Im Rahmen des Kurses Intercultural perspectives on Information Literacy entstand in Zusammenarbeit von internationalen Studierenden und Lehrenden das gleichnamige Projekt IPIL. Ziel war es, einen Lernraum zum Austausch von interkulturellen Kompetenzen internationaler Studierenden zu schaffen. Insgesamt nahmen rund 40 Personen aus Deutschland, Polen, Bosnien-Herzegowina, Indien und Amerika an dem transnationalen Kurs teil. Vertreten waren verschiedene Universitäten: Stiftung Universität Hildesheim, Symbiosis College of Arts and Commerce, University of Albany, University of Information, Technology and Management und University of Sarajevo.
Am 25. Februar 2023 präsentierte die Online-Konferenz „Intercultural Perspectives on Information Literacy and Metaliteracy“ unter der Leitung von Professor Dr. Joachim Griesbaum und Dr. Stefan Dreisiebner (beide Stiftung Universität Hildesheim) die in Gruppen erarbeiteten Ergebnisse des Projekts IPIL rund 100 Personen aus aller Welt, die im Vorfeld durch Studierende der Stiftung Universität Hildesheim informiert und eingeladen worden waren.
Die Konferenz umfasste insgesamt acht Präsentationen von Studierenden sowie zwei Gastbeiträge von Dozierenden, jeweils gefolgt von einer 10-minütigen Diskussion. Zwischen den Präsentationen gab es zwei kurze Pausen, um die gehörten Inhalte zu reflektieren. Folgende Themen wurden von den Studenten erarbeitet:
Google as an information gatekeeper
Digital rights for a digitally literate citizen
Gamification of information literacy learning scenarios
Surveillance of data protection on the internet
Building research capacity through information literacy
Corporate misinformation and financial scandals
Researching and comparing national initiatives to foster information literacy
Impact of algorithms on information consumption, especially in social media environments
Im Folgenden werden die einzelnen Gruppenbeiträge genauer vorgestellt.
1 Google as an information gatekeeper
Die erste Gruppe befasste sich mit dem Thema Google as an information gatekeeper mit dem Fokus auf wissenschaftlichen Arbeiten von Google Scholar. Untersucht wurden die Auswirkungen verschiedener Sprachen (Language Bias) auf die Qualität von Forschungsbeiträgen. Hierzu wurde mithilfe des festgelegten Keywords Covid vaccine nach Informationen in der Muttersprache der Studierenden sowie in Englisch gesucht und die Ergebnisse am Ende der Präsentation verglichen.
Den Beginn aber machten kurze Definitionen zu Google und den Begriffen Gatekeeper und Language Bias sowie die Vorstellung einer wissenschaftlichen Studie zur besseren Eingrenzung des aktuellen Vorgehens. Zwischen den deutschen und englischen Ergebnissen konnten nur wenig Unterschiede ausgemacht werden – die Qualität der wissenschaftlichen Arbeiten war sehr hoch. Ähnliches galt auch für die Ergebnissen aus Bosnien-Herzegowina und dem Englischen. Interessant war, dass in Indien aufgrund der verschiedenen Sprachen kaum relevante und qualitätvolle Ergebnisse angezeigt wurden. Teilweise konnte über Google Scholar nur ein Treffer zu dem Keyword gefunden werden. Suchten die Studenten in Indien jedoch in Englisch, wurden ihnen viele und qualitätvolle Arbeiten angezeigt.
2 Digital rights for a digitally literate citizen
Die zweite Gruppe befasste sich mit dem Thema Digital rights for a digitally literate citizen und verglich digitale Strategien in unterschiedlichen Ländern während der Corona Pandemie. Zu Beginn der Präsentation wurden einige kritische Aspekte wie die Pressefreiheit erläutert. Im Fokus stand z. B. die Digitalisierung im Bildungswesen und die Frage, ob bereits vor der Covid-Pandemie auf Online-Unterricht gesetzt wurde.
Im Weiteren wurde der aktuelle Stand nach der Pandemie in unterschiedlichen Ländern anhand von passenden Studien vorgestellt. Besonders auffällig war, dass vor allem in den nördlichen europäischen Ländern starke Unterschiede zu erkennen sind. Nicht alle setzen auch nach der Covid-Pandemie weiterhin auf digitale Strategien im Bildungswesen. Auch bei den Bürgerrechten wie der Pressefreiheit waren Unterschiede zu erkennen.
3 Gamification of information literacy learning scenarios
Die dritte Gruppe befasste sich mit Aspekten von Gamification bei Lernszenarien zur Informationskompetenz. Bei der Präsentation wurden verschiedene bereits existierende Lernszenarien vorgestellt und analysiert. Dabei stand das spielerische Lernen und dessen Umsetzung im Vordergrund. Insgesamt zeigte die Gruppe elf verschiedene spielerische Lernszenarien. Häufig verwendete Themen während den Lerneinheiten waren beispielsweise Fake News und die Covid-Pandemie.
4 Surveillance of data protection on the internet
Gruppe Vier nahm sich des Themas Schutz vor Überwachung und Datenschutz im Internet an. Anfangs wurden wichtige Begriffe erläutert, danach Gegenmaßnahmen wie nützliche Einstellungen bei Google Konten und verschiedene Werkzeuge wie Antivirusprogramme, Browser Add-Ons und Suchmaschinen vorgestellt. Hierbei lag der Fokus auf der einfachen Benutzbarkeit.
5 Building research capacity through information literacy
Gruppe Fünf widmete sich dem Aufbau von Forschungskapazitäten über Informationskompetenz. Am Anfang wurden Defizite und mögliche Lösungen für Informationskompetenzprogramme an Bildungseinrichtungen in Deutschland, Indien, Kasachstan und Polen vorgestellt. Abgeschlossen wurde die Präsentation durch eine Zusammenführung der genannten Maßnahmen. Diese bezogen sich nicht nur auf die Lehre, oder Programme, sondern auch allgemein auf Lernende die Umsetzung in Bildungseinrichtungen und nützliche Werkzeuge.
6 Corporate misinformation and financial scandals
Gruppe Sechs befasste sich mit Fehlinformationen von Unternehmen und Finanzskandalen. Zentrum der Vorstellung waren zum einen das Thema Greenwashing und zum anderen Finanzskandale, hier am Beispiel der Kryptoplattform FTX, deren Aufstieg und Fall erläutert wurde.
Das Thema Greenwashing wurde mit einer Begriffsdefinition eingeleitet. Dann folgten die Merkmale, die Greenwashing zu einer Methode der Falschinformation von Unternehmen machen, wie etwa die Herausgabe vager Informationen und die Nennung ökologischer Vorteile, die weit hinter den ökologischen Problemen des Produkts zurückfallen.
FTX war eine Kryptohandelsbörse, deren Geschäftsmodell darin bestand, Kryptowährung aufzukaufen und zu höheren Preisen zu verkaufen. Der Fall wurde durch eine Investorinnenflucht ausgelöst, nachdem bekannt wurde, dass die Investitionsgrundlage von Alameda, der Firma hinter FTX, im Krytotoken FTT angelegt war und für risikoreichen Investition genutzt wurde.
Des Weiteren hat die Gruppe ein Interview mit Robin Banerjee zu diesem Thema durchgeführt. Dessen zentrale Aussagen sind:
Unternehmerische Unehrlichkeiten kommen über kurz oder lang heraus und verursachen große Schäden
Die meisten Skandale werden durch get rich fast Schemata verursacht. Finanzskandale haben nicht nur auf die Investoren, sondern auch auf ganze Gesellschaften und Industrien negativen Einfluss.
7 Researching and comparing national initiatives to foster information literacy
Die Gruppe Sieben verglich und bewertete unterschiedliche Programme zur Informationskompetenz in verschiedenen Ländern darunter Deutschland, Kasachstan und Bosnien-Herzegowina. In Deutschland ist das Thema Informationskompetenz vor allem in Bibliotheken beheimatet und hat das Ziel die beiden Kernkompetenzen 1. Sammeln und organisieren sowie 2. Generieren und Austauschen zu fördern. So soll die Chancengleichheit in der Bildung verbessert werden. In Kasachstan ist Informationskompetenz Teil verschiedener Curricula und wird außerdem durch die Bibliothekscommunity verbreitet. In Indien gibt es Programme, die aber von gesteigerten Kapazitäten profitieren könnten.
Bei der Entwicklung der Programme sollten solche Variablen wie Bildungsstand, Alter, Geschlecht und technologische Vorkenntnisse verstärkt erhoben werden, um sie besser auf bestimmte Gruppen anzupassen. So hat Bosnien-Herzegowina die Bedeutung von Informationskompetenz erkannt und passt unter anderem die Inhalte im Unterricht an neue technologische Entwicklungen an, um der Bevölkerung das Erkennen von Falschinformationen zu erleichtern. Zusammenfassend wurde der Mangel an Fachleuten und Sprachbarrieren als zentrales Probleme benannt.
8 Impact of algorithms on information consumption, especially in social media environments
Gruppe Acht befasste sich mit dem Einfluss von Algorithmen auf den Medienkonsum, mit besonderem Augenmerk auf Social Media. Hier wurden zu Beginn die psychologischen Aspekte beleuchtet und Probleme wie Fragmentierung der Öffentlichkeit und das Verhärten bereits vorhandener Meinungen genannt.
Darauf folgten technische und soziologische Gesichtspunkte, darunter die Analyse und Einblendung von Inhalten nach Likes und Dislikes. Unter dem Punkt Sicherheit wurden negative Auswirkungen von Algorithmen und die Bedeutung von sicheren Algorithmen für Social Media Plattformen betont. Auch kamen die ökonomischen sowie politischen Aspekte zur Sprache – vor allem die Probleme, Einschränkungen und Vorgaben für die Plattformen. Abgeschlossen wurde die Vorstellung durch die Präsentation einer selbst erstellten und durchgeführten Umfrage über die Nutzung von Social Media Plattformen, der Kenntnis über Begriffe wie Echo Kammer und der Frage, ob Geschäftsbedingungen gelesen werden.
Fazit
Insgesamt konnte die Konferenz einen vielfältigen und kritischen Einblick in das Thema Information Literacy bieten und Fragen des jetzigen digitalen Zeitalters aus interkultureller Sicht beantworten.
Die Konferenz hat einen hohen praxisbezogenen Mehrwert geschaffen, indem Maßnahmen zur Förderung von Information Literacy aufgezeigt wurden: der Umgang mit digitalen Informationsquellen und das Erkennen von Falschinformation, Tools zum Datenschutz, Lernszenarien-Vorschläge zur Umsetzung mit Gamification, der Einfluss von Algorithmen auf Social Media und Medienkompetenz sowie Hilfestellungen zur Einführung von Informationskompetenz-Programmen an Bildungseinrichtungen.
Abgerundet wurden die Gruppenpräsentationen von einem spannenden Gastbeitrag zum Thema Being a Metaliterate Producer in a World of Al von Trudi E. Jacobson (University at Albany (State University of New York) und Tom Mackey (SUNY Empire State College), der einmal mehr gezeigt hat, welch wichtiges Gut Informationskompetenz in einer technologisch und intelligent wachsenden Umwelt darstellt.
Weitere Information finden sich auf der Webseite des Projekts: https://ipil.blog.uni-hildesheim.de/.
© 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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- Paradoxes of Media and Information Literacy: The Crisis of Information. Jutta Haider und Olof Sundin. – London; New York: Taylor & Francis Routledge, 2022. 174 S. – ISBN 9780367756215 (hardback) 130,– GBP | ISBN 9780367756192 (paperback) 35,99 GBP | ISBN 9781003163237 (ebook) OA. DOI: 10.4324/9781003163237
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