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§ 5 Einwendungen und Einreden

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§ 5 Einwendungen und EinredenI. Bedeutung in der FallbearbeitungDie Prüfung von Einwendungen und Einreden bereitet gerade Anfängern Schwierig-keiten. Aber auch Fortgeschrittene wissen häufig nur, dass der Richter Einwendungen von Amts wegen zu berücksichtigen hat, während man sich auf das Bestehen einer Einrede berufen muss.¹ So richtig und wichtig dieses Wissen ist, gelingt es häufig nicht, die daraus folgenden Konsequenzen für die Fallbearbeitung zu ziehen.² Dies ist jedoch essentiell, weil es viele Aufgaben gibt, deren Probleme praktisch aus-schließlich auf der Einwendungsebene angesiedelt sind.Auch wenn Einreden vom Schuldner vor Gericht geltend gemacht werden müssen, erübrigt sich deren Prüfung nicht ohne weiteres, wenn sich im Sachverhalt keine Hin-weise auf die Erhebung der Einrede finden.³ Im Rahmen eines im ersten Staatsexa-men zu schreibenden Gutachtens sind vielmehr alle Gegennormen zu prüfen, unab-hängig von ihrer Kennzeichnung als Einwendung oder Einrede. Enthält die Aufgabe also Daten, welche auf die Verjährung des Anspruchs hindeuten, muss die Einrede der Verjährung trotz § 214 Abs. 1 BGB geprüft werden. Gerade bei den immer häufiger gestellten Anwaltsklausuren liegt im Auffinden von Verjährungsproblemen mitunter eine wesentliche Bearbeiterleistung, kann sich die Einrede doch als – im Verhältnis zur Einwendung – günstigeres Verteidigungsmittel darstellen: Da beispielsweise die Aufrechnung den Schuldner im Gegensatz zur Verjährungseinrede seine Forderung kostet, kann die Erhebung der Einrede in einem solchen Fall sogar ausnahmsweise vor der Einwendung geprüft werden.II. Rechtsvernichtende EinwendungenDie Erörterung beginnt mit der Darstellung der rechtsvernichtenden Einwendungen, weil es sich in der Fallbearbeitung ebenso verhält: Nachdem geprüft wurde, ob der Anspruch entstanden ist, stellt sich die Frage, ob er wieder untergegangen bzw. erlo-schen ist. Nichts anderes wird unter dem Begriff der rechtsvernichtenden Einwendun-gen zusammengefasst. Es geht also um Gegennormen aus dem materiellen Recht.Diese können danach unterschieden werden, ob sie sich gegen alle oder nur gegen bestimmte Ansprüche richten. Dabei können im vorliegenden Zusammenhang nur die wichtigsten rechtsvernichtenden Einwendungen erörtert werden.1Medicus, Rn. 92. Vgl. zu Anspruch und Einrede auch Heckel, JZ 2012, 1094.2Leenen, § 3 Rn. 43 veranschaulicht zutreffend: „Die kategoriale Unterscheidung zwischen Einwän-den, die sich gegen das Bestehen eines Rechts richten, und solchen, die nur die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen betreffen, ist grundlegender Art und von jedem Juristen zu beherrschen“.3 Grundlegend zur Einrede H. Roth, Die Einrede des Bürgerlichen Rechts, 1988; dazu Krampe, AcP 191 (1991), 163. Zur Wirkungsweise und zur Frage der Geltendmachung von Einrede und Einwendung im materiellen Zivilrecht Gröschler, AcP 201 (2001), 48. Aktuell Ulrici/ Purrmann, JuS 2011, 104.4Medicus/ Petersen BR, Rn. 16.5Medicus/ Petersen BR, Rn. 732.6 Vgl. Medicus/ Petersen BR, Rn. 736 ff.123

§ 5 Einwendungen und EinredenI. Bedeutung in der FallbearbeitungDie Prüfung von Einwendungen und Einreden bereitet gerade Anfängern Schwierig-keiten. Aber auch Fortgeschrittene wissen häufig nur, dass der Richter Einwendungen von Amts wegen zu berücksichtigen hat, während man sich auf das Bestehen einer Einrede berufen muss.¹ So richtig und wichtig dieses Wissen ist, gelingt es häufig nicht, die daraus folgenden Konsequenzen für die Fallbearbeitung zu ziehen.² Dies ist jedoch essentiell, weil es viele Aufgaben gibt, deren Probleme praktisch aus-schließlich auf der Einwendungsebene angesiedelt sind.Auch wenn Einreden vom Schuldner vor Gericht geltend gemacht werden müssen, erübrigt sich deren Prüfung nicht ohne weiteres, wenn sich im Sachverhalt keine Hin-weise auf die Erhebung der Einrede finden.³ Im Rahmen eines im ersten Staatsexa-men zu schreibenden Gutachtens sind vielmehr alle Gegennormen zu prüfen, unab-hängig von ihrer Kennzeichnung als Einwendung oder Einrede. Enthält die Aufgabe also Daten, welche auf die Verjährung des Anspruchs hindeuten, muss die Einrede der Verjährung trotz § 214 Abs. 1 BGB geprüft werden. Gerade bei den immer häufiger gestellten Anwaltsklausuren liegt im Auffinden von Verjährungsproblemen mitunter eine wesentliche Bearbeiterleistung, kann sich die Einrede doch als – im Verhältnis zur Einwendung – günstigeres Verteidigungsmittel darstellen: Da beispielsweise die Aufrechnung den Schuldner im Gegensatz zur Verjährungseinrede seine Forderung kostet, kann die Erhebung der Einrede in einem solchen Fall sogar ausnahmsweise vor der Einwendung geprüft werden.II. Rechtsvernichtende EinwendungenDie Erörterung beginnt mit der Darstellung der rechtsvernichtenden Einwendungen, weil es sich in der Fallbearbeitung ebenso verhält: Nachdem geprüft wurde, ob der Anspruch entstanden ist, stellt sich die Frage, ob er wieder untergegangen bzw. erlo-schen ist. Nichts anderes wird unter dem Begriff der rechtsvernichtenden Einwendun-gen zusammengefasst. Es geht also um Gegennormen aus dem materiellen Recht.Diese können danach unterschieden werden, ob sie sich gegen alle oder nur gegen bestimmte Ansprüche richten. Dabei können im vorliegenden Zusammenhang nur die wichtigsten rechtsvernichtenden Einwendungen erörtert werden.1Medicus, Rn. 92. Vgl. zu Anspruch und Einrede auch Heckel, JZ 2012, 1094.2Leenen, § 3 Rn. 43 veranschaulicht zutreffend: „Die kategoriale Unterscheidung zwischen Einwän-den, die sich gegen das Bestehen eines Rechts richten, und solchen, die nur die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen betreffen, ist grundlegender Art und von jedem Juristen zu beherrschen“.3 Grundlegend zur Einrede H. Roth, Die Einrede des Bürgerlichen Rechts, 1988; dazu Krampe, AcP 191 (1991), 163. Zur Wirkungsweise und zur Frage der Geltendmachung von Einrede und Einwendung im materiellen Zivilrecht Gröschler, AcP 201 (2001), 48. Aktuell Ulrici/ Purrmann, JuS 2011, 104.4Medicus/ Petersen BR, Rn. 16.5Medicus/ Petersen BR, Rn. 732.6 Vgl. Medicus/ Petersen BR, Rn. 736 ff.123

Kapitel in diesem Buch

  1. Frontmatter i
  2. Vorwort v
  3. Inhaltsverzeichnis vii
  4. Abkürzungsverzeichnis xxvii
  5. Literaturverzeichnis xxxi
  6. Erster Teil: Privatautonomie, Systematik und Anspruchsaufbau
  7. § 1 Die Privatautonomie und ihre Grenzen 3
  8. § 2 Allgemeiner Teil und Handelsrecht 10
  9. § 3 Die Entstehung und Prüfung von Ansprüchen 23
  10. § 4 Die Aufrechterhaltung des Primäranspruchs 33
  11. § 5 Einwendungen und Einreden 39
  12. § 6 Die Grenzen zulässiger Rechtsausübung 44
  13. § 7 Verjährung der Ansprüche 51
  14. § 8 Die Anspruchsgrundlagen des Allgemeinen Teils 63
  15. Zweiter Teil: Rechtsgeschäftslehre
  16. § 9 Der Tatbestand der Willenserklärung 79
  17. § 10 Die Wirksamkeit der Willenserklärung 87
  18. § 11 Die Auslegung von Rechtsgeschäften 99
  19. § 12 Das Zustandekommen des Vertrags 114
  20. § 13 Der Dissens beim Vertragsschluss 132
  21. § 14 Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen 135
  22. § 15 Faktische und fehlerhafte Vertragsverhältnisse 143
  23. § 16 Schweigen im Bürgerlichen Recht 148
  24. § 17 Schweigen im Handelsrecht 154
  25. § 18 Einseitige Rechtsgeschäfte 160
  26. § 19 Der Widerruf im Bürgerlichen Recht 170
  27. § 20 Die Geschäftsfähigkeit 178
  28. § 21 Der Minderjährige im Schuld- und Sachenrecht 186
  29. § 22 Der Minderjährige im Familien- und Erbrecht 195
  30. § 23 Die Irrtumsanfechtung 203
  31. § 24 Die Anfechtung wegen Täuschung und Drohung 216
  32. § 25 Die Form des Rechtsgeschäfts 230
  33. § 26 Gesetzliches Verbot und Rechtsgeschäft 239
  34. § 27 Der Verstoß gegen die guten Sitten 246
  35. § 28 Bedingung und Befristung 252
  36. § 29 Die Teilnichtigkeit 258
  37. § 30 Die Umdeutung 263
  38. § 31 Die Bestätigung des nichtigen und anfechtbaren Rechtsgeschäfts 270
  39. § 32 Doppelwirkungen im Recht 274
  40. § 33 Unmittelbare und mittelbare Stellvertretung 282
  41. § 34 Stellvertretung und Botenschaft 290
  42. § 35 Das Offenkundigkeitsprinzip bei der Stellvertretung 294
  43. § 36 Bestand und Umfang der Vertretungsmacht 302
  44. § 37 Die Abstraktheit der Vollmacht 314
  45. § 38 Vertretung ohne Vertretungsmacht 325
  46. § 39 Die Haftung bei der Untervollmacht 331
  47. § 40 Insichgeschäfte 342
  48. § 41 Die Wissenszurechnung 348
  49. § 42 Die Vollmacht über den Tod hinaus 354
  50. § 43 Die Prokura 359
  51. § 44 Scheinvollmachten im Handelsrecht 364
  52. § 45 Handelsrechtlicher Verkehrsschutz 369
  53. Dritter Teil: Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte
  54. § 46 Das Abstraktionsprinzip 375
  55. § 47 Veräußerungs- und Verfügungsverbote 385
  56. § 48 Rechtsgeschäftliche Abtretungsverbote im Handelsrecht 389
  57. § 49 Die Verfügung eines Nichtberechtigten 393
  58. § 50 Der gute Glaube an die Verfügungsmacht im Handelsrecht 399
  59. Vierter Teil: Rechtssubjekte und Rechtsobjekte
  60. § 51 Personen und Sachen 409
  61. § 52 Die Rechtsfähigkeit des Menschen 419
  62. § 53 Namensrecht und Domain-Namen 423
  63. § 54 Das Firmenrecht zwischen Bürgerlichem Recht und Handelsrecht 432
  64. § 55 Verbraucher und Unternehmer 437
  65. § 56 Der Kaufmann 445
  66. § 57 Die rechtsfähige Personengesellschaft 451
  67. § 58 Das Vereinsrecht des BGB 456
  68. § 59 Das Stiftungsrecht des BGB 465
  69. Stichwortverzeichnis 471
  70. Gesetzesverzeichnis 481
Heruntergeladen am 10.10.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110248012.39/html?lang=de&srsltid=AfmBOooVJD4BarVh8Ycr_UeZ_zkUsOY2e6BaFuQ3sojr2x4pULnPrdgs
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