Die »Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen« und ihre Bedeutung für die Entwicklung des Zivilrechts im 20. und 21. Jahrhundert
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Werner Schubert
Abstract
»Lassen wir den Damen den Vortritt!« So beginnt der Münchner Handelsrechtler Gareis seine Besprechung des 55. Bandes von RGZ. Solche Besprechungen hatte die auch und gerade heute noch immer wieder lesenswerte DJZ 1903 eingeführt und auch heute noch so bekannten Rechtslehrern wie Gierke, Laband, Endemann, v. Thur, Hedemann, H. Lehmann, H. Stoll und Oertmann, aber auch Rechtsanwälten wie Staub und Hachenburg übertragen. Lassen wir also den Damen den Vortritt! »Das RG berührt in RGZ 55, 41 die Frauenfrage und stellt sich dabei auf den modernsten Standpunkt, den der Gleichstellung der Frau mit dem Manne. Es erklärt nämlich, dass die im Statut einer vor 1900 schon bestehenden Aktiengesellschaft enthaltene Bestimmung, dass nur großjährige männliche Aktionäre persönliches Stimmrecht haben, nicht mehr als rechtswirksam angesehen werden könne.« Einen Unterschied in der persönlichen Stimmbefugnis, »je nachdem der Aktionär ein Mann oder eine Frau ist, kenne das Gesetz nicht.« So modern konnte damals das Reichsgericht im Jahre 1903 sein, dessen Rechtsprechung in der ersten RGZ-Rezension Staub dahin charakterisierte, dass »unser höchster Gerichtshof die ihm unterbreiteten Streitfälle des neuen Rechts mit einem Verständnis und einer Sicherheit behandelt, als handle es sich um eine seit Dezennien geltende Gesetzgebung«. Hachenburg äußerte 1904 den Eindruck, »als ob seit der Bearbeitung des neuen Rechts ein besonders frischer und froher Zug durch das Reichsgericht gehe, als ob mit der Arbeitslast auch die Arbeitsfreude gewachsen sei«. Durch alle Entscheidungen »zieht sich das Bestreben, im Geiste des neuen Rechts zu urteilen, dem deutschen Volke ein praktisch brauchbares, seinen Interessen entsprechendes Recht zu geben«. Man bemerke »mit Freude eine Ablehnung formalistischer Jurisprudenz« Den Entscheidungen im 59. Band von RGZ bescheinigte Gareis 1906 die »sozialpolitische und sonst überhaupt praktische Angemessenheit der Entscheidungen«.
© Walter de Gruyter
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