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Ihc will singhen in der nuwen wise eyn let. Die Sub-Strophik Wizlavs von Rügen und die Einheit von Wort und Ton im Minnesang

  • Mark Emanuel Amtstätter
Published/Copyright: January 8, 2008
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Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur
From the journal Volume 124 Issue 3

»Im allgemeinen benutzt die Forschung den Begriff der Einheit von Wort und Ton in unverbindlicher Weise, d. h. ohne die gemeinte Art der Beziehung zwischen der sprachlichen und musikalischen Seite des Kunstwerks zu erläutern oder näher nach ihr zu fragen«.

Burkhard Kippenberg trifft sowohl hinsichtlich einer antikisierenden, Ursprungsmythen stiftenden Mystifizierung des Minnesangs als auch hinsichtlich einer das Text-Musik-Verhältnis weniger eng beurteilenden Sichtweise den Kern des Problems. Was mit der sogenannten Einheit von Wort und Ton gemeinhin assoziiert wird, bleibt oftmals rätselhaft. Insbesondere dezidierte Aussagen über eine allgemein verbindliche Rhythmik des Minnesangs lassen sich nach Kippenberg nicht treffen. Ein Aufsatz des Musikwissenschaftlers Rudolf Bockholdt jedoch erfaßt das genannte problematisierte Verhältnis als deklamatorische Funktion der Musik, die – weniger als ›Komposition‹ begriffen – eine ›Vortragsweise‹ des Textes ist. Der ›Komposition‹ von Musik im eigentlichen Sinne oder deren rhythmischer Organisation bedarf es auch erst im Falle der Mehrstimmigkeit, die von der ›Notre-Dame-Epoche‹ eröffnet wird. Solange man – auch danach – sich noch im einstimmigen Bereich bewegt, kann man von diesem an der Mehrstimmigkeit entwickelten Organisationsparadigma nicht ohne weiteres ausgehen; man würde ein modernes Musikverständnis auf eine ganz andere Funktion der Musik übertragen, ohne dieser habhaft zu werden. Aus diesem Grund geht in diesem speziellen Fall auch die sonst durchaus zentrale Frage nach der nicht faßbaren Rhythmik des Minnesangs an der Beziehung von der sprachlichen zur musikalischen Seite des Werkes vorbei. Demgegenüber soll hier versucht werden, diese Einheit auf eine andere Weise zu fassen, die auf dem genannten Modell der Musik als ›Vortragsweise‹ beruht und konkret das Verhältnis von Text und Melodie (nicht Rhythmik) in den Blick nimmt. Beide Parameter sind analytisch verfügbar (im Gegensatz zum Rhythmus). Man wird sich an die wenigen erhaltenen Zeugnisse von originalen Minnesang-Melodien halten müssen, um zu klar definierten Aussagen zu kommen. Einer der wenigen hierfür in Frage kommenden Autoren ist Wizlav von Rügen. In einer kurzen Analyse einiger seiner Minnelieder wird versucht werden, das Verhältnis von Musik und Text zu illustrieren.

Online erschienen: 2008-01-08
Erschienen im Druck: 2002-December-20

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2002

Downloaded on 15.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/BGSL.2002.466/html
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