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Salomon Formstechers »Religion des Geistes« – Versuch einer Neulektüre

  • Thomas Meyer
Veröffentlicht/Copyright: 21. Dezember 2007
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Aschkenas
Aus der Zeitschrift Band 13 Heft 2

Man denke nur an das bekannte, bezeichnende Wort, welches die jüdische Aufklärung zu einem geflügelten machte, daß wir gar keine Dogmen haben. Das aber ist ein sehr zweifelhafter Vorzug. Dogmen sind Lehrbegriffe; und wenn es einem Lehrgebäude an konstruktiven Lehrbegriffen gebricht, so entbehrt es des methodischen Fundaments. Hier liegt der eigentliche Grund für die Benachteiligung, welche die Philosophie in der Wissenschaft des Judentums in neueren Zeiten erlitten hat. ›Die Offenbarung nach dem Lehrbegriffe der Synagoge‹ von S. L. Steinheim ist in vier Bänden 1835–1865 erschienen. Die ›Religionsphilosophie der Juden‹ von Samuel Hirsch 1842. Und sie sollte nur der erste Band sein; als Gesamttitel war vorgedruckt: ›Das System der religiösen Anschauung der Juden und sein Verhältnis zum Heidentum, Christentum und zur absoluten Philosophie.‹ Das Jahr 1841 hatte von Formstecher das Werk gebracht, dessen Titel ebenfalls bedeutsam ist: ›Die Religion des Geistes, eine wissenschaftliche Darstellung des Judentums nach seinem Charakter, Entwicklungsgange und Berufe in der Menschheit.‹ Das sind nicht bloß pomphafte Titel; sondern darin spricht sich ernsthaft und zielbewußt das philosophische Streben aus; während man heutzutage unter dem imitierten Ausdruck ›das Wesen des Judentums‹ nicht mit methodischer Klarheit das Problem bestimmt. Die Philosophie des Judentums ist das Wesen des Judentums; und ohne Philosophie läßt sich dieses Wesen nicht fassen.

Online erschienen: 2007-12-21
Erschienen im Druck: 2004-July-03

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Postfach 2140, D–72011 Tübingen, 2003

Artikel in diesem Heft

  1. Überleben durch Kooperation mit dem »Feind«? Deutungen von Krieg und Frieden in der Gründungslegende des rabbinischen Judentums
  2. Zur sozialen Hierarchie der Judenheit in Spätantike und Frühmittelalter
  3. Die Judensteuerliste Markgraf Albrechts von Brandenburg aus dem Jahr 1461
  4. Juden in Paris und Berlin. Zur Berichterstattung über die Französische Revolution in Berliner Zeitungen und Zeitschriften (1789–1791)
  5. Salomon Formstechers »Religion des Geistes« – Versuch einer Neulektüre
  6. Der frühe Hermann Cohen und die Völkerpsychologie
  7. Von Parodien deutscher Dichtung, dem Nachleben von Isaak Euchels ›Reb Henoch‹ und anderen Lesestoffen der Berliner Juden: Die Kolportagereihe ›Gedichte und Scherze in jüdischer Mundart‹
  8. Das Tagebuch der Šejna Gram – ein historisches Dokument und Zeugnis eines menschlichen Schicksals
  9. Henry Wassermann, die deutsche Kollektivschuld und das Ausbleiben des Messias
  10. Die Welt der »Jüdischen Studien« – von außen betrachtet
  11. Der Centralverein in neuer Perspektive? Zur »ideengeschichtlichen« Monographie des Sozialhistorikers Avraham Barkai
  12. »Mährischen Volkes Weisen«. Das Olmützer »Lexikon deutschmährischer Autoren«
  13. »Die Schauspieler haben es wohl in der Emigration am schwersten«. Anmerkungen zu einem Standardwerk über Verfolgung und Exil deutschsprachiger Theaterkünstler
  14. »Polemisch mäandrierende Prosa«. Zu Anton Kuhs geistiger Signatur aus Anlaß einer Neuausgabe seines Buchs »Juden und Deutsche«
  15. »und alles war ihm Opfertod: Erinnern«. Eine Rezension und ein Nachruf – Armin A. Wallas in memoriam
  16. Rezensionen
  17. Zur Dokumentation jüdischer Ritualbauten in Brandenburg
  18. Namen- und Ortsregister
Heruntergeladen am 4.10.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/ASCH.2003.441/html?lang=de
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