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Panofsky und Suger von St. Denis

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BAND 3 Erwin Panofsky
This chapter is in the book BAND 3 Erwin Panofsky
Panofsky und Suger von St. Denis Bruno Reudenbach In den späten zwanziger Jahren des 12. Jahrhunderts faßte Suger, der Abt der traditionsreichen und bedeutenden Benediktinerabtei Saint-Denis nahe Paris, den Entschluß zu einem hochrangigen Bauvorhaben: zur Erneuerung und Erweiterung der alten, noch in karolingische Zeit zurückreichenden Abteikirche, die, über dem Grab des Märtyrers Dionysius errichtet, der Legende nach von Christus selbst geweiht worden war.1 Sie diente seit dem Merowinger Dagobert als Grablege der französischen Herrscher und barg die Kroninsignien und bedeutende Reliquien-schätze. In mehreren Schriften legte Suger Rechenschaft von seiner Tätigkeit ab, und diese Texte sind in den Teilen, die von Bauvorgängen, von Architektur, ihrer Ausstattung und liturgischen Nutzung handeln, exzeptionelle Quellen mittelalter-licher Architektur- und Kunstgeschichte. Zusätzliches Gewicht erhielten sie dadurch, daß man nicht selten im Chorneubau von Saint-Denis den Ursprung der Gotik sah.2 Dieser Chorneubau wurde nach knapp vierjähriger Bauzeit 1144 geweiht, ein Ereignis, zu dem Suger eigens einen Libellas alter de consecratione Ecclesiae Sancii Dionysii verfaßte, in dem er über den Neubau und dessen Weihe berichtet. 800 Jahre später legte im fernen Amerika Erwin Panofsky letzte Hand an Edition, Übersetzung und Kommentierung dieses Textes. Offensichtlich sollte Panofskys Ausgabe der Schriften Sugers zum 800sten Jahrestag der Chorweihe 1944 erschei-nen. Auch ein anderer Emigrant, der mit Panofsky in engem Kontakt stand und für die Edition die Schnittzeichnung des Suger-Chores beisteuerte, hatte dieses 1. Sumner McKnight Crosby, The Royal Abbey of Saint-Denis from Its Beginnings to the Death of Suger, 475-1151, hg. und vollendet von Pamela Ζ. Blum (Yale Publications in the History of Art, 37) New Haven - London 1987. 2. Robert Suckale, Die Unbrauchbarkeit der gängigen Stilbegriffe und Entwicklungsvorstellungen. Am Beispiel der französischen gotischen Architektur des 12. und 13. Jahrhunderts, in: Stil und Epoche. Perìodisierungsfragen, hg. von Friedrich Möbius - Helga Sciurie, Dresden 1989, S. 231-250, bes. S. 233 f.

Panofsky und Suger von St. Denis Bruno Reudenbach In den späten zwanziger Jahren des 12. Jahrhunderts faßte Suger, der Abt der traditionsreichen und bedeutenden Benediktinerabtei Saint-Denis nahe Paris, den Entschluß zu einem hochrangigen Bauvorhaben: zur Erneuerung und Erweiterung der alten, noch in karolingische Zeit zurückreichenden Abteikirche, die, über dem Grab des Märtyrers Dionysius errichtet, der Legende nach von Christus selbst geweiht worden war.1 Sie diente seit dem Merowinger Dagobert als Grablege der französischen Herrscher und barg die Kroninsignien und bedeutende Reliquien-schätze. In mehreren Schriften legte Suger Rechenschaft von seiner Tätigkeit ab, und diese Texte sind in den Teilen, die von Bauvorgängen, von Architektur, ihrer Ausstattung und liturgischen Nutzung handeln, exzeptionelle Quellen mittelalter-licher Architektur- und Kunstgeschichte. Zusätzliches Gewicht erhielten sie dadurch, daß man nicht selten im Chorneubau von Saint-Denis den Ursprung der Gotik sah.2 Dieser Chorneubau wurde nach knapp vierjähriger Bauzeit 1144 geweiht, ein Ereignis, zu dem Suger eigens einen Libellas alter de consecratione Ecclesiae Sancii Dionysii verfaßte, in dem er über den Neubau und dessen Weihe berichtet. 800 Jahre später legte im fernen Amerika Erwin Panofsky letzte Hand an Edition, Übersetzung und Kommentierung dieses Textes. Offensichtlich sollte Panofskys Ausgabe der Schriften Sugers zum 800sten Jahrestag der Chorweihe 1944 erschei-nen. Auch ein anderer Emigrant, der mit Panofsky in engem Kontakt stand und für die Edition die Schnittzeichnung des Suger-Chores beisteuerte, hatte dieses 1. Sumner McKnight Crosby, The Royal Abbey of Saint-Denis from Its Beginnings to the Death of Suger, 475-1151, hg. und vollendet von Pamela Ζ. Blum (Yale Publications in the History of Art, 37) New Haven - London 1987. 2. Robert Suckale, Die Unbrauchbarkeit der gängigen Stilbegriffe und Entwicklungsvorstellungen. Am Beispiel der französischen gotischen Architektur des 12. und 13. Jahrhunderts, in: Stil und Epoche. Perìodisierungsfragen, hg. von Friedrich Möbius - Helga Sciurie, Dresden 1989, S. 231-250, bes. S. 233 f.
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