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Dass einer des anderen Kleidung verstehe? Zum Orientierungswert der vestimentären Zeichensprache

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Zur Philosophie der Orientierung
Ein Kapitel aus dem Buch Zur Philosophie der Orientierung
Hubertus BuscheDass einer des anderen Kleidung verstehe? Zum Orientierungswert der vestimentären ZeichenspracheDie folgenden Ausführungen wollen einen kleinen Beitrag zur Vervollständigung des Spektrums der Philosophie der Orientierung leisten. Sie beruhen auf der Ein-schätzung, dass es sich bei Werner Stegmaiers opus magnum um einen großen Wurf handelt, der es verdient hat, auch durch kleinteilige Ergänzungen gewür-digt zu werden. Unter Zugrundelegung eines sehr weit gefassten Begriffs von „Orientierung“ zeigt Stegmaiers Philosophie der Orientierung nach systematisch entwickelten Prinzipien die Allgegenwart von Orientierungsleistungen in Alltag, Kunst und Wissenschaft auf und staffelt sie nach 15 Typen von Orientierung. Diese reichen von der „Orientierung als Sich-Zurechtfinden“ und der „Orientie-rung als Übersicht“ über die „Orientierung in Zeichen“ und die „Orientierung in Routinen“ bis hin zu einer „Orientierung in der Orientierung“. Bei den folgenden Darlegungen handelt es sich um Untersuchungen zu einem Kreis von Phänome-nen, die ganz offensichtlich zum Typus der „Orientierung in Zeichen“ gehören, in der Philosophie der Orientierung aber nicht eigens zur Sprache kommen.Während in Stegmaiers Kapitel „Orientierung in Zeichen“ Phänomene reflek-tiert werden, die sich unter arbiträre Sprach- oder Schriftzeichen subsumieren lassen, handelt es sich bei den im Folgenden zu diskutierenden Phänomenen um einen Fundus an Kennzeichen oder Anzeichen, der unmittelbar an der äußeren Erscheinung von Menschen hängt. Es geht um die Kleidung, und damit um ein Anthropinon. Auch wenn es Haus- und Nutztiere gibt, die von ihren Besitzern Textilien umgehängt bekommen, gibt es kein Tier, das „sich kleidet“. An der äußeren Erscheinung eines Menschen bildet seine Kleidung freilich nur eine von mehreren Komponenten. Zur äußeren Erscheinung gehört teils die Körperspra-che, die außer der Haltung auch Gestik und Mimik umfasst, teils die Haartrachtoder Frisur, teils die Sprechweise, aber eben auch teils die Kleidung. Im Folgenden soll sich der Gegenstand der Untersuchung auf die Kleidung beschränken, d.h. auf jene anziehbaren und wieder ausziehbaren Stoffe, mit denen sich die nackt auf die Welt kommenden Menschen gegenüber anderen Menschen einerseits ver-hüllen, andererseits darstellen. Die Aufgabe der anschließenden Beobachtungen und Überlegungen besteht darin, das Phänomen der Orientierung an Zeicheneinmal am Beispiel der Bekleidung gleichsam durchzudeklinieren und die viel-fältigen Formen von Orientierung plastisch vor Augen zu führen, die durch Klei-dung als Zeichen ermöglicht werden. Kleidung (in ihren unterschiedlichen Arten, Dass einer des anderen Kleidung verstehe?
© 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Hubertus BuscheDass einer des anderen Kleidung verstehe? Zum Orientierungswert der vestimentären ZeichenspracheDie folgenden Ausführungen wollen einen kleinen Beitrag zur Vervollständigung des Spektrums der Philosophie der Orientierung leisten. Sie beruhen auf der Ein-schätzung, dass es sich bei Werner Stegmaiers opus magnum um einen großen Wurf handelt, der es verdient hat, auch durch kleinteilige Ergänzungen gewür-digt zu werden. Unter Zugrundelegung eines sehr weit gefassten Begriffs von „Orientierung“ zeigt Stegmaiers Philosophie der Orientierung nach systematisch entwickelten Prinzipien die Allgegenwart von Orientierungsleistungen in Alltag, Kunst und Wissenschaft auf und staffelt sie nach 15 Typen von Orientierung. Diese reichen von der „Orientierung als Sich-Zurechtfinden“ und der „Orientie-rung als Übersicht“ über die „Orientierung in Zeichen“ und die „Orientierung in Routinen“ bis hin zu einer „Orientierung in der Orientierung“. Bei den folgenden Darlegungen handelt es sich um Untersuchungen zu einem Kreis von Phänome-nen, die ganz offensichtlich zum Typus der „Orientierung in Zeichen“ gehören, in der Philosophie der Orientierung aber nicht eigens zur Sprache kommen.Während in Stegmaiers Kapitel „Orientierung in Zeichen“ Phänomene reflek-tiert werden, die sich unter arbiträre Sprach- oder Schriftzeichen subsumieren lassen, handelt es sich bei den im Folgenden zu diskutierenden Phänomenen um einen Fundus an Kennzeichen oder Anzeichen, der unmittelbar an der äußeren Erscheinung von Menschen hängt. Es geht um die Kleidung, und damit um ein Anthropinon. Auch wenn es Haus- und Nutztiere gibt, die von ihren Besitzern Textilien umgehängt bekommen, gibt es kein Tier, das „sich kleidet“. An der äußeren Erscheinung eines Menschen bildet seine Kleidung freilich nur eine von mehreren Komponenten. Zur äußeren Erscheinung gehört teils die Körperspra-che, die außer der Haltung auch Gestik und Mimik umfasst, teils die Haartrachtoder Frisur, teils die Sprechweise, aber eben auch teils die Kleidung. Im Folgenden soll sich der Gegenstand der Untersuchung auf die Kleidung beschränken, d.h. auf jene anziehbaren und wieder ausziehbaren Stoffe, mit denen sich die nackt auf die Welt kommenden Menschen gegenüber anderen Menschen einerseits ver-hüllen, andererseits darstellen. Die Aufgabe der anschließenden Beobachtungen und Überlegungen besteht darin, das Phänomen der Orientierung an Zeicheneinmal am Beispiel der Bekleidung gleichsam durchzudeklinieren und die viel-fältigen Formen von Orientierung plastisch vor Augen zu führen, die durch Klei-dung als Zeichen ermöglicht werden. Kleidung (in ihren unterschiedlichen Arten, Dass einer des anderen Kleidung verstehe?
© 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Kapitel in diesem Buch

  1. Frontmatter I
  2. Vorwort V
  3. Inhaltsverzeichnis XI
  4. I. Die Philosophie der Orientierung und die philosophische Tradition
  5. Weisheit und Orientierung 3
  6. Raum und Rede. Zum Verhältnis von Topographie und Thema in Platons Phaidros 15
  7. Beruhigung und Beunruhigung. Über den Umgang mit Unsicherheit bei Epikur und in der Philosophie der Orientierung 33
  8. Wie kommen die Menschen zur Vernunft? Die Kant-Herder-Kontroverse im Licht der Philosophie der Orientierung 49
  9. Die Philosophie im Leib 71
  10. Nietzsche on Nihilism (Eine unersättliche Diskussion?) 83
  11. Moralische und politische Skepsis. Über den Orientierungswert der Regeln bei Nietzsche 101
  12. II. Orientierung und Erkenntnis
  13. Zum Selbst der Orientierung 115
  14. Unsicherheit der Orientierung. Drei Versuche über das Unverfügbare 127
  15. Quellen der Orientierung 147
  16. Verstehen als Orientierungspraxis. Eine hermeneutische Skizze 171
  17. Orientation and Truth in Nietzsche 185
  18. Orientierung, Perspektive, Wahrheit. Versuch einer Verbindung 197
  19. III. Orientierung und praktische Philosophie
  20. Paradoxien ethischer und religiöser Orientierung als Neuanfänge des Denkens 217
  21. Der „Pflock des Augenblickes“. Über die Situation und die Tugenden der Orientierung 233
  22. Vom Zeichen-Setzen. Moralische Integrität und ethische Souveränität 247
  23. Wie orientiert Geschichte? 261
  24. Staat, Demokratie und Rechtssubjekt. Eine Kritik zeitgenössischer Politik 275
  25. IV. Übergänge und Perspektiven des Orientierungsbegriffs
  26. Triskaidekalog 293
  27. Dass einer des anderen Kleidung verstehe? Zum Orientierungswert der vestimentären Zeichensprache 311
  28. Brauchen die wissenschaftliche Psychologie und Psychotherapie philosophische Fluglotsen? 335
  29. Kompetenz als Schlüsselbegriff der Bildungstheorie. Vorschlag einer orientierungsphilosophischen Fundierung 349
  30. Der Humor in der Orientierung. Dittsche – Das wirklich wahre Leben 363
  31. Nachwort
  32. Zur Philosophie der Orientierung. Fragen und Antworten 375
  33. Siglenverzeichnis 409
  34. Personenregister 411
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