Susanne Ehrich / Jörg Oberste (Hrsg.), Herrscher in der Metropole. Spannungsfelder zwischen politischer Zentralität und urbaner Diversität in der Vormoderne. (Forum Mittelalter. Studien, Bd. 20.) Regensburg, Schnell & Steiner 2023

Martina Stercken

doi:10.1515/hzhz-2024-1205

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Susanne Ehrich / Jörg Oberste (Hrsg.), Herrscher in der Metropole. Spannungsfelder zwischen politischer Zentralität und urbaner Diversität in der Vormoderne. (Forum Mittelalter. Studien, Bd. 20.) Regensburg, Schnell & Steiner 2023

Martina Stercken

Published/Copyright: August 1, 2024

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From the journal Historische Zeitschrift Volume 319 Issue 1

Rezensierte Publikation:

Susanne Ehrich, Herrscher in der Metropole. Spannungsfelder zwischen politischer Zentralität und urbaner Diversität in der Vormoderne. Forum Mittelalter. Studien, Bd. 20. 2023 Verlag Schnell & Steiner Regensburg, 978-3-7954-3812-8, € 49,95

Der zwanzigste Band der Reihe „Forum Mittelalter. Studien“ befasst sich mit den Interventionen von Herrschern in antiken und mittelalterlichen Metropolen, also mit Momenten, in denen eine monokratische Kraft in einer vielgestaltigen, durch Partizipation gekennzeichneten Entität agiert. Dabei wird mit den Begriffen von Herrschaft und Metropole pragmatisch umgegangen. Werden zum einen vor allem weltliche, aber auch geistliche Machthaber in Betracht gezogen, so sind es zum anderen Hauptstädte mit residentiellen, aber auch nichtresidentiellen Funktionen.

Drei Fragestellungen prägen im Wesentlichen die zwölf Beiträge des Bandes. Ein wichtiges Thema ist, wie die Förderung von Städten mit der Stabilisierung von Herrschaft interagiert: So bewertet Muriel Moser die städtische Bodenpolitik und Privilegien als herrschaftlicherseits gezielt eingesetzte, nachhaltige Pullfaktoren für das spätantike Konstantinopel. Gleichzeitig interpretiert Felix Maier Theodosius’ Fokus auf den Palast in derselben Stadt als effektives Konzept, mit dem die Sicherung des Reiches und des Friedens in den Vordergrund gerückt wurde.

Eine andere zentrale Frage gilt dem Beziehungsgeflecht zwischen herrschaftlicher und städtischer Sphäre. In seinen Überlegungen zum Ausbau von Notre Dame in Paris zur Kathedrale der Kapetinger betont Jörg Oberste die personellen und administrativen Verflechtungen zwischen Königen und Geistlichkeit vor Ort, verweist aber auch auf Formen königlicher Inszenierung im baulichen Kontext. Frank Engel kommentiert das Vorgehen König Alfons’ XI. von Kastilien gegenüber den Führungsschichten der Städte Toledo sowie Valladolid und bewertet das Verhältnis zwischen König und Bürgern als eher konfliktarm. Der Beitrag von Alexander Rehberg argumentiert, dass die Abwesenheit des Papstes in Avignon weder einen Abriss der Beziehungen zu den Bürgern Roms noch ein Ende päpstlicher Inszenierung vor Ort bedeutet habe.

In besonderer Weise akzentuiert der Band Verfahren des Sichtbarmachens von Herrschaft in Metropolen – durch Bauten, Denkmäler und Rituale, aber auch in der Historiographie. Albrecht Bergers Beitrag lässt deutlich werden, dass die oströmischen Kaiser mit baulichen Maßnahmen, aber auch reflektiert orchestrierten öffentlichen Anlässen der Stadt Konstantinopel ihren Stempel aufdrückten. Hingegen zeichnet Manfred Luchterhandt ein differenziertes Bild vom Umbau des frühmittelalterlichen Rom und fragt nach dem päpstlichen Handlungsspielraum gegenüber lokalen Eliten. Ausgehend von Paris, London und Brügge stellt Sascha Köhl variationsreiche, allerdings nicht unumstrittene Situationen vor, in denen im Spätmittelalter mit Denkmälern herrschaftliche Präsenz erzeugt wurde. Alberto Spataro legt den Akzent auf die Krönung Heinrichs VI. wie auch auf die Hochzeit des Königs mit Konstanze von Sizilien in Mailand und betrachtet diese Ereignisse vor dem Hintergrund vorangegangener staufisch-städtischer Konfliktsituationen. Am Beispiel italienischer Städte analysiert Knut Görich hochmittelalterliche Herrschereinzüge als visuell und akustisch wirksames Ritual einer sichtbaren Inbesitznahme, das im kommunalen Schriftgut und in der Historiographie Niederschlag gefunden hat. Demgegenüber zeigt Étienne Doublier, dass Mailands Rolle als zentraler Ort in der hochmittelalterlichen Chronistik hervorgehoben wird, wenngleich in Bezug auf unterschiedliche Reiche. Wie englische Geschichtsschreibung das Verhältnis zwischen Heinrich III. und London verhandelt, untersucht Christina Bröker mit besonderem Blick auf hier greifbare Emotionen des Königs.

Susanne Ehrich und Jörg Oberste haben also einen facettenreichen Band vorgelegt, der Einblick in eine Vielfalt an Spielarten herrschaftlichen Umgangs mit Metropolen bietet. Er regt an, die Mittel herrschaftlicher Intervention und die individuellen Voraussetzungen in urbanen Zentren Europas in vergleichender Perspektive weiter auszuloten.

Online erschienen: 2024-08-01

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