13. Mündlichkeit und Schriftlichkeit
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Ulrich Knoop
Abstract
: Gemeinhin trennt man Mündlichkeit und Schriftlichkeit nach den ‚Medialitäten‘, nämlich einmal nach der Verlautbarung und zum anderen nach der Graphematisierung. Die Sprachwissenschaft spricht deshalb von gesprochener und geschriebener Sprache. Aber die gesprochene Sprache bezieht sich auf den schriftinduzierten Laut, der aus dem Lautkontinuum heraussegmentiert worden ist. Mündlichkeit steht deshalb vor aller Lautierung, nämlich im Lautkontinuum, das bedingt, dass der Mensch in der Sprache ist und das eine Präsenz-Kultur voraussetzt. (Alphabet-) Schrift hinwiederum bedarf der Lautsegmentierung, um aus den Lauten die Buchstaben in der Sprache zu bestimmen und zu einer Graphematisierung zu kommen. Diese Lautsegmentierung hebt die Sprache aus dem Lautkontinuum heraus und vergegenständlicht sie, Sprache wird zum Objekt. Das gibt uns das Bewusstsein, dass Sprache uns gegenübersteht und wir über sie als ein Mittel verfügen. Für die Sprachgeschichtsschreibung ergibt sich daraus eine interessante, bislang nicht genutzte Perspektive: die Mündlichkeit der Präsenzkultur mit ihrem erweiterten Personal (Adel bis Poeten), ihr Rückgang und die wachsende Funktionalisierung der Schriftlichkeit, die dann eben auch vom Adel und den Poeten (Schriftstellern) ergriffen wird und schließlich, mit der ‚Hochlautung‘, zu einer totalen, alles erfassenden Schriftlichkeit wird.
Abstract
: Gemeinhin trennt man Mündlichkeit und Schriftlichkeit nach den ‚Medialitäten‘, nämlich einmal nach der Verlautbarung und zum anderen nach der Graphematisierung. Die Sprachwissenschaft spricht deshalb von gesprochener und geschriebener Sprache. Aber die gesprochene Sprache bezieht sich auf den schriftinduzierten Laut, der aus dem Lautkontinuum heraussegmentiert worden ist. Mündlichkeit steht deshalb vor aller Lautierung, nämlich im Lautkontinuum, das bedingt, dass der Mensch in der Sprache ist und das eine Präsenz-Kultur voraussetzt. (Alphabet-) Schrift hinwiederum bedarf der Lautsegmentierung, um aus den Lauten die Buchstaben in der Sprache zu bestimmen und zu einer Graphematisierung zu kommen. Diese Lautsegmentierung hebt die Sprache aus dem Lautkontinuum heraus und vergegenständlicht sie, Sprache wird zum Objekt. Das gibt uns das Bewusstsein, dass Sprache uns gegenübersteht und wir über sie als ein Mittel verfügen. Für die Sprachgeschichtsschreibung ergibt sich daraus eine interessante, bislang nicht genutzte Perspektive: die Mündlichkeit der Präsenzkultur mit ihrem erweiterten Personal (Adel bis Poeten), ihr Rückgang und die wachsende Funktionalisierung der Schriftlichkeit, die dann eben auch vom Adel und den Poeten (Schriftstellern) ergriffen wird und schließlich, mit der ‚Hochlautung‘, zu einer totalen, alles erfassenden Schriftlichkeit wird.
Kapitel in diesem Buch
- Frontmatter I
- Inhalt VII
- Einleitung 1
-
I. Allgemeines
- 1. Sprache und Geschichte 7
- 2. Sprachgeschichte als Ideologiegeschichte 45
- 3. Deutsch und Vordeutsch – sprachhistorische Daten und Fakten 105
-
II. Gegenstandsbereiche der Sprachgeschichte
- 4. Sprachsystem und Sprachgeschichtsschreibung (eine Bilanz) 135
- 5. Systemhistorische Grammatik und Sprachgeschichte 157
- 6. Wortgeschichte und Wortgeschichtsschreibung im Deutschen 179
- 7. Sprachgeschichte als Geschichte von Texten 219
- 8. Historische Makrosemantik – Sprachgeschichte als Diskurs- und Mentalitätsgeschichte 241
- 9. Sprachkontakt im Deutschen (eine Bilanz) 267
- 10. Sprach- und Varietätenwechsel in der Geschichte des Deutschen 313
- 11. Sprachgeschichte als Geschichte menschlicher Beziehungen 343
- 12. Sprachgeschichte als Kommunikationsgeschichte 371
- 13. Mündlichkeit und Schriftlichkeit 391
- 14. Sprachreflexion – Ansätze einer Metasprachgeschichte (Sprachbewusstseinsgeschichte) 407
-
III. Sinnwelten
- 15. Sprachgeschichte als Herrschaftsgeschichte 441
- 16. Christentum und deutsche Sprachgeschichte 467
- 17. Sprachliche Entwicklung der Professionalisierung in der Wissenschaft: Geisteswissenschaft 503
- 18. Sprachliche Entwicklung der Professionalisierung in der Wissenschaft: Naturwissenschaft 539
- 19. Literarizität und Sprache 563
- Register 587
Kapitel in diesem Buch
- Frontmatter I
- Inhalt VII
- Einleitung 1
-
I. Allgemeines
- 1. Sprache und Geschichte 7
- 2. Sprachgeschichte als Ideologiegeschichte 45
- 3. Deutsch und Vordeutsch – sprachhistorische Daten und Fakten 105
-
II. Gegenstandsbereiche der Sprachgeschichte
- 4. Sprachsystem und Sprachgeschichtsschreibung (eine Bilanz) 135
- 5. Systemhistorische Grammatik und Sprachgeschichte 157
- 6. Wortgeschichte und Wortgeschichtsschreibung im Deutschen 179
- 7. Sprachgeschichte als Geschichte von Texten 219
- 8. Historische Makrosemantik – Sprachgeschichte als Diskurs- und Mentalitätsgeschichte 241
- 9. Sprachkontakt im Deutschen (eine Bilanz) 267
- 10. Sprach- und Varietätenwechsel in der Geschichte des Deutschen 313
- 11. Sprachgeschichte als Geschichte menschlicher Beziehungen 343
- 12. Sprachgeschichte als Kommunikationsgeschichte 371
- 13. Mündlichkeit und Schriftlichkeit 391
- 14. Sprachreflexion – Ansätze einer Metasprachgeschichte (Sprachbewusstseinsgeschichte) 407
-
III. Sinnwelten
- 15. Sprachgeschichte als Herrschaftsgeschichte 441
- 16. Christentum und deutsche Sprachgeschichte 467
- 17. Sprachliche Entwicklung der Professionalisierung in der Wissenschaft: Geisteswissenschaft 503
- 18. Sprachliche Entwicklung der Professionalisierung in der Wissenschaft: Naturwissenschaft 539
- 19. Literarizität und Sprache 563
- Register 587