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Vernunft – Freiheit – Religion

Zur Kontroverse zwischen Charles Taylor und Jürgen Habermas
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Kommunitarismus und Religion
This chapter is in the book Kommunitarismus und Religion
MARKUS KNAPP Vernunft - Freiheit - Religion Zur Kontroverse zwischen Charles Taylor und Jürgen Habermas In den Auseinandersetzungen zwischen Vertretern liberaler und kommunitaristischer Kon-zepte reflektieren sich spezifische Konstellationen, Herausforderungen und Schwierigkeiten, eventuell auch Aporien moderner Gesellschaften. Von besonderem Interesse aus einer theo-logischen Perspektive ist der Tatbestand, dass dabei verschiedentlich auch die Situation der Religion thematisiert und diskutiert wird: ihre Wandlungen im Zuge des Modernisierungs-prozesses, ihr Bedeutungsverlust in der fortgeschrittenen Moderne wie auch ihr nach wie vor vorhandenes Potential im Hinblick auf die Verwerfungen und Konflikte, die von modernen Gesellschaften produziert werden und daher für sie charakteristisch sind. Im Folgenden soll es um zwei besonders profilierte Teilnehmer der Liberalismus-Kommunitarismus-Debatte um die moralischen Grundlagen modemer Gesellschaften gehen. Denn sowohl im Zusammen-hang von Charles Taylors Projekt einer Ethik des guten Lebens wie auch von Jürgen Haber-mas' prozeduraler Gerechtigkeitskonzeption wird in je spezifischer Weise auf Religion und religiöse Tradition rekurriert. Hinzu kommt, dass beide kritisch aufeinander Bezug nehmen. Das lässt eine besonders klare Konturierung unterschiedlicher Argumentationen erwarten und auf daraus sich ergebende Erkenntnisgewinne hoffen. Dazu werden zunächst noch einmal die Positionen von Taylor (I.) und Habermas (II.) kurz skizziert. Anschließend soll der philoso-phische Hintergrund des Taylorschen Vorhabens etwas genauer ausgeleuchtet werden (III.), bevor dann die von Habermas dagegen vorgebrachten kritischen Einwände in den Blick ge-nommen werden (IV.). Den Abschluss bildet der Versuch einer kritischen Würdigung beider Positionen (V.). I. Die moderne Identität sieht Taylor vor allem durch zweierlei gekennzeichnet. Da ist zum ersten der Vorrang der instrumenteilen Vernunft. Darunter versteht er „die Art von Rationalität, auf die wir uns stützen, wenn wir die ökonomischste Anwendung der Mittel zu einem gegebenen Zweck berechnen. Das Maß des Erfolgs ist hierbei die maximale Effizienz, also das günstigste Verhältnis zwischen Kosten und Produktivität."1 Das hat zweifellos enorme Fortschritte für den Charles Taylor, Das Unbehagen an der Moderne, Frankfurt/M. 1995, 11.

MARKUS KNAPP Vernunft - Freiheit - Religion Zur Kontroverse zwischen Charles Taylor und Jürgen Habermas In den Auseinandersetzungen zwischen Vertretern liberaler und kommunitaristischer Kon-zepte reflektieren sich spezifische Konstellationen, Herausforderungen und Schwierigkeiten, eventuell auch Aporien moderner Gesellschaften. Von besonderem Interesse aus einer theo-logischen Perspektive ist der Tatbestand, dass dabei verschiedentlich auch die Situation der Religion thematisiert und diskutiert wird: ihre Wandlungen im Zuge des Modernisierungs-prozesses, ihr Bedeutungsverlust in der fortgeschrittenen Moderne wie auch ihr nach wie vor vorhandenes Potential im Hinblick auf die Verwerfungen und Konflikte, die von modernen Gesellschaften produziert werden und daher für sie charakteristisch sind. Im Folgenden soll es um zwei besonders profilierte Teilnehmer der Liberalismus-Kommunitarismus-Debatte um die moralischen Grundlagen modemer Gesellschaften gehen. Denn sowohl im Zusammen-hang von Charles Taylors Projekt einer Ethik des guten Lebens wie auch von Jürgen Haber-mas' prozeduraler Gerechtigkeitskonzeption wird in je spezifischer Weise auf Religion und religiöse Tradition rekurriert. Hinzu kommt, dass beide kritisch aufeinander Bezug nehmen. Das lässt eine besonders klare Konturierung unterschiedlicher Argumentationen erwarten und auf daraus sich ergebende Erkenntnisgewinne hoffen. Dazu werden zunächst noch einmal die Positionen von Taylor (I.) und Habermas (II.) kurz skizziert. Anschließend soll der philoso-phische Hintergrund des Taylorschen Vorhabens etwas genauer ausgeleuchtet werden (III.), bevor dann die von Habermas dagegen vorgebrachten kritischen Einwände in den Blick ge-nommen werden (IV.). Den Abschluss bildet der Versuch einer kritischen Würdigung beider Positionen (V.). I. Die moderne Identität sieht Taylor vor allem durch zweierlei gekennzeichnet. Da ist zum ersten der Vorrang der instrumenteilen Vernunft. Darunter versteht er „die Art von Rationalität, auf die wir uns stützen, wenn wir die ökonomischste Anwendung der Mittel zu einem gegebenen Zweck berechnen. Das Maß des Erfolgs ist hierbei die maximale Effizienz, also das günstigste Verhältnis zwischen Kosten und Produktivität."1 Das hat zweifellos enorme Fortschritte für den Charles Taylor, Das Unbehagen an der Moderne, Frankfurt/M. 1995, 11.

Chapters in this book

  1. Frontmatter 1
  2. Inhaltsverzeichnis 5
  3. Einleitung: Vollendete Liberalismuskritik? 9
  4. I. Kommunitarismus, Liberalismus und Religion
  5. Die hermeneutische Signatur der kommunitaristischen Liberalismuskritik 15
  6. Wie viel Religion braucht der Kommunitarismus? 39
  7. Die Religionen innerhalb der Grenzen der politischen Vernunft 57
  8. Was verlangt die ,öffentliche Vernunft‘? 71
  9. „Was hat der Mensch für einen Nutzen von all seiner Mühe ...?“ 89
  10. II. Pluralismus, Gemeinsinn und Zivilreligion
  11. Kommunitarisches Denken als Glaubensakt 105
  12. Mit Religion Staat machen? 119
  13. Ist eine liberale Bürgerreligion möglich? 133
  14. Von der Zivilreligion zur öffentlichen Kirche 151
  15. III. Globalisierung, Solidarität und Tugendethik
  16. Kapitalismus und Religion in der Weltgesellschaft 169
  17. Vorläufige Überlegungen zu einer politischen Theologie des Judentums in der globalisierten Welt 179
  18. „Die Debatte über Gott“ 189
  19. „Man kann bei ihm eine Menge Dinge lernen“ – Thomas von Aquin und das tugendethische Revival in der analytischen Ethik 201
  20. IV. Säkularisierung, Transzendenz und Gewalt
  21. Die säkulare Option 231
  22. Transzendenz und Moderne, Religion und Philosophie 243
  23. Religion im Zeitalter der Säkularisierung 251
  24. Persistenz, Transformation und Pluralisierung 263
  25. Vernunft – Freiheit – Religion 287
  26. Zwischen Jürgen Habermas und Charles Taylor 303
  27. Religion und Gewalt 319
  28. V. Toleranz, Politik und Exodus
  29. Zur Zivilisierung religiöser Differenzen 331
  30. Die politische Kraft der Religion 343
  31. Freiheit als Exodus 361
  32. Personenverzeichnis 388
  33. Autorenverzeichnis 393
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