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un/doing age: Multiperspektivität als Potential einer intersektionalen Betrachtung von Differenz- und Ungleichheitsverhältnissen

  • Grit Höppner

    Grit Höppner, geb. 1981. Studium der Sozialen Arbeit, Gender Studies und Soziologie in Leipzig und Wien (A). Von 2011 bis 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin (prae-doc) der Professur für Gender Studies, Universität Wien, mit Forschungsaufenthalt am Graduate Center, City University of New York, USA. Von 2016 bis 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin (post-doc) der Professur für Sozialisation, Institut für Soziologie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Seit 2017 Professorin für Theorien und Konzepte der Sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule NRW.

    Wichtige Publikationen: G. Höppner & A. S. Richter (2020): Neuvermessung des Alter(n)s. Zum Mehrwert einer affektbasierten und ungleichheitssensiblen Bestimmung des Verhältnisses von Raum und Alter(n). Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 53: 395–400, DOI: 10.1007/s00391-020-01743-0; G. Höppner G. & M. Urban (2018): Where and how do aging processes take place in everyday life? Answers from a new materialist perspective. Frontiers in Sociology 3(7), DOI: 10.3389/fsoc.2018.00007; G. Höppner (2015): Embodying of the self during interviews: An agential realist account of the non-verbal embodying processes of elderly people. Current Sociology 65(3): 356-375, DOI: 10.1177/0011392115618515

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    and Anna Wanka

    Anna Wanka, geb. 1987 in Wien. Studium der Soziologie und Rechtswissenschaften in Wien (A). Von 2009 bis 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin (prae-doc) am Institut für Soziologie, Forschungsschwerpunkt „Familie, Generationen, Lebenslauf und Gesundheit“, seit 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin (post-doc) im DFG-Graduiertenkolleg „Doing Transitions“ an der Goethe Universität Frankfurt am Main.

    Wichtigste Publikationen: A. Wanka (2019): Change Ahead—Emerging Life-Course Transitions as Practical Accomplishments of Growing Old(er). Frontiers in Sociology. https://doi.org/10.3389/fsoc.2018.00045; A. Wanka, L. Wiesböck et al. (2018): Everyday Discrimination in the Neighbourhood: What a ‘Doing’ Perspective on Age and Ethnicity Can Offer. Ageing and Society, 1–26. https://doi.org/10.1017/S0144686X18000466; A. Wanka & V. Gallistl (2018): Doing Age in a Digitized World—A Material Praxeology of Aging with Technology. Frontiers in Sociology 3: 6. https://doi.org/10.3389/fsoc.2018.00006

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Published/Copyright: March 9, 2021
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Zusammenfassung

In der aktuellen Soziologie werden Diskussionen über die Herstellung von sozialen Differenzkategorien, deren Wechselwirkungen und damit einhergehenden Produktionen sozialer Ungleichheitsverhältnisse insbesondere über intersektionale Ansätze geführt. Kritik an intersektionalen Ansätzen richtet sich auf ihre Fokussierung auf eine begrenzte Anzahl bereits gut erforschter Differenzkategorien und auf Konstruktionsprozesse (doings), wobei tendenziell Dekonstruktionsprozesse (undoings) ausgeblendet werden. Der Beitrag greift beide Kritikpunkte auf, um sie für die intersektionale Theoriebildung fruchtbar zu machen. Erstens wird statt auf die klassische Trias aus race, class,gender das Differenzmerkmal Alter fokussiert, um dessen Relevanz als ‚metrische Variable‘ deutlich zu machen. Zweitens wird zusätzlich zu doing age ein undoing age als Konzept ausgearbeitet. Um die Differenzkategorie Alter einer intersektionalen Betrachtung zugänglich zu machen, entwickelt der Beitrag damit einen multiperspektivischen Analyserahmen.

Abstract

Current sociological debates about the construction of categories of social difference as well as their interdependencies and the accompanying production of social inequalities adopt predominantly intersectional approaches. Criticism of such approaches focus primarily on a limited range of already well-researched categories of social difference as well as processes of their construction (doings), whereas processes of their deconstruction (undoings) tend to be neglected. This paper addresses both points of criticism in order to enhance intersectional theory building. To do so, it focuses on the construction of age as a category and ‘metric’ of social difference (doing age) instead of the traditional triad of race, class, and gender. Based on this, the concept of undoing age is introduced. To make age as a category of social difference accessible to intersectional analysis, the paper, in conclusion, develops a multi-perspective framework.

1 Einleitung

In der aktuellen Soziologie besteht über soziologische Theorietraditionen hinweg Konsens darüber, dass soziale Differenzen nicht vorgängig oder natürlich existieren, sondern als Konstruktionen zu verstehen sind. An Konstruktionsprozessen von Differenzen sind unterschiedlichste gesellschaftliche Akteur*innen – von Diskursen über Individuen – beteiligt, und auch die Forschung selber erzeugt, modifiziert oder neutralisiert Differenzen mit (vgl. etwa Bourdieu 1987; Luhmann 1997; Lutz/Wenning 2001). Differenzen gelten damit als kontingent, also als historisch und kontextspezifisch geprägt (Hirschauer 2014). In dieser lokalen Spezifik bringen sie soziale Klassifizierungen und Ordnungen unterschiedlicher Reichweite hervor und stabilisieren und legitimieren diese. Sie verdichten sich zu Differenzkategorien wie Geschlecht, Alter, soziale oder ethnische Herkunft oder Behinderung, die ihrerseits wiederum als Grundlage zur Organisation sozialer Prozesse herangezogen werden. Solche Differenzkategorien ziehen häufig Konsequenzen in den Möglichkeiten der sozialen Teilhabe und im Verfügen über gesellschaftlich relevante Ressourcen nach sich (Burzan 2013; Walgenbach 2016) und dienen dadurch als Referenzkategorien für Diskriminierung, Marginalisierung und soziale Ungleichheit.

Soziologische Diskussionen über die enge Verzahnung von Differenzkategorien und Ungleichheitsverhältnissen werden in den letzten Jahrzehnten insbesondere über Ansätze der Intersektionalität bzw. Mehrfachzugehörigkeiten geführt (z. B. Knapp & Wetterer 2003; Crenshaw 1991; Lutz et al. 2010; Lutz & Wenning 2001; Walgenbach et al. 2007; Winker & Degele 2009). In intersektionalen Ansätzen wird davon ausgegangen, dass sich Ungleichheitsverhältnisse weder über einzelne Differenzkategorien – und hier ist insbesondere die Trias class, race, gender angesprochen – erschließen und analysieren lassen, noch über deren bloße Addition. Stattdessen werden die Wechselwirkungen und Überkreuzungen von Differenzkategorien in den Blick genommen, um Ungleichheitsverhältnisse theoretisch zu durchdringen, zu analysieren und so die Konsequenzen dieser kategorialen Verwobenheiten für die Verteilung von Lebenschancen (Burzan 2011) und die soziale Platzierung von Menschen abzubilden (Giebeler et al. 2013).

Seit einiger Zeit regt sich jedoch auch Kritik an intersektionalen Ansätzen. Hier sind insbesondere zwei Kritikpunkte zu nennen: erstens ihre Fokussierung auf eine begrenzte Anzahl bereits gut erforschter Differenzkategorien und zweitens ihr Fokus auf Konstruktionsprozesse (doings), wobei tendenziell Dekonstruktionsprozesse (undoings) ausgeblendet werden (Hirschauer 2014). In Bezug auf den ersten Kritikpunkt wird also konstatiert, dass intersektionale Ansätze und Analysen, sowohl im deutschsprachigen als auch im angloamerikanischen Raum, vor allem auf die Differenzkategorien class, race, gender fokussieren. Diese Auswahl beruht auf in der historischen Entwicklung von intersektionalen Ansätzen bedingten Setzungen, die zu einer Hierarchisierung von Differenzkategorien beigetragen haben. Ebenso ungleichheitsfördernde Dimensionen werden dadurch seltener problematisiert oder ganz ausgeblendet – etwa Alter (als Ausnahme siehe z. B. Denninger & Schütze 2017; Richter 2018; Traunsteiner 2018) oder Behinderung (als Ausnahme siehe z. B. Dederich 2007; Waldschmidt 2013). Diese Ungleichbehandlung von Differenzkategorien vermittelt den Anschein, class, race, gender seien wirksamer als andere (Denninger & Schütze 2017). Die Auswahl von Differenzkategorien deutet jeweils hin auf eine „sinnhafte Selektion aus einem Set konkurrierender Kategorisierungen, die erst einen Unterschied schafft, der einen Unterschied macht“ (Hirschauer 2014: 170). Welche Differenzkategorien also wissenschaftlich identifiziert und als relevant gesetzt, welche hingegen eher marginalisiert, abgewertet oder ausgeblendet werden, ist folglich nicht beliebig, sondern eng an historisch geprägte und geographisch spezifische Logiken sowie an diskurs- und machtpolitische Entscheidungen gebunden (Walgenbach 2016).

Ein zweiter Kritikpunkt bezieht sich auf jene Prozesse, die von intersektionalen Analysen untersucht werden. Gemeinhin werden Differenzkategorien über deren soziale Konstruktionsprozesse auf ihre Funktionsweise und Ungleichheitseffekte hin betrachtet (Hirschauer 2014). Indem Ungleichheitskategorien fokussiert werden, die Individuen „totalisierend einschließen“ (ebd.: 176), wird davon ausgegangen, dass diese immer und in allen Lebenssituationen relevant werden. Wird jedoch davon ausgegangen, dass jede Person eine Vielzahl an „Mitgliedschaften“ aufweist, so können nicht alle dieser Differenzen in jeder sozialen Situation bedeutsam (gemacht) werden – sie müssen auch einmal „ruhen dürfen“ (ebd.: 177). Stefan Hirschauer und Kolleg*innen der DFG-Forschergruppe „un/doing differences. Praktiken der Humandifferenzierung“ argumentieren dementsprechend, dass zur Konstruktion sozialer Differenzen (doing) immer auch deren Dekonstruktion (undoing) mitzudenken ist. Mit dieser dekonstruktivistischen Perspektive ist gemeint, dass etwa Geschlecht nicht fortlaufend getan wird, sondern dass Geschlecht zwischenzeitlich auch irrelevant gemacht, unterlaufen oder ausgesetzt werden kann.[1] Diese Kombination aus konstruktivistischen und dekonstruktivistischen Elementen ist vereint im Konzept des un/doing differences. Dieses äußert sich als „flüchtige[r] Schwebezustand“, als ein „Moment der Ununterschiedenheit und In-Differenz zwischen der Relevanz und Irrelevanz sozialer Unterscheidungen“ (Hirschauer 2017: 170).

Der vorliegende Beitrag greift beide Kritikpunkte auf, um sie für die intersektionale Theoriebildung fruchtbar zu machen. Erstens wird daher im Beitrag statt auf die Trias aus race, class und gender das Differenzmerkmal ‚Alter‘ fokussiert. Das geschieht keineswegs, um aus der Trias ein Quartett zu machen – viel eher macht uns die konsequente, intersektionale Berücksichtigung von Alter als ‚metrischer Variable‘ deutlich, mit welcher Komplexität und Dynamik intersektionale Theoriebildung umgehen können muss. Bisher wurde Alter als Differenzkategorie in intersektionalen Ansätzen nur selten konsequent berücksichtigt, obwohl die Wirksamkeit von Alter ungebrochen ist – in der Gegenwartsgesellschaft vielleicht noch stärker als in den vorherigen Jahrzehnten. Wichtig erscheint uns, die Eigenständigkeit von Alter als Differenzkategorie sichtbar zu machen und Alter nicht nur als eine Verstärkung von anderen Ungleichheitsverhältnissen zu verstehen. Zweitens plädieren wir dafür, dass neben den Konstruktionsprozessen sozialer Differenzkategorien auch deren Dekonstruktionen konsequent mitgedacht werden sollten. Neben der Skizzierung eines intersektionalen doing age soll deshalb die Gegenseite dieser Medaille, nämlich ein undoing age, ausgearbeitet werden. In der Alter(n)sforschung wurde die Idee des undoing age erst in den letzten Jahren vereinzelt und im Vergleich zu undoing gender weniger ausdifferenziert aufgegriffen.

Daraus ergeben sich die drei Ziele des Beitrags: Um Alter stärker als bisher geschehen als Differenzkategorie zu theoretisieren und intersektionale Theoriebildung mit der Kategorie Alter voranzutreiben, wird erstens das doing age-Konzept als Pendant zum doing gender-Konzept dargestellt. Um zweitens das in der Intersektionalitätsdebatte bisher zu wenig genutzte Potential der Dekonstruktion für eine Ausdifferenzierung der Kategorie Alter deutlich zu machen und um – in Anlehnung an Hirschauer (2017: 12–13) – Altersindifferenzen zu beleuchten, wird dabei insbesondere auf die Skizzierung eines undoing age abgestellt. Durch die konsequente Berücksichtigung des prozessualen Charakters der Differenzkategorie Alter kann – drittens – deren Mehrwert für eine Betrachtung von Differenz- und Ungleichheitsverhältnissen nicht nur situativ-dynamisch, sondern auch in einer lebenslaufbezogenen (Zeit-)Perspektive noch deutlicher gemacht werden.

Der so entwickelte multiperspektivische Analyserahmen berücksichtigt somit (1) über klassische Ungleichheitskategorien hinausgehend (2) die Konstruktion und Dekonstruktion von Mehrfachzugehörigkeiten sowie (3) ihre Prozessualität und Dynamik, die nicht nur in einer situativen Zeitlichkeit, sondern auch über die Lebenszeit zu betrachten ist. Dieser Analyserahmen wird im Beitrag anhand der Differenzkategorien Geschlecht und Alter bebildert. Die Auswahl der Differenzkategorie Geschlecht liegt in der intensiven Auseinandersetzung mit Geschlecht und Geschlechterverhältnissen in der Frauenforschung und den Gender Studies begründet, die ein umfangreiches Theorierepertoire zur Folge hatte, das für die Argumentation des Beitrags produktiv genutzt werden kann.

Um das Prinzip der Multiperspektivität zu vertiefen, gliedert sich der Beitrag in drei Hauptteile. Zunächst werden im Sinne einer intersektionalen Perspektive doing-Ansätze zu Geschlecht und Alter und damit die Konstruktionsweisen dieser zwei Differenzkategorien vertieft. Daran schließt sich als zweite Perspektive und im Sinne von un/doing-differences eine Auseinandersetzung zu undoing gender und undoing age an. Da sowohl Geschlecht als auch Alter jeweils explizit fokussiert wird, kann dem Vorwurf einer Relativierung von Differenzkategorien Rechnung getragen werden. Die dritte Perspektive bezieht sich auf die Differenzkategorie Alter mit ihren lebenslaufbezogenen Implikationen. Dazu werden die Konturen der Differenzkategorie Alter skizziert, und sowohl deren Spezifika im Vergleich zu anderen Differenzkategorien herausgearbeitet, als auch Konsequenzen für die Weiterentwicklung von undoing age benannt, die in den Begriffen Materialität, Kontinuität und Prozesshaftigkeit zusammengefasst sind. Ein Fazit zu den Potentialen einer so verstandenen Multiperspektivität im Rahmen einer intersektionalen Betrachtung von Differenz- und Ungleichheitsverhältnissen rundet den Beitrag ab.

2 doing-Ansätze: Zur Konstruktion der Differenzkategorien Geschlecht und Alter

Zunächst wendet sich der Beitrag jenen soziologischen Ansätzen zu, die Differenzkategorien als durch soziale Praktiken (doings) konstruiert verstehen. Dabei werden zunächst doing gender-Konzepte und im Anschluss daran Theorieansätze zum doing age diskutiert. Seit den 1980er Jahren wurden in der Soziologie vermehrt doing-Ansätze entwickelt, die soziale Differenzkategorien wie Geschlecht, Alter oder Ethnizität als durch soziale Praktiken hergestellte Konstruktionen begreifen. Ausgegangen ist diese theoretische Ausrichtung insbesondere von der Genderforschung: Schon Ende der 1960er Jahre machte der Soziologe Harold Garfinkel auf der Grundlage seiner ethnomethodologischen Studien darauf aufmerksam, dass Geschlecht nicht naturgegeben ist, sondern, dass Geschlechterrollen und Geschlechtsidentitäten durch bewusste und insbesondere durch unbewusste Bewegungsmuster und Handlungsweisen, die auf körperlich verankerten Routinen basieren, hervorgebracht und vermittelt werden (Garfinkel 1984 [1967]). Candace West und Don Zimmermans Weiterentwicklung von Harold Garfinkels Geschlechterverständnis in Form des Ansatzes des doing gender im Jahr 1987 hat in der sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung die Idee der sozialen Konstruiertheit von Geschlecht maßgeblich beeinflusst. West und Zimmerman (1987: 127) unterscheiden dabei „sex“ als biologisches Geschlecht, dessen Klassifikation bei der Geburt nach sozial vereinbarten äußeren Geschlechtsmerkmalen oder durch Chromosomenanalyse erfolgt, von der „sex-category“, deren Zuordnung im Alltag auf der Basis des zugeordneten biologischen Geschlechts und der dadurch erwarteten Darstellung beruht. Unter „gender“ verstehen West und Zimmerman das sozial erworbene Geschlecht, das im Alltag in Interaktionen vollzogen und hergestellt wird. Während in diesem ethnomethodologischen Verständnis von doing gender Geschlecht als etwas der Darstellung „Vorgelagertem“ aufgefasst wird, betonen praxistheoretische und poststrukturalistische Perspektiven, wie etwa von Judith Butler (1991) formuliert, die Gleichzeitigkeit der Performativität von (Sprech-)Akten und der Hervorbringung von Geschlecht – eine konzeptionelle Differenzierung, die auch für undoing-Ansätze relevant ist.

Die Hinwendung zu vergeschlechtlichten Konstruktions- und Zuschreibungsprozessen hat die sozialwissenschaftliche Geschlechterforschung maßgeblich bereichert. Denn mit ihr ging eine Abkehr von einem Verständnis einher, das Geschlecht als eine biologische Determinante auffasste, mittels derer vergeschlechtlichte Annahmen naturalisiert und als Konsequenz einer körperlichen ‚Grundausstattung‘ konzeptualisiert wurden (Oakley 1972). Der durch den Verweis auf die soziale Konstruiertheit von Geschlecht in den Analysefokus gerückte interaktive Aushandlungsprozess als zentraler Motor der Hervorbringung von Geschlecht wurde in den 1990er Jahren auch in der deutschsprachigen Soziologie weiter ausgearbeitet (u. a. Gildemeister & Wetterer 1992; Hirschauer 1993; Lindemann (1993); Villa 2000). Dadurch konnte gezeigt werden, dass die interaktive Hervorbringung von Geschlecht auf Konstruktionen und Zuschreibungen basiert, die in Normalisierungsprozesse eingebettet sind. Diese verweisen wiederum auf soziale Ungleichheits- und Machtverhältnisse, wie sie unter anderem in der Erwerbsarbeit, etwa durch die Feminisierung von Pflegeberufen (Wetterer 2002), sowie durch die Arbeitsteilung bei Paaren (Grunow 2013; Hochschild & Machung 1993) relevant gemacht werden. Mit dem Konzept des doing gender wurde nicht nur auf die Omnipräsenz von Geschlecht in jeglichen sozialen Situationen aufmerksam gemacht, sondern auch gezeigt, dass Geschlecht hervorzubringen immer auch bedeutet, eines von zwei Geschlechtern zu ‚machen‘. Unweigerlich wird somit durch die Performanz von Geschlecht eine binär strukturierte Differenz hergestellt, die die Norm der Zweigeschlechtlichkeit reproduziert (Butler 1991, 1993).

Bald nach der Veröffentlichung von Candace West und Don Zimmermans Aufsatz zu doing gender 1987 wurde jedoch Kritik an dem Konzept laut. Ein wesentlicher Vorwurf lautete, dieser Ansatz würde lediglich weiße Frauen der Mittelschicht und deren Herstellungsmodi von Geschlecht berücksichtigen, nicht jedoch die von schwarzen Frauen. Ungleichheitserfahrungen von Frauen seien vielfältiger und müssen daher differenzierter betrachtet werden (z. B. Crenshaw 1989). Dieser Kritik begegneten Candace West und Sarah Fenstermaker (West & Fenstermaker 1995; Fenstermaker & West 2001), indem sie nicht länger ausschließlich Geschlecht, sondern auch soziale Klasse und Ethnizität in ihrem Ansatz des doing difference als Kategorien, die soziale Ungleichheiten bedingen, berücksichtigten. Die drei Kategorien werden dabei nicht in einem vorab festgelegten Verhältnis zueinander bestimmt und deren jeweilige Relevanz somit festgelegt. Stattdessen wird angenommen, dass Geschlecht, soziale Klasse und Ethnizität in sozialen Prozessen gleichzeitigt hergestellt werden, und folglich „difference as an ongoing interactional accomplishment“ zu verstehen sei (West & Fenstermaker 2002: 56). Die Verhältnisbestimmung des sich fortlaufend konstituierenden Beziehungsgefüges erfolgt mittels des Konzepts der Intersektionen (Überlagerungen). Stefan Hirschauer (2014) kritisiert und erweitert dieses Verständnis, indem er statt von stabilen Intersektionen von kontingenten und multiplen Mitgliedschaften spricht. Jedes Individuum vereint dabei eine Vielzahl an Mitgliedschaften, die von identitär stärker vereinnahmenden Mitgliedschaften wie Geschlecht oder Klasse über formalisierte Mitgliedschaften in Organisationen bis hin zu diffusen Mitgliedschaften, wie die Beteiligung an sozialen Netzwerken, reichen. Welche davon wie, wann, wo und von wem situativ relevant (doing) oder situativ irrelevant (undoing) gemacht werden, wird aus dieser Perspektive zu einer empirischen Frage.

Um der konzeptionellen Verengung bezogen auf die drei prominenten Differenzkategorien class, race, gender zu begegnen, wurden in der Kindheitsforschung (z. B. Lee 2008), der kritischen Erwachsenheitsforschung (z. B. Burnett 2010) und der Altersforschung (z. B. Laz 1998; Schroeter 2012) auch Konzeptionen eines doing age entwickelt. Dadurch wurde auch die Theoretisierung der Differenzkategorie Alter angestoßen. In diesen Feldern wurde die soziale Konstruktion von Alter zunächst historisch-institutionell hergeleitet, wie etwa in Phillippe Ariès (1962) Thesen zur „Erfindung von Kindheit“ oder Martin Kohlis (1985) Darstellung der Entwicklung der Altersphase mit der Etablierung des Rentensystems. Aus diesen stärker strukturalistisch ausgerichteten Ansätzen entwickelten sich jedoch in Anlehnung an doing gender bald auch interaktionistisch-materialistische Ansätze, die nicht lediglich die soziale Konstruiertheit von Alter betonen, sondern diese auch in sozio-materiellen Praktiken verorten.

Das interaktionistische Konzept des doing age des Alterssoziologen Klaus Schroeter (2008, 2012) geht dementsprechend in Analogie zu doing gender von der grundlegenden Annahme aus, Altern vollziehe sich als soziale Praxis in alltäglichen Interaktionsprozessen zwischen Menschen und ist damit „ein sich mit jeder menschlichen Handlung vollziehender fortlaufender Prozess interaktiver Darstellung und sozialer Zuschreibungen“ (Schroeter 2008: 250). Er verortet diese Praktiken auf fünf Ebenen: 1) in Symbolen und Repräsentationen, 2) in Institutionen, 3) in Interaktionen, 4) in Körpern, Dingen und Räumen und 5) in Affekten und Sinnen. Während seine Konzeption stärker auf (menschliche) Körper, Symbole und Interaktionen fokussiert, finden sich in der Kindheitsforschung Ansätze, die bereits über einen reinen Sozialkonstruktivismus hinausgehen und stärker nicht-menschliche Akteur*innen mitberücksichtigen. Kindheitsforscher Nick Lee (2008) versteht in diesem Sinne Kindheit etwa als „an emergent property of interactions between persons, discourses, technologies, objects, bodies etc.“ (Lee 2008: 60) Ähnlich wie von Lee wird auch in aktuellen Weiterentwicklungen des doing age-Konzeptes im Bereich der Altersforschung argumentiert, in denen das Verhältnis von Alter(n) und Materialität neu gefasst wird und dazu die Wechselwirkungen zwischen Alter(n) und Körpern (Höppner 2015a, 2015b), Alter(n) und Alltagsgegenständen, sowie neuen Technologien (Artner et al. 2017; Depner 2015; Endter 2016; Wanka & Gallistl 2018) und Alter(n) und Räumen (Hahmann 2018; Wanka 2016; Wanka & Oswald 2020) analysiert werden. Diese Arbeiten ermöglichen eine detaillierte Beschreibung des Zusammenspiels von menschlichen Körpern, Artefakten, Technologien und Räumen in der Hervorbringung von Alter(n), ohne diese Materialitäten als natürliche Tatsachen zu essentialisieren oder als kulturelle Bedeutungsträger diskursiv aufzulösen. Zusätzlich zur Frage, wie sich Alter(n) materiell vollzieht, problematisieren erste Arbeiten auch, wo Alter(n) vonstattengeht und welche Materialität/en darin involviert bzw. hervorgebracht werden (Höppner & Urban 2018).[2]

Anders als Geschlecht ist Alter jedoch immer gleichermaßen Zustand (einer Person wird ein bestimmtes Alter zugeschrieben) und Prozess (diese Zuschreibung schreitet kontinuierlich linear voran). Dies wird in der Alterssoziologie als „Doppelköpfigkeit“ des Alters bezeichnet (vgl. van Dyk 2015). In den entsprechenden doing age-Ansätzen wird diese Doppelköpfigkeit jedoch noch wenig berücksichtigt (van Dyk 2019). Statt einer Theoretisierung von doing age über den Lebensverlauf finden sich, wie oben skizziert, Konzeptionen in den nach Lebensphasen getrennten Sub-Feldern der Kindheitsforschung (z. B. Lee 2008), der kritischen Erwachsenheitsforschung (z. B. Burnett 2010) oder der Altersforschung (z. B. Schroeter 2012). Dadurch wird die an sich metrische Einteilung von Alter zuerst kategorial in Lebensphasen verdichtet, die wiederum in den ausdifferenzierten Forschungsfeldern als binär betrachtet werden: Es wird Kindheit oder Alter praktisch vollzogen oder negiert, und fällt eine Person aus der entsprechend fokussierten Kategorie, so wird sie im jeweiligen Forschungsfeld nicht mehr oder nur noch als komplementäres „Anderes“ berücksichtigt. Die Altersforschung beschäftigt sich also beispielsweise mit der Performanz des höheren Erwachsenenalters, theoretisiert dabei aber weder die Performanz von Kindheit noch den performativen Wechsel zwischen Alterskategorien mit.

Insbesondere in der intersektionalen Betrachtung mit anderen Differenzkategorien verkompliziert die Berücksichtigung von Alter das soziologische Verständnis eines doings maßgeblich: So multipliziert sich einerseits die Anzahl an möglichen überlappenden Mitgliedschaften, wie Hirschauer (2014: 171) soziale Differenzmerkmale bezeichnet, durch die intersektionale Berücksichtigung einer kontinuierlichen Variable wie Alter, die mögliche Ausprägungen von 0 bis über 100 Jahre hat. Andererseits dynamisiert die intersektionale Berücksichtigung von Alter diese komplexen Vollzugswirklichkeiten auch noch, indem nicht nur beispielsweise die intersektionale Mitgliedschaft „35 Jahre alte, schwarze Akademikerin“ vollzogen werden muss, sondern dieses Gefüge auch noch ständig in prozessualen Verschiebungen begriffen ist, da wir ständig älter werden. Das Differenzmerkmal ‚Alter‘ bringt besondere Herausforderungen für die sozialkonstruktivistische intersektionale Soziologie mit sich, für die bisher noch keine ausreichenden Theoretisierungen entwickelt wurden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass soziologische doing-Ansätze zunächst vor allem in der Geschlechterforschung entwickelt wurden, sich jedoch bald darauf in andere Forschungsfelder, wie die Migrations-, Bildungs-, Kindheits- und Altersforschung ausgebreitet und zunehmend intersektional ausgerichtet haben. Dabei wurden in der Altersforschung Ansätze aus der Geschlechterforschung weitgehend übernommen, ohne den Spezifika der Differenzkategorie ‚Alter‘ vollends Rechnung zu tragen. Allen solchen doing-Ansätzen ist gemein, dass sie als Grundlage für die Herstellung sozialer Differenzkategorien ein praktisches Wissen ansehen, das intersubjektiv (Meissner 2008) und teilweise interobjektiv (Höppner 2021)[3] geteilt wird. Geschlechtliche, altersbezogene oder ethnische Zugehörigkeit wird also nicht nur performativ hergestellt, sondern muss vom Gegenüber als solche erkannt und zugeordnet werden. Ist ein Mensch in solch einem intersubjektiven bzw. interobjektiven Verständigungsprozess einmal als männlich oder weiblich, jung oder alt (differenz-)kategorisiert, werden alle seine folgenden Artikulationen vor diesem Hintergrund interpretiert. Diese Annahme mutet insbesondere für eine poststrukturalistische Lesart von doing-Ansätzen reichlich deterministisch an. Es stellt sich also die Frage, ob es aus dem vermeintlichen Teufelskreis von Performanz von etwas und Anerkennung als etwas einen Ausweg gibt – oder, mit West und Zimmerman (1987) gesprochen: „Can we ever not do gender“ (und/oder Alter, Ethnizität, etc.)? Um diese Frage zu beleuchten, wenden wir uns im folgenden Abschnitt undoing-Ansätzen zu.

3 undoing-Ansätze: Zur Dekonstruktion der Differenzkategorien Geschlecht und Alter

Wenn wir einerseits davon ausgehen, dass Differenzkategorien in sozialen Praktiken vollzogen, durch diese hergestellt, reproduziert und/oder transformiert werden, so impliziert das andererseits, dass diese Differenzierungen auch kritisch hinterfragt und deshalb anders (Butler 2004; Deutsch 2007) oder gar nicht vollzogen werden können (Hirschauer 2014, 2017): Die Annahme eines doings impliziert damit immer auch ein undoing (Hirschauer 2017: 11). Hirschauer hat bereits zu Beginn der 1990er Jahre darauf hingewiesen, dass zusätzlich zum doing gender auch ein undoing gender denkbar sein müsse; auch wenn diese Idee Gefahr läuft, die Semantik der Gleichheit zu unterstützen, die zu einer Nivellierung von Geschlechterungleichheiten beitragen kann (u. a. Heintz & Nadai 1998).

In Bezug auf undoing gender bestehen heute verschiedene Ansätze: So fokussiert etwa Judith Butlers (2004) Verständnis von undoing gender auf individuelle, subversive Praktiken, die sich restriktiven Normen zu Geschlecht und Sexualität widersetzen. Während sich Butler (1991) in ihrem poststrukturalistischen Verständnis von doing gender auf die Gleichzeitigkeit von performativen (Sprech-)Akten und der Hervorbringung von Geschlecht bzw. Zweigeschlechtlichkeit bezieht, so scheint ihre Auslegung von undoing gender von einer bereits hergestellten heteronormativen Struktur auszugehen, die es mittels subversiver Praktiken zu überwinden gilt – es gibt also kein undoing ohne ein zeitlich vorgelagertes doing. Ähnlich angelegt ist das undoing gender-Konzept von Francine M. Deutsch (2007), das die im doing gender-Konzept anvisierte interaktive Aushandlung von Geschlecht in den Blick nimmt und daraufhin befragt, welche Potentiale sich durch eine gezielte Verwendung von Sprache eröffnen, um Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit zu problematisieren und zu kritisieren, mit dem Ziel, einen Wandel in geschlechtsbezogenen Ungleichheitsverhältnissen anzustoßen. Hirschauers (1994, 2001, 2013) Konzeption von undoing gender geht dagegen davon aus, dass soziale Praktiken des doing gender auch unterbrochen oder vergessen werden können, ohne dass sich dies – wie bei Butler – explizit gegen einen Umstand Y richtet. Stattdessen können sie auch nicht vollzogen werden, weil in einer bestimmten Situation konkurrierende Mitgliedschaften relevant gemacht werden oder etwa aufgrund von ‚infrastrukturellen Löchern‘ keine geschlechtlichen Adressierungen und Re-Adressierungen stattfinden (können) – sie werden zwischenzeitlich also schlicht irrelevant gemacht. Um diese Blickwinkelverschiebung zu konzeptualisieren, schlägt Hirschauer vor, Geschlechterkonstruktionen und Geschlechterunterscheidungen nicht als omnipräsente Prozesse aufzufassen, wie dies West und Zimmerman (1987) tun, sondern deren episodenhaften Charakter anzuerkennen und stärker zu berücksichtigen. Geschlecht kann dann stellenweise aus dem Blick geraten, wenn es nicht permanent aktualisiert, also nicht wiederholt wird.

„Wird eine Unterscheidung [Anm.: aus einer Reihe konkurrierender Differenzierungen] nicht selegiert, so findet sie bis auf Weiteres nicht statt, sie ruht in einer Art Stand-by-Modus. […] Die Nicht-Zugehörigkeit oder Ungebundenheit von Personen entspricht einer mehr oder weniger dauerhaften Indifferenz von Differenzen.“ (Hirschauer 2017: 12–13)

Solch ein „aktives ‚Absehen‘“ kann eine Art „soziales Vergessen“ (Hirschauer 2013: 160) mit sich bringen: Menschen nehmen sich während des undoings möglicherwiese nicht als weiblich oder männlich wahr und/oder ihr Gegenüber, das „Publikum“, adressiert sie nicht als Frau oder Mann. Dann ‚ruht‘ ihre ‚gesellschaftliche Mitgliedschaft‘ als Angehörige einer Geschlechtergruppe quasi für eine gewisse Zeit, und zwar so lange, bis ihr Geschlecht wieder relevant gemacht wird und folglich auf Geschlecht als soziale Ordnungskategorie rekurriert wird. Wird also Geschlecht in einer konkreten Situation nicht als Differenzmerkmal herangezogen, so wird es situativ undone[4] – kann allerdings in einer anderen Situation wieder aktualisiert werden. Gründe gibt es hierfür verschiedene: So können – ähnlich dem doing difference – andere Differenzkategorien als Geschlecht akzentuiert werden, Geschlechterdarstellungen können heruntergespielt oder eine Geschlechteradressierung kann abgewehrt werden.

Wie einfach oder schwierig es ist, eine Differenzierung irrelevant zu machen, hängt nach Hirschauer von ihrem „Aggregatzustand“ (2017: 15) ab. Diesen erkennt man u. a. daran, wo, wie stark und wie weitreichend er sich in der sozialen Welt materialisiert: etwa in sprachlichen Strukturen (z. B. Grammatik, Personennamen), diskursiven Repräsentationen (z. B. Redensarten, visuelle Darstellungen), kognitiven Schemata (z. B. Stereotypen), situierten Praktiken (z. B. Arbeit, Konsum), institutionellen Infrastrukturen (z. B. sozialen Beziehungen, Organisationen), im sozial geformten Körper, in Artefakten, Technologien und Architekturen. Freiräume für undoing gender sieht Hirschauer (2013) dementsprechend in der Modifikation der „Infrastruktur“[5], die Praktiken des doing gender aufrechterhält: Vornamen und Produkte, die nicht nur eines der zwei Geschlechter adressieren, Freundschaften und Paarbildung, die geschlechtlich nicht mehr klar verteilt sind, das Internet, das gegengeschlechtliche Erfahrungen ermöglicht, unsere Sprache, die zunehmend Gleichheit zwischen Geschlechtern vermittelt, usw.

In Analogie zu Konzeptionen eines undoing gender wurde in der Altersforschung in den letzten Jahren die Denkfigur eines undoing age entwickelt. Dieses kann als Konstellation performativer Praktiken verstanden werden, die restriktive und normative Konzeptionen von Alter annulieren, zurücknehmen, rückgängig machen, löschen, widerrufen, aufknoten, trennen, auflösen, öffnen, zerstören oder zunichtemachen (vgl. Haller 2010: 218). Diese Vielzahl an Verben verdeutlicht bereits, dass undoing age – ebenso wie undoing gender – unterschiedlich ausgelegt werden kann. In der Altersforschung finden sich dazu verschiedene Interpretationen, die jedoch insbesondere auf das Verleugnen, Negieren und Reversieren von Alter (vgl. Haller 2010; Pfaller 2016) einerseits und das Abweichen und Unterlaufen von Altersnormen (vgl. Martin 2017; Schroeter 2018; Sandberg & Marshall 2017) andererseits fokussieren. Beide dieser Interpretationen gehen damit im Sinne einer ethnomethodologischen Perspektive von einem zeitlich vorgelagerten doing aus, einer bereits hergestellten Kategorie und den mit ihr verbundenen Normen, Erwartungen und Adressierungen, an der sich das undoing abarbeitet (siehe oben).

Wenn wir also von einem undoing age sprechen, dann stellt sich zuallererst die Frage, welche Definition von Alter eben nicht vollzogen wird: Wird eine bestimmte Art von Alter getan, so wird im Umkehrschluss immer mindestens eine andere Art von Alter nicht getan. Anders als beim un/doing gender existieren dabei allerdings nicht nur zwei Möglichkeiten – männlich oder weiblich – und deren verschiedene Auslegungen, sondern eine Vielzahl potentieller Alterskategorien und -interpretationen. In heute hegemonialen Konzepten wie dem aktiven und erfolgreichen Alter (vgl. Rowe & Kahn 1997) wird ein „gutes“ Altern damit gleichgesetzt, überhaupt nicht zu altern (McHugh 2000). Alter in diesem Sinne erfolgreich zu vollziehen bedeutet also Alter gleichzeitig auf eine bestimmte Art zu vollziehen und andere Formen von Alterspraktiken zu unterlassen: Alter wird als mittleres Erwachsenenalter oder gar Jugend inszeniert, während biologistische und defizitäre Altersbilder negiert werden. Man „tut“ also nicht gebrechlich, sondern fit, gesund, selbstständig und aktiv. Besonders explizit macht diese Ambivalenz zwischen Aneignung spezifischer Alterspraktiken und Widerstand gegen andere Larissa Pfaller (2016) in ihren Analysen von Anti-Ageing Praktiken. In diesen, so die Autorin, wird nicht nur das eigene Alter(n) verhandelt, sondern es werden auch Imperative von Selbstsorge und einem „guten Leben“ miteinander verknüpft und vollzogen. Diese Praktiken des Verleugnens, Negierens und der Versuch des Reversierens von Alter finden dabei nicht nur im drastischen Beispiel von Schönheits-Operationen oder technologisch unterstützten Körperoptimierungen[6], sondern auch in alltäglichen Praktiken statt – etwa durch Fitness und sportliche Betätigung, durch physisches und kognitives Self-Tracking mittels smarter Technologien, durch die Performanz von Sexualität und sexueller Attraktivität oder die alltägliche Inszenierung von Aktivität, Geschäftigkeit und Selbstständigkeit (vgl. Ekerdt 1986; Marshall & Katz 2016). Als Effekt dieser Form des undoing age ist eine ‚falsche‘ Altersadressierung vorstellbar (im Sinne von jünger oder älter aussehen als eine Person entsprechend ihres kalendarischen Alters ist) oder auch eine Dethematisierung von Alter, weil vorausgesetzt wird, dass eine Person das ‚richtige‘ Alter hat (siehe hierzu Llewellyn 2015 zu Altersadressierungen an der Kinokasse).

Ansatzpunkt, um den sich viele dieser Praktiken drehen, sind alternde Körper und die sie umgebenden Materialitäten, wie Kleidung oder Nahkörpertechnologien. Diese Körperkonstruktionen sind eng mit Identitätskonstruktionen verbunden und von Altersnormen (und entsprechenden Machtkonstellationen) durchzogen (siehe hierzu schon Sontag 1972 sowie Degele 2008; Höppner 2011; Schroeter 2012). Eine weniger stark am Körper ansetzende Auseinandersetzung mit dem Alter stieß dagegen der Niederländer Emil Ratelbland an, der dafür klagte, sein kalendarisches Alter von 69 auf 49 Jahre heruntersetzen zu lassen. Diese Reversierung sollte sich jedoch nicht, wie etwa bei Anti-Ageing-Praktiken, in seinen Körper, sondern in seine Dokumente einschreiben. Sein Körper und sein Geist, so der Kläger, entsprächen bereits der jüngeren Alterszahl – nur sein rechtlicher Status bilde dies noch nicht ab. Dabei zog er in seiner Argumentation Analogien zur Transgender-Bewegung und der Möglichkeit, sein Geschlecht in offiziellen Dokumenten ändern zu können. Das undoing age besteht hier also nicht nur, so zeigt dieser Fall sehr deutlich, in der Aneignung hegemonialer Altersdiskurse um ein „Nicht-Altern“, sondern kann durchaus als subversiver politischer Akt verstanden werden. Entsprechend finden sich auch auf politisch-institutioneller Ebene Praktiken eines undoing age: In einer Dokumentenanalyse internationaler Policy-Organisationen wie der World Health Organization und der Europäischen Union zeigen Aske Lassen und Tiago Moreira (2014: 33) auf, wie durch die Festschreibung von Vorstellungen eines aktiven Alter(n)s ein „unmaking of old age“ auf politischer Ebene geschieht[7]. Das höhere Alter in diesem Sinne performativ abzulehnen impliziert, wie diese Beispiele zeigen, eine starke Inszenierung anderer Alterskodierungen, die etwa mit dem jungen oder mittleren Erwachsenenalter verknüpft sind. So wollte Emil Ratelbland nicht ohne definierbares Alter (queer age) sein, sondern entschied sich für eine konkrete Alterskategorie im mittleren Erwachsenenalter. Während hohes Alter also negiert wird, werden Alterspraktiken anderer Alterskategorien vollzogen und damit deren respektive Altersnormen aktualisiert.

Eine zweite und etwas anders geartete Interpretation des undoing age findet sich in Ansätzen eines undoing age appropriateness (Martin 2017), eines doing age in other ways (Schroeter 2018) oder eines queering age (Sandberg & Marshall 2017). Diesen Ansätzen ist gemein, dass sie auf jene Praktiken fokussieren, die explizit von Altersnormen abweichen, diese unterlaufen und damit kritisch in Frage stellen. In Martins Ansatz eines undoing age appropriateness plädiert sie für eine subversive Expression des Alters und alternder Körper, die Erwartungen daran, was dieser spezifische Körper (insbesondere auf der Theaterbühne) tun sollte und wo er es tun sollte, zuwiderläuft (Martin 2017: 153–154). Dabei versucht sie, Ambiguitäten in der Grenzziehung zwischen Angemessenheit (appropriateness), Lächerlichkeit, Würde und Geschmack auszuloten, „transgressing what is conventionally understood as a respectful and dignified representation of age(ing).“ (Martin 2017: 155)

Ähnlich wie Martins Bühnenperformanzen, die Altersnormen verdeutlichen, kritisch beleuchten und sich auch über diese lustig machen wollen, kritisieren Sandberg und Marshall aktuelle Altersverständnisse. Ihr Konzept eines queering age „disrupts the ways that expectations of a good later life and happy aging are seen to adhere to some bodies and subjectivities over others.“ (Sandberg & Marshall 2017: 4) Bezugnehmend auf feministische, queere und crip-Theorien plädieren sie für ein generelles Unterlaufen von Altersnormen und Chronormativität (vgl. Freeman 2010), das schließlich – wird es kollektiv betrieben – zu einem Außerkraftsetzen von Altersnormen und verstärktem Zulassen von Altersdiversität führen kann. Ein queeres oder „anderes“ Alter(n) verweist also auf der allgemeinsten Ebene auf einen von normierten Alterspraktiken abweichenden Vollzug. Wie bei der Negation von Alter wird also im Vollzug eines bestimmten Alters (hier eines queeren oder „anderen“ Alters) auch hier eine jeweils andere Definition von Alter (hier eines hegemonialen, „normalen“ Alters) performativ abgelehnt. Während ein Negieren des Alters sich dabei aber primär auf (alternde) Körper bezieht, fokussiert ein queering age auf (Alters-)Normen.

In der deutschsprachigen Alterssoziologie beschäftigt sich Schroeter (2018) mit solcherlei nicht-normativen Altersvollzügen. Er unterscheidet jedoch zwischen einem doing age differently, also einer (akzeptierten) Diversifikation von Alterspraktiken, die mittlerweile Normalität geworden sei, und einem queering age. Letzteres stellt nach seiner Interpretation nicht nur einen weiteren Lebensstil in einer Spanne möglicher Expressionen des Altes dar, sondern eine „sich der otherness bewusste Performanz des Alterns, die sich diskursiv und praxeologisch Ausdruck ihres ‚Andersseins‘ verschafft und ihr Recht auf Eigensinn, Dissidenz und ‚Subversion‘ einfordert“ (Schroeter 2018: 118). Weitergedacht könnte dies, so seine Überlegung, zu einem A-Alter (age(a)ness) bzw. Nicht-Vorhandensein von Alter führen.

Zusammenfassend zeigen sich im Hinblick auf undoing-Ansätze als Konterpart zu doing-Ansätzen wiederum eine erstmalige Verortung in der Geschlechterforschung und eine spätere Ausbreitung u. a. in der Altersforschung. Sowohl undoing gender als auch undoing age werden unterschiedlich ausgelegt, und es zeigen sich dabei Schnittmengen und auch Unterschiede in diesen Auslegungen zwischen der Geschlechter- und der Altersforschung: In beiden Feldern wurden Ansätze entwickelt, die ein undoing gender bzw. undoing age als ein Set subversiver und widerständiger Praktiken verstehen, welche sich restriktiven hegemonialen Geschlechter- oder Altersnormen widersetzen. Hier sind etwa die undoing gender-Ansätze von Butler (2004) oder Deutsch (2007), sowie die Konzeptionen eines undoing age appropriateness (Martin 2017), doing age differently (Schroeter 2018) oder queering age (Sandberg & Marshall 2017) zu nennen. Daneben finden sich in der kritischen Gerontologie Ansätze, die auf ein (individuelles) undoing age oder (institutionelles) unmaking old age mit der Kehrseite eines doing youth abstellen (vgl. Lassen & Moreira 2014; Pfaller 2016). Eine solche Auslegung findet sich in der Geschlechterforschung (beispielsweise undoing male zugunsten eines doing female) nicht dezidiert. Demgegenüber wurde für die Geschlechterforschung von Hirschauer (2013, 2014, 2016) eine Konzeption von undoing gender entwickelt, die Praktiken des (temporären) Aussetzens oder Irrelevantmachens von Geschlecht als sozialer Differenzkategorie fokussiert. Eine ähnliche Auslegung wurde innerhalb der Altersforschung noch nicht formuliert. Der folgende Abschnitt dieses Artikels befasst sich daher eingehender mit diesen Unterschieden zwischen un/doing gender und un/doing age-Konzeptionen, und dementsprechend mit den Spezifika der Differenzkategorie Alter, sowie ihrer Implikationen für die Weiterentwicklung eines undoing age.

4 un/doing age: Spezifika der Differenzkategorie Alter im Vergleich zu anderen Differenzkategorien und Konsequenzen für die Weiterentwicklung von undoing age

Wie einleitend erwähnt verfolgt der vorliegende Beitrag drei Ziele, die hier noch einmal wiederholt werden sollen: Es soll erstens die intersektionale Theoriebildung vorangetrieben werden, indem das Differenzmerkmal ‚Alter‘ fokussiert wird, und dabei zweitens nicht nur auf Konstruktions-, sondern ebenso auf Dekonstruktionsprozesse und mit Bezug auf Alter insbesondere auf ein undoing age abgestellt werden. Dies ist – und das soll drittens gezeigt werden – deswegen von besonderem soziologischen Interesse, da Alter eine aufgrund seiner Prozesshaftigkeit über den Lebens(ver-)lauf besondere, sowohl aus intersektionaler als auch aus differenzierungstheoretischer Perspektive noch weitgehend untertheoretisierte Differenzkategorie darstellt. Versteht man die Einteilung in soziale Differenzkategorien als eine Praxis des Differenzierens, so erfolgt diese etwa beim Geschlecht nach dem Prinzip ‚entweder (weiblich) – oder (männlich)‘, und diese Einteilung bleibt in den meisten Fällen bestehen. Beim Alter existiert hingegen eine Vielzahl linear und konsekutiv gedachter Zahlen (z. B. 5, 43, 89), die einem Menschen analog jeden gelebten Jahres zugeordnet wird, d. h. die Einteilung muss kontinuierlich angepasst werden, wenn Menschen ‚älter‘ werden. Alter ist damit zwar ebenso wie Geschlecht oder Ethnizität ein naturalisiertes Merkmal, im Gegensatz zu ihnen jedoch erstens weder binär noch kategorial, sondern kontinuierlich, und zweitens nicht statisch, sondern dynamisch konzeptualisiert[8].

Was bedeutet das nun insbesondere für ein undoing von Alter? Vergleicht man doing-Ansätze aus der soziologischen Geschlechterforschung mit denen aus der Altersforschung, so zeigen sich – wie oben bereits zusammengefasst – teilweise Überschneidungen und teilweise Differenzen. Insbesondere fällt auf, dass eine an Hirschauer (2013, 2014, 2016) angelehnte Konzeption von undoing als temporales Aussetzen oder Irrelevantmachen für das Alter noch nicht entwickelt wurde. Dabei wird sowohl das Hervorbringen als auch sein Unterlassen als intersubjektive und interobjektive Leistung beschrieben, diese aber auch in jener (geschlechtlichen bzw. altersspezifischen) Infrastruktur verortet, die sie als solche ermöglicht oder verunmöglicht, bedingt oder erschwert (vgl. Goffman 1994; Hirschauer 2013). Während sowohl in der soziologischen Geschlechter- als auch in der soziologischen Altersforschung individuelle Möglichkeiten zu heteronormativer Kritik und zu alternativen bzw. subversiven Praktiken zur Veränderung von geschlechts- oder altersbezogenen Ungleichheitsverhältnissen erforscht werden (Butler 2004; Deutsch 2007; Sandberg & Marshall 2017; Schroeter 2018), bleibt die Analyse jener institutioneller Spielräume, in denen Alter ausgesetzt oder irrelevant gemacht werden kann, in der Altersforschung bisher ausgeblendet. Dort stehen eher die individuellen Möglichkeiten zum Verleugnen, Negieren, Reversieren von Alter bzw. zum Abweichen und Unterlaufen von Altersnormen im Zentrum.

Der Fokus auf das Individuum, der in altersbezogenen undoing-Ansätzen vorherrscht, kann durch die oben beschriebene Komplexität und Dynamik des Alters als Differenzmerkmal bedingt sein – Infrastrukturen scheinen auf den ersten Blick zu statisch, um diese Dynamik zu fassen. Hier kann es hilfreich sein, auf Hirschauers (2017: 15) Konzeption von Aggregatzuständen, in denen sich Geschlecht manifestiert, zurückzugreifen. Aggregatzustände erkennt man daran, wo, wie stark und wie weitreichend sie sich in der sozialen Welt materialisieren. Sehen wir uns diese Materialisierungen in Bezug auf Alter und im Vergleich zu Geschlecht an, so sehen wir etwa, dass Alter sich in manchen der genannten Bereiche expliziter manifestiert als Geschlecht, in anderen impliziter verhandelt wird und in wieder anderen irrelevant gemacht wird. Diese Graduierung im ‚Manifestationsgrad‘ von Alter zeigt sich etwa an folgenden Beispielen:

  • Infrastrukturen des manifesten Relevantsetzens von Alter im Sinne einesdoing age bei zwischenzeitlichem Irrelevantsetzen von Geschlecht: Deutlich explizit gemacht wird Alter im Praxisrahmen der Erwerbsarbeit: Hier bestehen, sowohl nach „unten“ als auch nach „oben“, explizite Altersbegrenzungen im Sinne eines Verbots von Kinderarbeit und eines gesetzlichen Rentenantrittsalters. Auch andere gesetzliche Rechte, Pflichten und Vorgaben – etwa das aktive und passive Wahlrecht, das Recht zu heiraten, die Schulpflicht oder die Blutspende, die – je nach Organisation bis einschließlich 68 oder 73 Jahren durchgeführt werden darf – fungieren als Infrastruktur eines doing age, denn sie sind explizit an das kalendarische Alter gebunden. Dementsprechend argumentierte auch das Gericht im Fall von Emil Ratelbland – seine Klage abweisend –, dass eine rechtliche Veränderung des Alters, anders als des Geschlechts oder des Namens, deshalb nicht möglich sei, da zentrale Rechte und Pflichten an das Alter gebunden seien. Könnte man sein Alter formal ändern lassen, könnte man sich selbsttätig von diesen Rechten und Pflichten entheben oder aber sie eingehen, ohne dafür qualifiziert zu sein. Auch in neue Technologien eingeschriebene Skripte wie die von Ambient Assisted Living Technologies stellen in gewisser Weise eine Infrastruktur von Alter dar, denn sie sollen vor allem alte Menschen auch mit mehreren Handicaps im Sinne eines „ageing-in-place“ (u. a. Andrews & Phillips 2005) dazu befähigen, längst möglich in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben (Schillmeier & Domenech 2010). Welchem Geschlecht diese Menschen angehören, ist bei der Verwendung der in den Wohnräumen installierten Kameras und bei der Nutzung der Sensoren, die diesen Menschen um den Hals hängen oder die sie als Uhr tragen, unwichtig.

  • Infrastrukturen des latenten Relevantsetzens von Alter im Sinne einesundoing age bei gleichzeitigem manifesten Relevantsetzen von Geschlecht: In Bezug auf situierte Praktiken des Konsums wird Alter weniger explizit gemacht als Geschlecht: So wird beim Friseur zwischen einem Damen- und einem Herrenschnitt unterschieden und es gibt Frauen- und Männerabteilungen in Bekleidungsgeschäften, während dieselben klaren Trennungslinien nach Alter nicht gezogen werden.[9] Das heißt aber nicht, dass Alter beim Friseur oder beim Kleidungskauf irrelevant gemacht wird – im Gegenteil. Die Alterskodierungen sind jedoch impliziter als in Bezug auf Geschlecht, und häufig spielen beide Differenzierungen intersektional zusammen (z. B. Kleidungsnormen für ältere Frauen versus ältere Männer, vgl. Twigg 2015). Ähnliches gilt auch in Bezug auf Paarbeziehungen, bei denen Altersdifferenzen je nachdem, wer der oder die jüngere und wer der oder die ältere Partner*in ist, unterschiedlich akzeptiert sind (in beiden Fällen ist die Akzeptanz einer Paarkonstellation jedoch höher als bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen).

  • Infrastrukturen des zwischenzeitlichen Irrelevantsetzens von Alter im Sinne einesundoing agebei gleichzeitigem manifesten Relevantsetzen von Geschlecht: Sehr manifest zeigt sich etwa in sprachlichen Strukturen, wo Alter im Vergleich zu Geschlecht fast völlig undone wird – weder Grammatik, noch Pronomen und Personennamen weisen so eindeutig auf ein bestimmtes Alter hin, wie sie ein eindeutiges Geschlecht anzeigen. Aber auch in fluideren, situativeren Vollzügen wie politischen Bewegungen wird Alter zwischenzeitlich irrelevant gemacht: #MeToo versteht sich beispielsweise als Plattformen, um auf geschlechtsspezifische sexualisierte Gewalt aufmerksam zu machen. Welches kalendarische Alter die teilnehmenden Frauen haben, ist nicht relevant – im Gegenteil: Hier sind Frauen jeden Alters angerufen, ihre Gewalterfahrungen zu teilen.

  • Infrastrukturen des zwischenzeitlichen Irrelevanzsetzens von Alter im Sinne einesundoing age bei gleichzeitigem Irrelevantsetzen von Geschlecht: Hier können zum einen beispielhaft Praktiken angesprochen werden, in denen Alter und Geschlecht zeitweise irrelevant gemacht werden, weil sie sich in spezifischen Räumen vollziehen. Dabei sind Räume zu unterscheiden, in denen diese Irrelevanz daraus resultiert, dass der Zugang zu diesen Räumen altersselektiv ist und die Menschen, die sich dort aufhalten, schon strukturell altershomogen sind – z. B. im Kindergarten, in der Schule, im Krankenhaus oder im Pflegeheim – und innerhalb dieser Räume somit schließlich stärker auf Leistungsfähigkeit als auf Alter abgestellt wird. In anderen, implizit intergenerationalen Räumen kann Irrelevanz von Alter und Geschlecht aus der Priorisierung anderer Differenzkategorien, z. B. Religionszugehörigkeit in der Kirche oder Variablen wie der Kaufkraft im Supermarkt, resultieren. Zum anderen können hier formalisierte und institutionalisierte Prozesse angeführt werden, die man durchlaufen muss, um Bescheinigungen, Urkunden oder finanzielle Unterstützung zu erhalten. Im Fall einer Verwitwung gilt etwa: Ohne den ärztlich attestierten Totenschein keine Sterbeurkunde, ohne Sterbeurkunde keine Rente für Hinterbliebene – und dies unabhängig von Alter und Geschlecht sowohl der verstorbenen als auch der hinterbliebenen Person. Und auch über derart formalisierte Abläufe hinaus können sich in stark vorstrukturierten Prozessen Situationen ergeben, in denen Alter und Geschlecht nicht relevant sind, man denke nur an die Wartezeit beim Arzt oder im Bürgeramt bevor man zu einem Termin aufgerufen wird. In diesem ‚infrastrukturellen Leerlauf‘ zwischen Terminen bzw. dem Ankommen und dem Aufgerufenwerden sitzen Wartende neben Wartenden – und dies häufig ohne als jüngerer Mann oder als ältere Frau adressiert zu werden.

Wir können also feststellen, dass un/doing age verschiedene Formen des Vollzugs und des Nicht-Vollzugs von Altersdifferenzierungen beschreibt und dabei immer in Wechselwirkung mit anderen Differenzkategorien (hier am Beispiel Geschlecht) steht. Auffallend ist, dass diese Wechselwirkungen nicht immer gleich sind. Stattdessen haben wir vier verschiedene Aggregatzustände von Alter und Geschlecht identifiziert, die sich in ihren Infrastrukturen unterscheiden. In diesen Infrastrukturen wird entweder eine dieser Differenzkategorien expliziter als die andere gemacht oder aber sowohl Alter als auch Geschlecht zugunsten einer anderen Differenzkategorie oder Variable wie etwa Leistungsfähigkeit zwischenzeitlich relativiert.

Es zeigt sich auch, dass sich die Differenzkategorie Alter einerseits in den Wechselwirkungen mit Infrastrukturen konstituiert, die die Hervorbringung und Bestätigung von Alter unterstützen. Andererseits können Infrastrukturen das Verleugnen, Negieren und Reversieren von Alter befördern; Praktiken können dann von Altersnormen abweichen oder sie unterlaufen; oder sie können dazu beitragen, Alter insgesamt nicht zu thematisieren bzw. irrelevant zu machen. Ein solches undoing age kann sich kurzfristig, in konkreten Situationen, oder dauerhaft in spezifischen Bereichen – etwa im Bereich der Erwerbsarbeit oder des Konsums – und mit spezifischen Fokussierungen – etwa auf Körper oder Normen – vollziehen. In all diesen Facetten ähnelt undoing age jedem anderen undoing x – undoing gender, undoing ethnicity, undoing class, etc. In anderen Bereichen, wie etwa seiner Metrik und lebenslaufspezifischen Dynamik, gleicht Alter anderen Differenzkategorien aber nicht.

Aus den bisherigen Ausführungen ergeben sich daher drei wesentliche Konsequenzen für eine Weiterentwicklung bisheriger undoing age-Konzepte und somit auch für eine intersektionale Betrachtung der Differenzkategorie Alter:

  1. Alter wird ebenso wie andere Differenzkategorien nicht nur in intersubjektiven oder interobjektiven Interaktionen hervorgebracht oder unterlassen, sondern materialisiert sich ebenso in verschiedenen Aggregatzuständen in der sozialen, formalisierten oder institutionalisierten Infrastruktur. Alter ist damit ebenso Produkt alltäglicher (Widerstands-)Praxis, als auch Resultat der materiellen Manifestationen, in denen sich diese Praxis vollzieht. Eine Konzeption von undoing age muss diese Materialitäten – auch über den als ‚natürlich‘ alternd verstandenen Körper hinaus – stärker berücksichtigen, als es bisherige Konzeptionen aus der soziologischen Altersforschung tun.

  2. Alter wird, anders als andere Differenzkategorien, nicht als kategoriales, sondern als kontinuierliches Differenzmerkmal mit einer Vielzahl konsekutiver Ausprägungen (z. B. von 0 bis 100 Jahren), die sich wiederum in Lebensphasen (z. B. Kindheit, Jugend, höheres Alter) verdichten, verstanden. Gerade in der intersektionalen Betrachtung des doing age und undoing age ergibt sich daraus eine erhöhte Komplexität an möglichen Zuschreibungen und Grenzziehungen.

  3. Alter ist, anders als andere Differenzkategorien, kein (scheinbar) statisches, sondern ein prozessuales Differenzmerkmal. Während das Geschlecht, die soziale oder ethnische Herkunft bei den meisten Menschen über den Lebensverlauf konstant bleiben, verändern wir unser Alter ständig, bewegen uns also über Alterskategorisierungen hinweg. Dabei speichern wir einerseits die Erinnerung an vergangene Lebensphasen und lernen andererseits stetig neue Alterskategorisierungen zu praktizieren, wir er- und verlernen altersbezogene Konventionen und erleben womöglich altersspezifische Diskriminierungen, weil wir etwas tun, wofür wir noch zu jung oder schon zu alt sind. Das Merkmal der Prozesshaftigkeit ermöglicht es demzufolge, auf das Lebensalter bezogene Erwartungen und Fähigkeiten als Essentialismen zu identifizieren und diese zu kritisieren. Dieses Merkmal weist aber auch über die Differenzkategorie Alter hinaus, denn es betont den dynamischen Charakter jeglichen un/doing x, das zusammen mit un/doing age analysiert wird.

Alle drei oben genannten Punkte – die Materialität, die Kontinuität, die Prozesshaftigkeit – sollten in einer Theoretisierung von un/doing age verankert werden. Ein solches, so wollen wir argumentieren, kann jedoch nur gemeinsam mit empirischen Analysen abduktiv entwickelt werden. Auch wenn die empirische Überzeugungskraft eines undoing bis heute diskutiert wird (u. a. Westheuser 2015 zum undoing gender), so braucht es mehr empirische Forschung, die – konzeptionell sensibilisiert – ein solches Verständnis von un/doing age weiter konkretisiert.

West und Zimmerman (1987) schlossen ihren Aufsatz zum doing gender mit der Frage „Can we ever not do gender?“ Für das Alter wollen wir anders als die Autor*innen diese Frage mit „Ja“ beantworten. Wir sehen die Chance, um solche Spielräume eines un/doing age auszuloten, im Unterschied zu anderen Differenzkategorien gerade in der lebenslaufbezogenen Dynamik und Prozessperspektive von Alter: Was heute noch die Altersnorm trifft, kann nächsten Monat schon als subversiv gelten, was letztes Jahr noch passend war, kann heute irrelevant sein. Gerade weil mit dem Lebenslauf jeweils spezifische Altersnormen, Verpflichtungen, gesetzliche Regelungen usw. auf den Plan gerufen werden und andere nicht, ermöglicht es diese zeitliche Graduierung im Lebenslauf, Altersindifferenzen ausfindig zu machen und zu nutzen.

5 Fazit: Potentiale von Multiperspektivität im Rahmen einer intersektionalen Betrachtung von Differenz- und Ungleichheitsverhältnissen

Der vorliegende Beitrag hat aufgezeigt, dass ein multiperspektivischer Analyserahmen aus mehreren Gründen für die intersektionale Theoriebildung hilfreich ist. Es wurde erstens deutlich, dass es sich durchaus lohnt, die konzeptionelle Verengung der Intersektionalitätsdebatte auf die Differenzkategorien race, class,gender zu öffnen und bisher noch wenig erforschte Differenzkategorien wie Alter auf ihre Spezifik hin zu befragen. Denn diese differenzkategoriale Spezifik bestimmt die Verwobenheit mit anderen Differenzkategorien auf besondere Weise.

Zweitens konnte der Beitrag den Erkenntnisgewinn verdeutlichen, zusätzlich zu Herstellungsprozessen von Alter auch Prozesse des Unterlaufens und Irrelevantmachens von Alter in eine intersektionale Betrachtung aufzunehmen. Die Bedeutung von Alter als Differenzkategorie und als gesellschaftlicher Platzanweiser erschließt sich demnach erst auf der Grundlage eines interaktionischen, materialistischen, infrastrukturellen und lebenslaufdynamischen Verständnisses von un/doing age und in den Wechselwirkungen mit anderen Differenzkategorien. Eine de/konstruktivistische Perspektive auf Ungleichheitsverhältnisse einzunehmen, ermöglicht zum einen ein differenziertes Verständnis über die Konstruiertheit und Wirksamkeit einer Differenzkategorie, über die Privilegien und Unterdrückung gesteuert und Positionen in unserer Gesellschaft zugewiesen werden. Zum anderen gibt eine de/konstruktivistische Analyse Aufschluss über intersektionale Wechselwirkungen, sie sich kontinuierlich ändern und die wir anhand von vier Aggregatzuständen von Alter und Geschlecht ausgeführt haben. Eine dekonstruktive Analyse soll keineswegs dazu beitragen, Differenzkategorien unsichtbar zu machen, zu neutralisieren oder zu ent-problematisieren – im Gegenteil: Gerade die Dekonstruktion von Differenzkategorien bietet ein besonderes Potential zur kritischen Reflexion von sozialen Praktiken, Lebenswirklichkeiten und Infrastrukturen, die uns oft so normal erscheinen, die aber einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Differenzkategorien und damit einhergehende soziale Ungleichheiten aufrechtzuerhalten und zu legitimieren.

So gehen wir drittens bereits davon aus, dass Ungleichheitsverhältnisse nicht statisch, sondern historisch und kontextuell eingebettet und daher variabel sind (Giebeler et al. 2013). Anders als andere Differenzkategorien führt uns die Differenzkategorie Alter allerdings vor Augen, dass sich Ungleichheitsverhältnisse im Lebensverlauf kontinuierlich und prozesshaft verändern: Abhängig vom Lebensalter bewirken kategoriale Verwobenheiten mit anderen Differenzkategorien besondere soziale Platzierungen von Menschen und intensivieren eine ungleiche Verteilung von Lebenschancen, Teilhabe und Ressourcen. Die Differenzkategorie Alter verdeutlicht, dass Altersphasen nicht frei von Bewertungen sind, sondern im Gegenteil eine ungleiche Bewertung von Alter über die Lebensphasen hinweg erfolgt. Denn während die mittleren Lebensjahre mit dem scheinbar entscheidungsfähigen, selbstbestimmten Erwachsenen als Ideal gelten, so werden die Lebensjahre an den „Rändern des Lebenslaufs“ – Kindheit, Jugend, höheres Alter – als Abweichung zu diesem Normalzustand angenommen (vgl. Hockey & James 1993; van Dyk 2015).

Multiperspektivität im hier vorgeschlagenen Sinne erhöht die Komplexität einer intersektionalen Analyse, was wiederum die intersektionale Theoriebildung und empirische Forschung auffordert, mit dieser Komplexität umzugehen. Denn offen bleiben empirisch zu adressierende Fragen wie: Wie hängen verschiedene Praktiken des undoing, etwa das ‚Ruhen-lassen‘, das ‚Nicht-tun‘ und das ‚Negieren‘ zusammen, wie werden sie situativ wirksam, und was bringen sie Neues – abseits von Alter oder Nicht-Alter – hervor? Gerade hier lohnt aber ein multiperspektivischer Blick, um besser verstehen zu können, in welcher Gesellschaft wir leben, und welche Möglichkeiten, wenn oft auch nicht unmittelbar ersichtlich, sie für Veränderungen bereithält.

About the authors

Grit Höppner

Grit Höppner, geb. 1981. Studium der Sozialen Arbeit, Gender Studies und Soziologie in Leipzig und Wien (A). Von 2011 bis 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin (prae-doc) der Professur für Gender Studies, Universität Wien, mit Forschungsaufenthalt am Graduate Center, City University of New York, USA. Von 2016 bis 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin (post-doc) der Professur für Sozialisation, Institut für Soziologie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Seit 2017 Professorin für Theorien und Konzepte der Sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule NRW.

Wichtige Publikationen: G. Höppner & A. S. Richter (2020): Neuvermessung des Alter(n)s. Zum Mehrwert einer affektbasierten und ungleichheitssensiblen Bestimmung des Verhältnisses von Raum und Alter(n). Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 53: 395–400, DOI: 10.1007/s00391-020-01743-0; G. Höppner G. & M. Urban (2018): Where and how do aging processes take place in everyday life? Answers from a new materialist perspective. Frontiers in Sociology 3(7), DOI: 10.3389/fsoc.2018.00007; G. Höppner (2015): Embodying of the self during interviews: An agential realist account of the non-verbal embodying processes of elderly people. Current Sociology 65(3): 356-375, DOI: 10.1177/0011392115618515

Anna Wanka

Anna Wanka, geb. 1987 in Wien. Studium der Soziologie und Rechtswissenschaften in Wien (A). Von 2009 bis 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin (prae-doc) am Institut für Soziologie, Forschungsschwerpunkt „Familie, Generationen, Lebenslauf und Gesundheit“, seit 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin (post-doc) im DFG-Graduiertenkolleg „Doing Transitions“ an der Goethe Universität Frankfurt am Main.

Wichtigste Publikationen: A. Wanka (2019): Change Ahead—Emerging Life-Course Transitions as Practical Accomplishments of Growing Old(er). Frontiers in Sociology. https://doi.org/10.3389/fsoc.2018.00045; A. Wanka, L. Wiesböck et al. (2018): Everyday Discrimination in the Neighbourhood: What a ‘Doing’ Perspective on Age and Ethnicity Can Offer. Ageing and Society, 1–26. https://doi.org/10.1017/S0144686X18000466; A. Wanka & V. Gallistl (2018): Doing Age in a Digitized World—A Material Praxeology of Aging with Technology. Frontiers in Sociology 3: 6. https://doi.org/10.3389/fsoc.2018.00006

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Published Online: 2021-03-09
Published in Print: 2021-03-08

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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