50 Jahre Zeitschrift für Soziologie!
Das erste Heft der Zeitschrift für Soziologie erschien im Januar 1972, zwei Jahre nach der Gründung der Fakultät für Soziologie an der Universität Bielefeld, die bis heute Trägerin dieser für die deutsche Soziologie wichtigen Fachzeitschrift ist. Die Zeitschrift für Soziologie hat also nunmehr ihr 50. Lebensjahr vollendet.
Für die Zeitschrift für Soziologie ist nach wie vor das Gründungsmanifest verpflichtend, welches im Kreise der damaligen Herausgebergruppe formuliert und am 25.11.1970 von der Fakultät für Soziologie verabschiedet wurde:
„Wie der Titel ›Zeitschrift für Soziologie‹ andeutet, wird die Zeitschrift nach Inhalt, Aufmachung und angestrebter Verbreitung als repräsentatives Organ der deutschsprachigen Soziologie konzipiert. Die Zeitschrift will den Soziologen im deutschsprachigen Raum eine schnelle Kommunikation über die Ergebnisse ihrer Forschungen ermöglichen und die Verbindung der deutschsprachigen Soziologie mit der soziologischen Arbeit anderer Sprachgebiete fördern. Die Teilnahme an dieser Kommunikation soll jedem Forscher in gleicher Weise offenstehen. Deshalb wird die Zeitschrift weder eine bestimmte theoretische Tradition noch irgendwelche Gegenstandsbereiche der Soziologie bevorzugt berücksichtigen und pflegen. Einziges Selektionskriterium bei der Auswahl der Artikel sollen die allgemeinen Standards wissenschaftlicher Qualifikation – theoretische Relevanz, methodische Präzision und Bedeutsamkeit wissenschaftlicher Einsichten für gesellschaftliche Praxis – sein.“[1]
Am 20. 11.1970 fand die konstituierende Herausgebersitzung unserer Zeitschrift statt. Teilnehmer dieser konstituierenden Sitzung waren neben den Erstherausgebern Horst Baier (Konstanz), Christian von Ferber (Bielefeld), Rolf Klima (Bielefeld), Ulrich Oevermann (Berlin) und Wolfgang Schoene (Bielefeld) auch die Bielefelder Kollegen Franz-Xaver Kaufmann und Otthein Rammstedt, die die Gründung der Zeitschrift maßgeblich vorangetrieben hatten. Aus den Sitzungsprotokollen geht hervor, dass auch damals schon die Sitzungen ganz maßgeblich von der auch heute noch dominierenden und leitenden Frage beherrscht wurden, wie man die „Standards wissenschaftlicher Qualifikation“ als dem zentralen Auswahlkriterium, von denen in dem Entwurf der Präambel die Rede ist, auch im Verfahrensalltag der Herausgebersitzungen gewährleisten und garantieren kann.
Diese Frage steht auch nach knapp 4.000 eingereichten Manuskripten, etwa 1.350 veröffentlichten Manuskripten und sicherlich über 10.000 verfassten Gutachten nach wie vor im Zentrum der ebenso intensiven wie extensiven Arbeit der Herausgeberinnen und Herausgeber, die an dieser Stelle auch deshalb namentlich genannt seien:
Christian von Ferber |
1971 sowie 1982–1985 |
Horst Baier |
1971–1974 |
Ulrich Oevermann |
1971–1975 |
Wolfgang Schoene |
1971–1977 |
Rolf Klima |
1971–1984 |
Franz-Xaver Kaufmann |
1972–1976 |
Wolfgang Schluchter |
1975–1978 |
Franz Urban Pappi |
1976–1979 |
Niklas Luhmann |
1977–1980 |
Joachim Matthes |
1978–1979 |
Wolfgang Lipp |
1979–1981 |
Peter Flora |
1979–1982 |
Walter M. Sprondel |
1980–1983 |
Theodor Harder |
1981–1984 |
Karl-Ulrich Mayer |
1983–1986 |
Thomas Luckmann |
1984–1987 |
Hans-Dieter Evers |
1985–1988 |
Werner Rammert |
1985–1991 |
Bernhard Badura |
1986–1989 |
Wolfgang Zapf |
1987–1990 |
Hans-Georg Soeffner |
1988–1991 |
Karin Knorr-Cetina |
1989–1992 |
Gertrud Nunner-Winkler |
1990–1993 |
Walter Müller |
1991–1994 |
Hans Joas |
1992–1996 |
Gert Schmidt |
1992–1995 |
Stefan Hirschauer |
1993–1999 |
Christel Hopf |
1994–1997 |
Johann Handl |
1995–1998 |
Wolfgang Streeck |
1996–1998 |
Johannes Berger |
1997–1999 |
Jörg Bergmann |
1998–2001 |
Ilona Ostner |
1999–2002 |
Andreas Diekmann |
1999–2002 |
Richard Münch |
2000–2005 |
Hartmann Tyrell |
2000–2008 |
Bettina Heintz |
2002–2005 |
Martin Kohli |
2003–2006 |
Peter Preisendörfer |
2003–2006 |
Uwe Schimank |
2006–2009 |
Monika Wohlrab-Sahr |
2006–2009 |
Jürgen Gerhards |
2007–2010 |
Wolfgang Ludwig-Mayerhofer |
2007–2010 |
Alfons Bora |
2009–2012 |
Wolfgang Ludwig Schneider |
2010–2013 |
Ruth Ayaß |
2010–2013 |
Thomas Hinz |
2011–2014 |
Jörg Rössel |
2011–2014 |
Hendrik Vollmer |
2013–2014 |
Kai-Olaf Maiwald |
2014–2017 |
Theresa Wobbe |
2014–2017 |
Claudia Diehl |
2015–2018 |
Gunnar Otte |
2015–2018 |
Rainer Schützeichel |
2015–2022 |
Annette Schnabel |
seit 2017 |
Herbert Kalthoff |
seit 2017 |
Katrin Auspurg |
seit 2018 |
Karin Kurz |
seit 2018 |
Ingo Schulz-Schaeffer |
seit 2019 |
Es seien auch die geschäftsführenden Herausgeber bzw. Redaktionsleiter erwähnt:
Wolfgang Schoene |
1971–1975 |
Wolfgang Lipp |
1972–1978 |
Rolf Klima |
1979–1984 |
Werner Rammert |
1984–1991 |
Stefan Hirschauer |
1991–1999 |
Hartmann Tyrell |
1999–2008 |
Hendrik Vollmer |
2009–2015 |
Rainer Schützeichel |
seit 2015 |
Und schließlich möchten wir auch an dieser Stelle allen Mitarbeiter:innen der Redaktion danken, ohne die unsere Zeitschrift nicht arbeitsfähig wäre, und zwar stellvertretend für alle bisherigen die derzeitigen Kolleginnen Petra Borgsen und Sabine Adam.
Die jeweiligen Editoriale, die zu Beginn eines jeden neuen Jahrgangs veröffentlicht wurden, stellen eine herausragende und informative Quelle nicht nur über die Entwicklung der Zeitschrift für Soziologie, sondern für die Wissenschafts- und Disziplingeschichte der Soziologie dar. Die Zeitschrift für Soziologie musste gleichsam ihre Autoren- wie ihre Leserschaft an gewisse Reviewstandards heranführen. Aus der heutigen Sicht ist es beispielsweise überraschend, dass die Begutachtungen erst nach und nach auf das heute selbstverständliche Peer-Review-Verfahren (mindestens im Double-Blind-Modus) eingestellt wurden. Die Zeitschrift für Soziologie war nach unseren Informationen die erste deutschsprachige soziologische Zeitschrift, die dieses Reviewverfahren verpflichtend machte. Anonyme Begutachtungsverfahren waren in diesen Jahren kaum etabliert. Noch 1974 stellten die damaligen Herausgeber fest, dass die Manuskripte weitgehend im Herausgeberkreis begutachtet und externe Gutachter nur in seltenen, problematischen Fällen hinzugezogen würden. Dann wurde nach und nach der Beirat in die Begutachtung einbezogen. Noch im Editorial des Jahres 1981 kann man nachlesen, mit welchen Begründungszwängen innerhalb der wissenschaftlichen Fachgemeinschaft externe und anonyme Begutachtungsformen verbunden waren:
„Zusätzlich wird seit 1975 praktisch jedes Manuskript einem externen Gutachter (der meist dem ZfS-Beirat angehört) zur fachlichen Prüfung vorgelegt. Diese Beurteilung erfolgt anonym, d.h.: in dem dem Gutachter vorgelegten Manuskript sind der Name des Autors und – so gut es geht – alle sonstigen Hinweise auf dessen Identität getilgt; ebenso wird den Autoren, an die wir die Stellungnahmen der Gutachter in der Regel weiterleiten, nicht mitgeteilt, wer die Verfasser dieser Stellungnahmen sind. Zweck dieser Regelung ist natürlich, dem Gutachter die Abgabe eines möglichst unbefangenen Urteils zu erleichtern und zu verhindern, daß es zwischen dem betroffenen Autor und dem von uns ausgewählten Gutachter zu u. U. unerfreulichen Auseinandersetzungen über die Angemessenheit des Gutachterurteils kommt. Die Verantwortung für die abschließende Entscheidung über die Manuskripte verbleibt in jedem Fall bei den Herausgebern.“[2]
Es war in der Tat ein weiter Weg von einer traditionellen Herausgeberzeitschrift und den mit einer solchen verbundenen Einflussmöglichkeit hin zu den modernen Standards. Im Jahre 1998 wird schließlich im Editorial vermerkt, dass nun auch „hierzulande die Zeit reif ist für eine Peer-Review-Zeitschrift angelsächsischen Typs“[3] (mit ihren – wenn man das aufgrund langjähriger Erfahrungen so sagen darf – „selection bias“ anderer Art).
Die gegenwärtigen Herausgeberinnen und Herausgeber danken aufrichtig allen Autorinnen und Autoren, die in diesem Zeitraum die Zeitschrift für Soziologie zu einem bedeutenden soziologischen Publikationsforum gemacht haben, sie danken den Generationen von Gutachterinnen und Gutachtern, ohne die die Zeitschrift für Soziologie nicht das wäre, was sie nunmehr ist, und sie danken in allererster Linie den vielen Kolleg:innen und Leser:innen, die die Zeitschrift für Soziologie zu einem führenden soziologischen Journal gemacht haben.
Seit 2016 ist die Zeitschrift für Soziologie im Verlag De Gruyter beheimatet. In dem nicht nur ökonomisch schwierigen und mit manchen Umbrüchen versehenen Feld der wissenschaftlichen Publizistik konnte die Zeitschrift für Soziologie sich stets der intensiven Begleitung und Förderung seitens des Verlags sicher sein. Auch hierfür danken die Herausgeberinnen und Herausgeber aufrichtig.
Mit dem Jubiläumsjahrgang 2022 treten auch einige Veränderungen auf, über die wir abschließend informieren möchten:
Seit 1985 ist die Zeitschrift für Soziologie in einem zweimonatlichen Rhythmus erschienen. Mit dem vorliegenden, neuen Jahrgang werden wir nach langen, reiflichen Überlegungen im Herausgeberkreis und im Verlag zu einer vierteljährlichen Erscheinungsweise zurückkehren. Von 2022 werden also nicht mehr sechs, sondern wie bei fast allen anderen vergleichbaren Journals auch vier Hefte pro Jahrgang erscheinen. Dabei bleibt selbstverständlich die Zahl der jährlich publizierten Manuskripte, die in der Regel zwischen 22 und 26 Beiträgen liegt, gewahrt. Eine Reihe von organisatorischen und arbeitsökonomischen Gründen sowie klima- und ressourcenschonende Überlegungen im Hinblick auf die Versandfrequenz der Printhefte haben uns zu diesem Schritt veranlasst.
Mit dem Jahrgang 2022 wechselt die Zeitschrift für Soziologie in das „Subscribe-to-Open-Modell“ – ein Modell, das durch die Weiterführung bestehender Abonnements die vollständige Open-Access-Transformation von Zeitschriften ermöglicht. Dies ist eine sehr gute Nachricht für alle unsere Autor:innen. Alle akzeptierten Beiträge werden ab sofort „open access“ unter der Creative-Commons-Lizenz CC-BY publiziert. Dadurch wird nicht nur die Aktualität, sondern auch die Zugänglichkeit und Sichtbarkeit der Beiträge maßgeblich erhöht, und die in der Zeitschrift für Soziologie publizierten Beiträge gewinnen in einem außerordentlich hohen Maße an Präsenz in der wissenschaftlichen Fachgemeinschaft. Für die Autor:innen sind mit der Publikation keine Kosten verbunden, wohl aber muss die Entscheidung für „Subscribe to Open“ für jeden kommenden Jahrgang neu getroffen werden. Voraussetzung ist, dass die Abonnements im bisherigen Umfang fortgeführt werden. Die Herausgeberinnen und Herausgeber der Zeitschrift für Soziologie und der Verlag De Gruyter danken daher allen Abonnent:innen für die Unterstützung, die die Umstellung auf den Open Access möglich macht.
Schließlich danken die Herausgeberinnen und Herausgeber dem Verlag De Gruyter auch dafür, dass er den Beiträgen unserer Zeitschrift den Zugang zu dem artikelbasierten Daten- und Kennzahlensystem „Altmetric“ eröffnet hat. Dies erlaubt all unseren Autor:innen ab sofort, über die Seite ihres Artikels auf degruyter.com und einen Klick auf das „Altmetric Badge“ die Diskussion und Rezeption ihrer Beiträge sowohl in den klassischen Medien als auch auf Social Media nachzuvollziehen und zu „tracken“. Alle Reaktionen im Netz, sei es auf Twitter, in Blogs, klassischen Massenmedien und Nachrichtenportalen oder auf Facebook und LinkedIn, können in Echtzeit verfolgt werden. Wer und wie viele Kolleg:innen sprechen über ihre Forschungsergebnisse? Wer greift sie auf, und in welchen Kontexten? Bieten sich Möglichkeiten neuer Kollaborationen oder neuer bzw. breiterer Rezeption? Alle online-veröffentlichten Beiträge der Zeitschrift für Soziologie werden damit ab ihrer Publikation in ein breites Diskussions- und Rezeptions-Netzwerk integriert.
Bielefeld, im April 2022
Die Herausgeberinnen und Herausgeber
© 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
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