Bedeutung von Polysemie, Antonymie und Assoziationen im Spracherwerb – Zweisprachigkeit in der Sprachförderung und Sprachtherapie von sprachentwicklungsverzögerten und spracherwerbsgestörten Kindern im Grundschulalter
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Claudia Wahn
Zusammenfassung
Von Kindern mit Spezifischer Spracherwerbsstörung (SSES) wird häufig berichtet, dass sie umfangreiche Schwierigkeiten im Sprachverstehen sowie in der Ausdifferenzierung des Lexikons haben (vgl. Bishop 1979; Leonard 1998; McGregor et al. 2002). Diese Schwierigkeiten kommen besonders dann zum Tragen, wenn sie Informationen in einen Kontext einbetten müssen, um beispielsweise implizite Bedeutungen zu erschließen (vgl. Norbury and Bishop 2002) oder um ambige (mehrdeutige) sowie semantisch differenzierte bzw. anspruchsvolle Äußerungen aufzulösen (vgl. Norbury 2004). Die vorliegende Untersuchung knüpft an eine Arbeit zum Erwerb des semantisch- lexikalischen Systems an (vgl. Wahn 2013) und geht der Frage nach, welche Bedeutung mehrdeutigen Wörtern im Zweitspracherwerb sowie der Strukturierung des Lexikons zukommt. Zur Klärung dieser Frage wurde eine Population von zweisprachigen Kindern (N = 19) im Alter von 7;0 bis 10;11 Jahren unter Berücksichtigung der Sprachgenese (sprachunauffällig vs. sprachauffällig / SSES) mit Hilfe eines Arbeitsinstrumentes untersucht (vgl. Wahn 2013). Der t-Test für abhängige Stichproben zeigt, dass sich zweisprachige sprachunauffällige 7–10-Jährige von zweisprachigen sprachauffälligen 7–10-Jährigen hinsichtlich der Fähigkeit zur Nutzung von Kontextinformation und hinsichtlich der Antonymie als wichtiges Organisationsprinzip des Lexikons unterscheiden. Darüber hinaus erbrachten multifaktorielle Varianzanalysen eine signifikante Hauptwirkung für die Sprachgenese bei der Überprüfung des Kontextwissens durch Polyseme, für Antonyme (gegensätzliche sprachliche Ausdrücke) sowie eine signifikante Wechselwirkung für die Sprachgenese und den Spracherwerbstyp hinsichtlich der Fähigkeit zu assoziieren in der Gesamtstichprobe (vgl. Wahn 2013). Die Ergebnisse implizieren, dass der Fokussierung auf Antonyme und mehrdeutige Wörter eine hohe praktische Bedeutung für die sprachspezifische Förderung und Therapie zweisprachiger Risikokinder oder Kinder mit SSES, die einen Schwerpunkt im semantisch-lexikalischen Bereich besitzen, zukommt.
Abstract
Children with specific language impairment (SLI) are often characterized by a poor comprehension of language and a reduced lexicon (Bishop 1979; Leonard 1998; McGregor et al. 2002). These comprehension problems and problems with categorization of the lexicon are evident when children with SLI have to integrate information in a context to infer an implicit meaning (cf. Norbury and Bishop 2002) or to understand ambiguous and sophisticated expressions (cf. Norbury 2004). The following study is connected to an investigation into the developmentof the mental lexicon (cf. Wahn 2013). It focuses on the meaning of lexical ambiguity, the development of antonymy and of associations in older children’s second language acquisition (SLA). In order to collect data a quantitative study was carried out with a population of bilingual children (N = 19) in the age range of 7;0 to 10;11, considering the genesis of language acquisition (normal vs. impaired) and using an already evaluated test instrument (cf. Wahn 2013). Results indicate a difference between the population of 7–10 year-old bilingual children with normal language acquisition and the population of 7–10 year-old bilingual children with SLI concerning lexical ambiguity and antonymy. Further, a multi-factor analysis of variance for the whole population was carried out. Significant main effects were found for the genesis of language and lexical ambiguity, for the genesis of language and antonymy and an interaction between the genesis of language and the type of language acquisition for associations (cf. Wahn 2013). Outcomes suggest that focusing on antonymy and polysemy and using context information efficiently might be important for intervention for bilingual children at risk or those with semantic-lexical disorders in SLI.
©2014 Walter de Gruyter, Berlin/München/Boston
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