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1. Prozesskostenrechnung

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Kostenrechnung
Ein Kapitel aus dem Buch Kostenrechnung
1 Prozesskostenrechnung1.1 Anlässe zur Reform der KostenrechnungssystemeInsbesondere die folgenden Kriterien haben in den 1980er und 1990er Jahren dazugeführt, die Einsatzmöglichkeitentraditioneller Kostenrechnungssysteme(z. B. Ist-,Normal-und Plankostenrechnungenauf Voll- und Teilkostenbasis)568zum Zweck derLösung vonPlanungs-, Steuerungs- und Kontrollaufgabenkritisch zu überdenken:(1)Veränderungen der ökonomischen Rahmenbedingungen, die primär durchdie beschleunigte Einführung neuer Technologien und eine steigende Komple-xität des Produktions- und Absatzprogramms mit der Folge der in (2) dargeleg-ten Verschiebungen der Kostenstruktur ausgelöst wurden.(2)Wachsende Gemein- und sinkende Einzelkostendurch höhere Automatisie-rungsgrade der Fertigung und die Bedeutungszunahme planender, kontrollieren-der und steuernder Tätigkeiten in denindirekten Leistungsbereichenwie z. B.Forschung und Entwicklung, Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Einkauf, Vertrieb,Logistik, Instandhaltung, Softwareentwicklung und Qualitätssicherung.569(3)Einseitige Ausrichtung der traditionellen Kostenrechnungssystemeauf diedirekten Fertigungsbereiche, wodurch die kostenstellenübergreifenden Leis-tungswirkungen der indirekten Stellen auf das Produktions- und Absatzpro-gramm nur unzureichend erfasst werden können.Hieraus wird abgeleitet, dass die traditionellen Kostenrechnungssysteme nicht inder Lage sind,strategische bzw. produktpolitischrelevante Fragen z. B. nach(1) den von innerbetrieblichen Dienstleistungen verursachten Kosten (z. B. einerAuftragsabwicklung) oder(2) den von Neuteilen ausgelösten Kosten von der Konstruktion bis zur Stücklistezu beantworten570, da die Gemeinkosten entweder über dieinnerbetrieblicheLeistungsverrechnungauf Fertigungskostenstellen verteilt und überBezugs-größenoder mithilfeprozentualer Zuschlagssätzeauf Materialeinzel- bzw.Herstellkosten (Material-, Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten) den Pro-dukten angelastet werden. Diese Zurechnungsmethodik ignoriert die wirklichenGemeinkostenabhängigkeiten, da die in den indirekten Bereichen anfallendenKostenarten nicht durchwert- oder zeitabhängige Bezugsgrößenwie etwaFertigungs-, Maschinenstunden und/oder Einzel- bzw. Herstellkosten ausgelöst568Vgl. die Ausführungen im vierten Teil.569Die Summe dieser indirekten Leistungsbereiche wird im Schrifttum auch alsHidden Factorybezeichnet, da es sich um verborgene Ressourcen handelt, denen in der Vergangenheit zu wenigAufmerksamkeit geschenkt wurde. Vgl. Miller/Vollmann 1985, S. 142150.570Vgl. Olshagen 1991, S. 2829; Mayer 1991, S. 81.https://doi.org/10.1515/9783110634785-016
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

1 Prozesskostenrechnung1.1 Anlässe zur Reform der KostenrechnungssystemeInsbesondere die folgenden Kriterien haben in den 1980er und 1990er Jahren dazugeführt, die Einsatzmöglichkeitentraditioneller Kostenrechnungssysteme(z. B. Ist-,Normal-und Plankostenrechnungenauf Voll- und Teilkostenbasis)568zum Zweck derLösung vonPlanungs-, Steuerungs- und Kontrollaufgabenkritisch zu überdenken:(1)Veränderungen der ökonomischen Rahmenbedingungen, die primär durchdie beschleunigte Einführung neuer Technologien und eine steigende Komple-xität des Produktions- und Absatzprogramms mit der Folge der in (2) dargeleg-ten Verschiebungen der Kostenstruktur ausgelöst wurden.(2)Wachsende Gemein- und sinkende Einzelkostendurch höhere Automatisie-rungsgrade der Fertigung und die Bedeutungszunahme planender, kontrollieren-der und steuernder Tätigkeiten in denindirekten Leistungsbereichenwie z. B.Forschung und Entwicklung, Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Einkauf, Vertrieb,Logistik, Instandhaltung, Softwareentwicklung und Qualitätssicherung.569(3)Einseitige Ausrichtung der traditionellen Kostenrechnungssystemeauf diedirekten Fertigungsbereiche, wodurch die kostenstellenübergreifenden Leis-tungswirkungen der indirekten Stellen auf das Produktions- und Absatzpro-gramm nur unzureichend erfasst werden können.Hieraus wird abgeleitet, dass die traditionellen Kostenrechnungssysteme nicht inder Lage sind,strategische bzw. produktpolitischrelevante Fragen z. B. nach(1) den von innerbetrieblichen Dienstleistungen verursachten Kosten (z. B. einerAuftragsabwicklung) oder(2) den von Neuteilen ausgelösten Kosten von der Konstruktion bis zur Stücklistezu beantworten570, da die Gemeinkosten entweder über dieinnerbetrieblicheLeistungsverrechnungauf Fertigungskostenstellen verteilt und überBezugs-größenoder mithilfeprozentualer Zuschlagssätzeauf Materialeinzel- bzw.Herstellkosten (Material-, Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten) den Pro-dukten angelastet werden. Diese Zurechnungsmethodik ignoriert die wirklichenGemeinkostenabhängigkeiten, da die in den indirekten Bereichen anfallendenKostenarten nicht durchwert- oder zeitabhängige Bezugsgrößenwie etwaFertigungs-, Maschinenstunden und/oder Einzel- bzw. Herstellkosten ausgelöst568Vgl. die Ausführungen im vierten Teil.569Die Summe dieser indirekten Leistungsbereiche wird im Schrifttum auch alsHidden Factorybezeichnet, da es sich um verborgene Ressourcen handelt, denen in der Vergangenheit zu wenigAufmerksamkeit geschenkt wurde. Vgl. Miller/Vollmann 1985, S. 142150.570Vgl. Olshagen 1991, S. 2829; Mayer 1991, S. 81.https://doi.org/10.1515/9783110634785-016
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Kapitel in diesem Buch

  1. Frontmatter I
  2. Vorwort zur 10. Auflage V
  3. Inhaltsverzeichnis VII
  4. Abkürzungsverzeichnis XV
  5. Symbolverzeichnis XXI
  6. Abbildungsverzeichnis XXVII
  7. Erster Teil: Einführung und Begriffsklärungen
  8. 1. Kosten- und Betriebswirtschaftslehre 1
  9. 2. Kosten- und Leistungsbegriff 6
  10. Zweiter Teil: Grundbegriffe der Kostentheorie
  11. 1. Allgemeines 39
  12. 2. Zielsetzungen und Abbildungsinstrumente der Produktions- und Kostentheorie 41
  13. 3. Beschäftigung als Kosteneinflussgröße 44
  14. 4. Faktorqualität und Faktorpreise als Kostenbestimmungsgrößen 80
  15. 5. Betriebsgröße als Kostenbestimmungsfaktor 84
  16. 6. Produktionsprogramm als Kosteneinflussgröße 89
  17. 7. Einfluss betrieblicher Adaptionsprozesse auf die Kostenstruktur 94
  18. Dritter Teil: Instrumentarium der Kostenrechnung
  19. 1. Stellung und Funktionen der Kostenrechnung im System des betrieblichen Rechnungswesens 105
  20. 2. Teilbereiche der Kostenrechnung 111
  21. Vierter Teil: Systeme der Kostenrechnung
  22. 1. Gliederung und Charakteristika der Kostenrechnungssysteme 219
  23. 2. Prinzipien der Kostenzurechnung als theoretische Grundlagen 222
  24. 3. Systeme auf der Basis von Vollkosten 225
  25. 4. Teilkosten- und Deckungsbeitragsrechnungen 317
  26. Fünfter Teil: Weiterentwicklungen der Kostenrechnung und des Kostenmanagements
  27. 1. Prozesskostenrechnung 423
  28. 2. Target Costing und Kostenmanagement 443
  29. Sechster Teil: Schnittstellen von Kostenrechnung und Controlling
  30. 1. Kosten- und Kennzahlenrechnung 487
  31. 2. Kostenrechnung in Handelsunternehmen 491
  32. 3. Langfristige Auftragsfertigung 506
  33. 4. Prüfung der Kostenrechnung 516
  34. 5. Auswirkungen von Corporate Governance-Regelungen und nachhaltigkeitsorientierten Normen auf das Controlling 523
  35. 6. Nachhaltigkeitscontrolling 533
  36. Anhang
  37. Anlage I: Verkürzte Fassung des Gemeinschaftskontenrahmens der Industrie (GKR) 545
  38. Anlage II: Verkürzte Fassung des Industrie-Kontenrahmens (IKR) 548
  39. Anlage III: Rechenregeln der Simplex-Methode 552
  40. Literaturverzeichnis 553
  41. Stichwortverzeichnis 569
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