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5. Hess' erneuter Einsatz für die biologischdynamische Wirtschaftsweise. Bartschs Initiativen. Himmlers Zugriff

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5. Hess' erneuter Einsatz für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise. Bartschs Initiativen. Himmlers Zugriff Einleitung Mittelpunkt der Aktivitäten für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in Deutschland war Erhard Bartsch. Seine kämpferische Haltung - er war während des Ersten Weltkriegs Fliegeroffizier gewesen - war der Motor für die Anstrengungen zur Rettung der Landwirtschaft. Die Situation wurde au-ßerdem dadurch geprägt, daß sich das NS-Regime in diesem Bereich nicht als einheitlicher Machtblock, sondern als differenziertes Gefüge darstellte. Als letztes war entscheidend, daß die einflußreiche und mächtige chemische Indu-strie, besonders durch die IG Farben, ihre Interessen geltend machte. Bartsch fühlte sich als Repräsentant und Träger einer Idee, die dem schon damals sichtbaren Raubbau des Menschen an der Natur ein Mensch und Natur gesundendes Gegengewicht schaffen sollte. Sein individuelles Anliegen war die Verbreitung der Idee des landwirtschaftlichen Betriebes als eines Organismus, und der Hof Marienhöhe war in dieser Hinsicht beispielhaft entwickelt wor-den. Daß es ihm um diese Grundfragen ging, von denen er nie abließ, zeigt auch sein Verhalten vor und nach der NS-Zeit. Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise sollte zur sozialen Erneuerung beitragen, indem sie durch eine Hof- und Dorfgemeinschaft getragen wird, die zugleich ständig vertie-fend an ihren geisteswissenschaftlichen Grundlagen arbeitete. Bartsch war überzeugt, daß Menschen, die dieser Idee begegnen, wenn man sie ihnen nur konkret genug vor Augen führte, sie als richtig und förderungs-würdig ansehen mußten. Von daher wird verständlich, mit welchem Eifer und Aufwand Bartsch bestrebt war, alle Persönlichkeiten, mit denen er in Kontakt kam, zu einem Besuch von Marienhöhe und den dortigen Wintertagungen ein-zuladen. Dieses Anliegen vertrat Bartsch gegenüber jedermann, aber naturge-mäß besonders gegenüber der Bauernschaft, für die die gemeinschaftlichen Wintertagungen gedacht waren. Der rege Zuspruch zeigte, daß das Interesse an der biologisch-dynamischen Landwirtschaft in allen Teilen Deutschlands zu-nahm. Dem standen die wirtschaftlichen Interessen der Düngemittelindustrie ge-genüber, die bei einer Ausbreitung der biologisch-dynamischen Wirtschafts-weise einen Rückgang des Absatzes von Industriedünger zu befürchten hatte. Freilich war die biologisch-dynamische Landwirtschaft rein quantitativ eine zu vernachlässigende Größe. Aber die Herren der IG Farben dachten weit voraus. Nachdem - vermutlich 1934 - ein Versuch der IG Farben, Bartsch durch Gratislieferung von Kunstdünger und durch andere finanzielle Hilfen

5. Hess' erneuter Einsatz für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise. Bartschs Initiativen. Himmlers Zugriff Einleitung Mittelpunkt der Aktivitäten für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in Deutschland war Erhard Bartsch. Seine kämpferische Haltung - er war während des Ersten Weltkriegs Fliegeroffizier gewesen - war der Motor für die Anstrengungen zur Rettung der Landwirtschaft. Die Situation wurde au-ßerdem dadurch geprägt, daß sich das NS-Regime in diesem Bereich nicht als einheitlicher Machtblock, sondern als differenziertes Gefüge darstellte. Als letztes war entscheidend, daß die einflußreiche und mächtige chemische Indu-strie, besonders durch die IG Farben, ihre Interessen geltend machte. Bartsch fühlte sich als Repräsentant und Träger einer Idee, die dem schon damals sichtbaren Raubbau des Menschen an der Natur ein Mensch und Natur gesundendes Gegengewicht schaffen sollte. Sein individuelles Anliegen war die Verbreitung der Idee des landwirtschaftlichen Betriebes als eines Organismus, und der Hof Marienhöhe war in dieser Hinsicht beispielhaft entwickelt wor-den. Daß es ihm um diese Grundfragen ging, von denen er nie abließ, zeigt auch sein Verhalten vor und nach der NS-Zeit. Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise sollte zur sozialen Erneuerung beitragen, indem sie durch eine Hof- und Dorfgemeinschaft getragen wird, die zugleich ständig vertie-fend an ihren geisteswissenschaftlichen Grundlagen arbeitete. Bartsch war überzeugt, daß Menschen, die dieser Idee begegnen, wenn man sie ihnen nur konkret genug vor Augen führte, sie als richtig und förderungs-würdig ansehen mußten. Von daher wird verständlich, mit welchem Eifer und Aufwand Bartsch bestrebt war, alle Persönlichkeiten, mit denen er in Kontakt kam, zu einem Besuch von Marienhöhe und den dortigen Wintertagungen ein-zuladen. Dieses Anliegen vertrat Bartsch gegenüber jedermann, aber naturge-mäß besonders gegenüber der Bauernschaft, für die die gemeinschaftlichen Wintertagungen gedacht waren. Der rege Zuspruch zeigte, daß das Interesse an der biologisch-dynamischen Landwirtschaft in allen Teilen Deutschlands zu-nahm. Dem standen die wirtschaftlichen Interessen der Düngemittelindustrie ge-genüber, die bei einer Ausbreitung der biologisch-dynamischen Wirtschafts-weise einen Rückgang des Absatzes von Industriedünger zu befürchten hatte. Freilich war die biologisch-dynamische Landwirtschaft rein quantitativ eine zu vernachlässigende Größe. Aber die Herren der IG Farben dachten weit voraus. Nachdem - vermutlich 1934 - ein Versuch der IG Farben, Bartsch durch Gratislieferung von Kunstdünger und durch andere finanzielle Hilfen

Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. Danksagung V
  3. Inhalt VII
  4. Einleitung 1
  5. Die anthroposophische Bewegung vor der nationalsozialistischen Machtergreifung 5
  6. Erster Teil: 1933-1936 Die Verteidigung Rudolf Steiners, das Ringen um die Existenz der Anthroposophischen Gesellschaft und der anthroposophisch orientierten Einrichtungen im entstehenden Machtgefüge des NS-Staates
  7. 1. Das Jahr 1933 23
  8. 2. Auf dem Weg zum Verbot (1934-1935) 47
  9. 3. Die fachlich orientierten anthroposophischen Einrichtungen 1933-1935/36 81
  10. 4. Die unmittelbaren Folgen des Verbotes Erfolglose und erfolgreiche Beschwerden Die weitere Arbeit der Gestapo und der Beginn der „Literaturfrage“ 169
  11. Zweiter Teil: 1936/37-1939/40 Die Berliner Verhandlungen um die Wiederzulassung anthroposophischer Arbeit in Deutschland Die Schließung der Waldorfschulen Die „Literaturfrage" und die „Logenfrage" Die Bestrebungen von Erhard Bartsch
  12. Einleitung 185
  13. 1. Die Verhandlungen um eine Wiederzulassung der anthroposophischen Arbeit in Deutschland 187
  14. 2. Eickhoffs Versuch, den Schwerpunkt der Verhandlungen ins Innenministerium zu verlagern. Baeumlers Gutachten über die Waldorfschulen Hess' Eintreten für die Waldorfschulen (Der Glasglockenversuch) 207
  15. 3. Die Schließung der restlichen Waldorfschulen Das Verbot des „Vereins für ein freies Schulwesen“ (Waldorfschulverein) 225
  16. 4. Die „Literatur-" und die „Logenfrage“ 242
  17. 5. Hess' erneuter Einsatz für die biologischdynamische Wirtschaftsweise. Bartschs Initiativen. Himmlers Zugriff 266
  18. 6. Die Weiterarbeit der deutschen Anthroposophen nach dem Verbot der Gesellschaft 287
  19. Dritter Teil: 1940/41-1945 Die Gestapo-Aktion vom 9. Juni 1941 Der Weg der heilpädagogischen Institute Das Schicksal der Weleda AG und die Hilfe der anthroposophischen Ärzteschaft
  20. 1. Der 9. Juni 1941 301
  21. 2. Die anthroposophische Heilpädagogik, die Ärzteschaft und die pharmazeutischen Betriebe der Weleda AG während der letzten Jahre der NS-Herrschaft 344
  22. Schlußwort 363
  23. Anlagenverzeichnis und Anlagen 365
  24. Verzeichnis der Quellen und Literatur 453
  25. Abkürzungen 462
  26. Personenregister 465
Downloaded on 18.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1524/9783486831023.266/html?licenseType=restricted&srsltid=AfmBOoorUWO8Lui9Z79SKTNx9MT3E9iEUGtUpdmAgGb82Zmh7UGjvHpQ
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