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Thermoelektrische Eigenschaften von Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelementen

  • Frank Edler

    Frank Edler absolvierte an der Humboldt Universität Berlin, Sektion Physik, ein Studium mit Abschluss als Diplom-Kristallograph. Ab 1986 war er in Berlin als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Amt für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung auf dem Gebiet der Temperaturmesstechnik tätig, seit 1990 im gleichen Arbeitsgebiet mit den Schwerpunkten Thermoelementhermometrie und Rauschthermometrie in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Er promovierte 1999 im Fachbereich Physik der Universität Hannover mit dem Thema „Rauschthermometrische Bestimmung der thermodynamischen Temperatur des Palladiumschmelzpunktes mit Hilfe miniaturisierter Fixpunktzellen. Seit 2007 leitet er die Arbeitsgruppe „Thermoelektrik“ im Fachbereich Temperatur der PTB.

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    and Petra Ederer

    Petra Ederer absolvierte in Berlin am Lette-Verein eine Ausbildung zur Technischen Assistentin für Elektrotechnik und Elektronik. Von 1978 bis 2001 war sie bei der Siemens AG, Geschäftsbereich Starkstromkabel und -leitungen, mit Schwerpunkt ‚Prüfung der elektrischen Eigenschaften an Kabelaufbauelementen‘ tätig. Seit 2003 arbeitet sie bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in der Arbeitsgruppe „Thermoelektrik“ mit dem Tätigkeitsschwerpunkt: Kalibrierung von Edelmetall-Thermoelementen.

Published/Copyright: May 20, 2021

Zusammenfassung

Im Rahmen des europäischen Metrologie Programms für Innovation und Forschung (EMPIR) startete im Mai 2018 mit einer Laufzeit von 3 Jahren das Projekt „Enhancing process efficiency through improved temperature measurement – 2“ (EMPRESS-2) mit Beteiligung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Das übergeordnete Ziel des Projekts ist es, die Effizienz von Fertigungsprozessen durch die Verbesserung von Temperaturmess- und Steuerungsmöglichkeiten zu steigern. Die Arbeiten der PTB fließen in zwei Arbeitspakete ein und befassen sich mit der metrologischen Charakterisierung hochstabiler Thermoelemente im Arbeitspaket 2 (AP2) und neuartiger photonischer Temperatursensoren im AP4. Im Folgenden werden die Präparation der hochstabilen Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente beschrieben, sowie die Messprozeduren und erste Messergebnisse zur Etablierung einer Kennlinienfunktion für Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente vorgestellt.

Abstract

Within the framework of the European Metrology Programme for Innovation and Research (EMPIR), the project “Enhancing process efficiency through improved temperature measurement – 2” (EMPRESS-2) started in May 2018 with the participation of the Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB). The overall objective of the project is to increase the efficiency of manufacturing processes by improving temperature measurement and control options. The PTB’s work is incorporated into two work packages and deals with the metrological characterisation of highly stable thermocouples in work package 2 (WP2) and with novel photonic temperature sensors in WP4. In the following, the preparation of the highly stable Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh thermocouples is described, as well as the measurement procedures and first measurement results for the establishment of a reference function for Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh thermocouples.

1 Einführung

Die meisten konventionellen Thermoelemente aus Pt-Rh Legierungen (Typen R, S und B) zeigen bei Temperaturmessungen oberhalb von 1100 °C Driften, die auf thermoelektrische Instabilitäten zurückzuführen sind. Das erfordert insbesondere bei sehr hohen Genauigkeitsanforderungen ihre regelmäßige Kalibrierung. Reines Platin tendiert bei hohen Temperaturen zu einem beschleunigten Kornwachstum, worunter die mechanische Stabilität der Thermodrähte leidet. Pt-Rh Legierungen reagieren sehr empfindlich mit Änderungen ihrer Zusammensetzung beim Einsatz oberhalb von 1000 °C. Die damit verbundenen Änderungen ihrer Seebeck-Koeffizienten sind Ergebnis der bevorzugten Reduzierung einer Legierungskomponente durch Verdampfung der entsprechenden Pt- oder Rh-Oxide, deren Dampfdrücke sich temperaturabhängig signifikant unterscheiden können [1], [2], [3]. Die Legierungszusammensetzungen konventioneller Thermoelemente wurden nicht auf Grundlage von Optimierungen ausgewählt, sondern beruhen auf historischen Entwicklungen. Modellierungen des Pt- und Rh-Oxid-Transports (dominanter Driftmechanismus bei Abwesenheit von Verunreinigungen) und Langzeituntersuchungen von Kombinationen verschiedener Pt-Rh Legierungen führten zur Identifizierung der driftarmen Thermoelement Kombination Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh [4], deren Thermospannungs-Temperatur-Referenzfunktion im Rahmen des Projekts EMPRESS-2 bestimmt werden soll. Ziel der metrologischen Charakterisierung Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente ist es, eine erweiterte Messunsicherheit ( k = 2) der neuen Referenzfunktion von kleiner als einem Temperaturäquivalent von 0,5 K bis 960 °C zu erreichen, welches bei Temperaturen oberhalb von 960 °C nur stetig moderat auf 2 K bei 1769 °C ansteigt.

2 Präparation der Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente

Zur Bestimmung der Referenzfunktion wurden von den Projektpartnern unter Verwendung von Thermodrähten der jeweils gleichen Charge (Johnson Matthew) nach Vorgaben der PTB in Zusammenarbeit mit dem National Physical Laboratory, UK, (NPL) insgesamt 11 Thermoelemente konstruiert. Zusätzlich wurden die Bedingungen zur thermischen Vorbehandlung nach der Montage der Thermoelemente festgelegt, um einen einheitlichen und definierten thermoelektrischen Zustand der Thermoelemente mit möglichst hoher thermoelektrischer Stabilität und einer guten Homogenität sicherzustellen.

Entsprechend diesen Vorgaben wurden in der PTB die Thermodrähte (Durchmesser 0,5 mm) nach der Reinigung mit Alkohol ( C 2 H 5 OH) und destilliertem Wasser einzeln einer elektrischen Alterung in Luft bei ca. 1300 °C für die Dauer von vier Stunden unterzogen. Danach erfolgte die Armierung der Drähte über eine Länge von ca. 700 mm in hochreinen keramischen Isolations- und Schutzrohren ( Al 2 O 3 , 99,7 %). Die Isolation der Thermodrähte außerhalb der keramischen Isolierung wurde mit flexiblen Isolationsschläuchen ausgeführt. Die Vergleichsstellen mit den angelöteten Kupferleitungen wurden in Rohren (Länge: 230 mm, Außendurchmesser: 10 mm) integriert.

Nach der Konstruktion von vier Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelementen in der PTB erfolgte eine weitere thermische Alterung in Luft bei einer Temperatur von 1350 °C, um ihre thermoelektrische Stabilität zu verbessern. Während dieser Alterung wurden zur Überprüfung wiederholte Messungen der Thermospannung am Kupfererstarrungspunkt (Cu, 1084,62 °C) durchgeführt. Als Stabilitätskriterium wurde eine Grenzthermospannungsänderung zwischen zwei Testmessungen am Cu-Punkt von Δ V < 0 , 5 µV (≈50 mK) festgelegt, die im Intervall von ca. 50 h Alterungszeit bei 1350 °C erfolgen sollten. Die festgesetzte minimale Alterungszeit von 200 Stunden ergab sich aus Erkenntnissen umfangreicher Untersuchungen innerhalb des Vorgängerprojekts EMPRESS [4]. Abbildung 1 zeigt die thermoelektrischen Stabilitäten der in der PTB gefertigten vier Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente. Es ist zu erkennen, dass bereits nach ca. 110 h eine dem Stabilitätskriterium entsprechende hinreichende thermoelektrische Stabilität bei allen Thermoelementen erreicht wurde.

Nach der Stabilitätsalterung bei 1350 °C und der letzten Messung am Cu-Punkt wurde die thermoelektrische Homogenität der Thermoelemente bei 400 °C in einem Salzbad durch die Messung von Eintauchprofilen bestimmt [5]. Die gemessenen maximalen Änderungen der Thermospannungen während der Profilmessungen liegen zwischen 0,5 µV und 0,9 µV, was relativen Inhomogenitäten Δ V / V von ( 5 9 ) × 10 4 entspricht. Eine zusätzliche 24-stündige Alterung der Thermoelemente in Luft bei 400 °C diente dem Ziel, einen definierten Ordnungszustand der Kristallstruktur der Thermodrähte herzustellen [6]. Die danach gemessenen Eintauchprofile im Salzbad bei 400 °C zeigen eine deutlich verbesserte thermoelektrische Homogenität mit maximalen Δ V-Werten von 0,2 µV bis 0,4 µV. Die gemessenen Eintauchprofile der Homogenitätstests für die vier PTB Thermoelemente sind in Abbildung 2 zusammengefasst.

Abb. 1 
Thermoelektrische Stabilität der Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente am Cu-Punkt in Abhängigkeit von der Alterungszeit bei 1350 °C.
Abb. 1

Thermoelektrische Stabilität der Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente am Cu-Punkt in Abhängigkeit von der Alterungszeit bei 1350 °C.

Abb. 2 
Eintauchprofile der Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente im Salzbad bei 400 °C nach der Alterung bei 1350 °C und nach einer zusätzlichen Alterung bei 400 °C (24 Stunden).
Abb. 2

Eintauchprofile der Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente im Salzbad bei 400 °C nach der Alterung bei 1350 °C und nach einer zusätzlichen Alterung bei 400 °C (24 Stunden).

3 Vergleichsmessungen

3.1 Messverfahren und Messbedingungen

Alle durchgeführten Messungen zur Bestimmung der Referenzfunktion sind auf die Internationale Temperaturskala von 1990 (ITS-90) [7] rückführbar, basierend auf Messungen der Thermospannungen im Vergleichsverfahren gegen kalibrierte Normalthermometer und an Fixpunkten der ITS-90 in Luft. Unter Berücksichtigung der Erfahrungen bei der Bestimmung der Referenzfunktionen für Au/Pt Thermoelemente [8] und Pt/Pd Thermoelemente [9] wurden die Messungen bei ansteigenden Temperaturen durchgeführt. Auf diese Weise kann der Einfluss möglicher hochtemperaturbedingter irreversibler struktureller Änderungen der Thermodrähte auf die Eigenschaften der Referenzfunktion im unteren Temperaturbereich ( T < 1100 °C) eliminiert werden. Die Vergleichsmessungen wurden jeweils in zwei unabhängigen Durchläufen in vorher festgelegten Temperaturbereichen ((0–400) °C, (400–1000/1100) °C, (1000–1350) °C und T > 1350 °C) durchgeführt. Das Temperaturintervall zwischen zwei einzelnen Temperaturmesspunkten betrug ca. 25 K bis 400 °C und ca. 30 K oberhalb von 400 °C. Vor und nach den Vergleichsmessungen im jeweiligen Temperaturbereich wurden die Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente an den in diesem Temperaturbereich liegenden Fixpunkten kalibriert. Diese Vorgehensweise diente damit auch der Abschätzung der Stabilität der Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente. Nach Abschluss der Messungen in jedem Temperaturbereich wurde eine Überprüfung der thermoelektrischen Homogenität durch die Messung von Eintauchprofilen bei 400 °C durchgeführt, um die Abschätzung des Unsicherheitsbeitrags der thermoelektrischen Homogenität auf die Referenzkennlinie vornehmen zu können. Eine definierte zusätzliche thermische Behandlung der Thermoelemente in Luft (Alterung bei 1100 °C und 400 °C) wurde bei den Messungen im Temperaturbereich zwischen 400 °C und 1000 °C durchgeführt, um die Einflüsse reversibler Änderungen des Seebeck-Koeffizienten durch Rh-Oxidationsprozesse im Temperaturbereich zwischen ca. 500 °C und 900 °C zu minimieren.

3.2 Vergleichsmessungen in der PTB

In der PTB wurden die Thermospannungen von zwei Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelementen, E2-18-03 und E2-18-04 im Temperaturbereich von 0 °C bis 1554 °C bestimmt (E2-18-03 bis 1769 °C). Dabei wurden Messungen im Wasserbad (25–90) °C, im Ölbad (110–200) °C und im Salzbad (225–530) °C im Vergleich gegen kalibrierte Standard-Platinwiderstandsthermometer (SPRT) durchgeführt. Die Vergleichsmessungen im Temperaturbereich zwischen 560 °C und 980 °C wurden in einem druckgeregelten Wärmerohr im Vergleich zu einem SPRT als Normalthermometer bis 650 °C und bei höheren Temperaturen im Vergleich zu einem Au/Pt Thermoelement durchgeführt. Oberhalb von 1000 °C wurden nur Messungen an Fixpunkten der ITS-90 und an Metall-Kohlenstoff eutektischen Fixpunkten ausgeführt.

Die erhaltenen Messergebnisse zeichnen sich durch eine hohe Reproduzierbarkeit der gemessenen Thermospannungen bis zu Temperaturen von 1554 °C aus. Die erweiterten Messunsicherheiten ( k = 2) bis ca. 1330 °C liegen unterhalb von 0,5 K. Wiederholte Messungen zur Überprüfung der thermoelektrischen Homogenität der Thermoelemente im Salzbad bei 400 °C zeigten eine hohe temperaturunabhängige Konstanz der Ergebnisse mit relativen Inhomogenitäten in der Größenordnung von ( 1 2 ) × 10 4 , beim Einsatz der Thermoelemente bis 1554 °C.

3.3 Messunsicherheiten

Die Messunsicherheiten der gemessenen Thermospannungen im Vergleichsverfahren bei Temperaturen bis ca. 650 °C sind durch die Unsicherheit der verwendeten elektrischen Messtechnik (±0,35 µV) ( k = 1) dominiert. Das liegt an den vergleichsweise niedrigen Seebeck-Koeffizienten von (1–7) µV/K der Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente im Temperaturbereich von 25 °C bis 650 °C, so dass ein Unsicherheitsbeitrag der elektrischen Messtechnik von 0,35 µK bereits temperaturäquivalente Unsicherheiten von (0,35–0,05) K bedeutet. Erst bei Temperaturen oberhalb von 650 °C werden die Messunsicherheitsbeiträge des verwendeten Referenznormals (Au/Pt Thermoelement, ±0,65 µV bei 680 °C) und der thermoelektrischen Inhomogenitäten der Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente signifikant. Weitere Unsicherheitsbeiträge bei der Thermospannungsmessung im Vergleichsverfahren sind im Messunsicherheitsbudget in Tabelle 1 für eine Messung im Salzbad bei 450 °C detailliert aufgelistet. Tabelle 2 zeigt eine Übersicht der Gesamtmessunsicherheiten in Abhängigkeit von den Messtemperaturen/Fixpunkten. Die Messunsicherheiten bei den Kalibrierungen am Palladium- (1553,4 °C) und Platinschmelzpunkt (1769 °C), sowie am Rh-C Eutektikum (1657 °C) sind maßgeblich durch die Messunsicherheit der jeweiligen Fixpunkttemperatur bestimmt, die in der Größenordnung von ±1 K ( k = 1) liegen.

Tab. 1

Messunsicherheitsbudget einer Thermospannungsmessung bei 450 °C im Vergleichsverfahren im Salzbad.

Einfluss Fomelzeichen Standard Unsicherheit Wahrscheinlichkeitsverteilung SensitivitätsKoeffzient Unsicherheitsbeitrag / µV
Mediumstemperatur ts 0,005 K normal 5,1 0,0255
Normal / Kalibrierung Δts 0,003 K normal 5,1 0,0153
Normal / Drift Δtd 0,003 K rechteckig 5,1 0,0153
Medium / Homogenität Δtm 0,013 K normal 5,1 0,0663
Voltmeter / Kalibrierung Evc 0,3 µV normal 1 0,3
Voltmeter / Auflösung Evr 0,03 µV rechteckig 1 0,03
Voltmeter / Drift Evd 0,17 µV rechteckig 1 0,17
Thermoelement / Homogenität Ehom 0,11 µV rechteckig 1,25 0,14
Vergleichsstelle / Temperatur t 0 0,015 °C normal 0,3 0,0045
Voltmeterablesung Erepeat 0,07 µV normal 1 0,07
Kombinierte Messunsicherheit ( k = 1) / µV 0,37
Kombinierte Messunsicherheit ( k = 1) / K 0,07
Erweiterte Messunsicherheit ( k = 2) / K 0,14

Tab. 2

Temperaturabhängige Messunsicherheiten.

Temperaturbereiche und Fixpunkte / °C Messunsicherheiten

Kombiniert ( k = 1) / µV Kombiniert ( k = 1) / K Erweitert ( k = 2) / K
50–90 0,35 0,35 0,7
110–200 0,36–0,37 0,26–0,15 0,52–0,3
225–530 0,36–0,39 0,14–0,06 0,26–0,13
560–650 0,39–0,40 0,06 0,12
680–980 0,77–1,03 0,11–0,1 0,21–0,2
Ga–Cu 0,35–1,1 0,69–0,06 1,38–0,13
Fe-C–Ni-C 1,95–2,69 0,17–0,22 0,35–0,43
Pd, Rh-C, Pt 15,6–20,1 1,18–1,47 2,37–2,93

3.4 Kennlinienbestimmung

Die mathematische Bestimmung der Thermospannungs-Temperatur-Referenzfunktion soll mittels der Methode der kleinsten Fehlerquadrate über die erhaltenen Messdaten von fünf der thermoelektrisch stabilsten aller zehn untersuchten Thermoelemente erfolgen. Wenn die gemessenen Thermospannungen der einzelnen Thermoelemente zu große Abweichungen voneinander aufweisen, könnte auch ein „Master-Thermoelement“ mit einer hinreichenden Anzahl an Datenpunkten für die Bestimmung der Referenzkennlinie ausgewählt werden, welches gleichzeitig eine hohe thermoelektrische Stabilität und Homogenität aufweist. Voraussetzung ist, dass sich die Thermospannungs-Temperatur Charakteristik aller anderen Thermoelemente durch einfache Abweichungspolynome maximal 2. Ordnung mit ausreichender Genauigkeit beschreiben lassen. Ein geschlossener Ausgleich über den gesamten Temperaturbereich von 0 °C bis 1769 °C erwies sich als nicht praktikabel, so dass mindestens zwei Temperaturbereiche mit separaten Ausgleichspolynomen ausgewählt werden. Als Beispiel zeigen die Abbildungen 3 und 4 die Abweichungen der gemessenen Thermospannungen des Thermoelements E2-18-03 von einem Ausgleichspolynom 6. Ordnung im Temperaturbereich zwischen 0 °C und 660,323 °C (Al-Punkt) und vom Ausgleichspolynom 8. Ordnung im höheren Temperaturbereich zwischen 660,323 °C und 1769 °C. Die Abweichungen liegen fast ausnahmslos innerhalb eines Temperaturäquivalents von ±0,1 K und unterstreichen damit die Eignung der gewählten Polynome zur Beschreibung der thermoelektrischen Eigenschaften des Thermoelements E2-18-03. Eine gleichartige Auswertung lässt sich auch mit den Messdaten des Thermoelements E2-18-04 vornehmen.

Abb. 3 
Abweichungen der gemessenen Thermospannungen des Thermoelements E2-18-03 vom Ausgleichspolynom 6. Ordnung im Temperaturbereich zwischen 0 °C und 660,323 °C.
Abb. 3

Abweichungen der gemessenen Thermospannungen des Thermoelements E2-18-03 vom Ausgleichspolynom 6. Ordnung im Temperaturbereich zwischen 0 °C und 660,323 °C.

Abb. 4 
Abweichungen der gemessenen Thermospannungen des Thermoelements E2-18-03 vom Ausgleichspolynom 8. Ordnung im Temperaturbereich zwischen 660,323 °C und 1769 °C.
Abb. 4

Abweichungen der gemessenen Thermospannungen des Thermoelements E2-18-03 vom Ausgleichspolynom 8. Ordnung im Temperaturbereich zwischen 660,323 °C und 1769 °C.

4 Langzeituntersuchungen

Zusätzliche Langzeitstabilitätsuntersuchungen in Luft wurden mit dem Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelement E2-18-05 bei 1350 °C (2686 h) und anschließend bei 1400 °C (2758 h) mit wiederholten Überprüfungen der Thermospannung des Thermoelements an der Erstarrungstemperatur von Kupfer (1084,62 °C) durchgeführt. Die Thermospannungsmessungen am Cu-Punkt offenbarten eine außergewöhnliche hohe thermoelektrische Stabilität des Thermoelements E2-18-05. Nach ca. 550 h blieb die Thermospannung am Cu-Punkt innerhalb von ±0,5 µV stabil, was einem Temperaturäquivalent von ca. ±50 mK entspricht. Abbildung 5 zeigt die gemessenen Thermospannungen am Kupferpunkt mit ihren Messunsicherheiten für k = 1. Mit Erhöhung der Alterungstemperatur von 1350 °C auf 1400 °C trat ein leichter Abfall der Thermospannung am Cu-Punkt auf, der aber innerhalb der Messunsicherheit liegt.

Abb. 5 
Thermoelektrische Stabilität des Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelements E2-18-05 am Erstarrungspunkt von Kupfer (ab ca. 4000 h Alterung erfolgte ein Wechsel des Ofens zur Realisierung der Temperatur des Kupfererstarrungspunktes).
Abb. 5

Thermoelektrische Stabilität des Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelements E2-18-05 am Erstarrungspunkt von Kupfer (ab ca. 4000 h Alterung erfolgte ein Wechsel des Ofens zur Realisierung der Temperatur des Kupfererstarrungspunktes).

Auch die relative thermoelektrische Homogenität des Thermoelements E2-18-05 wiederholt gemessen bei 400 °C im Salzbad, blieb während der gesamten Langzeituntersuchung nahezu unverändert und lag mit 2 , 3 × 10 4 in der gleichen Größenordnung wie die Homogenität der beiden anderen in der PTB zur Bestimmung der Referenzfunktion verwendeten Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente.

5 Zusammenfassung

Die in der PTB erzielten Messergebnisse bilden neben den Messergebnissen anderer teilnehmender europäischer Metrologie-Institute die Grundlage zur Bestimmung der Referenzkennlinie für Pt-40 %Rh/Pt-6 %Rh Thermoelemente. Die nachgewiesene hohe Reproduzierbarkeit der gemessenen Thermospannungen, die nur geringen Abweichungen (<0,1 K) von den Ausgleichsfunktionen, sowie die abgeschätzten kombinierten Messunsicherheiten bei den Vergleichsmessungen lassen die angestrebte Unsicherheit der Thermospannungs-Temperatur-Referenzfunktion von 0,5 K bis zu Temperaturen von 960 °C und danach linear ansteigenden auf maximal 2 K bei 1769 °C erreichbar erscheinen.

Award Identifier / Grant number: 17IND04

Funding statement: Euramet und EU, EMPIR Call 2017, Projekt 17IND04.

Über die Autoren

Frank Edler

Frank Edler absolvierte an der Humboldt Universität Berlin, Sektion Physik, ein Studium mit Abschluss als Diplom-Kristallograph. Ab 1986 war er in Berlin als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Amt für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung auf dem Gebiet der Temperaturmesstechnik tätig, seit 1990 im gleichen Arbeitsgebiet mit den Schwerpunkten Thermoelementhermometrie und Rauschthermometrie in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Er promovierte 1999 im Fachbereich Physik der Universität Hannover mit dem Thema „Rauschthermometrische Bestimmung der thermodynamischen Temperatur des Palladiumschmelzpunktes mit Hilfe miniaturisierter Fixpunktzellen. Seit 2007 leitet er die Arbeitsgruppe „Thermoelektrik“ im Fachbereich Temperatur der PTB.

Petra Ederer

Petra Ederer absolvierte in Berlin am Lette-Verein eine Ausbildung zur Technischen Assistentin für Elektrotechnik und Elektronik. Von 1978 bis 2001 war sie bei der Siemens AG, Geschäftsbereich Starkstromkabel und -leitungen, mit Schwerpunkt ‚Prüfung der elektrischen Eigenschaften an Kabelaufbauelementen‘ tätig. Seit 2003 arbeitet sie bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in der Arbeitsgruppe „Thermoelektrik“ mit dem Tätigkeitsschwerpunkt: Kalibrierung von Edelmetall-Thermoelementen.

Danksagung

Diese Arbeiten wurden im Rahmen des Projekts des Europäischen Metrologieprogramms für Innovation und Forschung (EMPIR), “EMPRESS 2”, durchgeführt. Das EMPIR wird gemeinsam von den am EMPIR teilnehmenden Ländern innerhalb von EURAMET und der Europäischen Union finanziert.

Literatur

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Erhalten: 2021-03-15
Angenommen: 2021-04-30
Online erschienen: 2021-05-20
Erschienen im Druck: 2021-10-31

© 2021 Edler und Ederer, publiziert von De Gruyter

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 25.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/teme-2021-0042/html
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