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5. Drehbuchautoren zwischen Gleichschaltung, Vertreibung und Anpassung im nationalsozialistischen Deutschland

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Der Drehbuchautor
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5. Drehbuchautoren zwischen Gleichschaltung, Vertreibung und Anpassung im nationalsozialistischen Deutschland Im ersten Jahr der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland wurde das Kino vom neu ernannten »Reichsminister für Volksauf klärung und Propagan-da«, Joseph Goebbels, zum wichtigen Kunst- und Kulturgut und zum maßgebli-chen Propagandamittel erklärt233 Die Nationalsozialisten setzten in der Folge auf drei Strategien, um die Filmindustrie politisch-ideologisch unter ihre Kontrolle zu bringen. Erstens versuchten sie, durch inhaltliche Zensur und drakonische Berufsverbote für nicht systemkonforme oder jüdische Filmkünstler unliebsame Kulturschaffende auszuschalten. Zweitens wurden die bisher autonomen Be-rufsverbände und Vereine in NS-Massenorganisationen integriert und als »Be-rufsgemeinschaften«234 in der Reichskulturkammer (RKK) gleichgeschaltet und zwangskorporiert. Drittens wurden strategisch bedeutsame Positionen innerhalb der Filmindustrie mit linientreuen Nationalsozialisten besetzt und wichtige Or-ganisationen der Filmproduktion verstaatlicht oder zumindest wirtschaftlich un-ter nationalsozialistischen Einfluss gestellt.235Die Schaffung der Reichskulturkammer als berufsständischer Organisation im September 1933 mit ihrer Unterabteilung Reichsfilmkammer236 war Ausdruck der Gleichschaltung des gesamten deutschen Kulturbetriebs. Zu den weitrei-233|Vgl. Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Filmrechtsfrage. Wer ist Urheber des Filmwerks? Frage, ob Drehbuchautoren auch Filmurheber sind. AG Deut-scher Filmschriftsteller, 1936-1937, BArch, R-56 V/86, S. 107-192, hier S. 107-116.234|Vgl. Dahm, Volker, Anfänge und Ideologie der Reichskulturkammer. Die »Berufsge-meinschaft« als Instrument kulturpolitischer Steuerung und sozialer Reglementierung, in: Vier teljahreshefte für Zeitgeschichte, Bd. 34 (1986) H. 1, S. 53-84, insb. S. 65.235|Vgl. Faulstich, Werner, Filmgeschichte, Stuttgar t 2005, S. 97.236|Vorläufige Gründung am 14.7.1933, dann eingeglieder t als Reichsfilmkammer in die RKK im November 1933. Vgl. Horak, Jan-Christopher, Fluchtpunkt Hollywood. Eine Doku-mentation zur Filmemigration nach 1933, 2. erw. u. korr Aufl., Münster 1986, S. 6-8.
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5. Drehbuchautoren zwischen Gleichschaltung, Vertreibung und Anpassung im nationalsozialistischen Deutschland Im ersten Jahr der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland wurde das Kino vom neu ernannten »Reichsminister für Volksauf klärung und Propagan-da«, Joseph Goebbels, zum wichtigen Kunst- und Kulturgut und zum maßgebli-chen Propagandamittel erklärt233 Die Nationalsozialisten setzten in der Folge auf drei Strategien, um die Filmindustrie politisch-ideologisch unter ihre Kontrolle zu bringen. Erstens versuchten sie, durch inhaltliche Zensur und drakonische Berufsverbote für nicht systemkonforme oder jüdische Filmkünstler unliebsame Kulturschaffende auszuschalten. Zweitens wurden die bisher autonomen Be-rufsverbände und Vereine in NS-Massenorganisationen integriert und als »Be-rufsgemeinschaften«234 in der Reichskulturkammer (RKK) gleichgeschaltet und zwangskorporiert. Drittens wurden strategisch bedeutsame Positionen innerhalb der Filmindustrie mit linientreuen Nationalsozialisten besetzt und wichtige Or-ganisationen der Filmproduktion verstaatlicht oder zumindest wirtschaftlich un-ter nationalsozialistischen Einfluss gestellt.235Die Schaffung der Reichskulturkammer als berufsständischer Organisation im September 1933 mit ihrer Unterabteilung Reichsfilmkammer236 war Ausdruck der Gleichschaltung des gesamten deutschen Kulturbetriebs. Zu den weitrei-233|Vgl. Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Filmrechtsfrage. Wer ist Urheber des Filmwerks? Frage, ob Drehbuchautoren auch Filmurheber sind. AG Deut-scher Filmschriftsteller, 1936-1937, BArch, R-56 V/86, S. 107-192, hier S. 107-116.234|Vgl. Dahm, Volker, Anfänge und Ideologie der Reichskulturkammer. Die »Berufsge-meinschaft« als Instrument kulturpolitischer Steuerung und sozialer Reglementierung, in: Vier teljahreshefte für Zeitgeschichte, Bd. 34 (1986) H. 1, S. 53-84, insb. S. 65.235|Vgl. Faulstich, Werner, Filmgeschichte, Stuttgar t 2005, S. 97.236|Vorläufige Gründung am 14.7.1933, dann eingeglieder t als Reichsfilmkammer in die RKK im November 1933. Vgl. Horak, Jan-Christopher, Fluchtpunkt Hollywood. Eine Doku-mentation zur Filmemigration nach 1933, 2. erw. u. korr Aufl., Münster 1986, S. 6-8.
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