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II.1.7 Verlangen nach Musik und Gebirge

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Brigitte-Kronauer-Handbuch
Ein Kapitel aus dem Buch Brigitte-Kronauer-Handbuch
https://doi.org/10.1515/9783110695106-008II.1.7 Verlangen nach Musik und GebirgeLudwig FischerDer Roman erschien 2004 in Brigitte Kronauers Hausverlag Klett-Cotta. Der Titel ist ein Nietzsche-Zitat (aus dem Abschnitt „Erleben und Erdichten“ in Morgenröthe von 1881), das als letztes von drei Motti vorangestellt ist, dessen Verankerung im Text die Autorin aber nicht liefert  – wenn man nicht den Einschub eines ganzen Opernlibrettos in den Text und das Warten auf die Vertonung gleichermaßen auf den Titel beziehen will (wie auch die immer wieder angeführte Ambivalenz von Faszination und Furcht bei der Meeresgegenwart, der man eigentlich entkommen möchte). Die überall spürbare Anwesenheit der See gehört zur Grundierung des raffinierten Arrangements, das in dem belgischen Badeort Ostende einige Ferien-gäste zusammentreffen lässt, die im Verlauf weniger Tage in minutiös vorgeführte erotische und gruppendynamische Verwicklungen geraten.1 Inhalt und StrukturDas Buch ist in eine große Zahl von kürzeren und längeren Abschnitten gegliedert, die jeweils knappe Überschriften tragen. Sie benennen ein thematisches Zentrum, lassen sich aber oft erst im Gang der Lektüre verstehen. Die Abschnitte tragen keine Nummerierung, können also nicht als ‚Kapitel‘ gelten. Sie bilden gewissermaßen Etappen des Geschehens, markieren nicht selten zeitliche Sprünge, Ortswechsel oder Wechsel des Personals.Der Roman bietet, in einer sehr strengen linearen Chronologie und fast durch-gängig im erzählerischen Präsens, eine Geschichte aus den kleinen Psychodramen innerhalb der Gruppe von acht Personen: fünf Feriengästen im Hotel Malibu, der Hotelbediensteten Betty und deren Freund, einem merkwürdigen Künstler. Von den vier möglichen Paaren dieser Gruppe bilden nur zwei ein regelrechtes Zweier-gespann, neben Betty und ihrem Geliebten de Rouckl ein italienisches Pärchen aus einem fast jungenhaften Bodybilder und einer seltsam trägen Friseuse, die im Text kaum je mit ihrem Namen genannt wird, sondern mit Antilopenbezeichnungen – meistens ‚die Impala‘, aber auch ‚Rotduckerchen‘ oder ‚Klippspringerchen‘, manch-mal schlicht ‚die Antilopenschnute‘.Die übrigen vier Mitglieder der scheinbar zufällig schon auf der Anreise und dann im Hotel zusammenfindenden Gruppe sind ein leicht seniles, aber hintertrie-benes Großmütterchen, Frau Quapp, mit ihrem hinkenden Enkel, dem Stuntman Roy, sowie eine Frau Fesch, von der die anderen wie die Lesenden so gut wie nichts erfahren, und schließlich der Antwerpener Parfümhändler Willaert, der zwar nicht
© 2024 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

https://doi.org/10.1515/9783110695106-008II.1.7 Verlangen nach Musik und GebirgeLudwig FischerDer Roman erschien 2004 in Brigitte Kronauers Hausverlag Klett-Cotta. Der Titel ist ein Nietzsche-Zitat (aus dem Abschnitt „Erleben und Erdichten“ in Morgenröthe von 1881), das als letztes von drei Motti vorangestellt ist, dessen Verankerung im Text die Autorin aber nicht liefert  – wenn man nicht den Einschub eines ganzen Opernlibrettos in den Text und das Warten auf die Vertonung gleichermaßen auf den Titel beziehen will (wie auch die immer wieder angeführte Ambivalenz von Faszination und Furcht bei der Meeresgegenwart, der man eigentlich entkommen möchte). Die überall spürbare Anwesenheit der See gehört zur Grundierung des raffinierten Arrangements, das in dem belgischen Badeort Ostende einige Ferien-gäste zusammentreffen lässt, die im Verlauf weniger Tage in minutiös vorgeführte erotische und gruppendynamische Verwicklungen geraten.1 Inhalt und StrukturDas Buch ist in eine große Zahl von kürzeren und längeren Abschnitten gegliedert, die jeweils knappe Überschriften tragen. Sie benennen ein thematisches Zentrum, lassen sich aber oft erst im Gang der Lektüre verstehen. Die Abschnitte tragen keine Nummerierung, können also nicht als ‚Kapitel‘ gelten. Sie bilden gewissermaßen Etappen des Geschehens, markieren nicht selten zeitliche Sprünge, Ortswechsel oder Wechsel des Personals.Der Roman bietet, in einer sehr strengen linearen Chronologie und fast durch-gängig im erzählerischen Präsens, eine Geschichte aus den kleinen Psychodramen innerhalb der Gruppe von acht Personen: fünf Feriengästen im Hotel Malibu, der Hotelbediensteten Betty und deren Freund, einem merkwürdigen Künstler. Von den vier möglichen Paaren dieser Gruppe bilden nur zwei ein regelrechtes Zweier-gespann, neben Betty und ihrem Geliebten de Rouckl ein italienisches Pärchen aus einem fast jungenhaften Bodybilder und einer seltsam trägen Friseuse, die im Text kaum je mit ihrem Namen genannt wird, sondern mit Antilopenbezeichnungen – meistens ‚die Impala‘, aber auch ‚Rotduckerchen‘ oder ‚Klippspringerchen‘, manch-mal schlicht ‚die Antilopenschnute‘.Die übrigen vier Mitglieder der scheinbar zufällig schon auf der Anreise und dann im Hotel zusammenfindenden Gruppe sind ein leicht seniles, aber hintertrie-benes Großmütterchen, Frau Quapp, mit ihrem hinkenden Enkel, dem Stuntman Roy, sowie eine Frau Fesch, von der die anderen wie die Lesenden so gut wie nichts erfahren, und schließlich der Antwerpener Parfümhändler Willaert, der zwar nicht
© 2024 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Kapitel in diesem Buch

  1. Frontmatter I
  2. Inhaltsverzeichnis V
  3. Vorwort IX
  4. I Leben und Schreiben
  5. I.1 Leben und Schreiben 1
  6. II Werk und Werkreflexion
  7. II.1 Romane
  8. II.1.1 Frau Mühlenbeck im Gehäus 19
  9. II.1.2 Rita Münster 28
  10. II.1.3 Berittener Bogenschütze 39
  11. II.1.4 Die Frau in den Kissen 54
  12. II.1.5 Das Taschentuch 64
  13. II.1.6 Teufelsbrück 74
  14. II.1.7 Verlangen nach Musik und Gebirge 84
  15. II.1.8 Errötende Mörder 95
  16. II.1.9 Zwei schwarze Jäger 106
  17. II.1.10 Gewäsch und Gewimmel 120
  18. II.1.11 Der Scheik von Aachen 131
  19. II.1.12 Das Schöne, Schäbige, Schwankende 141
  20. II.2 Erzählsammlungen
  21. II.2.1 Frühe Erzählsammlungen 153
  22. II.2.2 Erzählsammlungen bei Klett-Cotta 173
  23. II.2.3 Erzählsammlungen bei Reclam 192
  24. II.3 Hybride Text/Bild-Sammlungen, Hörspiel, Co-Autorinnen- und Herausgeberinnenschaft
  25. II.3.1 Die Lerche in der Luft und im Nest 206
  26. II.3.2 Die Einöde und ihr Prophet 213
  27. II.3.3 Herr Hagenbeck hirtet 219
  28. II.3.4 Kulturgeschichte der Mißverständnisse 226
  29. II.3.5 „Die Augen sanft und wilde“ 232
  30. II.4 Werkreflexion (Essays, Kolumnen, Reden, Poetikvorlesungen, Interviews und Gespräche)
  31. II.4.1 Einleitender Überblick 238
  32. II.4.2 Über andere Autoren 244
  33. II.4.3 Über Künstler 312
  34. II.4.4 Interviews und Gespräche 339
  35. III Systematische Aspekte
  36. III.1 Poetik und poetische Technik
  37. III.1.1 Ambivalenz/Ambiguität 347
  38. III.1.2 Autobiografie/Biografie 356
  39. III.1.3 Intertextualität 363
  40. III.1.4 Konstruktion 371
  41. III.1.5 Realismus/Neorealismus 381
  42. III.1.6 Romantik 387
  43. III.2 Wissen, Kultur, Gesellschaft, Medien
  44. III.2.1 Alltag 394
  45. III.2.2 Frauen 403
  46. III.2.3 Kunst 411
  47. III.2.4 Landschaft 423
  48. III.2.5 Natur 433
  49. III.2.6 Tiere 447
  50. IV Anhang
  51. Zeittafel 463
  52. Bibliografie 466
  53. Register 477
  54. Beiträgerinnen und Beiträger 485
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