»Der Wille als Tatwille ist von vornherein böse«
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Friedrich-Wilhelm Marquardt
Zusammenfassung
Ausgehend von dem ihn selbst einst existentiell treffenden Diktum seines Lehrers: »Der Wille als Tatwille ist von vornherein böse« analysiert Marquardt zwei dialektisch korrelierende Erblasten der deutschen Ideologie bei Rudolf Bultmann. Dabei stößt er eine neue, kontextuelle Perspektive auf die Entmythologisierungsdebatte an, die zwischen 1933 und 1941 als implizite Auseinandersetzung mit der nazistischen Mythologie verstanden werden kann. Das aus Bultmanns Interpretation der paulinischen Anthropologie gewonnene Verdikt gegen die existential fehlgeleitete Tatsphäre erscheint dabei als kritische Abwehr einer »Tat-Ideologie«, die vom Idealismus bis zu ihrer fatalen Konsequenz im Nationalsozialismus unterschiedliche politische Diskurse in Deutschland beherrschte. Allerdings werden diese ideologiekritische Potenz und Intention des Bultmann’schen Denkens von der negativen Grundbestimmung seiner Anthropologie sistiert. Ohne bewusst antijudaistische Tendenzen zu verfolgen - das Gegenteil hält Marquardt ihm zugute - gelingt es Bultmann doch nicht, seine existentiale Bestimmung des »Menschen unter dem Gesetz« von existentiellen und psychologischen Zügen eines negativen Judenbildes frei zu halten. Als Derivate des christlichen Antijudaismus verkehren sich darum die Bestimmungen des unfreien Menschlichen zur Paganisierung des Judentums. Jüdisches Selbstverständnis allerdings enthält das Korrektiv gegen die beiden »deutschen« Ideologien der Tatverherrlichung und der Proklamation existentialer Unfreiheit: in der biblischen Vor- und Zuordnung des Verhältnisses von Tun und Hören.
© 2014 by Gütersloher Verlagshaus
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