Tanzkritik im Pietismus
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Dominik Koy
Pfarrer Dominik Koy ist Beratender Mitarbeiter für Fragen zur GEKE am Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes Bensheim.
Zusammenfassung
Liest man die Begriffe „Pietismus“ und „Tanz“ in einem Satz, ist die Verwunderung in der Regel groß. Wie passt eine evangelische Frömmigkeitsbewegung um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert mit dem kulturanthropologischen Phänomen Tanz zusammen? Konnte der Tanz etwa als ein körperlicher Ausdruck frommer Innerlichkeit, als eine bewegte Glaubensäußerung gesehen werden? Mitnichten. Zwar wusste beispielsweise einer der wichtigsten Vertreter des Pietismus, August Hermann Francke, sehr wohl um den religiösen Tanz des David vor der Bundeslade, allein ein solches Durchdrungensein vom Glauben traute er nur den wenigsten zu. Außerdem wüssten derart tiefgläubige Menschen von den Versuchungen, auch in sexueller Hinsicht, die der Tanz – sei er auch noch so religiös – für weniger gefestigte Christen evozieren könnte. Vielmehr kritisierte Francke in einer Vorrede zu seinem Traktat mit dem Titel „Was von dem weltüblichen Tanzen zu halten sei“ jene Christen, deren Verhalten nicht durch ihren Glauben geprägt war. Sie seien dem Namen nach Christen, aber nicht in ihrer Lebensführung.
Abstract
If you read the terms “pietism” and “dance” in the same sentence, you are usually very surprised. How does a Protestant piety movement at the turn of the 17th and 18th centuries fit together with the cultural-anthropological phenomenon of dance? Could dance be seen as a physical expression of pious inwardness, as a moving expression of faith? Not at all. Although one of the most important representatives of Pietism, August Hermann Francke, was well aware of David’s religious dance in front of the ark of the covenant, he believed that only very few people were imbued with such faith. Moreover, such deeply religious people were aware of the temptations and sexual connotations that the dance – no matter how religious – could trigger in less committed Christians. In fact, in a preface to his treatise entitled “What to Think of Worldly Dancing”, Francke criticised those Christians whose behaviour was not shaped by their faith. They were Christians in name but not in behaviour.
Über den Autor / die Autorin
Pfarrer Dominik Koy ist Beratender Mitarbeiter für Fragen zur GEKE am Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes Bensheim.
© 2025 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Articles in the same Issue
- Titelseiten
- Editorial
- Tanz
- Artikel
- Tanzspiritualität heute
- Tanz in den selbständigen evangelisch-lutherischen Kirchen
- On the Body and Liturgical Practices
- Tanzkritik im Pietismus
- Der liturgische Tanz in der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche
- Zwei Schritte vor, einer zurück
- Die Christliche Arbeitsgemeinschaft Tanz in Liturgie und Spiritualität e.V. stellt sich vor
- Rezension
- Anne Käfer, Christian Neddens, Tobias Schütze und Gilberto da Silva, Hg., Unter einem Christus sein! Und streiten? Über Taufe und Anerkennung in ökumenischer Absicht, Lutherische Theologie im Gespräch 5 (Leipzig: EVA, 2024), 179 S., EUR 34,00, ISBN 978-3-374-07545-4.
- Hans-Georg Link und Josef Wohlmuth, Hg., Attraktive Fremdheit Gottes. Das Ökumenische Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (325–2025), ausgelegt von Mitgliedern des Altenberger Ökumenischen Gesprächskreises, mit einem Geleitwort von Heinrich Bedford-Strohm (Leipzig: EVA; Paderborn: Bonifatius, 2024), 287 S., EUR 24,00, ISBN 978-3-374-07583-6; 978-3-98790-049-5.
- Christian Koch, Die Oxford-Bewegung und ihre Historiographie. Eine Analyse der geschichtlichen Konstruktion konfessioneller Identität im Traktarianismus, BHTh 206 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2024), 568 S., EUR 139,00, ISBN 978-3-16-163371-3.
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