Konversion und Konvertiten im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Stand und Perspektiven der Forschung
-
Jörg Deventer
Ein Blick in ein modernes Konversationslexikon zeigt, daß der Begriff »Konversion« (lat. convertere – umwenden, umkehren) heutzutage ein weites Bedeutungsfeld besetzt. Die Brockhaus Enzyklopädie von 1990 listet allein elf Bereiche und Fächer auf, in deren Fachsprachen der Begriff Eingang und Verbreitung gefunden hat: Börsenwesen, Chemie, Kernphysik, Kerntechnik, Logik, Medizin, Psychologie, Recht, Sprachwissenschaft, Wirtschaft und schließlich Religionswissenschaft und Theologie. Bei einer Beschäftigung mit innerchristlichen Bekenntniswechseln in den drei frühneuzeitlichen Jahrhunderten sind für eine genauere Bestimmung des Begriffs Konversion natürlich die zuletzt genannten Bereiche von Interesse. Allgemein gilt, daß im biblischen Sinn »Konversion« eine Rückkehr oder Umkehr zu Gott ist. Das lateinische conversi bezog sich ursprünglich auf nichtgeweihte Mönche oder Frauen in religiösen Gemeinschaften. Erst in der Reformationszeit erhält Konversion eine weitere Bedeutung als Terminus für den Übertritt von einer Form des Christentums zu einer anderen. Der Begriff »Konvertit« – für diejenigen, die diesen Schritt vollziehen – findet allerdings erst seit dem späten 18. Jahrhundert Verwendung. Im konfessionellen Zeitalter selbst wurde auf protestantischer wie auf katholischer Seite der Übertritt von einer Kirche zur anderen noch nach dem mittelalterlichen Schema von Ketzerabfall bzw. -bekehrung gedeutet: »auf der einen Seite war der Konvertit ein Judas und apostata, auf der anderen ein zum Glauben Bekehrter«.
© Max Niemeyer Verlag, 2006
Articles in the same Issue
- Konversion und Konvertiten im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Stand und Perspektiven der Forschung
- ›Missionsgeschichte und was dann?‹ Plädoyer für eine Ablösung des kirchlichen Blicks
- Eine Probe aufs Exempel. Neue Forschungskonzepte am Beispiel Hamburger Konversionen von Juden zum Christentum (1600–1850)
- Religionswechsel im sozialen Kontext. Moses Goldschmidt und andere Frankfurter Konvertiten des 17. Jahrhunderts
- Konversion als Lebensmittelpunkt in den Erinnerungen des Paulus Georgi (1745–1826)
- »Mit Leib und Seele?« Überlegungen zum Körperbild jüdischer Konvertiten in der Frühen Neuzeit
- »Pour la gloire du grand Dieu d'Israël«. Konversionen zum Judentum in der Frühen Neuzeit
- Abramo Colorni, jüdischer Hofalchemist Herzog Friedrichs I., und die hebräische Handelskompanie des Maggino Gabrielli in Württemberg am Ende des 16. Jahrhunderts. Ein biographischer und methodologischer Beitrag zur jüdischen Wissenschaftsgeschichte
- Von der antisemitischen zur völkischen Bewegung
- Alexander Altmann – Ein Porträt anläßlich seines 100. Geburtstages am 16. April 2006
- »Es müssen dem Juden seine eingerosteten Ideen benommen werden« – Anmerkungen zur Rolle jüdischer Ärzte in der Haskala
- Auf der Suche nach den jüdischen Büchern Bulgariens
- Namen- und Ortsregister
Articles in the same Issue
- Konversion und Konvertiten im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Stand und Perspektiven der Forschung
- ›Missionsgeschichte und was dann?‹ Plädoyer für eine Ablösung des kirchlichen Blicks
- Eine Probe aufs Exempel. Neue Forschungskonzepte am Beispiel Hamburger Konversionen von Juden zum Christentum (1600–1850)
- Religionswechsel im sozialen Kontext. Moses Goldschmidt und andere Frankfurter Konvertiten des 17. Jahrhunderts
- Konversion als Lebensmittelpunkt in den Erinnerungen des Paulus Georgi (1745–1826)
- »Mit Leib und Seele?« Überlegungen zum Körperbild jüdischer Konvertiten in der Frühen Neuzeit
- »Pour la gloire du grand Dieu d'Israël«. Konversionen zum Judentum in der Frühen Neuzeit
- Abramo Colorni, jüdischer Hofalchemist Herzog Friedrichs I., und die hebräische Handelskompanie des Maggino Gabrielli in Württemberg am Ende des 16. Jahrhunderts. Ein biographischer und methodologischer Beitrag zur jüdischen Wissenschaftsgeschichte
- Von der antisemitischen zur völkischen Bewegung
- Alexander Altmann – Ein Porträt anläßlich seines 100. Geburtstages am 16. April 2006
- »Es müssen dem Juden seine eingerosteten Ideen benommen werden« – Anmerkungen zur Rolle jüdischer Ärzte in der Haskala
- Auf der Suche nach den jüdischen Büchern Bulgariens
- Namen- und Ortsregister