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Einleitung

EinleitungDas KZ Auschwitz 1942–1945Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gehört zu den Zentrendes nationalsozialistischen Judenmords: 1,1 Millionen Juden aus ganz Europa wurden inden Jahren 1942 bis 1944 an diesen Ort deportiert, fast 900 000 von ihnen direkt nachder Ankunft in den Gaskammern ermordet.1Der Begriff Auschwitz steht heute alsMetapher für das Menschheitsverbrechen, obwohl Juden auch an anderen Orten syste-matisch und in großer Zahl getötet wurden. Das hat vielfältige Gründe: Dieser riesigeLagerkomplex diente nicht – wie etwa die Vernichtungslager in Kulmhof, Treblinka,Belzec und Sobibor – ausschließlich dem Massenmord, sondern hatte im Laufe seinerExistenz verschiedene Funktionen. Die Zahl der Menschen, die als Häftlinge, aber auchals Angehörige der SS-Lagerverwaltung, als Wachen und Angestellte, als Unternehmens-angehörige, Zivilarbeiter oder Anwohner mit dem Mordgeschehen in Berührung kamenund die Verbrechen zum Teil schon während des Kriegs, erst recht jedoch in zahllosenNachkriegsberichten bezeugten, ist so groß wie bei keiner anderen Mordstätte des Holo-caust. Viele Opfergruppen der Nationalsozialisten trafen dort zusammen. Neben denjüdischen Häftlingen aus ganz Europa waren in Auschwitz 70 000 bis 75 000 Polen,23 000 Sinti und Roma, 15 000 sowjetische Kriegsgefangene und 10 000 bis 15 000 tsche-chische, weißrussische, jugoslawische und französische nichtjüdische Häftlinge, oftWiderstandskämpfer, sowie Deutsche und Österreicher gefangen, die die National-sozialisten als politische Häftlinge, als sogenannte Berufsverbrecher oder Asoziale sowieals Homosexuelle verfolgten.2Trotz der heterogenen Zusammensetzung der Häftlinge verbindet man Auschwitz vorallem mit der größten Opfergruppe: den Juden. Nach der Schließung der Vernichtungs-zentren in Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor im Laufe des Jahres 1943 wurdeAuschwitz zum einzigen Ort des systematischen Massenmords an Juden, in dem nachjahrelanger Erprobung eines technisch perfektionierten Tötungsapparats und -ablaufsin hohem Tempo und mit größtmöglicher Effizienz gemordet wurde.1Israel Gutman/Michael Berenbaum (Hrsg.), Anatomy of the Auschwitz Death Camp, Bloomingtonu. a. 1998; Robert Jan van Pelt/Debórah Dwork, Auschwitz. Von 1270 bis heute, Zürich 1998; WacławDługoborski/Franciszek Piper (Hrsg.), Auschwitz 1940–1945. Studien zur Geschichte des Konzen-trations- und Vernichtungslagers Auschwitz, 5 Bde., Oświęcim 1999 (in Zukunft StAu I–V);Sybille Steinbacher, Auschwitz. Geschichte und Nachgeschichte, München 2004; Laurence Rees,Auschwitz. Geschichte eines Verbrechens, Berlin 2005; Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hrsg.),Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 5, München2007, S. 75–312; Susanne Willems, Auschwitz. Die Geschichte des Vernichtungslagers, Berlin 2015;Gideon Greif/Peter Siebers (Hrsg.), Todesfabrik Auschwitz. Topografie und Alltag in einem Kon-zentrations- und Vernichtungslager, Köln 2016.2Franciszek Piper, Die Zahl der Opfer von Auschwitz aufgrund der Quellen und der Erträge derForschung 1945 bis 1990, Oświęcim 1993. Zu den Häftlingskategorien siehe S. 24.
© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

EinleitungDas KZ Auschwitz 1942–1945Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gehört zu den Zentrendes nationalsozialistischen Judenmords: 1,1 Millionen Juden aus ganz Europa wurden inden Jahren 1942 bis 1944 an diesen Ort deportiert, fast 900 000 von ihnen direkt nachder Ankunft in den Gaskammern ermordet.1Der Begriff Auschwitz steht heute alsMetapher für das Menschheitsverbrechen, obwohl Juden auch an anderen Orten syste-matisch und in großer Zahl getötet wurden. Das hat vielfältige Gründe: Dieser riesigeLagerkomplex diente nicht – wie etwa die Vernichtungslager in Kulmhof, Treblinka,Belzec und Sobibor – ausschließlich dem Massenmord, sondern hatte im Laufe seinerExistenz verschiedene Funktionen. Die Zahl der Menschen, die als Häftlinge, aber auchals Angehörige der SS-Lagerverwaltung, als Wachen und Angestellte, als Unternehmens-angehörige, Zivilarbeiter oder Anwohner mit dem Mordgeschehen in Berührung kamenund die Verbrechen zum Teil schon während des Kriegs, erst recht jedoch in zahllosenNachkriegsberichten bezeugten, ist so groß wie bei keiner anderen Mordstätte des Holo-caust. Viele Opfergruppen der Nationalsozialisten trafen dort zusammen. Neben denjüdischen Häftlingen aus ganz Europa waren in Auschwitz 70 000 bis 75 000 Polen,23 000 Sinti und Roma, 15 000 sowjetische Kriegsgefangene und 10 000 bis 15 000 tsche-chische, weißrussische, jugoslawische und französische nichtjüdische Häftlinge, oftWiderstandskämpfer, sowie Deutsche und Österreicher gefangen, die die National-sozialisten als politische Häftlinge, als sogenannte Berufsverbrecher oder Asoziale sowieals Homosexuelle verfolgten.2Trotz der heterogenen Zusammensetzung der Häftlinge verbindet man Auschwitz vorallem mit der größten Opfergruppe: den Juden. Nach der Schließung der Vernichtungs-zentren in Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor im Laufe des Jahres 1943 wurdeAuschwitz zum einzigen Ort des systematischen Massenmords an Juden, in dem nachjahrelanger Erprobung eines technisch perfektionierten Tötungsapparats und -ablaufsin hohem Tempo und mit größtmöglicher Effizienz gemordet wurde.1Israel Gutman/Michael Berenbaum (Hrsg.), Anatomy of the Auschwitz Death Camp, Bloomingtonu. a. 1998; Robert Jan van Pelt/Debórah Dwork, Auschwitz. Von 1270 bis heute, Zürich 1998; WacławDługoborski/Franciszek Piper (Hrsg.), Auschwitz 1940–1945. Studien zur Geschichte des Konzen-trations- und Vernichtungslagers Auschwitz, 5 Bde., Oświęcim 1999 (in Zukunft StAu I–V);Sybille Steinbacher, Auschwitz. Geschichte und Nachgeschichte, München 2004; Laurence Rees,Auschwitz. Geschichte eines Verbrechens, Berlin 2005; Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hrsg.),Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 5, München2007, S. 75–312; Susanne Willems, Auschwitz. Die Geschichte des Vernichtungslagers, Berlin 2015;Gideon Greif/Peter Siebers (Hrsg.), Todesfabrik Auschwitz. Topografie und Alltag in einem Kon-zentrations- und Vernichtungslager, Köln 2016.2Franciszek Piper, Die Zahl der Opfer von Auschwitz aufgrund der Quellen und der Erträge derForschung 1945 bis 1990, Oświęcim 1993. Zu den Häftlingskategorien siehe S. 24.
© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston
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