), sondern im Zuge der Bearbeitung den umfassenden göttlichen Heilsplan anschaulich zu machen, was eine unterhaltsame oder kunstvolle Erzählweise durchaus nicht ausschließt. Nicht nur deshalb, sondern auch, weil Konrad sich mit dem Kindheitsevangelium des Thomas auf eine autoritative (wenn auch nicht-kanonische) biblische Vorlage bezieht, ist es nicht unproblematisch, diese Erzählung als ›episodische Fiktion‹ zu klassifizieren, eine Bezeichnung, die Glauch von Green übernimmt zur Bezeichnung »für die mittelalterliche Praxis, Lücken der Geschichte zu nutzen, um sie mit ›erfundenen‹ Geschichten zu füllen: man denke an Alexanders Indienabenteuer, apokryphe Kindheit-Jesu- und Marienlegenden und die Karlsepik« (Glauch 2014, 394; Glauch zitiert Green 2002), wobei sie betont, dass »episodische Fiktion […] den Wahrheitsanspruch und die generelle Historizität eines Stoffes nicht [tangiert]« (Glauch, 2014, 394). Denn wie weit entfernt vom Kanon das Erzählen Konrads in der Kindheit Jesu sich auch immer bewegen mag, es bezieht sich doch stets auf Vorlagen, die ungeachtet ihres apokryphen Status nicht nur eine starke Verbreitung besaßen, sondern auch eine verbindliche Geltung – was ihre poetische Gestaltung nicht in Abrede stellt: Natürlich schreiben die mittelalterlichen Autoren bibelepischer Texte nicht ausschließlich als Theologen, sondern immer auch als Dichter. Ihre poetische Tätigkeit erfolgt aber unter anderen Maßgaben als die Bearbeitung zum Beispiel des Roman de Renart durch Heinrich den Gleißner. Denn anders als Kriemhild, Isengrim und Ginover überschreiten Adam, König David und Johannes der Täufer, wenn sie in verschiedenen Werken auftreten, nicht die Grenzen einer storyworld, denn die Welt, der sie entspringen, auf die sie verweisen und der sie angehören, ist die Bibel. Diese aber schafft nur in dem Sinne eine Erzählwelt, wie es auch jeder andere faktuale Erzähltext tut.

Die entscheidende Frage ist nun, ob ein faktualer Erzähltext überhaupt eine eigene Welt erschafft und in diesem engeren Sinne eine storyworld besitzt. Aufschlussreich ist diesbezüglich die nähere Betrachtung dessen, was unter einer Diegese verstanden wird: »Auf der Grundlage relativ weniger expliziter Informationen, die der Rezipient typischerweise durch eine Erzählung erhält, ergänzt er diese zu einer möglichst schlüssigen Vorstellung von der Welt, die darin geschildert wird – der Diegese.« (Fuxjäger 2007, 17) Und weiter:

Eine Erzählung verstehen heißt vor allem: eine möglichst konsistente raum-zeitliche Vorstellung von der Diegese bilden. Die Diegese ist der Inhalt des mentalen Konstrukts, das der Rezipient im Zuge des Versuchs, eine Erzählung zu verstehen, anfertigt und das auch der Autor anfertigen muss, bevor er eine Erzählung zu Papier oder was auch immer bringen kann. (Fuxjäger 2007, 18)

Was aber, wenn der Rezipient die dargestellte Erzählwelt mit seiner Lebenswelt identifizieren soll, also erkennen soll, dass in der Erzählung von genau der Welt berichtet wird, in der er lebt? Natürlich verfügen auch Biographien und Zeugenberichte über Erzählwelten, und zwar bereits dadurch, dass sich Erzählungen als Wiedergebrauchsrede, ungeachtet ihrer Fiktionalität oder Faktualität, auf Begebenheiten beziehen, die zeitlich und meist auch räumlich aus der Kommunikationssituation ausgelagert sind. Im Gegensatz zu fiktionalen Erzählwelten erschaffen sie aber ihre Entitäten, also Figuren/Personen und Ereignisse, nicht: Der Unfall, von dem eine Zeugin berichtet, wird durch ihren Bericht nicht erfunden, und die Biographie schafft nicht ihren Gegenstand. Daran ändert sich nichts, wenn die Personen fiktionaler Erzählungen als Repräsentationen verstanden werden: Man mag Michelle Obama in einer ihr gewidmeten Biographie als Repräsentation verstehen, doch bezieht sich diese auf eine Person, die ihre Existenz nicht einem Text verdankt. Würden faktuale Erzählungen als Erzählungen verstanden werden, die ihre Gegenstände erschaffen, würden sie schlicht nicht verstanden werden. In diesem Sinne äußert sich auch Harweg:

In this, fictional texts differ fundamentally from nonfictional texts. For whereas every fictional text has its own (fictive) world – a world which it creates, all nonfictional texts refer to one and the same world, the nonfictive world we live in, a world which instead of being created by these texts is presupposed (and, at most, modified) by them. (Harweg 2004, 291)[43]

4 Fazit: Transfiktionalität

Aus dem Gesagten dürfte deutlich geworden sein, dass und warum faktuale Figuren nicht als transdiegetisch gelten können. Denn damit dies vorliegen kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Bezugsgröße und Referenzpunkt sind weder Texte noch Werke, sondern distinkte Erzählwelten. Damit ist gemeint, dass weder die Siegfried-Figuren in den 37 Handschriften, die das Nibelungenlied überliefern, untereinander in einer Beziehung der Transdiegetik stehen, noch der Dietrich im Nibelungenlied und der der Nibelungenklage. In einer Beziehung der Transdiegetik steht demgegenüber der Siegfried des Nibelungenliedes zum Siegfried des Rosengartens, weil Nibelungenlied und Rosengarten nicht nur Werkstatus zugewiesen werden kann, sondern sie auch unterschiedliche Erzählwelten aufweisen. Maßgeblich für Transdiegetik ist also, dass eine Figur aus einer Erzählwelt in eine andere übernommen wird. Erst dann entsteht jene Irritation, die Autoren durch den Rückgriff auf (ihnen) bekannte Figuren herbeiführen.

Die Antwort auf die hieran anschließende Frage, ob Figuren faktualer Texte diese Bedingung erfüllen, hängt davon ab, welcher Status ihrer Erzählwelt oder Diegese zugeschrieben wird: Wer keinen Unterschied zwischen den Diegesen faktualer und fiktionaler Texte erkennt, wird wohl auch kein Problem haben, eine historische Person wie beispielsweise Churchill, der uns in einer Biographie, in einer Geschichte Großbritanniens und einem Zeitungsartikel begegnen könnte, als eine transdiegetische Figur aufzufassen. Im obigen Abschnitt habe ich dargelegt, warum ich eine andere Auffassung vertrete. Storyworlds im engeren Sinne können nur fiktionale Texte haben, die ihre Erzählwelten selbst schaffen, die storyworld eines faktualen Textes beansprucht demgegenüber, die Welt der Rezipientin oder des Rezipienten zu sein, wobei sich die Erzählwelten so eklatant voneinander unterscheiden können, wie es Lebenswelten eben tun. Doch diese Unterschiede würden nicht dazu führen, dass wir in Berichten von Personen, die aus einer Lebenswelt in eine andere wechseln, diese als transtextuell verstehen würden.

Damit ergibt sich abschließend die Frage, ob das Phänomen, das anfangs als transtextuell und im Anschluss an eine Präzisierung als transdiegetisch bezeichnet worden ist, nicht am genauesten transfiktional genannt würde. Dieser Begriff wäre allerdings in einem engen Sinne zu gebrauchen, also als Bezeichnung für Figuren, die im Rahmen fiktionaler Texte entstehen und aus diesen in andere fiktionale Erzählwelten übernommen werden. In diesem engen Sinne wird der Begriff in der Literaturtheorie bislang kaum verwendet. Für Richard St. Gelais liegt Transfiktionalität vor, wenn »two (or more) texts share elements such as characters, imaginary locations or fictional worlds« (Saint-Gelais 2005, 612 f.). Und auch Ryan setzt in ihren Analysen zu Figuren in verschiedenen Erzählwelten immer wieder beiläufig voraus, dass diese Welten fiktionale seien. Was hier als Transfiktionalität bezeichnet wird, ist für sie »the practice of playing with preexisting fictional worlds« (Ryan 2008, 386).

Obwohl mittlerweile zum hier beschriebenen Phänomen eine stark gewachsene Zahl von Forschungsbeiträgen vorliegt, ist in der zentralen Frage der Reichweite dessen, was als transtextuelle, transdiegetische oder transfiktionale Figuren oder als transworld characters bezeichnet werden kann, noch kein Konsens abzusehen. Das mag damit zusammenhängen, dass diese Frage in der Schnittmenge ihrerseits kontroverser Debatten um die Definition von Figuren, von Fiktionalität und von Diegese angesiedelt ist. Für die Mediävistik sind all diese Debatten überdies auch noch eigens zu historisieren. Der vorliegende Aufsatz hätte seinen Zweck erfüllt, wenn er einen Anstoß zu einer solchen Präzisierung gegeben hätte.

Danksagung

Für die Möglichkeit, meine Überlegungen auf der Tagung von Anja Becker und Albrecht Hausmann zu »Bibelepik. Mediävistische Perspektiven auf eine europäische Erzähltradition«, die vom 14.–16. Februar 2022 als Online-Konferenz stattfand, vorstellen zu dürfen, sei Anja Becker und Albrecht Hausmann hier gedankt. Beide haben durch Kritik und Anregungen zur Schärfung der Fragestellung beigetragen.

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Published Online: 2025-09-10
Published in Print: 2025-09-05

© 2025 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 9.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/jlt-2025-2015/html?lang=en
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