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Der kleine Finger

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Hand und Persönlichkeit
Ein Kapitel aus dem Buch Hand und Persönlichkeit
spiele umspannen läßt, deren Anführung den geplanten Umfang unserer Arbeit allerdings um ein Vielfaches übersteigen würde. Aus einem starken Selbst-bewußtsein und -gefühl ergeben sich ferner ohne weiteres das Gefühl für Würde und Tradition wie auch dasjenige Pflichtgefühl, das aus dem Selbstgefühl ent-springt. Denn Würde, Tradition und Pflichtgefühl dieser Art ist man seiner Selbstachtung schuldig. Der allzu lange Zeigefinger verkörpert Übersteigerungen, also u. a. Selbstüber-hebung, Selbstherrlichkeit, Hochmut und Ehrfurchtslosigkeit. Der zu kurze Finger symbolisiert einen Mangel an Selbstbehauptungsvermögen und -gefühl und dementsprechend Unsicherheit und Ängstlichkeit. Der Berg unter dem Zeigefinger verkörpert den Selbst-Trieb, d. h. den Trieb, das Selbst über andere Selbste zu stellen (wie vielleicht überhaupt das Bewußt-sein daraus entstanden ist, daß dem Ich ständig ein Fremd-Ich gegenübertrat, woraus dann die Vorstellung des Fremd-Ichs und damit das Bewußtsein des eigenen Ich, das bewußte Selbst, erwuchs. Bei Kindern, die anfänglich von sich in der dritten Person sprechen, können wir etwas Ähnliches verfolgen). Diesen Trieb, sich überzuordnen, können wir auch als Geltungstrieb bezeichnen, und es ist sehr zu beachten, daß er als Zentrum aller Täuschungen über die eigene Person und damit über die Welt so eng an das nüchterne logische Denken (Linie 2) geknüpft ist! Dadurch ist er in der Lage, das Denken zu übertönen und zu lähmen, was immer dann geschieht, wenn es Tatsachen und Dinge, die dem Trieb zuwider laufen, im Begriff ist zu erkennen oder aber sie bereits zwangsläufig erkennen mußte. Andrerseits kann das Denken an solche Bahnen gefesselt werden, die der Selbstachtung und dem Geltungstrieb genehm sind; dadurch büßt es die Fähigkeit ein, Realitäten unvoreingenommen zur Kenntnis zu nehmen, es verrennt sich hoffnungslos in Gedankengänge, die wünsch- und triebhaft gerichtet sind und alles andere, nur keine objektiven, sondern eben höchst subjektiv erwünschte „Erkenntnisse" vermitteln. Aus einem starken Berg unter dem Zeigefinger, den wir recht häufig antreffen, entnehmen wir deshalb nicht nur starken Geltungstrieb, sondern auch starke Selbsttäuschung; daraus wiederum sind charakterologisch u. a. Anmaßung, Protzerei und Minderwertigkeitsgefühle, Unzufriedenheit mit sich selber und Depressionen abzuleiten. Der normale Berg verkörpert einen normalen Geltungstrieb und damit u. a. Ehrgeiz, ein zu schwacher Berg entsprechenden Triebmangel. Eine große An-zahl von Ableitungen ergibt sich aus der Kombination z. B. eines langen Fingers mit einem schwachen Berg, eines kurzen Fingers mit einem schwachen Berg, eines kurzen Fingers mit einem starken Berg usw. Fügt man die bereits angedeutete Kombination mit dem Berg a und die mit allen übrigen bisherigen Befunden hinzu, so weist die Ich-Seite der Persönlichkeit schon jetzt eine bislang nicht erreichte Feinheit der Differenzierung auf. Der kleine Finger Der kleine Finger ist der sinnlich wahrnehmbaren Umwelt zugewandt und ver-körpert dementsprechend — im Rahmen unserer vertikalen Dreiteilung die Umweltsbeziehungen, soweit sie das Gefühl und Vermögen der Aufnahme 32
© 1947 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

spiele umspannen läßt, deren Anführung den geplanten Umfang unserer Arbeit allerdings um ein Vielfaches übersteigen würde. Aus einem starken Selbst-bewußtsein und -gefühl ergeben sich ferner ohne weiteres das Gefühl für Würde und Tradition wie auch dasjenige Pflichtgefühl, das aus dem Selbstgefühl ent-springt. Denn Würde, Tradition und Pflichtgefühl dieser Art ist man seiner Selbstachtung schuldig. Der allzu lange Zeigefinger verkörpert Übersteigerungen, also u. a. Selbstüber-hebung, Selbstherrlichkeit, Hochmut und Ehrfurchtslosigkeit. Der zu kurze Finger symbolisiert einen Mangel an Selbstbehauptungsvermögen und -gefühl und dementsprechend Unsicherheit und Ängstlichkeit. Der Berg unter dem Zeigefinger verkörpert den Selbst-Trieb, d. h. den Trieb, das Selbst über andere Selbste zu stellen (wie vielleicht überhaupt das Bewußt-sein daraus entstanden ist, daß dem Ich ständig ein Fremd-Ich gegenübertrat, woraus dann die Vorstellung des Fremd-Ichs und damit das Bewußtsein des eigenen Ich, das bewußte Selbst, erwuchs. Bei Kindern, die anfänglich von sich in der dritten Person sprechen, können wir etwas Ähnliches verfolgen). Diesen Trieb, sich überzuordnen, können wir auch als Geltungstrieb bezeichnen, und es ist sehr zu beachten, daß er als Zentrum aller Täuschungen über die eigene Person und damit über die Welt so eng an das nüchterne logische Denken (Linie 2) geknüpft ist! Dadurch ist er in der Lage, das Denken zu übertönen und zu lähmen, was immer dann geschieht, wenn es Tatsachen und Dinge, die dem Trieb zuwider laufen, im Begriff ist zu erkennen oder aber sie bereits zwangsläufig erkennen mußte. Andrerseits kann das Denken an solche Bahnen gefesselt werden, die der Selbstachtung und dem Geltungstrieb genehm sind; dadurch büßt es die Fähigkeit ein, Realitäten unvoreingenommen zur Kenntnis zu nehmen, es verrennt sich hoffnungslos in Gedankengänge, die wünsch- und triebhaft gerichtet sind und alles andere, nur keine objektiven, sondern eben höchst subjektiv erwünschte „Erkenntnisse" vermitteln. Aus einem starken Berg unter dem Zeigefinger, den wir recht häufig antreffen, entnehmen wir deshalb nicht nur starken Geltungstrieb, sondern auch starke Selbsttäuschung; daraus wiederum sind charakterologisch u. a. Anmaßung, Protzerei und Minderwertigkeitsgefühle, Unzufriedenheit mit sich selber und Depressionen abzuleiten. Der normale Berg verkörpert einen normalen Geltungstrieb und damit u. a. Ehrgeiz, ein zu schwacher Berg entsprechenden Triebmangel. Eine große An-zahl von Ableitungen ergibt sich aus der Kombination z. B. eines langen Fingers mit einem schwachen Berg, eines kurzen Fingers mit einem schwachen Berg, eines kurzen Fingers mit einem starken Berg usw. Fügt man die bereits angedeutete Kombination mit dem Berg a und die mit allen übrigen bisherigen Befunden hinzu, so weist die Ich-Seite der Persönlichkeit schon jetzt eine bislang nicht erreichte Feinheit der Differenzierung auf. Der kleine Finger Der kleine Finger ist der sinnlich wahrnehmbaren Umwelt zugewandt und ver-körpert dementsprechend — im Rahmen unserer vertikalen Dreiteilung die Umweltsbeziehungen, soweit sie das Gefühl und Vermögen der Aufnahme 32
© 1947 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston
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