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Die Suche nach den besten Eltern. Eine Dokumentenanalyse zum Wandel des normativen Musters guter Kindheit in der Adoptionsvermittlung.

  • Alexandra König

    Alexandra König, geboren 1972 in Solingen. Studium der Sozialwissenschaften in Wuppertal. Promotion in Hagen; Habilitation in Wuppertal. 1998–2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Universitäten Dortmund, Hagen und Wuppertal; 2011–2017 akademische Rätin an der Bergischen Universität Wuppertal; seit 2017 Professur für Sozialisationsforschung an der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Kindheits-, Jugend- und Familienforschung, Bildung/Sozialisation, Kultur, Tier-Mensch-Grenzziehungen. Wichtigste Publikationen: Spielfelder des Selbst (2019), Sozialisation (zusammen mit H. Abels) (2016), Challenging times – Methods and Methodological Approaches to Qualitative Research on Time (zusammen mit E. Schilling) (2020), Good mothers – good children: temporary labour migration of Polish women (zusammen mit D. Bühler-Niederberger/K. Jendrzey) (2021); Kleider schaffen Ordnung (2006).

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    and Arne Niederbacher

    Arne Niederbacher, geboren 1970 in Ostfildern-Ruit. Studium der Sozialwissenschaften in Wuppertal und Wien. Promotion in Dortmund. Von 2000–2010 wissenschaftlicher Mitarbeiter und von 2010–2012 akademischer Rat an der Technischen Universität Dortmund; seit 2012 akademischer Oberrat ebendort. Forschungsschwerpunkte: Jugend-, Organisations-, Protest- und Spielkulturen. Wichtigste Publikationen: Laboratorium statt Moratorium (mit P. Eisewicht und R. Hitzler) (2016); Leben in Szenen (mit R. Hitzler) (2010).

Published/Copyright: October 1, 2022
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Zusammenfassung

Im vorliegenden Beitrag gehen wir der Frage nach, welches normative Muster guter Elternschaft bzw. Kindheit der Adoptionsvermittlung in Deutschland zugrunde liegt. Gute, gar die ‚besten‘ Eltern für ein Kind zu bestimmen, ist Aufgabe von Adoptionsvermittler*innen. Ihr Auftrag ist (1) die Eignung von (oftmals kinderlosen) Bewerber*innen als Eltern zu prüfen und (2) unter den vielen als ‚geeignet‘ klassifizierten Bewerber*innen die ,passenden‘ für ein spezifisches Kind auszuwählen. Gegenstand unserer an der Grounded Theory orientierten Analyse sind die „Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung“, welche seit rund 40 Jahren Vermittler*innen als Orientierung dienen. Sie ermöglichen, die Variabilität des normativen Musters zu erfassen. Erkennbar wird ein Wandel der Bewertungskriterien – vom ‚objektiven‘ Status (etwa Alter, Familienstand) hin zum selbstreflektierten Subjekt – bei gleichzeitiger Konstanz der Orientierung an der Mittelschicht.

Abstract

The goal of this article is to investigate the normative patterns of good childhood and parenthood which guide adoption in Germany. It falls on adoption agents to determine who are good or even the ‚best‘ parents for a child. Their job is to (1) verify the suitability of applicants – often childless – as parents and (2) determine which couple, out of the many ‚suitable‘ applicants, fits best to a specific child. The „Recommendations for Adoption“, which have served as a guide for adoption agents for a good 40 years, provide the basis of our grounded theory-oriented analysis. They enable us to capture the variability of the normative pattern of good parenthood and childhood. A shift in the evaluation criteria – from ‚objective‘ status (e. g. age, marital status) to self-reflective subject – becomes evident, despite the continued focus on the middle class.

1 Einleitung

Was als gute Kindheit gilt, darüber existieren innerhalb einer Gesellschaft mehr oder weniger geteilte Vorstellungen. In der Kindheitssoziologie wurde das Konzept des normativen Musters guter Kindheit in die Diskussion eingebracht, um anzuzeigen, dass sich „Handlungen und Entscheidungen in Bezug auf einzelne Kinder und auf Kindheit als Institution mit großer Selbstverständlichkeit“ an solchen geteilten Vorstellungen orientieren (Bühler-Niederberger 2020: 10; Joos et al. 2018). An verschiedenen Gegenständen wurde aufgezeigt, dass das normative Muster guter Kindheit mittelschichtsbasiert ist (vgl. etwa zur Schule: De Keere & Spruyt 2019; zum milieuspezifischen Leitbild früher Förderung: Betz et al. 2013). Kindheiten, die dieser impliziten Norm nicht entsprechen, sind verdächtig, weniger gut zu sein, und werden dementsprechend abgewertet bzw. stigmatisiert (Bühler-Niederberger 2020: 8 f.). Selten werden die konkreten Inhalte des normativen Musters explizit gemacht, vielmehr sind sie in Handlungen eingewoben und werden dergestalt reproduziert und mitunter modifiziert. Aufgrund seiner Selbstverständlichkeit entzieht sich das normative Muster guter Kindheit – und damit auch guter Elternschaft – einer einfachen inhaltlichen Bestimmung. Wir schlagen hier einen Zugang zu seiner empirischen Erfassung vor: die Adoptionsvermittlung. Dies ist insofern vielversprechend, als mit der Adoptionsvermittlung der Auftrag verbunden ist, die besten Eltern für ein Kind zu suchen. Gegenstand der diesem Aufsatz zugrundeliegenden Dokumentenanalyse sind die „Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung“, welche es erlauben, die Vorstellungen zum normativen Muster guter Elternschaft bzw. Kindheit inhaltlich zu präzisieren.[1]

Kennzeichnend für Adoptionsvermittlung in Deutschland ist eine Schräglage zwischen der Anzahl der Adoptionsbewerber*innen und der zu vermittelnden Kinder. In Deutschland stehen etwa sechs anerkannte Bewerber*innen (zumeist Paare) einem zur Adoption freigegebenen Kind gegenüber (Statistisches Bundesamt 2018: 23 ff.).[2] Zu den anerkannten Bewerber*innen kommt eine unbestimmte Zahl an Adoptionsinteressierten hinzu, die sich in einem Anerkennungsverfahren befinden. Die Entscheidung, welche Adoptionsinteressierten zu Adoptiveltern werden, wird von den zuständigen (Landes-)Jugendämtern und anerkannten Trägern (etwa dem Caritasverband oder dem Diakonischen Werk) in einem zweistufigen Verfahren getroffen. In der ersten Phase geht es um die Prüfung der Bewerber*innen hinsichtlich ihrer allgemeinen Eignung als Eltern. Unter den als ‚geeignet‘ klassifizierten Bewerber*innen wird in der zweiten Phase – vorausgesetzt, es wird ein Kind zur Adoption freigegeben – dasjenige Paar ausgewählt, welches die beste Passung zum spezifischen Kind – juristisch formuliert: zur „Persönlichkeit des Kindes und seiner besonderen Bedürfnisse“ (heute: § 7a, 1 AdVermiG) – aufweist. Zwei wegweisende Entscheidungen müssen Vermittler*innen also treffen: erstens, ob ein Paar grundsätzlich geeignet für die Elternschaft ist oder nicht; zweitens, welches Paar, im Vergleich zu allen anderen als geeignet klassifizierten Paaren, das am besten passende für ein spezifisches Kind ist. Auch wenn in den Entscheidungsprozess diverse Kriterien hineinspielen – etwa die Konventionen der Ämter, die regionale Angebot-Nachfrage-Relation, die Passung zwischen Vermittler*in und Bewerber*innen oder auch die Wünsche der abgebenden Eltern – ist die offizielle Richtschnur das Wohl des Kindes. Zugespitzt kann formuliert werden, dass es bei diesem zweistufigen Prozess um die Suche nach den besten Eltern für ein spezifisches Kind geht.

Woran festgemacht wird, was die besten Eltern auszeichnet, variiert im historischen Verlauf. So haben in den letzten Jahren gravierende Änderungen auf rechtlicher Ebene stattgefunden, etwa in Bezug auf das zulässige Höchstalter der Bewerber*innen (Deutscher Bundestag 2018) oder mit der weiteren Öffnung der Adoption für gleichgeschlechtliche Ehepaare im Zuge des Inkrafttretens des Eheöffnungsgesetzes (§ 1353 BGB) im Jahr 2017. Definieren Gesetzesvorlagen vor allem, wer sich als Adoptiveltern bewerben darf, so bieten die „Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung“ eine Orientierungshilfe für die Adoptionsvermittler*innen bei der konkreten Bestimmung der ‚besten Eltern‘. Die Empfehlungen werden von der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter seit 1983 herausgegeben und liegen mittlerweile in der achten Auflage (2019) vor. Sie tragen dazu bei, „den Raum dessen neu zu vermessen, was als Elternschaft gesellschaftlich akzeptabel gilt“ (Eggen 2018: 511). Gesellschaftliche Veränderungsprozesse spiegeln sich entsprechend in den seit fast 40 Jahren erscheinenden Empfehlungen wider.[3] Inhalte wurden modifiziert, neue Kriterien kamen hinzu, während andere verschwanden – und dies nicht nur aufgrund neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen (dazu: Dethloff 2016).[4]

Genau an diesem Punkt setzt der vorliegende Beitrag an. Das Forschungsinteresse zielt darauf ab, herauszuarbeiten, wie gute Elternschaft definiert bzw. prognostiziert wird, wo sie erwartet wird – und wo eben nicht –, und inwiefern sich die Vorstellungen von guter Elternschaft seit der ersten Auflage der Empfehlungen bis heute geändert haben.[5] Die Adoption wird somit als „Zugangsmöglichkeit zum Normalfall“ der Familie genutzt – wie es in einer der wenigen soziologischen Studien zur Adoption von Hoffmann-Riem (1985: 13) formuliert wurde – bzw. genauer gesagt: als Zugang zum normativen Muster guter Elternschaft bzw. (damit unweigerlich verbunden) dem normativen Muster guter Kindheit.

Das historische Material erlaubt es, Variabilität wie Konstanz des normativen Musters guter Elternschaft bzw. Kindheit nachzuzeichnen. Der zentrale Wandel kann als Verschiebung vom Status der Bewerber*innen zum selbstreflektierten Subjekt gefasst werden – weniger objektive Statuskriterien denn subjektive Persönlichkeitskriterien bestimmen mehr und mehr die Eignung der Bewerber*innen als Eltern. Mit diesem zentralen Befund, der sich im Zuge des iterativen Analyseprozesses (im Sinne der Grounded Theory nach Strauss & Corbin 1996) herausbildete, drängte sich die Subjektivierungsforschung als eine theoretische Perspektivierung auf. „Der Begriff der Subjektivierung verweist darauf, dass das Subjekt nicht als ‚vorhanden‘ zu betrachten ist, sondern im Prozess seiner permanenten kulturellen Produktion. Gegenstand der Analyse sind die Subjektformen.“ (Reckwitz 2012: 10) Subjektformen können verstanden werden als „kulturelle Typisierungen, Anforderungskataloge und zugleich Muster des Erstrebenswerten.“ (Reckwitz 2012: 139).[6] Genau um solche normativen Muster geht es im vorliegenden Beitrag mit Blick auf Elternschaft und Kindheit.[7]

Zunächst werden wir den Forschungsstand zum Themenfeld gute Elternschaft und gute Kindheit skizzieren und die Adoptionsvermittlung als Forschungsdesiderat offenlegen (Kapitel 2). Vor diesem Hintergrund präzisieren wir unsere Forschungsfrage und begründen unser methodisches Vorgehen, insbesondere die Wahl der Empfehlungen als angemessenen Gegenstand (Kapitel 3). Im Anschluss wird im Ergebniskapitel die Verschiebung vom ‚objektiven‘ Status zum selbstreflektierten Subjekt skizziert (Kapitel 4). Abschließend wird ein Fazit gezogen und ein Ausblick gegeben (Kapitel 5).[8]

2 Forschungsstand

2.1 Gute Kindheit: Das anspruchsvolle Projekt der guten Elternschaft

Eine lange, behütete Kindheit ist in Deutschland soziale Realität wie normatives Muster (Bühler-Niederberger 2020: 16 ff.). Am Beispiel politischer Diskurse rund um die frühe Kindheit spezifizieren Betz und Kolleg*innen, wie gute Kindheit konstruiert wird: Vor allem ist sie geschützte und damit auch materiell abgesicherte Kindheit – familiale Armut wird somit als Abweichung markiert. Darüber hinaus ist gute Kindheit in den (bildungspolitischen) Diskursen eine „Phase optimaler Entwicklung und bestmöglicher Nutzung der Anlagen“ (Betz 2022: 46), die nicht nur, aber zentral in der Verantwortung der Eltern liegt (zur verantworteten Elternschaft siehe Landhäußer 2022).[9] Augenfällig wird, wie eng die Definition guter Kindheit mit guter Elternschaft verbunden wird. Erwartet wird von Eltern eine „hohe, auch wissenschaftlich gestützte Bildungs- und Erziehungskompetenz“ (Betz 2022: 46) und damit auch die Bereitschaft und Fähigkeit, außerfamiliale Bildungsinstitutionen zielgenau zu nutzen. Hier zeichnet sich ein Resultat jener Verschiebung ab, die Gaßmann und Mierendorff seit den 2000er Jahren ausmachen, wonach Eltern „nicht mehr nur als liebevolle Wegbegleiter*innen“ adressiert werden, sondern „auch als rechenschaftspflichtige Verantwortliche für die Bildungslaufbahn der eigenen Kinder“ (Gaßmann & Mierendorff 2021: 144).[10] Gaßmann und Mierendorff sprechen von „normierende[n] Projektionen von Elternschaft im Sinne von ‚kompetenten Eltern‘, ‚engagierten Eltern‘, ‚interessierten Eltern‘, ‚bildungsnahen Eltern‘“ (ebd.).[11] Gute Elternschaft wird so zu einem äußerst voraussetzungsvollen Projekt.

Erwartet werden gute Bedingungen des Aufwachsens vor allem bei Eltern, „die möglichst dem männlichen Ernährermodell der Familie entsprechen und der Mittelschicht angehören“ (Bühler-Niederberger 2020: 62; Bühler-Niederberger & König 2007). Dass das normative Muster guter Elternschaft bzw. Kindheit an der Mittelschicht orientiert ist, ist vielfach belegt: Historische Arbeiten zeigen, dass sich dessen Inhalte (etwa in der Ratgeberliteratur) ändern, die Nähe zur Mittelschicht allerdings bleibt (früh bereits: Bronfenbrenner 1958). De Keere und Spruyt (2019) rekonstruieren am Beispiel von Ratgebern für Grundschullehrer*innen von 1880 bis 2010, dass sich die schulischen Ideale ändern (etwa von Selbstkontrolle zu Selbstausdruck), aber stets mit dem Mittelklassehabitus korrespondieren. Entsprechend passen die Kinder der Mittelklasse besser zu schulischen Anforderungen. Andere Studien belegen, dass und wie das normative Muster guter Elternschaft hierzulande weiterhin in besonderer Weise mit Mutterschaft assoziiert ist. So spricht sich beispielsweise in Westdeutschland weiterhin eine deutliche Mehrheit dafür aus, dass eine Mutter halbtags arbeiten sollte, wenn das Kind zur Schule geht (BMFSFJ 2017: 76). Hohe Zeitinvestitionen, im Sinne von „maternal presentism“ (Edgley 2021), gelten als wesentliche Anforderung an gute Mutterschaft, unabhängig davon, ob die Lebensumstände dies erlauben bzw. unterstützen oder nicht.[12] Dabei geht es nicht nur um die Höhe der investierten Zeit, sondern auch um die Qualität – was das meint, ist historisch variabel. Auf Basis einer Analyse von (west-)deutschen Erziehungsratgebern rekonstruiert Hungerland (2018) einen Wandel der idealen Mutter von der „tüchtigen Versorgerin“ in der Nachkriegszeit hin zur „Verhandlerin und individuellen Grenzzieherin“ in der Gegenwart.[13] Zwar wenden sich die neueren Ratgeber nunmehr auch an Väter und andere Betreuungspersonen, doch die Anforderungen an Mütter sinken damit nicht, gerade weil die elterlichen Anforderungen insgesamt komplexer und anspruchsvoller werden und eine „permanente Reflexion und Selbstoptimierung“ verlangen. (ebd.: 40)

Stehen in den bisher genannten Studien vor allem Expert*innendiskurse im Fokus, so werden in anderen Studien die Abweichungen vom normativen Muster guter Elternschaft untersucht – und dergestalt wird identifiziert, was als gute Elternschaft gilt: Alberth (2019) zeigt am Beispiel von Sozialarbeiter*innen im Bereich des Kinderschutzes, dass eine „vernünftige“ Lebensführung von Müttern als Indiz bzw. Grundlage guter Elternschaft gilt und an dieser gearbeitet wird. Crafter et al. (2017) arbeiten heraus, inwiefern Kinder eine Vorstellung davon haben, dass Kindheit eine von Arbeit befreite Schulkindheit sein sollte und bei Abweichungen – wie etwa im Falle der Übernahme von Übersetzungsarbeiten oder Betreuungsaufgaben innerhalb der Familie durch die Kinder – Strategien der Bearbeitung notwendig werden (etwa die der Verheimlichung). Westphal et al. (2017) zeichnen nach, wie migrantische Familien Sorge tragen, ihre Kinder nicht den normativen Erwartungen entsprechend zu fördern. König et al. (2021) zeigen, wie Mütter, die temporär im Ausland arbeiten und ihre Kinder im Herkunftsland belassen, dies zu legitimieren suchen. Die Erwartung der ständigen Anwesenheit der Mutter wird hier – wie in den „moral panics“ zu diesen Müttern (vgl. Urbańska 2010) – exemplarisch deutlich.

Die Elemente des normativen Musters guter Elternschaft – gegenwärtig etwa: die ständige Anwesenheit der Mutter, die Freistellung des Kindes von Familienaufgaben, die bildungsbezogene Förderung des Kindes –, sind so selbstverständlich, dass sie kaum expliziert werden. Der Zugang über die Abweichungen ist eine Möglichkeit ihrer Erfassung. Wir schlagen einen anderen Weg der Annäherung an das normative Muster guter Elternschaft bzw. Kindheit ein, indem wir die Adoptionsvermittlung in den Fokus rücken.

2.2 Adoptionen – ein Forschungsdesiderat

In der Familiensoziologie ist Adoption bzw. soziale Elternschaft ein „konzeptuelles Stiefkind“, und in den bislang vorliegenden Studien dominiert „eine Defizitorientierung“ (Peukert et al. 2018: 324; Fisher 2003: 336). Einige Forscher*innen wissen Adoption jedoch als Gegenstand zu nutzen, um etwa selbstverständliche Vorstellungen von Familie zu erfassen (Hoffmann-Riem 1985: 13), denn: „Was im allgemeinen aufgrund der unbezweifelten Normalität biologischer Familiengründung nicht reflektiert wird, aber dennoch handlungsleitend ist, tritt im abweichenden Fall zum Vorschein“ (ebd.). So werden in aktuelleren Studien etwa Fragen von Bionormativität, Heteronormativität und Monomaternalismus aufgeworfen (Wegener 2005; Dorow & Swiffen 2009; Park 2013) bzw. zur Inkongruenz von sozialer, genetischer/nataler und rechtlicher Elternschaft (McClain & Cere 2013; Peukert et al. 2018).[14]

Forschung zur Adoption setzt vorrangig an dem Punkt an, wenn es bereits zu einer Vermittlung gekommen ist[15]; die Adoptionsvermittlung selbst steht nicht im Fokus. Hier setzt der vorliegende Beitrag an, indem die „Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung“ analysiert werden. Uns interessiert dieses Material vor allem im Hinblick auf die Frage, auf welcher Basis Adoptionsvermittler*innen entscheiden (sollen), wer (am besten) geeignet für Elternschaft ist, und an welchen Vorstellungen guter Elternschaft und Kindheit sie sich dabei orientieren. Eine solche Frage an die Adoptionsvermittlung zu stellen, mag naheliegend erscheinen. Dabei ist es mitnichten selbstverständlich und üblich, dass gute Elternschaft als ein oder gar als das entscheidende Kriterium der Adoptionsvermittlung herangezogen wird.[16] Für Deutschland hat Hitzer (2019) die Variabilität von Deutungen und Praktiken der Adoption für das letzte Jahrhundert rekonstruiert. Eine Zäsur markiert das Jahr 1976, in dem das Kindeswohl als entscheidendes Kriterium der Adoptionspraxis im Adoptionsrecht festgeschrieben wird. Galt es bisher vor allem die ‚Adoptionsfähigkeit‘ von Kindern zu prüfen, so zielt die Prüfung nun auf die Adoptionsbewerber*innen (Hitzer 2019: 83). Die Suche nach den besten Eltern beginnt. Allmählich sinkt das Alter der Adoptierten (Säuglinge werden vermehrt nachgefragt) und Inkognito-Adoptionen werden seltener und damit auch der Wunsch, biologische Elternschaft zu simulieren.[17] Für die Auswahl der Eltern bedeutet dies, dass die äußerliche Ähnlichkeit an Bedeutung einbüßte. Aktuell wird hervorgehoben, dass nicht mehr Ähnlichkeiten (etwa in Bezug auf ethnische Herkunft) im Vordergrund stehen sollten, sondern die „besonderen Bedürfnisse“ (§ 7 AdVermiG) des spezifischen Kindes und die Fähigkeiten der potentiellen Adoptiveltern, ebendiese zu erfüllen. Für die professionelle Praxis ist das Kindeswohl als Fixpunkt der Vermittlung aufgrund seiner (juristischen) Unbestimmtheit „eine definitorische Katastrophe“ (Dettenborn 2007: 48; Scheiwe 2018). Erschwerend kommt hinzu, dass über das (zukünftige) Kindeswohl oder die individuelle Passung nur gemutmaßt werden kann (Quinton 2012). Ein Zusammentreffen zwischen Kind und möglichen Adoptiveltern hat zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vermittler*innen in den seltensten Fällen stattgefunden (mitunter ist das Kind noch gar nicht geboren). Welches aus dem Pool der als geeignete Eltern klassifizierten Bewerber*innen das eine ‚passende‘ Paar ist, kann kaum sachlogisch begründet werden (Luhmann 2011: 293). Gleichwohl müssen die Vermittler*innen Entscheidungen treffen angesichts der hohen Zahl von Bewerber*innen (insbesondere für Säuglinge), und der geringen Zahl von Kindern (insbesondere von Säuglingen), die zur Adoption freigegeben werden. Insofern Neugeborene möglichst übergangslos in Adoptionsfamilien vermittelt werden sollen, finden die anstehenden Entscheidungen nicht nur unter Unsicherheit, sondern oft auch unter Zeitdruck statt. Unter diesen Bedingungen müssen Vermittler*innen eine äußerst folgenreiche Entscheidung treffen.[18]

Wie Vermittler*innen prüfen, welche der vielen Bewerber*innen geeignete Eltern sein könnten und welche der anerkannten Adoptionsbewerber*innen die am besten passenden sind, darüber liegen kaum wissenschaftliche Erkenntnisse vor (vgl. EFZA 2017). Frühe soziologische Einblicke in den Vermittlungsprozess liegen durch die Studie von Hoffmann-Riem (1985) vor, welche das Interaktionsgeschehen (im Sinne des Aufeinandertreffens unterschiedlicher Logiken von Adoptionsvermittler*innen und -bewerber*innen) und die darin eingewobenen (unterstellten) Normalitätserwartungen in den 1980er Jahren untersucht. Seitdem haben sich die Vorstellungen von guter Elternschaft und die Regelungen zur Adoption (etwa mit Blick auf gleichgeschlechtliche Ehepaare) gleichwohl gewandelt. Giuliani (2006: 192) konstatiert:

„Früher, in den 20er–80er Jahren des letzten Jahrhunderts, waren die Adoptionsvermittlungsstellen noch sehr stark an folgender Normvorstellung orientiert: am Wunschbild einer bürgerlichen Biedermeierfamilie, gezeichnet von Spannungslosigkeit, Geborgenheit, Ruhe und Harmonie: Mann berufstätig, Frau zuhause, Mittelstand, nicht zu alt, religiös verankert, nicht zu extravagant.“

Empirisch fundiert wird diese Aussage an dieser Stelle nicht.

Für die USA ist bekannt, dass Adoptionsinteressierte mit einem privilegierten finanziellen Status und einem höheren Bildungsabschluss bessere Adoptionschancen und mehr Wahlmöglichkeiten bezüglich der zur Adoption freigegebenen Kinder erhalten. Zuweilen kann der soziale Status die Gleichgeschlechtlichkeit eines Paares ‚kompensieren‘ (Lewin 2006; Berkowitz 2011; Brodzinski et al. 2002). Gleichgeschlechtliche Adoptionsinteressierte schätzen auch selbst ihre Chancen in Adoptionsverfahren niedriger ein (Goldberg et al. 2012; Messina & D’Amore 2018). Für Deutschland liegen keine Erkenntnisse darüber vor, welche Merkmale der Bewerber*innen die Chancen auf einen Vermittlungsvorschlag erhöhen. Peukert et al. (2018: 325) verweisen darauf, dass „Eltern in von der bürgerlichen Normalfamilie abweichenden Familienformen […] unter besonderem Legitimationsdruck“ stehen und „sich einer alltagsweltlichen und wissenschaftlichen Überprüfung ihrer Performanz als ‚gute Eltern‘ stellen“ müssen. Anzunehmen ist, dass dies für Adoptionsinteressierte besonders zutrifft. Erste Hinweise dazu gibt das DFG-Projekt von Wimbauer et al. zu LGBT*Q-Familien, in welchem unter anderem Adoptivfamilien beforscht werden (hierzu Motakef et al. 2019). Zu vermuten ist, dass dies für andere Abweichungen vom normativen Muster guter Elternschaft ebenso gilt.

Der vorliegende Beitrag untersucht die Erwartungen und Vorstellungen guter Elternschaft am Gegenstand der „Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung“ [im Folgenden kurz: Empfehlungen]. Das Material erlaubt eine historische Rekonstruktion von Konstanz und Veränderung dessen, was als gute Elternschaft gilt, und zwar für genau jene Zeit, von der Giuliani (2006: 192) sagt, dass die „bürgerliche Biedermeierfamilie“ als Ideal der Vermittlungspraxis verschwunden sei.

3 „Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung“ – Der Gegenstand der Analyse

Unserem Forschungsinteresse entsprechend stehen sogenannte Fremdadoptionen im Fokus der Untersuchung, also Adoptionen von Kindern (in Deutschland), die in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zu den Adoptionsbewerber*innen stehen.[19] Um diese drehen sich zentral auch die Empfehlungen. Erstmals sind diese in der heute noch vorliegenden Form im Jahr 1983 herausgegeben worden von der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter (und überörtlichen Erziehungsbehörden).[20] Insgesamt liegen derzeit acht Auflagen vor (1983, 1988, 1994, 2003, 2006, 2009, 2014, 2019), die für unsere Studie als Datengrundlage dienen. Die Auswahl der relevanten Textpassagen fällt insofern leicht, als die Empfehlungen stets einer ähnlichen Struktur folgen: Neben einem Kapitel zur Organisation der Adoptionsvermittlungsstelle gibt es jeweils ein Kapitel zu den Adoptionsbewerber*innen. In diesem Kapitel werden sodann in Unterkapiteln Kriterien diskutiert, die von den Adoptionsvermittler*innen bei der Prüfung der Bewerber*innen beachtet und im Einzelfall bewertet werden sollten – diese Unterkapitel bilden unseren Datenkorpus.[21]

Um das Material für die Analyse aufzubereiten, wurden in einem ersten Schritt die Titel der Unterkapitel aufgelistet und miteinander in Bezug auf Thema und Reihung verglichen. Markiert wurde sodann, wann und inwiefern es zwischen den Neuauflagen Veränderungen gibt – welche Kriterien fallen weg, welche kommen hinzu, welche verändern ihren Namen oder die Position in der Reihung? In einem zweiten Schritt wurden ausgewählte Kriterien in Hinblick auf die Definition guter Elternschaft interpretiert. Bei unserem Vorgehen orientieren wir uns am Forschungsstil der Grounded Theory nach Strauss und Corbin (1996). Das bedeutet, dass die Interpretation nicht mit einem vorgefertigten Kategoriensystem beginnt, sondern die Kategorien und deren Verbindungen Ergebnis eines iterativ-zyklischen Interpretationsprozesses sind. In mehreren Kodierdurchgängen wurden Lesarten generiert und in Auseinandersetzung mit den Daten sukzessive überprüft, modifiziert, verworfen oder (vorläufig) bestätigt. Studien zur Adoption bzw. zu guter Elternschaft und Kindheit dienten im Kodierprozess der theoretischen Sensibilisierung, indem sie Fragen an das Datenmaterial inspirierten.[22] Als eine zentrale Technik der Erhöhung der theoretischen Sensibilität wird von Strauss und Corbin (1996: 63 ff.) das Anstellen von Vergleichen vorgeschlagen.[23] Angelegt ist der Vergleich bereits in unserer Forschungsfrage, insofern ein historischer Wandel nachgezeichnet wird. Konkret bedeutet dies, dass wir über die verschiedenen Auflagen hinweg beispielsweise untersucht haben, wie Alter – ein durchgängiges Kriterium in den Empfehlungen – thematisiert wird. Der Vergleich bezog sich dabei nicht nur auf das Kapitel zum Alter aus der ersten und der letzten Auflage, sondern auf das jeweilige Kapitel aller vorliegenden Empfehlungen.

Im Laufe des Kodierprozesses kristallisierten sich drei Kategorien heraus, die substantiell für das Verständnis des normativen Musters guter Kindheit sind: 1) Erwartungen an Elternschaft: Was wird von Adoptionsbewerber*innen erwartet; welche Fähigkeiten und Ressourcen sollen sie mitbringen? 2) Legitimierung der Erwartungen an Elternschaft: Wie werden die Anforderungen an die Bewerber*innen (und damit die Selektionen) legitimiert? 3) Vorstellungen vom Kind: Wie wird das Kind entworfen, welche Bedürfnisse, Spezifika und legitimen Erwartungen werden ihm zugeschrieben? Wie die drei Kategorien miteinander korrespondieren und im Laufe der 40-jährigen Geschichte der Empfehlungen variieren zeigt die nachfolgende Analyse.

4 ‚Gute Eltern‘ im Sinne der Adoptionsvermittlung

Bereits in der ersten Auflage der Empfehlungen ist das „Interesse des Kindes“ alleiniger Fixpunkt, d. h. die Interessen der Adoptionsbewerber*innen werden dem des Kindes untergeordnet: „Im ersten Gespräch soll Bewerbern deutlich gemacht werden, daß nicht für sie ein Kind, sondern für Kinder Eltern gesucht werden“ (1983: 13). Dieser Satz wird in ähnlicher Formulierung allen Empfehlungen vorangestellt. Wie die Suche vonstattengeht bzw. was die Eltern im Interesse des Kindes mitbringen sollten, wird allerdings immer wieder neu austariert – mit Blick auf den Katalog von Kriterien, die überhaupt diskutiert werden, wie auch der inhaltlichen Ausdeutung einzelner Kriterien.

4.1 Der Kriterienkatalog im Wandel: Vom Status zum selbstreflektierten Subjekt

In der ersten Auflage der Empfehlungen (1983) werden sechs Kriterien in eigenen Unterkapiteln verhandelt, die bei der Prüfung der Eignung von Bewerber*innen Berücksichtigung finden sollten: Altersverhältnis, Gesundheit, Religionszugehörigkeit, Berufstätigkeit der Bewerber*innen, Kinder in der Adoptionsfamilie, Alleinstehende. In der aktuellen Auflage (2019) hat sich die Anzahl der Unterkapitel mehr als verdoppelt, 14 Kriterien werden nun getrennt voneinander diskutiert. In Tabelle 1 sind die Kriterien aufgeführt, die in der ersten Auflage (1983) und in der letzten (2019) in eigenen Unterkapiteln besprochen werden.

Tab. 1:

Kapitel in den Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung zu Kriterien der Beurteilung der Bewerber*innen – von 1983 und 2019 (grau hinterlegt sind jene Kriterien, die durchgehend in eigenen Kapiteln thematisiert werden)

1983

2019

Altersverhältnis

Persönlichkeit

Gesundheit

Alter

Religionszugehörigkeit

Gesundheit

Berufstätigkeit der Bewerber

Lebensziele/-zufriedenheit

Kinder in der Adoptionsfamilie

Partnerschaftliche Stabilität

Alleinstehende

Alleinstehende Bewerberinnen und Bewerber

Lebensgemeinschaften

Erziehungsleitende Vorstellungen

Kinder in der Familie

Soziales Umfeld

Wohnverhältnisse

Berufstätigkeit

Wirtschaftliche Verhältnisse

Vorstrafen

Einzig ein Kriterium, das anfangs genannt wurde, taucht in der aktuellen Auflage nicht mehr auf: die Religionszugehörigkeit. 2003 verschwindet sie als eigenständiger Punkt, taucht in den Empfehlungen allerdings in einem anderen Kapitel, nämlich dem zum Kind, fast wortgleich auf.[24] Alle anderen Kriterien bleiben für die Prüfung der Bewerber*innen relevant, wenn auch mitunter in geänderter Bezeichnung (etwa: Alter statt Altersverhältnis). Schaut man sich die Kriterien genauer an, die bis heute von Bestand sind (also: Altersverhältnis, Gesundheit, Berufstätigkeit und Familienstand), so fällt auf, dass es sich hier um (scheinbar) ‚harte‘ Kriterien handelt, die eine standardisierte Erhebung nahelegen. Hinzugekommen sind in den Jahren ‚weiche‘ Kriterien wie Lebensziele/Lebenszufriedenheit, partnerschaftliche Stabilität und erziehungsleitende Vorstellungen, mit denen das individuelle Wohlbefinden, der (erwartete) Umgang mit dem Kind und das Versprechen auf eine familiale Kontinuität relevant gemacht werden. Nicht allein der Status der Bewerber*innen (mit Blick auf Alter, Beruf, Religion, Gesundheit, Familienstand), sondern wie sie als Person (zufrieden oder nicht) bzw. Paar (stabil oder nicht) einzuordnen sind, soll erfasst werden. Markantestes Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Aufstieg der „Persönlichkeit“. Findet sie in der dritten Auflage (1994) Eingang unter „weitere Merkmale“, so wird sie in der fünften Auflage (2006) zum neuen Stichwort und führt mit ihrer Neueinführung gleich auch die Liste der Kriterien an. Ab diesem Zeitpunkt bleiben die Kriterien unverändert, lediglich die Lebensgemeinschaften erhalten – im Zuge gesetzlicher Änderungen – differenzierte Unterpunkte. Schaut man sich die Verschiebungen über die Jahre an, so zeichnet sich eine Tendenz ab, nach der die Persönlichkeit zur zentralen Bewertungsinstanz wird, mit der ‚objektive‘ Statuskriterien (scheinbar) verdrängt werden.

4.2 Das Alter: vom kalendarischen Lebensalter zum Indiz für Belastbarkeit

Ein Kriterium, das mit Blick auf die Erwartungen an Elternschaft von Anbeginn relevant gemacht wird, ist das Alter.[25] Es führte lange Zeit den Kriterienkatalog an und steht seit der fünften Auflage (2006) hinter dem Kriterium Persönlichkeit an zweiter Stelle. Die Reihung der Kriterien wird in den Empfehlungen zwar nicht mit deren Relevanz begründet, dennoch kann sie als eine Gewichtung der Themen gelesen werden.[26] Man könnte vermuten, dass es sich beim Alter und dessen Ausdeutung in den Empfehlungen um ein eindeutiges Kriterium handelt. Dem ist aber mitnichten so. Nicht nur ändert sich die Benennung (Altersverhältnis – Altersgrenzen – Alter) und damit die Bezugsgröße, sondern auch die inhaltliche Ausformulierung und deren Legitimierung.

In der ersten Auflage heißt es: „Säuglinge oder Kleinkinder sollten in der Regel nicht Bewerbern über 35 Jahre vermittelt werden“ (1983: 14). In der darauffolgenden Auflage (1988) gilt die 35-Jahre-Regel nur noch für Säuglinge, so dass prinzipiell auch ältere Bewerber*innen als Eltern infrage kommen. Die dritte Auflage (1994) nimmt dann expliziter den Altersabstand zwischen Bewerber*in und Kind als Maß und definiert, dass dieser in der Regel nicht größer als 35 bis 40 Jahre sein soll. In der vierten Auflage fällt die 35 aus der Empfehlung heraus. Nunmehr heißt es: „Dem Wohl des Kindes wird es [..] in der Regel nicht dienen, wenn der Altersabstand größer als 40 Jahre ist“ (2003: 16). Zu einer letzten Änderung in Bezug auf die Alterserwartungen an die Eltern kommt es in der siebten Auflage: die Benennung eines konkreten Lebensalters oder Mindestaltersabstands fällt weg. Das bedeutet keineswegs, dass das Alter bzw. der Altersabstand als irrelevant angesehen würden, denn vielmehr wird (wieder) eingeführt, dass das Altersverhältnis „einem natürlichen Altersabstand entsprechen“ (2014: 53) sollte.

Schauen wir uns die Legitimierungen genauer an, die mit den Angaben zum Alter(sabstand) variieren: In der ersten Auflage wird die Entsprechung zum „natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis“ (1983: 14) herangezogen, um das kalendarische Lebensalter auf 35 Jahre festzusetzen. Mit dem Verweis auf die Natur scheint keine weitere Erklärung notwendig; die selbstverständliche Vorstellung der Kopplung von biologischer („natürlicher“) und sozialer Elternschaft ist Vorbild.[27] Allerdings wird in den Empfehlungen keine Differenz zwischen Männern und Frauen eingezogen. Dass der Vater eines Kindes wesentlich älter ist als die Mutter, kommt zwar in der ‚Natur‘ (selten) vor, ist hier dennoch nicht vorgesehen.[28] In der dritten Auflage dient nicht mehr die Natur als Vorlage, sondern als zentrale Argumentationsgrundlage wird fortan das Kindeswohl für die (variierende) Altersbenennung in Anschlag gebracht. Die Relevanz des Alters der Eltern für das Wohl des Kindes wird dabei wie folgt legitimiert:

„Das Alter ist [..] ein Indikator, der auf andere Merkmale (z. B. Lebenserfahrung, Belastbarkeit, Flexibilität) verweist. Zu bedenken ist, daß auch das heranwachsende Kind belastbare Eltern benötigt. Dem Wohl des Kindes wird es daher in der Regel nicht dienen, wenn der Altersabstand größer als 35 bis 40 Jahre ist“ (1994: 18).

Damit wird das Alter zum Indikator für andere Merkmale. In der fünften Auflage wird der Zusammenhang zwischen Alter und Belastbarkeit weiter expliziert: „Insbesondere in der Phase der Pubertät und der beginnenden Auseinandersetzung mit der eigenen Identität können Eltern im fortgeschrittenen Lebensalter leichter an die Grenzen hinsichtlich ihrer Belastbarkeit gelangen“ (2006: 25). Nicht in der Gegenwart oder unmittelbaren Zukunft, sondern später, in vielleicht 10 bis 15 Jahren, kann das (dann noch weiter) fortgeschrittene Lebensalter zum Problem werden. Das (zukünftige) Lebensalter wird in dieser Argumentation zur wahrscheinlichen Ursache für die Abnahme der Belastbarkeit in der Zukunft. Alternative Deutungen des fortgeschrittenen Alters, wie die daran möglicherweise gekoppelte Etablierung im Beruf, die (gegenwärtig) Entlastung versprechen könnte, werden nicht thematisiert. Eine altersbedingte Einschränkung der Belastbarkeit wird antizipiert und legitimiert die Bestimmung einer Altersbegrenzung nach oben, die der Gesetzgeber so nicht vorgibt.[29] Zusätzlich legitimiert wird die Bestimmung durch den Verweis auf die aktuelle Rechtsprechung, die „unterstreicht, dass ein großer Altersabstand gegen ein Eltern-Kind-Verhältnis spricht“ (2006: 25) und der Staat hier in besonderer Verantwortung gegenüber dem Kind stehe – insbesondere dem zukünftigen, älteren Kind, das belastbare (also nicht zu alte) Eltern benötige.

In Bezug auf die Konzeption des Kindes deutet sich ebenfalls eine Perspektivverschiebung an. In der oben zitierten dritten Auflage (1994: 18) wird das Kind als ein heranwachsendes skizziert, das – wie alle Kinder – belastbare Eltern benötigt. In der fünften Auflage wird dabei an die „Phase der Pubertät und der beginnenden Auseinandersetzung mit der eigenen Identität“ (2006: 25) gedacht. In beiden Passagen birgt die biologische Reifung also Herausforderungen. Durch die Ergänzung „Auseinandersetzung mit der eigenen Identität“ wird jedoch zusätzlich der Raum für mögliche Spezifika des adoptierten Kindes aufgemacht. Dass das adoptierte Kind in besonderer Weise zur Identitätsarbeit herausgefordert sein könnte, wird hier zwar (noch) nicht explizit genannt, doch weist die Ergänzung in diese Richtung. Neu kommt in der siebten Auflage das Argument hinzu, dass das „Alter der Adoptiveltern [..] für das Kind über die Besonderheit der Adoption hinaus keine zusätzliche Belastung im Verhältnis zum familiären Umfeld Gleichaltriger darstellen“ (2014: 53) soll. Ergänzend geht es hier nun nicht mehr nur um eine altersbedingte Belastbarkeit der Eltern, sondern die Belastung der Kinder durch das fortgeschrittene Alter ihrer Eltern im Vergleich zu denen ihrer Peers. Angespielt wird hier entweder auf das (vermeintlich) höhere Alter der eigenen Eltern im Vergleich zu dem der Peers – und die im Vergleichen angelegte Gefahr, dass die biologische Fundierung von Elternschaft unfreiwillig infrage gestellt wird (vgl. Goffman 1967: 56 ff.) – oder auf die höhere Wahrscheinlichkeit, dass Adoptivkinder früher Sorge um die alten Eltern übernehmen müssen als ihre Peers. So oder so, die (alten) Eltern als potentielle Belastung treten hier in Erscheinung und gefährden potentiell eine entlastete Kindheit und Jugend.

Der historische Rückblick zeigt, dass das Alter ein wichtiges Kriterium für die Prüfung der Eignung (und später auch der Passung) war und ist. Gleichwohl variiert dessen Bestimmung: Erstens rutscht die Obergrenze des Alters im Laufe der Jahre nach oben, bis schließlich gar kein Lebensalter mehr genannt wird. Genau in diesem Moment wird allerdings der diffuse Verweis auf den „natürlichen Altersabstand“ (2014: 53) wieder eingeführt. Im Gegensatz zu einer numerischen Festschreibung ist dieser Hinweis deutlich interpretationsoffener. Zweitens variiert, was Alter meint: Von einer relativen starren Altersgrenze wird es zu einem Anzeichen für andere (Subjekt-)Merkmale wie die zukünftige Belastbarkeit der Bewerber*innen. Entsprechend ist eine fachliche Prüfung im Einzelfall gefordert, die weit über die Abfrage des kalendarischen Alters hinausgeht. Und drittens wird das Lebensalter als „alleiniges Auswahlkriterium“ als „nicht tauglich“ angesehen, „[v]ielmehr handelt es sich um ein Kriterium unter anderen, die im Hinblick auf die Bedürfnisse des zu vermittelnden Kindes miteinander in Beziehung zu setzen und abzuwägen sind“ (2019: 51 f.).

4.3 Die Berufstätigkeit: vom male-breadwinner Modell zur intensiven Elternschaft

Mit Blick auf die Erwartungen an Elternschaft ist die Berufstätigkeit – im Sinne eines Zeitproblems – ein überdauerndes Kriterium. So heißt es bereits in der ersten Auflage zur Berufstätigkeit:

„Das Kind braucht die seinem Entwicklungsstand entsprechende elterliche Zuwendung, die einer zeitlichen Abwesenheit Grenzen setzt. Daher sollte bevorzugt zu Bewerbern vermittelt werden, von denen nur einer außerhäuslich berufstätig ist. Bewerber, die ihre Berufstätigkeit den Bedürfnissen des Kindes anzupassen vermögen, müssen deshalb nicht in jedem Fall ihren Beruf für längere Zeit aufgeben. Es muß jedoch sichergestellt sein, daß die Erziehung des Kindes nicht überwiegend durch außerhalb der Familie stehende Personen wahrgenommen wird“ (1983: 15).

Eine geschlechtsspezifische Zuordnung der Aufgaben wird in den Empfehlungen nicht vorgenommen, doch zu vermuten ist, dass jede*r Vermittler*in eine Vorstellung davon hatte, wer die außerhäusliche Berufstätigkeit anpasst bzw. anpassen sollte. Das male-breadwinner Modell war in den 1980er Jahren nicht nur normative Erwartung, sondern auch empirische Realität, insbesondere in der Mittelschicht, die sich diese Aufgabenteilung finanziell leisten konnte (Bühler-Niederberger & König 2007). Als selbstverständliche Norm verliert das Modell in den Empfehlungen ab der dritten Auflage an Kontur. So wird die Voraussetzung, dass nur eine Person außerhäuslich berufstätig sein sollte, ersatzlos gestrichen, und auch von der Aufgabe des Berufs ist nicht mehr die Rede. Stattdessen wird auf die Möglichkeit von Erziehungsurlaub bzw. (später) Elternzeit hingewiesen (1994: 19). Wichtig bleibt jedoch die Anpassung der beruflichen Tätigkeit an die Bedürfnisse des Kindes. Dazu müssen die Bewerber*innen „bereit und in der Lage“ (2003: 17) sein, wie es später heißen wird. Abgefragt wird also die Haltung wie auch die finanzielle Möglichkeit, die Berufstätigkeit von (mindestens) einer Person einzuschränken. Unverrückbar bleibt bestehen, dass die Erziehung vorwiegend in der Familie stattzufinden hat. Zwar wird in diesem Satz nicht näher definiert, wer zur Familie gehört, doch geht es in der Passage um die Bewerber*innen, so dass vermutet werden kann, dass die Kernfamilie gemeint ist. Klar ist, dass die Erziehung nicht vorwiegend in Einrichtungen außer Haus oder durch Delegation an Dritte stattfinden soll.

In der fünften Auflage wird das Kriterium Berufstätigkeit erneut überarbeitet, insbesondere mit Blick auf den Aspekt, dass Erziehung überwiegend in der Familie stattfinden soll. Es heißt nun eingrenzend:

„Dies gilt besonders für das erste Jahr nach Aufnahme des Kindes in die Adoptivfamilie. In dieser Zeit sollte das Kind die ungeteilte Zuwendung einer Bezugsperson erhalten“ (2006: 28).

Soziologische Studien zeigen, dass hohe Zeitinvestitionen und ungeteilte Zuwendung Merkmale guter Elternschaft sind, vor allem ein „maternal presentism“ (Edgley 2021) ist Kernelement. Sie zeigen auch, dass dies nicht von allen (potentiellen) Eltern gleichermaßen realisiert werden kann bzw. will. In der siebten Auflage wird erstmals unter dem Stichwort Berufstätigkeit darauf verwiesen, dass Adoptionsvermittler*innen die Aufgabe haben, über familienpolitische Leistungen (wie Elterngeld und Elternzeit) zu informieren.[30] Gleichwohl können nicht von allen Adoptionsinteressierten die Anforderungen der „ungeteilten Zuwendung“ und der „stabilen sozialen Verhältnisse“ (2014: 59) gleichermaßen bedient werden.

Interessant ist ferner, genauer zu schauen, wie die Zeit der Anwesenheit in den Empfehlungen bestimmt wird, denn die Formulierung dazu verändern sich im Laufe der Zeit in bedeutsamer Weise: Vergleicht man die Auflagen von 1983, 2006 und 2019 so fallen mindestens drei Verschiebungen auf: Erstens wird aus der „ungeteilten Zuwendung“ (2006: 28), wie sie bereits in der ersten Auflage angelegt war, eine „intensive Zuwendung“ (2019: 56). Die neue Wortwahl lässt unweigerlich an das „intensive mothering“ erinnern, das S. Hays in den 1990er Jahren identifizierte, als eine zunehmend geteilte Vorstellung, nach der Erziehung einen hohen Einsatz von Zeit, Geld, Emotionen und Aufmerksamkeit von Müttern verlangt und unmittelbar mit Einschränkungen im Berufsleben einhergeht. Gleichwohl scheint sich mit der Verschiebung von „ungeteilt“ hin zu „intensiv“, wie er in den Empfehlungen vorgenommen wird, ein gewisser Spielraum für das Maß der täglichen Zeitinvestition zu öffnen. Eine zweite Verschiebung zielt auf die lebensgeschichtliche Dauer der Zeitinvestition. Wird in der ersten Auflage noch vermerkt, dass die Elternteile, die mit der Adoption keiner außerfamilialen Tätigkeit mehr nachgehen, „nicht in jedem Fall ihren Beruf für längere Zeit aufgeben“ (1983: 15) müssen, so wird genau dies als Ausnahme von der Regel markiert. In der fünften Auflage wird diese Zeit beschränkt gesehen auf „das erste Jahr nach Aufnahme des Kindes in die Adoptivfamilie“ (2006: 28). Dies korrespondiert mit der Verschiebung, die in den letzten Jahrzehnten zum normativen Muster guter Mutterschaft zu beobachten ist, mit der die Notwendigkeit der uneingeschränkten Verfügbarkeit der Mutter auf die ersten Lebensjahre des Kindes konzentriert wird (König et.al 2021). Eine dritte Verschiebung zeichnet sich in Bezug auf die Arbeits- und Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Paares ab. In der aktuellen Auflage wird erstmals die „intensive Zuwendung einer oder beider Adoptivelternteile“ (2019: 56) erwartet. War es bisher „eine Bezugsperson“, so wird nun explizit gemacht, dass beide Elternteile gleichermaßen diese Aufgabe übernehmen, ja diese sogar teilen können. Dass nur Eltern adäquate Personen sind, ist davon unberührt. So bleibt bis in die aktuelle Auflage unverändert der Hinweis bestehen, „dass die Erziehung des Kindes nicht überwiegend durch außerhalb der Familie stehende Personen wahrgenommen wird“ (2019: 56) – dass es sich auch hier um die Kernfamilie handelt, ist nahegelegt, insofern es im Weiteren heißt, dass „einer zeitlichen Abwesenheit der Eltern Grenzen“ gesetzt sind.

Legitimiert wird die Einschränkung der Berufstätigkeit zugunsten einer ungeteilten bzw. intensiven Zuwendung zum Kind mit Verweis auf die Bedürfnisse des Kindes. Erkenntnisse aus Entwicklungspsychologie und Bindungstheorie sind hier implizite Referenzen. Demnach ist die Zuwendung einer Bezugsperson, später auch von zwei Bezugspersonen, „für die Entwicklung tragfähiger Bindungen von erheblicher Bedeutung“ (2006: 27). Insbesondere das erste Jahr gilt als die relevante Zeitspanne für die Fähigkeit zum Bindungsaufbau. Während in den Empfehlungen der Bindungsaufbau als explizites Ziel benannt wird, ist im normativen Muster guter Kindheit bereits ein neues Ziel angelegt: Nun ist die frühe Kindheit im gesellschaftlichen Diskurs wie auch in institutionellen und elterlichen Praktiken die Phase der Förderung und Entwicklung. Die frühen Jahre gilt es nunmehr vor allem zu nutzen, um Kompetenzen und Fähigkeiten zu entwickeln, die für den weiteren Werdegang wichtig erscheinen (Frindte & Mierendorff 2017: 115). Gute Elternschaft beweist sich im hohen Bildungsoutput (Gaßmann & Mierendorff 2021: 144 f.). Nicht so beim adoptierten Kind: Hier bleibt der Blick ganz auf die Bindungsfähigkeit gerichtet.

Gleichwohl ist in den bindungstheoretischen Legitimierungen über die verschiedenen Auflagen hinweg eine sich verändernde Konzeption des Kindes eingewoben, die sich analog zu der entfaltet, wie wir sie im Kapitel zum Alter der Bewerber*innen gefunden haben: In der frühen Auflage geht es um die dem „Entwicklungsstand entsprechende elterliche Zuwendung“ (1983: 15). In der fünften Auflage wird das Kind hingegen nicht mehr bloß mit einem bestimmten Entwicklungsstand versehen, sondern es ist ein Kind mit einer eigenen „Vorgeschichte“ (2006: 28). Ein besonderer Bedarf an elterlicher Zuwendung von Zeit wird definiert und neu legitimiert mit Verweis auf die „Herkunftsfamilie“, die „für die weitere Entwicklung des Kindes bedeutsam bleibt“ (2006: 24).[31] Das heißt, das Kind wird zunehmend als Adoptivkind konzipiert. Entsprechend kann man mit Blick auf die Konzeption des Kindes kaum sagen, dass im Falle der Adoption „beide biologischen Elternteile durch soziale Eltern ersetzt“ (Peuckert 2019: 19) werden. Vielmehr geht es darum, die biologische Elternschaft zu bearbeiten, um gute Kindheit zu gewährleisten. Für dieses Unterfangen sind die sozialen Eltern zentral, sie sollen insbesondere die kindliche Entwicklung und den Aufbau von Bindungen unterstützen – und nicht etwa die Peers oder die Kita. Zwar ist das „soziale Umfeld“ seit der fünften Auflage ein eigenes Kriterium, doch wird dieses vor allem als Ressource verstanden, die „in Krisen- und besonderen Belastungssituationen zur Verfügung steht“ (2006: 28). Kindheit ist über alle Auflagen hinweg eindeutig (Kern-)Familienkindheit. Mit dem Verweis auf staatliche Unterstützungsangebote wie Elterngeld und Elternzeit, der erstmals in der siebten Auflage (2014) zu finden ist, scheint für alle Bewerber*innen gleichermaßen die Möglichkeit der intensiven Zuwendung offen zu stehen. Die rechtlichen Regelungen bieten hier keine Ausrede (mehr) für andere Ideen von Familie und Kindheit.

4.4 Die Persönlichkeit: flexibel, empathisch und in hohem Maße selbstreflektiert

Mit Blick auf die Erwartungen an Elternschaft wird ab der dritten Auflage die Persönlichkeit zu einem relevanten Kriterium. Dieser erste ‚Auftritt‘ der Persönlichkeit ist allerdings noch etwas verhalten, sie findet sich vorerst subsummiert unter „weitere Merkmale“ (1994: 21). Vermittler*innen sollen sich „einen allgemeinen Überblick über die Persönlichkeitsstruktur der Bewerber verschaffen und dies unter besonderer Berücksichtigung des individuellen Selbstkonzeptes (Einstellungen, Wahrnehmungen zur eigenen Person) tun“ (ebd.). Angeboten wird ein Katalog „psychologischer Eignungskriterien“ (1994: 20), um die „Persönlichkeit“ greifbarer zu machen. Genannt werden dort Eigenschaften wie Flexibilität, Belastbarkeit, Problemlösestrategien, Selbstkonzepte, Empathie, Toleranz und emotionale Ausdrucksfähigkeit. Die aufgeführten Stichworte könnten aus Beschreibungen der neuen Mittelklasse stammen, wie sie in kultursoziologischen Studien zu finden sind. Folgen wir etwa Andreas Reckwitz (2019: 96), so ist die neue Mittelklasse der Spätmoderne beschreibbar über ihre Leitprinzipien, wie etwa „Flexibilität, Mobilität, Unternehmertum, Kreativität, lebenslanges Lernen […] emotionale Kompetenz, Toleranz, Diversität“. Vielen gesellschaftlichen Bereichen habe die neue (urbane, akademische) Mittelklasse bereits ihren kulturellen Stempel aufgedrückt. Auch die Vorstellungen von ‚guter Elternschaft‘, wie sie die Empfehlungen grundieren, bleiben davon, so deutet sich an, nicht unberührt, bzw. anders gewendet, passt demnach die neue Mittelklasse am besten zu den normativen Erwartungen an Eltern, wie wir sie in den Empfehlungen formuliert finden. In der vierten Auflage werden die allgemeinen Persönlichkeitsmerkmale ergänzt um spezifische Fähigkeiten, die Adoptionseltern mitbringen sollen, und zwar mit Blick auf den „Umgang mit ihrer ungewollten Kinderlosigkeit bzw. mit dem Verlust eines Kindes“, die „Akzeptanz gegenüber den Herkunftseltern“ und „Bereitschaft zur Aufklärung des Kindes über seine Abstammung“ (2003: 19). In der fünften Auflage (2006: 26) wandert die „Persönlichkeit“ an die Spitze des Kapitels und gibt dem Unterkapitel nunmehr auch den Namen. In der einzig markanten Ergänzung in dieser Auflage wird die Notwendigkeit „zum kontinuierlich offenen Umgang mit der Vorgeschichte des Kindes“ (ebd.: 25) betont – ein Prozess, der die Adoptionsfamilie lebenslang begleiten werde. Weiter verlängert wird der Kriterienkatalog erst in der siebten Auflage: „die Motivation zur Adoption“ wie auch „die Bereitschaft, die eigene Lebenssituation auf die Bedürfnisse des anzunehmenden Kindes einzustellen“ (2014: 52) sollen im Bewerbungsprozess zum Thema gemacht werden.

Im Laufe der Jahre werden die Bewerber*innen (wie auch das Kind und die leiblichen Eltern) zunehmend verstanden als Individuen mit einer Vorgeschichte. Genau diese gilt es nun zu reflektieren. Mitbringen müssen die Bewerber*innen die Fähigkeit und Bereitschaft zur Arbeit an der Biographie – und zwar der eigenen, der des Kindes wie ggf. auch der abgebenden Eltern.

Ein solches selbstreflektiertes und -interessiertes Subjekt fundiert auch das Kriterium der „Lebensziele/Lebenszufriedenheit“, das ebenfalls in der dritten Auflage als eigener Punkt eingeführt wird. Da dieser inhaltlich unmittelbar an die „Persönlichkeit“ anschließt, soll er hier ergänzend vorgestellt werden.

„Lebensziele, Wertorientierungen sowie die subjektive Wahrnehmung davon, ob der bisherige bzw. antizipierte Lebensverlauf eine Annäherung oder Entfernung von diesen Zielen gebracht hat oder bringen wird, sind wesentliche Grundlagen allgemeiner Lebenszufriedenheit und der Handlungsmotivation der Bewerber“ (1994: 21).

Individuelle Lebensziele zu haben, wird vorausgesetzt. Ob man im Leben erreicht hat, was man anstrebte, gilt als Indiz für die Lebenszufriedenheit. Welchen Stellenwert dabei der Wunsch nach einem Kind hat, und ob die Aufnahme eines Kindes mit anderen Lebenszielen kollidieren oder aber mit zu hohen Erwartungen an das Kind verbunden sein könnte, gilt es im Gespräch auszuloten (ebd.: 21).

Legitimiert wird die Relevanz der Persönlichkeit wie auch der Lebensziele und -zufriedenheit damit, dass ein Umfeld gesucht wird, in dem ein Kind sich nach seinen Bedürfnissen entwickeln kann. Dazu bedarf es Eltern, die sich auf diese Erfordernisse einlassen wollen und können, um das Kind in seinem biographischen Projekt zu unterstützen. In der aktuellen Auflage heißt es dazu weiter: „Die Vorstellung von einem sinnerfüllten Leben sollte sich nicht ausschließlich auf das zu vermittelnde Kind beziehen“ (2019: 53). Selbstverwirklichung, Selbstmanagement und Selbst-Zurücknahme sind gleichermaßen im Sinne der Kindszentrierung verlangt.

Das Kind verspricht zwar ein stückweit ein sinnerfülltes Leben, doch darf von ihm nicht zu viel erwartet werden. Hier kommt die Ambivalenz zum Tragen, die schon bei Hays (1998) skizziert ist, nämlich dass von guten Eltern/Müttern einerseits ein sinnerfülltes Leben, „ein Stück eigenes Leben“ (Beck-Gernsheim 1983) erwartet wird, denn nicht vom Kind soll die Erfüllung für das eigene Leben erhofft werden. Gleichzeitig wird aber die ungeteilte/intensive Zuwendung zum Kind von den Eltern/Müttern eingefordert. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der zeitlichen Investition, sondern auch um deren Güte. Mitbringen sollen die Eltern ein hohes Maß an Selbstreflexion. So heißt es in der aktuellen Auflage zum Aspekt Persönlichkeit: „Adoptivkinder brauchen Eltern, die über ein reflektiertes Selbstkonzept (Einstellungen, Wahrnehmungen zur eigenen Person, eigenes Verhalten) verfügen“ (2019: 50).

Ob die Eltern über ein solches verfügen, soll im Bewerbungsverfahren ausgelotet werden, nicht im Sinne einer Abfrage, sondern im gemeinsamen Prozess. Das bedeutet, dass die Bereitschaft und Fähigkeit zur Arbeit am Selbst bereits eine Grundvoraussetzung ist, um am Adoptionsprozess teilnehmen zu können. So geht es beispielsweise nicht bloß darum Lebensziele/-zufriedenheit gegenüber den Vermittler*innen offenzulegen, vielmehr soll das gemeinsame Gespräch „die Möglichkeit gegeben, Wünsche der Bewerber mit der Realität in Einklang zu bringen“ (2003: 19). Für den Bewerbungsprozess bedeutet dies, dass Bewerber*innen nicht bloß im Hinblick auf ihre Eignung geprüft werden, sondern ihre Geeignetheit im besten Fall gemeinsam hergestellt wird.

Schaut man sich die Erwartungen an Elternschaft an, so treffen diese auf ein Kind, das den Raum erhalten soll, „sich selbst zu werden“ – so formuliert es de Singly (2005, zitiert in: Bühler-Niederberger 2020: 34 ff.) als kategorischen Imperativ der Erziehung in Gegenwartsgesellschaften. In den jüngeren Auflagen wird das Kind gleichzeitig als ‚Adoptionskind‘ konzipiert und dergestalt zu einem besonderen Kind mit besonderen Ansprüchen an die Eltern gemacht. Sind die Anforderungen an die Eltern besonders hoch, so sollen gleichzeitig ihre Erwartungen an das Kind besonders niedrig sein.

4.5 „Erziehungsleitende Vorstellungen“ und „Partnerschaftliche Stabilität“: Der Rahmen für die beste Entwicklung

Wird mit dem Kriterium „Persönlichkeit“ das Individuum und seine individuelle „Lebenszufriedenheit“ fokussiert, so steht bei den beiden folgenden Kriterien die Beziehungsqualität zu anderen Personen im Fokus: Zum einen zum Kind, im Sinne der „erziehungsleitenden Vorstellungen“, zum anderen zum*zur Partner*in, im Sinne der „partnerschaftlichen Stabilität“. Um diese beiden Aspekte, welche in der dritten Auflage eingeführt wurden, soll es im Folgenden gehen.

Einführend wird zu den „erziehungsleitenden Vorstellungen“ erläutert, wodurch erzieherisches Handeln bestimmt wird, nämlich durch „(kurzfristige) Zielvorstellungen, in denen sich allgemeinere Wertvorstellungen manifestieren, den persönlichen Erziehungsstil sowie durch individuell verfügbare spezifische Erziehungstechniken“ (1994: 21). Um eine Prognose über die künftige Erziehung abgeben zu können, wird den Adoptionsvermittler*innen angeraten, diese Aspekte zu thematisieren. Mit Blick auf die Erwartungen an Elternschaft ist auch bei diesem Kriterium ein Wandel zu verzeichnen. Ergänzt wird in der vierten Auflage der persönliche Erziehungsstil durch das Stichwort „eigene Erziehungserfahrungen“ (2003: 18), d. h. auch hier werden die Biographie und die biographische Selbstreflexion zu zentralen Größen. In der aktuellen Auflage wird die Notwendigkeit betont, „dass sich die Fachkräfte ausführlich mit den Bewerberinnen und Bewerbern über deren Erziehungsstile, erlebte Verhaltensmuster und verinnerlichte Beziehungs- und Bindungsmuster auseinandersetzen und diese im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse von Adoptivkindern zu beraten“ (2019: 55).

Der Ansatz ist auch hier ein psychologischer, der eigenes Handeln aus erlebten Erfahrungen ableitet, grundsätzlich aber in Rechnung stellt, dass der Mensch erlebte und verinnerlichte Muster bearbeiten kann, angeleitet durch die Vermittler*innen, die in der historischen Gesamtschau immer stärker zu Berater*innen und Coaches werden. Das Verfügbarmachen und Aufarbeiten der eigenen Erziehungserfahrungen wird als Vorhersagewert für zukünftiges Erziehungshandeln gesehen. In der aktuellen Auflage wird dies wie folgt auf den Punkt gebracht: „Bewerberinnen und Bewerber sollen vermeiden, unreflektiert eigene erlebte Erziehungsmuster auf das zu vermittelnde Kind zu übertragen“ (2019: 55). Das hohe Maß an Selbstreflexion erhält so Legitimation.

Das Kriterium „partnerschaftliche Stabilität“ wird eingeführt mit dem Satz: „Für ein Kind ist es von zentraler Bedeutung, sich innerhalb intakter und dauerhafter Familienbeziehungen entwickeln zu können“ (1994: 20). Dies ist einer der wenigen Sätze, der in den nachfolgenden Auflagen unverändert bestehen bleibt. Partnerschaftliche Stabilität ist somit eine zentrale Erwartung an Elternschaft. Damit orientiert sich die Empfehlung weiterhin an dem „Leitbild der modernen bürgerlichen Familie“, das auf der lebenslangen Ehe fundiert (Peuckert 2019: 15). Allerdings ist nun nicht mehr der Ehestatus der Garant für die Stabilität, sondern das partnerschaftliche Tun. In der darauffolgenden Auflage wird die Qualität der Partnerschaft weiter spezifiziert:

„Eine stabile und lebendige Partnerschaft fußt auch auf der gemeinsamen Bewältigung von Krisen und anderen Belastungen und ist somit eine Voraussetzung für die Entwicklung tragfähiger Familienbeziehungen. In diesem Sinne ist es wichtig, mit den Bewerbern die Entwicklung ihrer Beziehung sowie ihre Konfliktbewältigungsstrategien zu reflektieren“ (2003: 18).

Nicht die harmonische Partnerschaft ist das Ideal,[32] sondern die „lebendige“, die konstruktiv gemeinsam Probleme bearbeitende Partnerschaft. Auch hier sind die Adoptionsvermittler*innen gefordert, vorliegende Kompetenzen nicht bloß zu attestieren, sondern „mit den Bewerberinnen und Bewerbern die Entwicklung und Qualität ihrer Paarbeziehung sowie ihre Kommunikationsstrukturen und Konfliktbewältigungsstrategien zu reflektieren“ (2019: 53).

Legitimiert wird die Partnerschaft, die auf einem konstruktiven Austausch beruht, wie auch die auf Dauer gestellte Familienbeziehung als der beste Rahmen für die kindliche Entwicklung.[33] So wird die Relevanz der partnerschaftlichen Stabilität etwa folgendermaßen begründet:

„Die Stabilität und Zufriedenheit der elterlichen Partnerschaft stellen nicht nur den äußeren Rahmen für die Entwicklung dar, sondern sind darüber hinaus die wesentlichen Faktoren für das familiäre Klima und haben eine Modellfunktion für die kindliche Entwicklung. Es ist wichtig, daß es der Fachkraft gelingt, den Bewerbern gegenüber den Zusammenhang zwischen partnerschaftlicher Zufriedenheit und prospektivem Entwicklungsverlauf darzustellen“ (1994: 29).

Das Kind, von dem aus in den beiden Kapiteln argumentiert wird, ist weniger das gegenwärtige Kind und dessen subjektives Wohlbefinden, sondern ein Wesen, das im Entwicklungsprozess nicht durch familiale Veränderungen gestört werden soll. Insgesamt taucht der Begriff „Entwicklung“ gleich drei Mal in dem kurzen Zitat oben auf. Die Gegenwart des Kindes wird dort zwar unter dem Stichwort „familiäre Klima“ in den Blick genommen, verschwindet aber hinter dem am Ende relevant gemachten „prospektiven Entwicklungsverlauf“. Eine zweite Stelle, an der die Gegenwart des Kindes im Fokus steht, ist die Passage zur gewaltfreien Erziehung in der aktuellen Auflage: „Für die positive Entwicklung eines Kindes, sein Wohlbefinden, die Akzeptanz und Achtung seiner Würde wird eine gewaltfreie Erziehung vorausgesetzt“ (2019: 55). Die gewaltfreie Erziehung, wie sie seit 2001 als Recht von Kindern im Bürgerlichen Gesetz festgeschrieben ist, wird hier als Voraussetzung für gute Elternschaft benannt – nicht nur im Interesse der „positiven Entwicklung“, sondern auch des Wohlbefindens und der Würde des Kindes. Weiter spezifiziert wird der Erziehungsstil nicht. Während zwischen den Partner*innen ein egalitärer, gesprächsbasierter Beziehungsstil positiv bewertet wird, ist in Bezug auf die Beziehung zum Kind kein bestimmter Stil besonders hervorgehoben. Das Kind bleibt in dieser Konstellation etwas farblos, als eigenständiger Akteur wird es kaum sichtbar.

5 Fazit

Die „Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung“ ermöglichen einen Zugang zu dem, was als gute Elternschaft gilt bzw. wer als (nicht) geeignet für Elternschaft angesehen wird (vgl. Hoffmann-Riem 1985: 13). Sie sind zum einen als Produkt des Diskurses um gute Elternschaft zu verstehen, zum anderen fungieren sie als Orientierung und Legitimierung für Adoptionsvermittler*innen, welche die Eignung von Bewerber*innen als Eltern prüfen und die passenden Eltern für ein spezifisches Kind auswählen sollen. Da die Empfehlungen seit nunmehr fast 40 Jahre vorliegen, erlauben sie es, die Definition guter Elternschaft und des damit unweigerlich verbundenen normativen Musters guter Kindheit in seiner Konstanz wie auch seiner Variabilität aufzuweisen.

Mit Blick auf die Erwartungen an Eltern sind zum einen ‚harte‘, scheinbar objektiv bestimmbare Statuskriterien wie Berufstätigkeit der Bewerber*innen, Religionszugehörigkeit und Alter ein stückweit zurückgedrängt worden. An ihre Stelle treten ‚weichere‘ Kriterien des Subjekts – zugespitzt im Kriterium der ‚Persönlichkeit‘, welches seit der fünften Auflage (2006) die Kriterienliste anführt. Zum anderen wurden ‚harte‘ Kriterien ‚weicher‘, indem sie in ihren Umschreibungen interpretationsbedürftiger werden: So hat das maximale Alter der Bewerber*innen im Laufe der Zeit seinen grenzziehenden Charakter verloren und wird nunmehr als Indiz für andere Qualitäten gehandelt; ähnlich verliert die Aussage zur Berufstätigkeit an Kontur, insofern die außerhäusliche Berufstätigkeit nicht mehr kategorisch für eine Person ausgeschlossen wird. Stattdessen werden nun der Wille und die Möglichkeit zur ‚intensiven Zuwendung‘ zum Kind von einem oder beiden Adoptivelternteilen vorausgesetzt. Während die ‚objektiven‘ Kriterien eine interpretationsbedürftige, persönlichere Färbung erhalten, kommen gleichzeitig neue Kriterien hinzu, die unmittelbar auf das ‚Innere‘ der Bewerber*innen zielen. Dazu zählen die Beziehungsqualitäten zum*zur Partner*in wie auch zum antizipierten Kind, die Grundlage der Bewertung werden, als auch grundsätzlich die Fähigkeit und Bereitschaft zur Arbeit am retrospektiven und prospektiven Selbst. Der identifizierte Wandel von objektiven Statuskriterien hin zum selbstreflektierten Subjekt, ist unmittelbar anschlussfähig an die Überlegungen von Niklas Rose zum „regime of the self“ (1998: 157), wonach jeder und jede gefordert ist, sich selbst zu einem Projekt zu machen. Gefragt sind die Fähigkeiten eines „emotional self“ (Illouz 2011) oder auch eines „unternehmerischen Selbst“ (Bröckling 2012), das sich zu reflektieren und zwischen den Mitbewerber*innen herauszuheben vermag. Emotional-affektiv wie auch rational-selbstreflektiert das Selbst bearbeiten zu können ist ein eigenständiges Kapital im Bewerbungsprozess, und dies auf zweierlei Ebenen: zum einen als Fähigkeit, die von guten Eltern mit Blick auf das Kind erwartet wird, zum anderen als Fähigkeit, die im Vermittlungsprozess benötigt wird. Denn gerade mit der Verschiebung vom Status zum selbstreflektieren Subjekt ist eine stärkere Indienstnahme der Bewerber*innen an der Mitarbeit im Verfahren begründet.

Eine Verschiebung vom Status zum selbstreflektierten Subjekt bedeutet nicht, dass Bewerber*innen statusunabhängig gleiche Chancen bei der Vermittlung hätten. Im Gegenteil. Mit Blick auf die verlangte „Persönlichkeit“ kann die These aufgestellt werden, dass die Adoptionsvermittlung an einem Mittelklasse-Habitus orientiert ist, insofern das emotionale und unternehmerische Selbst den Prozess begünstigen und der Vorstellung guter Eltern eher entsprechen. Die Leitprinzipien der neuen Mittelklasse, wie sie etwa Reckwitz (2019: 96) benennt, werden auch hier zur Norm. Zumindest zeichnet sich dies in den Empfehlungen so ab.[34]

Daten darüber, wer eine Adoptionsvermittlung überhaupt aufsucht bzw. welche Interessent*innen sich nicht bewerben, liegen nicht vor. Die für das projektierte Forschungsvorhaben von uns geführten Interviews mit Adoptionsvermittler*innen lassen eine vorsichtige Einschätzung zu, nach der Bewerber*innen mit akademischem Abschluss häufiger vorstellig werden. Das kann daran liegen, dass sie vermehrt den Kinderwunsch so weit nach hinten verschieben, dass dessen Realisierung problematisch wird und sie deshalb überproportional häufig eine Bewerbung einreichen. Eine andere Lesart wäre, dass sich Bewerber*innen mit oder gar ohne Berufsausbildung weniger Chancen im Vergleich zu den antizipierten Mitbewerber*innen ausrechnen und sich (im Sinne Bourdieus) selbst eliminieren bzw. sie sich nicht passend für den Prozess fühlen – womit sie vermutlich nicht ganz unrecht haben.

Wie wird die Verschiebung vom Status zum selbstreflektierten Subjekt nun in den Empfehlungen legitimiert? Rose (1998) zeigt, wie die Psychologie die Weise des Nachdenkens über uns selbst und der Arbeiten am Selbst zunehmend fundiert hat. Mit Blick auf die Bewerber*innen wird die Psychologie ebenfalls zum zentralen Deutungsrahmen. Im Laufe der 40 Jahre ihres Bestehens werden die Bewerber*innen zunehmend als Personen mit einer belastenden Vorgeschichte konturiert. Insofern diese mit den Bedürfnissen des Kindes zu kollidieren droht, wird die biographische Arbeit zur Notwendigkeit.[35] Analog zur Umdefinition der Eltern erfährt auch die Konzeption des Kindes einen Wandel: In allen Auflagen wird – ganz im Sinne des Auftrags der Vermittler*innen – auf das Interesse des Kindes als zentrale Richtschnur verwiesen. Die Analyse der Konzeption vom Kind, wie es als Referenzpunkt entworfen wird, deckt jedoch eine tendenzielle Verschiebung auf: In den frühen Auflagen ist das Kind vor allem qua seiner natürlichen, kindlichen Bedürfnisse definiert. Diese näher zu erläutern erschien unnötig. Im Laufe der Auflagen wird das Kind – vergleichbar zu den Adoptivbewerber*innen – immer stärker zu einem Subjekt mit Vorgeschichte, die es bei der Herstellung einer Familie zu berücksichtigen gilt. Damit wird es zu einem ‚Adoptionskind‘ gemacht, das besondere Bedürfnisse mitbringt. Eine psychologische Perspektive ist also auch hier zunehmend leitend, mit der einerseits die (antizipierte) Entwicklung des Kindes fokussiert wird und andererseits als selbstverständlich gesetzt wird, dass das Kind seine Adoption später zu einem identitären Projekt machen wird. Dies gilt es vorzubereiten und zu begleiten. Das heißt, die äußerst anspruchsvollen Anforderungen an die Eltern werden insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Förderlichkeit für die kindliche Entwicklung – im Sinne der Bindungsfähigkeit – und für die spätere Biographiearbeit – im Sinne eines „regime of the self“ (Rose 1998) – legitimiert. Auffallend ist, dass die aktuelle Debatte über Kompetenzförderung und die Optimierung der Bildungsanlagen in der (frühen) Kindheit hier keinen Widerhall findet. Die Bindungsfähigkeit des Kindes herzustellen ist das zentrale Ziel. Präziser formuliert: Die Bindungsfähigkeit des ‚Adoptivkindes‘, denn es ist seine spezifische Ausgangslage, welche die Entwicklung zu gefährden droht und die es zu bearbeiten gilt.

Dieses Ergebnis zur Besonderung wirft für uns die Frage auf, inwiefern die Empfehlungen überhaupt Aussagen über das normative Muster guter Kindheit erlauben, wenn hier ein besonderer Fall konstruiert wird – zumindest in den neueren Auflagen. So zeigt die Analyse, dass die Nicht-Kopplung von biologischer und sozialer Elternschaft zunehmend als Abweichung verstanden wird und spezifische Erwartungen an gute (soziale) Elternschaft formuliert werden. Damit eröffnen die Empfehlungen einen Zugang zu selbstverständlichen Vorstellungen über Kindheit/Familie, die beim „Normalfall“ (Hoffmann-Riem 1985: 13) in der Regel nicht expliziert werden. Erkennbar wird beispielsweise, dass das normative Muster guter Kindheit jüngerer Zeit inkludiert, dass Kinder über ihre eigene ‚Geschichte‘ nachdenken (können), insbesondere eben dann, wenn sie eine Vorgeschichte haben. Mit Blick auf das normative Muster guter Elternschaft kann festgehalten werden, dass die Kompetenzen, die gegenwärtig von Bewerber*innen verlangt werden (etwa hohe Selbstreflexion und emotionale Ausdrucksmöglichkeiten), sich nicht von dem unterscheiden, was auch in anderen Diskursen über gute Elternschaft in Anschlag gebracht wird, auch wenn hier die Herausforderungen (Bindung statt Bildung) andere sind.

Die Analyse der Empfehlungen kann als eine „Analyse der Subjektivierungs(an)gebote“ verstanden werden. Was sie nicht erklären kann ist, „wie und ob die Akteur_innen diese Angebote auch wahrnehmen oder welche Relevanz sie in ihrer alltäglichen Praxis tatsächlich entfalten“ (Geimer et al. 2019: 4). Inwiefern das normative Muster guter (Adoptiv-)Kindheit bzw. Elternschaft sich in der Praxis der Professionellen wie der Bewerber*innen wiederfindet, wie unterschiedliche Vorstellungen guter Elternschaft in den Interaktionen aufeinander treffen und gewichtet werden bzw. welche Umdeutungen im Verlauf des Vermittlungsprozesses stattfinden, aber auch welche Rolle Artefakte (etwa Bögen zur Selbstauskunft der Bewerber*innen) bei der (Re-)Produktion einer bestimmten normativen Vorstellung von guter Elternschaft/Kindheit spielen, sind Fragen, die wir in unserem projektierten Forschungsvorhaben verfolgen.[36] Ein interviewbasiertes Vorgehen erlaubt beispielsweise, detailliert zu erfassen, anhand welcher Bewertungskriterien die Vermittler*innen ihre Fallgeschichten – positive wie negative Verläufe – in welcher Weise entfalten.[37] Anders als in den Empfehlungen, die den Blick auf einzelne Bewerber*innen richten, ist in der Praxis der Vermittler*innen auch der Vergleich von Bewerber*innen verlangt. Während die Bewerber*innen in einem ersten Schritt – im Sinne der Gleichheitsunterstellung (Heintz 2010: 164) – vergleichbar gemacht werden, indem sie als ‚geeignet‘ klassifiziert werden, muss im nächsten Schritt – im Sinne der Differenzbeobachtung (ebd.) – vergleichend die Wahl für ein Paar getroffen werden. Insbesondere beim zweiten Schritt spielen Kriterien hinein, die außerhalb der Bewerber*innen liegen, wie beispielsweise die Wünsche der abgebenden Eltern aber auch organisationale oder regionale Bedingungen. Die Empfehlungen, die vor allem bei der Eignungsprüfung der Einzelfälle als Orientierung dienen, sind von solch externen Kriterien ein stückweit entlastet. Gerade dies erlaubt es, den Blick unverstellt auf das normative Muster guter Elternschaft bzw. Kindheit und dessen Wandel im Laufe der Zeit zu legen.

About the authors

Prof. Dr. Alexandra König

Alexandra König, geboren 1972 in Solingen. Studium der Sozialwissenschaften in Wuppertal. Promotion in Hagen; Habilitation in Wuppertal. 1998–2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Universitäten Dortmund, Hagen und Wuppertal; 2011–2017 akademische Rätin an der Bergischen Universität Wuppertal; seit 2017 Professur für Sozialisationsforschung an der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Kindheits-, Jugend- und Familienforschung, Bildung/Sozialisation, Kultur, Tier-Mensch-Grenzziehungen. Wichtigste Publikationen: Spielfelder des Selbst (2019), Sozialisation (zusammen mit H. Abels) (2016), Challenging times – Methods and Methodological Approaches to Qualitative Research on Time (zusammen mit E. Schilling) (2020), Good mothers – good children: temporary labour migration of Polish women (zusammen mit D. Bühler-Niederberger/K. Jendrzey) (2021); Kleider schaffen Ordnung (2006).

Dr. Arne Niederbacher

Arne Niederbacher, geboren 1970 in Ostfildern-Ruit. Studium der Sozialwissenschaften in Wuppertal und Wien. Promotion in Dortmund. Von 2000–2010 wissenschaftlicher Mitarbeiter und von 2010–2012 akademischer Rat an der Technischen Universität Dortmund; seit 2012 akademischer Oberrat ebendort. Forschungsschwerpunkte: Jugend-, Organisations-, Protest- und Spielkulturen. Wichtigste Publikationen: Laboratorium statt Moratorium (mit P. Eisewicht und R. Hitzler) (2016); Leben in Szenen (mit R. Hitzler) (2010).

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  • 2019: 8., neu bearbeitete Auflage.

Autor:innenvorstellung

Tab. 2:

Übersicht aller Unterkapitel des Kapitels zu den Bewerber*innen, die ein Prüfkriterium zum Thema haben

1983

1988

1994

2003

2006

2009

2014

2019

Altersverhältnis

Altersverhältnis

Altersgrenzen

Altersgrenzen

Persönlichkeit

Persönlichkeit

Persönlichkeit

Persönlichkeit

Gesundheit

Gesundheit

Einkommensverhältnisse

Einkommensverhältnisse

Alter

Alter

Alter

Alter

Religionszugehörigkeit

Religionszugehörigkeit

Wohnverhältnisse

Wohnverhältnisse

Gesundheit

Gesundheit

Gesundheit

Gesundheit

Berufstätigkeit der Bewerber

Berufstätigkeit der Bewerber

Berufstätigkeit

Berufstätigkeit

Lebensziele/-zufriedenheit

Lebensziele/-zufriedenheit

Lebensziele/-zufriedenheit

Lebensziele/-zufriedenheit

Kinder in der Adoptionsfamilie

Kinder in der Adoptionsfamilie

Religionszugehörigkeit

Religionszugehörigkeit

Partnerschaftliche Stabilität

Partnerschaftliche Stabilität

Partnerschaftliche Stabilität

Partnerschaftliche Stabilität

Alleinstehende

Alleinstehende

Gesundheit/Behinderung

Gesundheit/Behinderung

Alleinstehende Bewerber

Alleinstehende Bewerber

Alleinstehende Bewerberinnen und Bewerber

Alleinstehende Bewerberinnen und Bewerber

Soziales Umfeld

Soziales Umfeld

Lebensgemeinschaften

Lebensgemeinschaften

Lebensgemeinschaften (LG)

– Nichteheliche/Nichtverpartnerte LG

– Eingetragene LG

Lebensgemeinschaften (LG)

– Nichteheliche/Nichtverpartnerte LG

– Eingetragene LG

– Gleichgeschlechtliche Ehen

Vorstrafen

Vorstrafen

Erziehungsleitende Vorstellungen

Erziehungsleitende Vorstellungen

Erziehungsleitende Vorstellungen

Erziehungsleitende Vorstellungen

Kinder in der Adoptivfamilie

Kinder in der Adoptivfamilie

Kinder in der Familie

Kinder in der Familie

Kinder in der Familie

Kinder in der Familie

Partnerschaftliche Stabilität

Partnerschaftliche Stabilität

Wohnverhältnisse

Wohnverhältnisse

Wohnverhältnisse

Wohnverhältnisse

Erziehungsleitende Vorstellungen

Erziehungsleitende Vorstellungen

Berufstätigkeit

Berufstätigkeit

Berufstätigkeit

Berufstätigkeit

Lebensziele/Lebenszufriedenheit

Lebensziele/Lebenszufriedenheit

Wirtschaftliche Verhältnisse

Wirtschaftliche Verhältnisse

Wirtschaftliche Verhältnisse

Wirtschaftliche Verhältnisse

Weitere Merkmale

Weitere Merkmale

Vorstrafen

Vorstrafen

Vorstrafen

Vorstrafen

Legende:

Die gelben Felder markieren jene Unterkapitel, die im Laufe der Zeit wegfallen (1988 bzw. 2003)

Die grauen Felder markieren jene Unterkapitel, die im Laufe der Zeit neu hinzukommen (ab 1994: hellgrau; ab 2006: dunkelgrau).

Die weißen Felder markieren jene Unterkapitel, die durchgehend Teil der Empfehlungen sind (teils in etwas geänderter Bezeichnung).

Published Online: 2022-10-01
Published in Print: 2022-09-30

© 2022 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter.

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Downloaded on 24.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfsoz-2022-0018/html
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