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Zwischen Abgrenzung und Annäherung. Essens- und Tischgemeinschaft von Juden und Nichtjuden anhand der Diasporanovellen Judith sowie Josef und Asenet

  • Ruben A. Bühner EMAIL logo
Published/Copyright: August 11, 2022

Zusammenfassung

Nicht nur bei zahlreichen griechisch-römischen Autoren der Antike, sondern auch in jüngsten Publikationen findet sich die Annahme, dass die Ablehnung jeder Form von Tischgemeinschaft mit Nichtjuden ein weit verbreitetes und weitgehend einheitliches Merkmal jüdischer Frömmigkeit im Judentum zur Zeit des Zweiten Tempels war. Demgegenüber wird hier anhand einer exemplarischen Untersuchung des Buches Judith und der Erzählung von Josef und Asenet argumentiert, dass das antike Judentum von komplexen und teilweise widersprüchlichen Diskursen zu diesem Thema geprägt war. Verschiedene Formen der Essens- oder Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden konnten als legitim angesehen werden, solange bestimmte Bedingungen erfüllt waren.

1 Vorbemerkungen

Bekanntlich beschreibt der römische Geschichtsschreiber Tacitus in seinen Historien die Juden als ein Volk, das anderen gegenüber feindselig gestimmt sei. Seine lange Reihe von Begründungen wird dabei bemerkenswerter Weise angeführt mit dem Verweis darauf, dass jene sich bei Gastmählern absonderten: adversus omnis alios hostile odium; separati epulis […] (Tacitus, Hist 5.5.1–2). Diese und ähnliche pauschale Beschreibungen des antiken Judentums sind jedoch nicht nur bei griechisch-römischen Autoren verbreitet,[1] sondern finden auch gegenwärtig noch ihre Fortsetzung. So wird bis in jüngste Darstellungen hinein die Ablehnung der Tischgemeinschaft mit Nichtjuden als weitgehend uniformes Merkmal des Judentums zur Zeit des zweiten Tempels angenommen.[2] Und dort, wo aufgrund der Diasporasituation eine „unvermeidliche Form von Kommensaliltät“[3] zugestanden wird, geschieht dies häufig unter der einschränkenden Annahme, dass es sich dabei um Ausnahmen handele, die zugleich miteinschlössen, dass auch in der Diaspora Speisevorschriften „als Erkennungszeichen jüdischen Erwählungsglaubens und jüdischer Identität beachtet wurden“.[4] Nicht selten werden dabei sogar die Urteile griechisch-römischer Autoren explizit als Argument dafür angeführt, dass die grundsätzliche Ablehnung der Tischgemeinschaft ein zentrales und weit verbreitetes Merkmal jüdischer Frömmigkeit dargestellt habe.[5]

Eine solche, die Unterschiede nivellierende Interpretation der jüdischen Quellen beeinflusst dabei nicht nur die Wahrnehmung des antiken Judentums als solches. Die damit einhergehenden Implikationen gewinnen gerade auch angesichts des gegenwärtig stärker hervortretenden Forschungsinteresses an einer Neubeschreibung des Verhältnisses des antiken Judentums zu der sich daraus entwickelnden Jesusbewegung große Relevanz.

Gegen die skizzierte forschungsgeschichtliche Tendenz soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, die Komplexität des frühjüdischen Diskurses und die darin zum Vorschein kommenden unterschiedlich bewerteten Möglichkeiten und Grenzen der Essens- und Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden exemplarisch an zwei literarischen Zeugnissen des Frühjudentums herauszuarbeiten. Die Konzentration auf die Juditherzählung sowie das Werk Josef und Asenet geschieht dabei neben Platzgründen aus forschungsgeschichtlichen Erwägungen sowie wegen des narrativen Settings der beiden Werke.[6] Zum einen eignen sich die hier diskutierten Novellen deshalb dazu, die gegenwärtige Mehrheitsmeinung in Frage zu stellen, da sie im Gegensatz zu vergleichbaren frühjüdischen Erzählungen (Daniel, Esther, Aristeasbrief) bisher weniger im Hinblick auf die darin vorausgesetzten Grenzen und Möglichkeiten einer Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden untersucht worden sind. Zum anderen heben sich die darin vorkommenden Figuren sowie die geschilderten Erzählungen auch hinsichtlich des sozialgeschichtlichen Settings von den anderen möglichen frühjüdischen Erzählungen ab. So handelt es sich bei Daniel sowie Esther ebenso wie bei der jüdischen Gesandtschaft im Aristeasbrief zum einen um Figuren, die nur einer kleinen Elite zuzurechnen sind, zum anderen werden die Herausforderungen hinsichtlich bestimmter Formen von Kommensalität auch in narrativer Hinsicht ausschließlich in Ausnahmesituationen geschildert. Anders verhält es sich diesbezüglich bei Judith. Zwar schildert hier der Erzählkontext mit der Belagerung Bethulias ebenfalls eine Ausnahmesituation, jedoch ist die Witwe Judith selbst nicht einer kleinen Elite zuzurechnen. Und umgekehrt stammt zwar Josef in JosAs aus Kreisen der Machtelite, aber der narrative Kontext, in dem die Frage der Möglichkeit der Tischgemeinschaft mit Nichtjuden thematisiert wird, ist von eher zufälliger und alltäglicher Natur. In beiden Werken werden die jeweiligen jüdischen Protagonisten bzw. Protagonistinnen gerade auch in Bezug auf die Frage der Essens- und Tischgemeinschaft mit Nichtjuden für die Leser als nachahmungswürdige Vorbilder stilisiert.[7]

2 Ablehnung der Essensgemeinschaft und ihre Begründung im Judithbuch

Die Erzählung des Judithbuches handelt von dem Feldzug des assyrischen Generals Holofernes, der die israelitische Stadt Bethulia belagert und dabei durch das beherzte Eingreifen der Witwe Judith aufgehalten wird. Auch wenn es nicht das vordergründige Thema des Werkes sein dürfte, beschreibt die Erzählung damit u. a. die unfreiwillig veranlasste Begegnung von Juden mit Nichtjuden, die in dieser Situation dazu herausgefordert werden, sich der eigenen jüdischen Identität zu vergewissern.[8] Hierbei spiegelt sich in der Erzählung die Meinung des Autors wider, welche Möglichkeiten der Interaktion mit den Fremden unter welchen Bedingungen als legitim erscheinen.[9]

Der zeitliche Rahmen der Erzählung selbst überlagert (vermutlich bewusst[10]) verschiedene Epochen der israelitischen Geschichte[11] und zeigt damit deren fiktionalen sowie paradigmatisch-didaktischen Charakter an.[12] Sprachliche Erwägungen, v. a. die Abhängigkeit von anderen Septuagintatexten, machen es wahrscheinlich, dass Judith in hellenistischer Zeit[13] und von Beginn an auf Griechisch[14] verfasst worden ist und somit Einblicke in jüdisches Leben und Denken zu dieser Zeit gewährt.[15] Der Fokus soll dabei im Folgenden ganz auf dem Aspekt der Möglichkeiten und Grenzen einer Essens- und Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden liegen.

2.1 Jüdische Identität unter widrigen Umständen

Nachdem im ersten Teil der Erzählung (Jdt 1–8) das grundlegende Setting sowie mit dem assyrischen General Holofernes und dem ammonitischen Heerführer Achior zwei zentrale Figuren eingeführt wurden, dominiert die jüdische Witwe Judith als Protagonistin den zweiten Teil des Werkes (Jdt 8–16). Diese wird im Erzählverlauf als in jeder Hinsicht beispielhafte Jüdin charakterisiert.[16] Bereits die Wahl ihres Namens „die Jüdin“ macht deutlich, dass der Leser in ihr v. a. eine vorbildliche Jüdin sehen soll. Ihr 15 Generationen weit zurückreichender Stammbaum belegt ihre jüdische Abstammung auch in genealogischer Hinsicht (vgl. Jdt 8,1).[17] Wiederholt wird sie explizit als gottesfürchtige Frau beschrieben (vgl. Jdt 8,8.31; 11,17), die allein den Gott Israels verehrt (Jdt 8,20) und deren Vertrauen auf den Gott Israels sich durch ihre intensive Frömmigkeit aus Fasten (Jdt 8,6), rituellen Waschungen (Jdt 12,7; vgl. 10,3[18]) – trotz Wassermangels in Bethulia –, dem Beachten der Speisegebote (Jdt 12,1 f.19) und wiederholten Gebeten (Jdt 9,1–14; 12,8; 13,4 f.; 16,1–17) zeigt.

Gleichzeitig wird Judiths Vertrauen auf den Gott Israels erzähltechnisch bestärkt und bestätigt, indem wiederholt dessen Wichtigkeit und Relevanz explizit gemacht wird. So besonders ausführlich in der Rede des ammonitischen Heerführers Achior (vgl. Jdt 5,5–21):[19] Dieser macht deutlich, dass sich an der Frage des Gottvertrauens und der Toraobservanz des Volkes Israel auch sein militärisches Schicksal entscheidet.[20]

Zudem steigert die Erzählung die äußerst widrigen äußeren Umstände, unter denen die Einwohner von Bethulia im Allgemeinen und Judith im Besonderen die Treue zu ihrem Gott halten müssen. So eröffnet die Erzählung mit drei Kapiteln, die in erster Linie dazu dienen, die Machtfülle und Grausamkeit der Feinde plastisch und ausführlich zu schildern. Die Streitmacht des Holofernes ist nicht nur zahlenmäßig übermächtig (Jdt 2,5), sondern unterwirft auch der Reihe nach alle Nachbarn Israels und zerstört deren Heiligtümer (Jdt 3,8). Proleptisch wird dabei bereits in 2,26–28 geschildert, wie das Heer, das Holofernes anführt, neben einer Spur der Verwüstung v. a. auch Mangel und Hunger bei seinen Feinden hervorbringt. Die Klimax dieser anfänglichen Schilderung der feindlichen Übermacht findet sich schließlich in dem Anspruch Nebukadnezars, von seinen Untertanen als Gott verehrt zu werden (Jdt 3,8). Unter diesen äußerst schwierigen Umständen muss auch die Protagonistin Judith ihre jüdische Existenz ausgestalten.[21]

2.2 Judith und Holofernes: Möglichkeiten der Essens- und Tischgemeinschaft

Judiths Zwangslage wird noch weiter gesteigert, indem sie die israelitische Stadt Bethulia verlässt und sich für mehrere Tage in das Heerlager der Assyrer begibt. Judith steht nun vor der Prüfung, ihre jüdische Lebensweise – allem voran die Speisegebote – nicht nur in einem jüdischen Umfeld, sondern auch im Heerlager der Feinde zu wahren. Dabei wird ihr vom feindlichen Heerführer Holofernes zunächst ein angenehmes Leben am assyrischen Hof in Aussicht gestellt (Jdt 11,37). Und während ihr von Holofernes in starkem Kontrast zur Hungersnot in Bethulia allerlei Köstlichkeiten (ἀπὸ τῶν ὀψοποιημάτων[22], Jdt 12,1) in einem prunkvollen Ambiente angeboten werden und er sie ausdrücklich dazu drängt, mit ihm zusammen zu essen (Jdt 12,14–16), beharrt Judith darauf, nur jene Speisen zu sich zu nehmen und nur jenen Wein zu trinken, den sie aus der Stadt Bethulia mitgebracht hat (Jdt 12,2.19).[23]

Zwar wird durch Judiths Verhalten und ihre Reden deutlich, dass es dem Autor der Erzählung selbst in dieser denkbar großen Zwangssituation von Hunger und feindlicher Übermacht nicht legitim erscheint, die jüdischen Speisegebote zu übertreten, weniger explizit sind jedoch die Antworten auf die Frage nach dem genauen Grund der befürchteten Verunreinigung durch das von Holofernes angebotene Essen. So schlägt Sutter-Rehmann vor, dass es sich in erster Linie um die Vorsicht vor einer moralischen Verunreinigung handele.[24] Demnach erkläre sich Judith auch im feindlichen Heerlager mit den Einwohnern des belagerten Bethulia solidarisch und nehme deshalb nicht die als Köstlichkeiten benannten Speisen des Holofernes zu sich, sondern lediglich die vergleichsweise einfache Speise, die sie mit sich führt.[25]

Dem ist zu entgegnen, dass, wenn es lediglich um die Solidarität gegenüber den hungernden Bewohnern von Bethulia ginge, Judith von Holofernes auch Brot oder eine andere einfache Nahrung hätte erbitten können. Vielmehr kommt das Wortfeld rein/unrein expressis verbis ausgerechnet als Prädikat für die von Judith aus Bethulia mitgebrachten Brote vor, die als rein (vgl. ἄρτων καθαρῶν in Jdt 10,5) bezeichnet werden.[26] Wenn nun aber ihre eigenen Brote als rein bezeichnet werden und sie zugleich von Holofernes keine Brote erbittet, dann ist es unplausibel, dass es Judith in erster Linie um eine Solidarität mit den hungernden Bewohnern von Bethulia geht. Auch dass sie ihren eigenen Wein mitbringt, statt den von Holofernes angebotenen Wein zu trinken (Jdt 12,1 f.19), spricht gegen solch eine moralische Deutung der Unreinheit, denn im Text ist nicht angezeigt, dass der von Judith mitgebrachte Wein etwa eine geringere Qualität besäße als der von Holofernes angebotene.[27]

Folgt man hingegen der Deutung, wonach es sich um die Sorge vor einer rituellen Verunreinigung durch die Tischgemeinschaft mit Holofernes handelt, dann lassen sich von dort aus auch weitergehende Fragen diskutieren. Auffallend ist, dass die genaue Beschaffenheit des Judith von Holofernes angebotenen Essens überhaupt nicht thematisiert wird. Es heißt lediglich, dass kostbares Essen (ὀψοποίημα, Jdt 12,1) angeboten wird, nicht aber, um welche konkrete Art von Speise es sich handelt. Umgekehrt erfährt der Leser sehr detailliert, um welches Essen es sich handelt, das Judith aus Bethulia mitnimmt. Genannt werden für Judiths Reiseproviant in 10,5 neben Wein und Öl auch geröstete Körner sowie Feigenkuchen und reines Brot (ἄρτων καθαρῶν).[28]

Dies macht deutlich, dass die Ablehnung der Essensgemeinschaft nicht allein auf der Verweigerung von konkret verbotenen Zutaten (etwa Schweinefleisch) beruht.[29] Vielmehr ist wahrscheinlich, dass im Judithbuch das Essen aus einer nichtjüdischen Küche grundsätzlich als problematisch betrachtet wird.[30] Auf diese grundsätzliche Ablehnung nichtjüdischer Speise verweist auch die zweimalige und deshalb betonte Nennung von αὐτοῦ in 12,1, was die angebotene aber angelehnte Speise v. a. anhand ihrer Herkunft von Holofernes qualifiziert.[31] Aber auch die Wortwahl ὀψοποιήματα verweist auf stark bearbeitetes Essen (ὀψοποιεῖον bezeichnet den Backofen) und verstärkt damit den Bezug auf die das Essen zubereitende Person.

Die genauen Gründe für die prinzipielle Ablehnung von Essen aus einer nichtjüdischen Küche lassen sich dem Text nicht entnehmen. Denkbar ist die Ablehnung etwa aufgrund dessen, dass die genaue Zusammensetzung und Zubereitungsart (z. B. Blutkontakt), die dafür verwendeten Kochutensilien[32] und etwaige vorherige Verwendung des Essens in kultischen Zusammenhängen nicht bekannt sind.[33] In diese Richtung deutet Freidenreich die Erzählung, indem er die zur Diskussion stehende Unreinheit speziell auf die die Speise zubereitende Personen rückführt: „Holofernes […] indicates that Judith’s concern does not stem from the ingredients of his food but rather form the ‚nationality‘ of those who acquire or prepare it. Indeed, Judith does not specifically refuse foods that might contain prohibited ingredients; she refuses the general’s wine and ‚delicacies,‘ a term that refers to cooked, baked, or otherwise prepared foods consumed with bread.“[34] Die Tatsache, dass das von Holofernes angebotene Essen in seiner Zusammensetzung mit keinem Wort näher erläutert wird, sondern lediglich als ἀπὸ τῶν ὀψοποιημάτων αὐτοῦ und Wein beschrieben wird, macht es in der Tat plausibel, dass der dahinter stehende Diskurs um Reinheit und Unreinheit nicht primär auf der Frage nach der konkreten Zutat des Essens beruht. Vielmehr lässt es Judiths Verzehr des von ihr aus Bethulia mitgebrachten Essens am plausibelsten erscheinen, dass im Fokus des Problems die Frage nach der Zubereitung des Essens steht.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass Judith auch das von Holofernes bereitgestellte Besteck (τὰ ἀργυρώματα αὐτοῦ) nicht verwendet. So legt sich Judith zwar auf das von ihren Gastgebern bereitgestellte Fell (Jdt 12,15), bringt aber bereits von zu Hause ihr eigenes Geschirr mit (πάντα τὰ ἀγγεῖα αὐτῆς in Jdt 10,5). Da das Einpacken ihres eigenen Geschirrs in einer Reihe mit der Nennung der reinen Brote und der übrigen Nahrung genannt wird, die Judith bzw. ihre Magd von Bethulia mitnehmen, ist wohl davon auszugehen, dass auch das Mitbringen des eigenen Geschirrs dem Zweck dient, sich nicht mit dem Koch- und Essgeschirr der Assyrer zu verunreinigen.[35]

Allerdings ist die Frage nach der das Essen zubereitenden Person nicht im Gegensatz zu anderen Ursachen der rituellen Unreinheit zu betrachten.[36] Denn die Protagonistin Judith hat in ihrer vorausgehenden Rede über die Zustände in der Stadt Bethulia (Jdt 11,12–14) bereits unmissverständlich die Einhaltung von Gottes Speisegeboten thematisiert. Wenn es in Jdt 11,12 heißt, dass die Bewohner von Bethulia sich in ihrem Hunger entscheiden, alles zu essen, ὅσα διεστείλατο αὐτοῖς ὁ θεὸς τοῖς νόμοις αὐτοῦ μὴ φαγεῖν („was Gott in seinen Geboten angeordnet hat, nicht zu essen“), dann wird hier zwar nicht auf ein spezifisches aus dem Pentateuch bekanntes Speisegebot rekurriert[37], aber der prinzipielle Bezug zu diesen doch unmissverständlich deutlich. Zu denken wäre etwa daran, dass die Einwohner von Bethulia vor Durst und Hunger das Blut ihrer Tiere verzehren[38] oder dass sie wilde Kriechtiere sowie allein Gott geweihte Teile der geschlachteten Tiere essen. Wenn auch die Details unklar bleiben, so ist damit erzähltechnisch doch deutlich der Bezug zu den Speisegeboten des Pentateuch gegeben. Wenn deshalb im Vordergrund der Ablehnung der von Holofernes dargebotenen Speise v. a. Vorbehalte gegenüber der Zubereitung der Speise in einer nichtjüdischen Küche stehen, ist diese besondere Betonung der Zubereitungsart der verzehrten Speise keinesfalls im Gegensatz, sondern zugleich vor dem Hintergrund weiterer aus dem Pentateuch bekannter Speisegebote zu lesen.

Zu dieser Hervorhebung der Frage nach der das Essen zubereitenden Person und den dafür verwendeten Gegenständen passt auch die Notiz in Jdt 6,21. Danach ist der bei den Assyrern in Ungnade gefallene ammonitische Heerführer Achior – noch vor seiner Konversion zum Judentum (vgl. Jdt 14,10) – als Gast im Haus des Juden Ozias, der einen Umtrunk (πότος) ausrichtet. Eine solche Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden in einem jüdischen Haus stellt für den Autor des Judithbuches offenbar kein Problem dar.

Durch das als vorbildlich stilisierte Verhalten der jüdischen Witwe Judith zeigt die Erzählung paradigmatisch, unter welchen konkreten Bedingungen und Vorkehrungen eine Essens- oder Tischgemeinschaft mit einem Nichtjuden möglich ist. Dies gilt zum einen für die Tischgemeinschaft in einem jüdischen Haushalt, wie sie – ohne dass dies als problematisch charakterisiert wird – im Fall des ammonitischen Heerführers im Haus des Juden Ozias beschrieben wird. Aber auch Judith verweigert gerade nicht grundsätzlich mit Holofernes und in dessen Haushalt zu essen.[39] Vielmehr setzt nach dem Judithbuch die Tischgemeinschaft mit einem Nichtjuden voraus, dass die im nichtjüdischen Haus von einem Juden verzehrten Speisen und Getränke aus einer jüdischen Küche stammen.[40] Die von Judith konkret praktizierte Variante, ihr Essen, Getränk sowie ihr Geschirr selbst mitzubringen, ist eine Möglichkeit, diese Rahmenbedingungen zu erfüllen.

Der Kontext deutet aber zugleich auch an, dass es ebenfalls denkbar wäre, dass Holofernes als Gastgeber das Essen für seinen jüdischen Gast von einem jüdischen Koch zubereiten ließe. Dies jedenfalls suggeriert sein Einwand auf Judiths Insistieren, ihr eigenes Essen zu sich zu nehmen in Jdt 12,3: „Und Holofernes sagte zu ihr: Wenn aber das, was bei dir ist, ausgeht, woher werden wir dem Ähnliches (ὅμοια αὐτοῖς) beibringen, um es dir zu geben? Bei uns gibt es nämlich niemanden aus deinem Volk.“ Hieraus ließe sich – notwendigerweise etwas spekulativ – überlegen, dass für den Fall, dass dem Gastgeber ein jüdischer Koch zur Verfügung stünde, es in der Tat möglich wäre, dass dieser seinen jüdischen Gast bewirtet.

Ob man unter der Bedingung, dass der jüdische Gast sein eigenes Essen mitbringt, noch von einer echten Tischgemeinschaft sprechen mag, hängt von der konkret gewählten Definition ab. Die Juditherzählung selbst zeigt bereits an, dass es sich nicht mehr um eine Tischgemeinschaft im eigentlichen Sinn handelt. Denn während Holofernes in 12,11 Judith fragen lässt, ob sie mit ihnen (μεθ᾽ ἡμῶν) essen möchte, heißt es hinterher in 12,19 von Judith lediglich, dass sie „ihm gegenüber“ (κατέναντι αὐτοῦ) ihr mitgebrachtes Essen zu sich nahm.[41] Als Mittel zur sprachlichen Unterscheidung ließe sich möglicherweise formulieren, dass das Judithbuch zwar kein grundsätzliches Problem mit einer Tischgemeinschaft – im Sinne des Essens am gleichen „Tisch“ – hat, wohl aber eine Essensgemeinschaft – im Sinne des Verzehrs derselben Speise – nur unter dem Vorbehalt legitim erscheint, dass das Essen aus einer jüdischen Küche stammt.

3 Ablehnung der Tischgemeinschaft und ihre Begründung in Josef und Asenet

Eine deutlich anders akzentuierte Bewertung und Begründung erfährt die Möglichkeit einer Essens- und Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden hingegen in Josef und Asenet.[42] Das jüdische[43] Werk nimmt die Schilderung in Gen 41,45 von der Hochzeit Josefs mit Asenet, der Tochter des ägyptischen Priesters zu On, als Anlass, um die Frage von Proselyten und Mischehen zur Sprache zu bringen. In diesem Kontext bietet das Werk interessante Einblicke, welche Formen des Zusammenlebens zwischen Juden und Nichtjuden in den Augen des Verfassers unter welchen Bedingungen als legitime und illegitime Interaktionsmöglichkeiten erscheinen. Der Fokus soll dabei erneut auf den Möglichkeiten und Grenzen der Essens- und Tischgemeinschaft liegen.

3.1 Ablehnung der Tischgemeinschaft

Explizit erwähnt wird das Thema der Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden nur in JosAs 7,1, bei der erstmaligen Begegnung zwischen Josef und der Familie seiner späteren Frau Asenet: „Josef ging in das Haus des Pentephres und setzte sich auf den Ehrensitz. Und man wusch seine Füße und stellte ihm einen eigenen Tisch hin, weil Josef nicht zusammen mit den Ägyptern aß (διότι Ἰωσὴφ οὐ συνήσθιε μετὰ τῶν Αἰγυπτίων), denn das war ihm ein Gräuel (βδέλυγμα).“ Was prima facie als die strikte Ablehnung jeder Form der Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden verstanden werden kann und so auch in der Forschungsliteratur immer wieder gedeutet wurde,[44] wirft bei näherem Hinsehen präzisierende Fragen auf. Dies ist zunächst die Frage nach dem genauen Grund der Ablehnung der Tischgemeinschaft. Von Reinheit oder Unreinheit ist im Kontext nirgends die Rede und so scheint die Ablehnung von im Pentateuch als unrein kategorisierten Speisen allenfalls im Hintergrund zu stehen.[45] Deutlich zum Vorschein kommt hingegen die Erwähnung, dass Asenet – und mit ihr ihre ganze Familie – regelmäßig Speisen zu sich nimmt, die zuvor in kultischen Zusammenhängen verwendet wurden. Asenets Verehrung anderer Götter wird betont herausgestellt in JosAs 2,3; 3,6. Der konkrete Verzehr von Götzenopfer klingt dabei eventuell bereits bei der Weigerung Josefs an, sich von Asenet bei ihrer ersten Begegnung küssen zu lassen, wenn er ihr entgegnet (JosAs 8,5): „Es geziemt sich nicht für einen gottverehrenden Mann […] eine fremde Frau zu küssen, die […] von ihrem Tisch Brot des Erwürgens (ἄρτον ἀγχόνης) isst […]“.[46] Unzweifelhaft vorausgesetzt wird solch ein Verzehr von Götzenopfer dann aber in JosAs 10,13. Und in 11,9 klagt Asenet über sich selbst: „ich habe von ihren Opfern gegessen und mein Mund wurde von ihrem Tisch befleckt.“[47] Zudem ist Josef mit Pentephres zu Gast bei einem ägyptischen Priester.

3.2 Begründung für die abgelehnte Tischgemeinschaft

Allerdings ist es gerade im Kontrast zu anderen frühjüdischen Erzählungen in JosAs auffällig, dass Josef in 7,1 zwar das Sitzen am selben Tisch verweigert, nicht aber grundsätzlich die Bewirtung in einem nichtjüdischen Haus. Das Werk setzt demnach voraus, dass Josef auch im Haus des Pentephres – wenn auch am eigenen Tisch – aß und trank. Interessant ist nun, dass das von Josef dort verzehrte Essen weder positiv noch negativ näher bestimmt wird. D.h. die Erzählung bietet keinen Anlass zu dahingehenden Überlegungen, dass Josef eine andere Speise zu sich nimmt als seine nichtjüdischen Gastgeber.[48] Ebenfalls gibt es keinen Anlass für die Annahme, Josef verzehre (ähnlich wie Judith bei Holofernes) nur von ihm mitgebrachtes Essen.[49] Vielmehr gibt es ausreichend Gründe dafür, dass die textliche Leerstelle bezüglich des Josef vorgesetzten Essens dahingehend zu füllen ist, dass Josef dasselbe Essen und Trinken zu sich nimmt, das der Priester Pentephres und seine Familie verzehren. Denn zum einen wäre vom Erzählverlauf her für die Annahme einer separaten Speise eine explizite Erwähnung derselben zu erwarten. Zum anderen wird in JosAs 3,2 ausdrücklich erwähnt, dass Josef aus eigenem Anlass heraus um die Bewirtung im Haus des Nichtjuden Pentephres bittet. Anders als in Daniel[50], Esther[51] oder Judith handelt es sich demnach gerade nicht um eine äußere Zwangslage, in der der jüdische Protagonist eher unfreiwillig bei einem Nichtjuden zu Gast ist. Und schließlich weist auch der Prätext der Erzählung aus der Genesis in diese Richtung, wenn in Gen 43,32 vom gemeinsamen Essen des Josef mit Ägyptern erzählt wird.[52]

Es lässt sich deshalb vermuten, dass sich die strikte Ablehnung der Tischgemeinschaft in erster Linie nicht auf das gemeinsame Essen, sondern auf das Sitzen am selben Tisch bezieht. Eventuell ist hierbei die enge räumliche Nähe mit Nichtjuden ein Anstoß. So wie Josef den Kuss von Asenet in JosAs 8,5 verweigert, könnte auch die Ablehnung der Tischgemeinschaft in der Vermeidung des Kontakts begründet sein. Dem steht allerdings unvermittelt entgegen, dass das weitere Setting der aus Genesis vorgegebenen Erzählung mit der Position des Josef als hoher Beamter am ägyptischen Königshof vielfältige Formen von räumlicher Nähe zu Nichtjuden voraussetzt.

In eine andere Richtung interpretiert Burchard. Nachdem auch er zunächst überzeugend verneint, dass es um die Vermeidung von bestimmten Speisen ginge, schlägt er stattdessen die Durchführung der vorgeschriebenen jüdischen Lobsprüche über das Essen als Unterscheidungskriterium für die Legitimität der Tischgemeinschaft vor: „Das Unterscheidende liegt nicht in der Diät oder bestimmten Kosmetika, sondern im ‚Segnen‘.“[53] Folgt man dieser Interpretationslinie, dann verweigert Josef in JosAs 7,1 das gemeinsame Zu-Tisch-Sitzen eben deshalb, weil in diesem Fall der Gastgeber, der Priester Pentephres, aber nicht er selbst oder ein anderer Jude Kontrolle über die gesprochenen Gebete und Lobsprüche hätte. Durch sein Sitzen am separaten Tisch hingegen kann er die dargebotene Speise annehmen und die seiner Ansicht nach vorgeschriebenen Gebete sprechen. Eine Parallele zu solch einer Vorstellung findet sich möglicherweise in EpArist 184–186. Hier wird beim Gastmahl des ptolemäischen Königs für die jüdische Gesandtschaft aus Jerusalem hervorgehoben, dass nicht die ägyptischen Priester, sondern der Jude Elissaios das Tischgebet spricht. So plausibel sich solch eine Motivation auch für die Ablehnung des Sitzens am selben Tisch in JosAs 7,1 darstellt, bleibt die Unsicherheit bestehen, dass sie allenfalls lose vom Text selbst her angedeutet wird.

Noch größere Schwierigkeiten bietet die Erzählung schließlich, wenn im Kontrast zu JosAs 7,1 später in 20,6–8 erzählt wird, wie Josef und Asenet zusammen mit ihrer versammelten Verwandtschaft essen und trinken.[54] Hierbei wird in der Erzählung zwar die vorherige Bekehrung der Asenet zum Gott Israels vorausgesetzt (vgl. JosAs 10,1–13,15), dies gilt aber nicht für die weitere Verwandtschaft der Asenet. Diese ist jedoch nach 20,6–8 ebenfalls unzweifelhaft an dem Gastmahl beteiligt. Dass deshalb auch deren Bekehrung in der Erzählung stillschweigend vorausgesetzt wird, wie Eschner behauptet[55], ist eine Annahme, die vom Text in keiner Weise gedeckt ist. Im Kontext der Erzählung scheint die Annahme einer Bekehrung der ganzen Familie Asenets zum Gott Israels geradezu ausgeschlossen. Denn Pentephres ist nicht nur ägyptischer Priester, sondern Asenet klagt wiederholt, dass ihre Familie sie ausgeschlossen habe aufgrund ihrer Hinwendung zum Gott Israels (vgl. JosAs 11,4 f.; 12,12).

Hinzu kommt, dass auch in JosAs 21,8 der Pharao ein siebentägiges Hochzeitsmahl für Josef und Asenet veranstaltet, bei dem „alle Führer des Landes Ägypten und alle Könige der Völker“ anwesend sind. Auch deren vorherige Bekehrung zum Gott Israels lässt sich nicht einfach voraussetzen. Vielmehr zeugt das Werk in JosAs 20,6–8 sowie in 21,8 – im Kontrast zu JosAs 7,1 – von möglichen Formen der Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden.

Wie sich diese Spannung zur Ablehnung einer solchen in JosAs 7,1 erklären lässt, ist nicht mit Eindeutigkeit zu sagen.[56] Diese Diskrepanz lässt sich demnach nicht befriedigend auflösen. Sie verweist jedoch einmal mehr darauf, dass es dem Werk weder grundsätzlich noch konkret in JosAs 7,1 um die kategorische Ablehnung jeder Form der Essensgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden geht. Vielmehr scheint die Legitimität der Essens- und Tischgemeinschaft von der konkreten Ausformung derselben abhängig zu sein.

4 Fazit: Gegensätzlicher Diskurs um Essens- und Tischgemeinschaft

Die beiden untersuchten frühjüdischen Erzählungen beschreiben jeweils das als vorbildlich stilisierte Verhalten ihres jüdischen Protagonisten bzw. ihrer jüdischen Protagonistin in einer nichtjüdischen Umgebung. Jeweils geht es um die Interaktion zwischen Juden und Nichtjuden im Zusammenhang gemeinsamer Mahlzeiten. Dabei werden die Möglichkeiten der Essens- und Tischgemeinschaft nicht nur unterschiedlich bewertet, sondern folgen auch jeweils verschiedenen Begründungsstrukturen.

Für die Erzählung des Judithbuches scheint eine Tischgemeinschaft im Sinne des Sitzens am gleichen „Tisch“ sowie die prinzipielle räumliche Nähe beim Essen unproblematisch zu sein. Hingegen ergeht an den Leser die implizite Ermahnung, dass dies keinesfalls jede Form der Essensgemeinschaft im Sinne des Verzehrs derselben Speise und Getränke miteinschließt. Jene erscheint nur dann als legitim, wenn die Essensgemeinschaft in einem jüdischen Haus (vgl. Jdt 6,21) stattfindet. Im umgekehrten Fall setzt die Erzählung jedoch die Bedingung voraus, dass das Essen aus einer jüdischen Küche stammt oder aber eventuell zumindest von einem Juden zubereitet wird. Ein expliziter Verweis auf aus dem Pentateuch bekannte Speisegebote ist im konkreten Fall der Tischgemeinschaft zwischen Judith und Holofernes zwar nicht gegeben, diese stehen aber aufgrund der Erwähnung solcher Vorschriften im weiteren Kontext des Judithbuches möglicherweise im Hintergrund.

Von geradezu entgegengesetzter Natur erscheint hingegen die Frage nach der Möglichkeit einer Essens- und Tischgemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden in Josef und Asenet. Während solch eine Tischgemeinschaft in der Erzählung ohne nähergehende Bemerkung und Präzisierung in JosAs 20,6–8 sowie in 21,8 vorausgesetzt wird, weigert sich Josef in JosAs 7,1 im Haus des Nichtjuden Pentephres am selben Tisch mit diesem zu essen. Gleichzeitig ist es die naheliegendste Interpretation der textlichen Leerstelle, dass Josef lediglich das Sitzen am gemeinsamen Tisch (Tischgemeinschaft), nicht aber das Essen derselben Speise wie seine nichtjüdischen Gastgeber (Essensgemeinschaft) ablehnt. Die exakte Motivation für diese Ablehnung lässt sich nur noch indirekt und mit einiger Unsicherheit erschließen. Als plausibel erscheint dabei die Annahme, als sei – analog zu EpArist 184–186 – das Sprechen jüdischer Gebete vor dem Essen eine notwendige Voraussetzung für die Legitimität der Tischgemeinschaft. Möglicherweise geht es jedoch auch um die Vermeidung einer zu großen räumlichen Nähe mit Menschen, die Götzen verehren.

Trotz aller bleibenden Unklarheit in den Details weist die beispielhafte Untersuchung dieser beiden frühjüdischen Erzählungen auf einen vielschichtigen und komplexen Diskurs hin, der sich – anders als es die Mehrheit der jüngeren Forschungspublikationen nahelegt – keineswegs auf eine weitgehend einheitliche Haltung oder eine einheitliche Begründungsstruktur reduzieren lässt. Beiden untersuchten Erzählungen erscheint eine Essens- und Tischgemeinschaft mit Nichtjuden nur unter bestimmten Einschränkungen als legitim, andere Formen werden hingegen grundsätzlich abgelehnt. Die Frage, was jedoch konkret als legitim oder illegitim dargestellt wird, ist im Fall von Judith sowie Josef und Asenet in weiten Teilen geradezu gegensätzlich. Auch wenn eine entsprechende Analyse an dieser Stelle nicht geleistet werden kann, scheint sich solch ein komplexer Befund auch in weiteren verwandten frühjüdischen Erzählungen (Dan, Est, Tob, EpArist, 3Makk) fortzusetzen.

Ein differenzierterer Blick auf die Grenzen und Möglichkeiten bestimmter Formen der Kommensalität im Diasporajudentum, als es der gegenwärtigen Mehrheitsmeinung entspricht, verspricht überdies hinaus auch weitreichende Implikationen für das Verständnis einschlägiger neutestamentlicher Perikopen sowie für das Verhältnis mancher Strömungen der frühen Jesusbewegung zum antiken Judentum. Ist etwa die pragmatische Lösung des Paulus in 1Kor 10,25, alles, was auf dem Markt verkauft wird, ohne nähere Nachforschungen zu kaufen, notwendigerweise eine spezifisch durch den Christusglauben ermöglichte Einstellung, oder handelt es sich hierbei um die Fortsetzung eines schon seit längerem erprobten Pragmatismus des Diasporajudentums? Auch für das Aposteldekret (Apg 15,22–29) oder die antiochenische Tischgemeinschaft (Gal 2,11–14) lässt sich vor dem Hintergrund einer größeren Breite des Diasporajudentums noch einmal präziser rückfragen, worin jeweils das Problem bestand und wie das Verhältnis zwischen den propagierten Lösungen und anderen Formen der Kommensalität in der jüdischen Diaspora zu bestimmen ist.

Published Online: 2022-08-11
Published in Print: 2022-08-08

© 2022 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 25.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/znw-2022-0014/html
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