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Perzeptive Aspekte der Prominenz in der Fremdsprache Deutsch

  • Vincenzo Damiazzi

    studierte Fremdsprachen für die internationalen Beziehungen an der Università Cattolica in Mailand, wo er 2021 auch mit einer Dissertation über die prosodische Realisierung rhetorischer Fragen in den politischen Reden im Bundestag promovierte. Er war Vertragsprofessor für deutsche Sprachwissen-schaft an den Universitäten Verona und Milano Statale. Seit 2023 ist er an der Università Cattolica in Mailand als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Derzeit beschäftigt er sich mit der prosodischen Analyse der authentischen gesprochenen Sprache, dem Unterricht der deutschen Prosodie für italophone Lernende sowie der Prosodie nichtkanonischer Fragen in politischen Reden.

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Published/Copyright: June 25, 2026
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Zusammenfassung

In den letzten Jahrzehnten haben suprasegmentale Merkmale auch im Rahmen der DaF-Didaktik an Bedeutung gewonnen. Prosodisches Training ist entscheidend, um einen sogenannten fremden Akzent und Fehlinterpretationen der kommunikativen Absicht von Äußerungen zu vermeiden. Dies gilt auch für italienischsprachige DaF-Lernende, die nicht nur Schwierigkeiten haben, Deutsch korrekt auszusprechen, sondern auch dessen prosodische Regelmäßigkeiten angemessen wahrzunehmen und zu interpretieren. Daher ist es wichtig, die Wahrnehmungsgewohnheiten von Lernenden und Muttersprachlerinnen und -sprachlern zu untersuchen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzuzeigen. Dieser Beitrag präsentiert die Ergebnisse eines Wahrnehmungsexperiments mit Audios aus Podcasts. Die experimentelle Untersuchung der Prominenzwahrnehmung wird mit einer Gruppe italienischer Lernender und einer Gruppe deutscher Muttersprachlerinnen und -sprachler durchgeführt. Die Ergebnisse des Wahrnehmungsexperiments werden mit einer akustischen Analyse der Audios korreliert, um die akustischen Signale zu identifizieren, die die Prominenzwahrnehmung steuern.

Abstract

Over the last decades, suprasegmentals have become crucial also in the framework of German as a foreign language (GFL) teaching. Prosodic training is key to avoid the so-called foreign accent and the wrong interpretation of the communicative aims of utterances, and this is also true for Italian-speaking GFL-students, who have difficulty not only in pronouncing German correctly, but also in adequately perceiving and interpreting its prosodic regularities. Thus, it is important to investigate learners’ and native speakers’ perceptual habits in order to highlight similarities and differences between them. This paper presents the results of a perceptual experiment on speech samples taken from podcasts. The experimental investigation of prominence perception is conducted on a group of Italian students and a group of native German speakers. The results of the perceptual experiment are correlated with an acoustic analysis of the speech samples in order to identify the acoustic cues that steer prominence perception.

1 Hintergrund

Das Erlernen einer Fremdsprache erfordert mehr als den bloßen Erwerb von Wortschatz und Grammatik. Im Kontext des Fremdsprachenlernens hat auch die Phonetik in den vergangenen Jahrzehnten eine signifikant zunehmende Relevanz erfahren, insbesondere in Bezug auf den Ausbau einer globalen Kompetenz in der gesprochenen Sprache. Obwohl sie lange Zeit als „Sorgenkind“ der (DaF-)Didaktik wahrgenommen wurde (vgl. Moraldo 2023: 15), hat sich die Phonetikvermittlung stets gewandelt und entwickelt. Nichtsdestotrotz bleibt die Frage, wie Lernende im Hinblick auf die Beherrschung der Phonologie einen akzeptablen Grad an Intelligibilität und Verständlichkeit erreichen können.[1]

Lange Zeit wurde der Schwerpunkt beim Erlernen der korrekten Aussprache auf das Erreichen eines nahezu muttersprachlichen Niveaus, das heißt auf das Vermeiden eines sogenannten „fremden Akzents“, gelegt. In diesem Zusammenhang erfolgte die Entwicklung der Phonetikvermittlung fast ausschließlich auf segmentaler Ebene. Dieser Ansatz manifestierte sich sowohl in der Unterrichtspraxis als auch in den Lehrwerken, in denen der Fokus auf der korrekten Produktion einzelner Laute der Fremdsprache lag, ohne dass suprasegmentale Aspekte berücksichtigt wurden. Trotz des bereits nachgewiesenen positiven Einflusses eines suprasegmental ausgerichteten Aussprachetrainings auf die korrekte Realisierung segmentaler Aspekte sowie auf die allgemeine Verbesserung der Aussprache in der Zielsprache Deutsch (vgl. Missaglia 1999; Dahmen 2013) wurde die Implementierung dieser Verfahren in der Praxis verzögert.

Inzwischen werden sowohl segmentale Aspekte (einzelne Laute) als auch suprasegmentale Aspekte (Intonation im weiteren Sinne) bereits ab den unteren Sprachniveaus in den Lehrbüchern und in der Didaktik behandelt. Dabei orientiert sich heutzutage der didaktische Ansatz an den neuen Leitlinien des Begleitbands zum GER (Europarat 2020). Dieser stützt sich auf die gegenseitige Verständlichkeit beim Gebrauch der Fremdsprache und damit nicht auf die korrekte Realisierung der einzelnen Laute, sondern auf die korrekte Realisierung der Funktionen der gesprochenen Sprache (vgl. ebd.: 157). In der Unterrichtspraxis und in den Lehrwerken besteht jedoch noch ein Defizit in Bezug auf eine Systematisierung der phonetischen Inhalte sowie eine verstärkte Fokussierung auf den Ausbau der korrekten Wahrnehmung. Diese ist zwar präsent, jedoch oft in repetitiver oder didaktisch unzureichender Form (vgl. Damiazzi im Druck).

Eine solche Didaktisierung der Phonetikinhalte ist also nicht ausreichend, wenn sie die Rolle der Wahrnehmung nicht gezielt berücksichtigt. Das Erlernen einer korrekten Aussprache kann nicht ausschließlich die segmentale und suprasegmentale Realisierung vorsehen, sondern soll auch durch ein entsprechendes Wahrnehmungstraining unterstützt werden. Die Wahrnehmung hat eine Schlüsselrolle für die Fertigkeit von Lernenden, fremdsprachliche Intonationsstrukturen nachzuahmen. Falsches Wahrnehmen führt zu fehlerhafter Wiedergabe, und das ist die erste Herausforderung, mit der die Lernenden einer Fremdsprache konfrontiert werden. Diese Herausforderung ist nicht auf die Fertigkeiten der einzelnen Lernenden zurückzuführen, sondern auf ein inhärentes Problem in den Hörgewohnheiten eines jeden von uns. Der sogenannte „phonologische Filter“ (vgl. Trubetzkoy 1939; Dahmen/Weth 2018) verhindert, dass fremdsprachliche Sprachlaute adäquat wahrgenommen werden, weil das menschliche Ohr nur diejenigen Merkmale erkennt, die in der Muttersprache distinktiv[2] sind. Laute und suprasegmentale Aspekte, die in der Muttersprache keine distinktive Funktion haben, werden daher nicht wahrgenommen und verinnerlicht. Aufgrund dieser inhärenten Herausforderungen bei der Wahrnehmung und Verinnerlichung der fremdsprachlichen Intonation besteht daher die Notwendigkeit, Wege zur Verbesserung der Wahrnehmungskompetenz zu entwickeln, zum Beispiel durch visuelles Feedback bzw. visual speech (vgl. de Bot 1980; Rosenblum 2005). Die Schwierigkeiten bei der Realisierung suprasegmentaler Merkmale der Fremdsprache werden also als die wahrgenommene Ursache des fremden Akzents[3] angesehen, wobei die eigentliche Ursache in den Wahrnehmungsschwierigkeiten der distinktiven Intonationsmerkmale der Fremdsprache zu finden ist.

Zur Förderung des prosodischen Trainings beim fremdsprachlichen Erwerb bietet sich besonders die Verwendung authentischer Materialien an (vgl. Warner/Park 2018). Ein Beispiel dafür sind Podcasts, die eine breite Palette an authentischen sprachlichen Situationen und deren möglichen Realisierungen in gesprochener Sprache bieten. Durch den Einsatz solcher Materialien können Lernende nicht nur ihre Fertigkeiten bei der Wahrnehmung und folglich bei der Produktion prosodischer Merkmale verbessern, sondern auch einen Einblick in die pragmatischen Aspekte der Fremdsprache gewinnen (vgl. Hasan/Hoon 2013; Makina 2020; Moretti/Morini 2020). Podcasts ermöglichen es den Lernenden, sich mit verschiedenen Sprechenden und vielfältigen Ausdrucksformen vertraut zu machen, und sie bieten zudem eine lebendige und dynamische Lernumgebung, in der die Lernenden ihre Hörfertigkeiten schärfen und gleichzeitig ihre Aussprache und Intonation verfeinern können.

2 Forschungsfragen und Methodologie

Ausgehend von diesen Überlegungen – a) der Notwendigkeit, die Wahrnehmung zu trainieren, um zu einer korrekten Produktion zu gelangen; b) der grundlegenden Rolle der Intonation beim Erlernen der korrekten Aussprache; c) der möglichen Verwendung von Podcasts zu diesem Zweck – wurden zwei Forschungsfragen ausgearbeitet:

  1. Welche prosodischen Merkmale nehmen italienische DaF-Lernende in authentischen Reden in deutscher Sprache wahr?

  2. Worin bestehen die Unterschiede im Vergleich zur Wahrnehmung durch deutsche Muttersprachlerinnen und -sprachler?

Um diese Fragestellungen zu beantworten, wurde zunächst eine Untersuchung geplant und ein Korpus[4] erstellt. Das Korpus besteht aus 20 Äußerungsphrasen (UPs)[5] aus Podcasts in deutscher Sprache zum Thema Nachhaltigkeit.

Die Untersuchung besteht aus einer akustischen Analyse und einem perzeptiven Experiment. Die akustische Analyse zielt darauf ab, die prosodischen Korrelate der Prominenz in den UPs zu untersuchen. In diesem Beitrag bezieht sich der Begriff Prominenz auf die Art und Weise, wie der Akzent realisiert wird. Da Deutsch und Italienisch unterschiedliche rhythmische Tendenzen aufweisen (akzentzählend bzw. silbenzählend), unterscheiden sich auch die Korrelate, durch die der Akzent realisiert wird. Konkret manifestiert sich der Akzent im Deutschen hauptsächlich als Veränderung der Tonhöhe und Lautstärke auf der betonten Silbe, während er im Italienischen hauptsächlich als Veränderung der Quantität realisiert wird. Im Rahmen der akustischen Analyse entsprechen diese Korrelate jeweils der Grundfrequenz (oder F0, gemessen in Hertz), der Intensität (gemessen in Dezibel) und der Dauer (gemessen in Millisekunden). Aus artikulatorischer Sicht hängt der Wert von F0 von der Anzahl der Vibrationen pro Minute der Stimmlippen ab, die Intensität vom Luftdruck, der für die Artikulation der Laute verwendet wird, und die Dauer von der Zeit, in der die Organe des Stimmapparats eine bestimmte Position beibehalten.

Das Perzeptionsexperiment zielt andererseits darauf ab, festzustellen, welche der salienten prosodischen Korrelate, die in der akustischen Analyse identifiziert wurden, von den deutschen Muttersprachlerinnen und -sprachlern und italienischsprachigen Lernenden von Deutsch als Fremdsprache als Hinweis für Prominenz wahrgenommen werden. Die Phasen der zwei Analysen werden nun im Einzelnen beschrieben.

2.1 Akustische Analyse

Die akustische Analyse der 20 UPs wurde mit der Software Praat (Boersma/Weenink 2024) und dem ProPer-Paket (Albert 2023; Albert et al. 2024) durchgeführt und erfolgte in mehreren Schritten:

  1. Schritt 1: Analyse der F0-Kurve durch Praat und Annotation der Äußerungen auf der präphonologischen Ebene der Töne und deren Prominenz gemäß den Richtlinien des DIMA-Annotationssystems, das drei Stufen der perzeptiven Prominenz unterscheidet[6] (vgl. Kügler et al. 2019; Kügler/Baumann/Röhr 2022);

  2. Schritt 2: Identifizierung von F0-Gipfeln bzw. -Maxima und phonologische Analyse der Intonationskurve;

  3. Schritt 3: Analyse der prosodischen Korrelate von ΔF0, der periodischen Energie und prosodischen Energiemasse (im Folgenden: Masse) auf der Basis von sogenannten Periogrammen, die mit der ProPer-Software erstellt wurden.

Schritt 1 zielt darauf ab, die Äußerung auf der prä-phonologischen Ebene zu analysieren. In diesem ersten Schritt geht es nur um die Annotation von Tönen und deren Prominenzgrad, unabhängig von ihrer Funktion im kommunikativen Kontext. Jeder Ton und sein Prominenzgrad werden nach den DIMA-Richtlinien annotiert, also immer in Bezug auf den vorangehenden Ton. Es werden zwei Tonstufen unterschieden: hoher Ton (H) und tiefer Ton (L). Für die Prominenz gibt es drei Grade: 1 entspricht einer schwachen Prominenz, 2 einer starken Prominenz und 3 einer extra-starken Prominenz, wobei es sich in der Regel um eine emphatische Akzentuierung handelt.

Es folgt Schritt 2, der einer phonologischen Analyse der UPs gewidmet ist, um die Funktionen der Variationen der F0-Kurve, also der Töne und der Grade der perzeptiven Prominenz innerhalb einer bestimmten UP, zu analysieren. In dieser Phase werden die Akzenttöne identifiziert und mit einem Sternzeichen versehen (H*/L*). Unter Akzentton versteht man ein tonales Element, das „deutlich zur Prominenzwahrnehmung beiträgt“ (Kügler/Baumann/Röhr 2022: 38). Das Sternzeichen kennzeichnet „die phonologische Assoziation eines Tons mit einer Prominenz (mindestens Stufe 1)“ und ist somit „Ausdruck der Hervorhebungsfunktion innerhalb einer Äußerung“ (ebd.) (Abbildung 1).

Abbildung 1 
Visualisierung einer UP mit F0-Kurve und DIMA-Annotation durch Praat
Abbildung 1

Visualisierung einer UP mit F0-Kurve und DIMA-Annotation durch Praat

Im dritten Schritt wurde eine akustische Analyse durchgeführt, die Parameter berücksichtigt, die über die reine Beobachtung der F0-Kurve hinausgehen. Diese Analyse wurde mit der Software ProPer durchgeführt, einem an der Universität zu Köln entwickelten Skriptpaket zur Verwendung mit dem Programm R. Diese Software erstellt Periogramme, das heißt F0-Kurven, die mit Informationen über die periodische Energie angereichert sind (Abbildung 2). Die periodische Energie ist ein Maß für die akustische Stärke der periodischen Komponente im akustischen Signal und korreliert mit der Sonorität und damit mit dem Silbengewicht sowie mit der sogenannten pitch intelligibility (vgl. Albert/Nicenboim 2022)[7]. Darüber hinaus erlaubt ProPer die Analyse der Masse und des ΔF0-Werts. Die Masse ist ein Maß, das sowohl die Dauer als auch die Intensität des akustischen Signals berücksichtigt und ein Korrelat der prosodischen Stärke der Silbe ist. Der ΔF0-Wert hingegen ergänzt die Informationen über die Tonhöhenbewegungen, indem er die Veränderungen der F0-Werte zwischen einer Silbe und der vorangehenden misst. Dieser Wert bietet sich somit als mögliches Indiz für die wahrgenommene tonale Bewegung an.

Abbildung 2 
Visualisierung einer UP mit Periogramm (blaue Linie) und periodischer Energie (rote Linie)
Abbildung 2

Visualisierung einer UP mit Periogramm (blaue Linie) und periodischer Energie (rote Linie)

Eine Analyse ausgehend von diesen Parametern ermöglicht die gleichzeitige Analyse von F0, Intensität und Dauer. Nach Roessig, Winter und Mücke (2022) sind Messungen mit ProPer besonders geeignet, um die Perzeption und die perzeptive Relevanz akustischer Parameter durch die Rezipierenden zu analysieren. Die Masse erwies sich als zweitbester Indikator für tonale Akzente nach den F0-Durchschnittswerten. Darüber hinaus ermöglichen die Periogramme eine einfache und übersichtliche Visualisierung der Grundfrequenzkurve. Da sie dreidimensional sind (zeitlicher Verlauf, Tonhöhenverlauf und Dicke der Kurve), geben sie nicht nur Informationen über Tonhöhenbewegungen, sondern auch über die Stärke des akustischen Signals. Schließlich ist im Hinblick auf künftige Verwendungen desselben Analysemodells für Podcasts in anderen Sprachen (einschließlich des Italienischen) die Wahl eines Parameters wie der Masse, der sowohl die Dauer als auch die Intensität berücksichtigt, ein angemessenes Verfahren, um den rhythmischen Besonderheiten der Sprachen bei der Akzentrealisierung gerecht zu werden.

2.2 Perzeptives Experiment

Neben der akustischen Analyse wurde ein Perzeptionsexperiment durchgeführt. Das Ziel des Experiments bestand darin, die Wahrnehmung der Prominenz zu untersuchen und zu überprüfen, inwieweit die Prosodie zur Identifizierung der kommunikativen Absicht der Äußerung beiträgt. Die Wahrnehmungsanalyse wurde mit unterschiedlichen Zielgruppen durchgeführt. Die erste Gruppe (im Folgenden IMS) bestand aus 37 italienischsprachigen Deutschlernenden im ersten Jahr des Bachelor-Studiengangs „Sprachwissenschaften“ an der Università Cattolica in Mailand (mit einem Sprachniveau von A1 bis A2+). Die zweite Gruppe (im Folgenden DMS) bestand aus elf deutschsprachigen Lehrkräften bzw. wissenschaftlichen Mitarbeitenden der Università Cattolica und der Universität zu Köln. Das Perzeptionsexperiment wurde mit einem Fragebogen auf GoogleForms durchgeführt. Jede UP wurde sowohl in Form einer Audiodatei als auch in grafischer Form dargeboten. Nach dem Anhören jeder UP wurden folgende Fragen gestellt:

  1. Auf welchem Wort liegt der Hauptakzent in diesem Satz?

  2. Welche kommunikative Absicht hat dieser Satz?

  3. Welches Element war für Sie hilfreich, um die kommunikative Absicht des Satzes zu bestimmen?

Das Perzeptionsexperiment wurde mit der IMS-Gruppe in einem betreuten Verfahren durchgeführt. Der Fragebogen wurde nicht autonom ausgefüllt, sondern vor Ort an der Universität unter Aufsicht einer Lehrperson bearbeitet. Dies ermöglichte es, den Verlauf des Experiments zu überwachen, und stellte sicher, dass jede Äußerung maximal dreimal gehört wurde. Diese Vorgehensweise verhinderte, dass die Fragen auf der Grundlage eines wiederholten Anhörens einer einzelnen UP in Isolation beantwortet werden konnten. Bei der DMS-Gruppe wurde hingegen der Fragebogen online verschickt und das Experiment somit unabhängig und ohne Aufsicht durchgeführt.

3 Ergebnisse der Untersuchung

Die aggregierten Daten der akustischen und perzeptiven Analyse werden im Folgenden vorgestellt. Die Ergebnisse werden in Bezug auf die drei Fragen zur Wahrnehmung der Intonation diskutiert.

3.1 Frage 1) – Auf welchem Wort liegt der Hauptakzent in diesem Satz?

Bei Frage 1) ging es darum, den Hauptakzent in der Äußerung zu identifizieren, das heißt das prominenteste Element innerhalb der UP. Statt Fokusakzent und Akzentton wurde der weniger spezifische Begriff Hauptakzent verwendet, um die Fragestellung auch für die DaF-Lernenden aus dem ersten Studienjahr ohne Vorkenntnisse im Bereich der deutschen Phonetik und Phonologie unmittelbar verständlich zu machen. Die Ergebnisse des Fragebogens für die IMS- und DMS-Gruppen wurden mit den Ergebnissen der akustischen Analyse verglichen. Untersucht wurde dabei bei beiden Gruppen, inwieweit sich der Höchstwert von mindestens einem der in der akustischen Analyse untersuchten prosodischen Parameter (maximaler F0-Wert, maximaler ΔF0-Wert, maximaler Massenwert) und der angegebene Hauptakzent jeweils entsprechen. Dies ermöglicht es, die Beziehung zwischen der Perzeption der Prominenz und der tatsächlichen Realisierung des Akzents, wie sie durch akustische Messungen festgestellt wurde, zu beschreiben und folglich zu bestimmen, welche prosodischen Eigenschaften für die Akzentidentifizierung relevant waren. Ebenso konnten die Unterschiede in der Wahrnehmung der Prominenz zwischen den zwei Gruppen bestimmt werden.

Für die IMS-Gruppe zeigt sich bei 16 von 20 UPs eine Entsprechung zwischen dem angegebenen Hauptakzent und mindestens einem der aus der akustischen Analyse extrapolierten Maximalwerte. Für die DMS-Gruppe liegt die Korrelation bei 18 von 20 UPs. Die Angabe des Hauptakzents stimmt bei den beiden Gruppen bei 14 von 20 UPs überein. Abbildung 3 zeigt, dass für die IMS-Gruppe das prosodische Parameter, das am häufigsten mit der Angabe des Hauptakzents korreliert, der F0-Gipfel ist (bei 13 UPs), gefolgt vom Maximalwert des ΔF0 (zehn UPs) und dem Maximalwert der Masse (bei acht UPs). Für die DMS-Gruppe ist die Korrespondenz vergleichbar. Es besteht eine Korrelation mit dem Höchstwert von F0 bei 15 UPs, mit dem Maximalwert von ΔF0 bei 14 UPs und mit dem Maximalwert von Masse bei acht UPs. In vielen Fällen befinden sich die Maximalwerte von mindestens zwei der drei prosodischen Parameter auf der Akzentsilbe des Wortes, die den Fokusakzent trägt. Aus diesem Grund ist die Gesamtzahl der Entsprechungen größer als die Gesamtzahl der untersuchten UPs.

Abbildung 3 
Korrelation zwischen der Wahl des Hauptakzents und den prosodischen Parametern
Abbildung 3

Korrelation zwischen der Wahl des Hauptakzents und den prosodischen Parametern

Bezüglich der Angabe des Hauptakzents gab es bei vier UPs bei der IMS-Gruppe und zwei UPs bei der DMS-Gruppe keine Korrespondenz mit einem dieser prosodischen Parameter. In den Fällen, in denen es keine Korrespondenz zwischen den zwei Gruppen gibt, wertet die IMS-Gruppe den Höchstwert der Energiemasse als signifikanter, die DMS-Gruppe hingegen die höchsten F0- oder ΔF0-Werte (Abbildung 4 und 5).

In Abbildung 4 ist bei nahezu gleichem Massenwert bei den angegebenen Wörtern ein Unterschied in Bezug auf den Verlauf der Intonationskurve (und damit die Variation von F0) zu erkennen. Während bei Wasser (das von der Mehrheit der DMS-Gruppe angegebene Wort) ein steigend-fallender Tonhöhenverlauf mit einem F0-Gipfel im Onset der zweiten Silbe zu beobachten ist (ΔF0 bei +58 % in Bezug auf die vorangehende Silbe), ist bei Kohle (das von der IMS-Gruppe angegebene Wort) der Intonationsverlauf fast flach, und es gibt keine saliente F0-Bewegung.

Abbildung 4 
Prosodische Analyse der UP19 und Angabe des Hauptakzents (in Prozent)
Abbildung 4

Prosodische Analyse der UP19 und Angabe des Hauptakzents (in Prozent)

Abbildung 5 
Prosodische Analyse der UP13 und Angabe des Hauptakzents (in Prozent)
Abbildung 5

Prosodische Analyse der UP13 und Angabe des Hauptakzents (in Prozent)

Abbildung 5 zeigt, dass bei ähnlichen Intonationsverläufen und vergleichbaren ΔF0-Werten bei den von der Mehrheit beider Gruppen angegebenen Wörtern (groß für IMS bzw. richtig für DMS) die DaF-Lernenden als Hauptakzent ein Wort mit einem hohen Massenwert (1,625 auf der Akzentsilbe von groß) angeben, während die DMS-Gruppe nicht von diesem Wert beeinflusst ist (der bei richtig sogar unter 1 liegt).

3.2 Frage 2) – Welche kommunikative Absicht hat dieser Satz?

In Frage 2) ist zu beachten, dass die 20 UPs im Korpus in zehn Paare unterteilt sind; jedes Paar hat eine bestimmte kommunikative Absicht. Die Bestimmung der kommunikativen Absicht, die mit jeder UP verbunden ist, erfolgte während des Experiment-Designs nach Anhören der jeweiligen gesamten Podcasts. Dies ermöglichte es, zehn typische kommunikative Absichten für die Podcasts zum Thema Nachhaltigkeit zu identifizieren und jeder dieser Absichten zwei UPs zuzuordnen (s. Anhang für die Absichten). Es handelt sich also um eine Meta-Kategorisierung, die ausschließlich in Zusammenhang mit diesem Korpus erstellt wurde. Ziel war es, zu zeigen, inwieweit die prosodische Realisierung einer UP in Isolation bestimmte Kommunikationsabsichten deutlich machen kann. Die Annahme, dass der Kontext der Äußerung einen Einfluss auf die Erwartung der kommunikativen Funktion eines in diesen Kontext eingebetteten Satzes hat, wurde bei der Analyse berücksichtigt. Die Einbeziehung des unmittelbar vorangehenden oder nachfolgenden Kontexts wird jedoch in späteren Designs der Untersuchung implementiert werden, gegebenenfalls in Verbindung mit dem Vorhandensein verschiedener Fokusarten (eng, breit, kontrastiv usw.).

Im Perzeptionsexperiment stimmt die Angabe der kommunikativen Absicht bei der IMS-Gruppe mit der Kategorisierung a priori bei acht der 20 UPs überein. Die Identifizierung der kommunikativen Absicht bei weiteren acht UPs kann als akzeptabel[8] angesehen werden. Die DMS-Gruppe zeigt Ergebnisse, die teilweise präziser als die der IMS-Gruppe sind. Die kommunikative Absicht von neun der 20 UPs stimmt mit der Klassifizierung überein, während die Identifizierung der kommunikativen Absicht von den restlichen elf UPs als akzeptabel angesehen werden kann (Abbildung 6).

Abbildung 6 
Korrespondenz zwischen der Wahl der kommunikativen Absichten und der apriorischen Klassifizierung
Abbildung 6

Korrespondenz zwischen der Wahl der kommunikativen Absichten und der apriorischen Klassifizierung

Was die akzeptablen und falschen Korrespondenzen mit der Klassifizierung angeht, zeigen sich für jede Gruppe zwei interessante Fälle. Bei UP6 („Schauen wir nochmal ein bisschen in die Welt“) lässt sich die IMS-Gruppe von der Syntax der Äußerung beeinflussen (Abbildung 7). Insbesondere die Verbstellung trägt dazu bei, dass die UP von 50 % der Probanden fälschlicherweise als Fragesatz identifiziert wird, obwohl es sich in Wirklichkeit um eine Äußerung handelt, mit der ein neues Argument eingeführt oder die Erzählung vorangetrieben wird.

Was die DMS-Gruppe betrifft, so werden die Probanden bei der UP4 („Das ist für die einfach die Heimat“) bezüglich der Zuordnung der kommunikativen Absicht von dem Vorhandensein eines emphatischen Akzents beeinflusst (Abbildung 8). Die Einstufung der UP als emphatische Realisierung ist nicht inakzeptabel, da ein emphatischer Akzent vorhanden ist, aber die Absicht der Äußerung, nämlich etwas Offensichtliches zu sagen, scheint klar und eindeutig zu sein. Diese Absicht wird nur von 18 % der Probanden erkannt. Dies bestätigt die auditive Relevanz salienter Veränderungen der Tonhöhe und der Lautstärke für die Wahrnehmung der Prominenz durch deutsche Muttersprachlerinnen und Muttersprachler.

Abbildung 7 
Prosodische Analyse der UP6 und Angabe der kommunikativen Absicht
Abbildung 7

Prosodische Analyse der UP6 und Angabe der kommunikativen Absicht

Abbildung 8 
Prosodische Analyse der UP4 und Angabe der kommunikativen Absicht
Abbildung 8

Prosodische Analyse der UP4 und Angabe der kommunikativen Absicht

3.3 Frage 3) – Welches Element war für Sie hilfreich, um die kommunikative Absicht des Satzes zu bestimmen?

Im Gegensatz zu den Fragen 1) und 2), bei denen nur eine der vorgeschlagenen Möglichkeiten angegeben werden konnte, war es bei Frage 3) möglich, mehr als eine Antwort zu geben und Elemente hinzuzufügen, die nicht in der Liste enthalten waren. Die Elemente, aus denen die Entscheidung getroffen werden konnte, sind:

  1. starker Akzent auf einem bestimmten Wort;

  2. Pause;

  3. Stimmqualität (z. B. raue Stimme, laute Stimme, Flüsterstimme);

  4. Melodieverlauf am Ende des Satzes;

  5. Wortschatz (Vorkommen eines bestimmten Wortes);

  6. längere Dauer bei der Aussprache eines Wortes/Satzteils;

  7. Syntax/Satzbau.

Abbildung 9 
Erste Angabe des Elements zur Bestimmung der Absicht des Satzes
Abbildung 9

Erste Angabe des Elements zur Bestimmung der Absicht des Satzes

Sowohl bei der IMS- als auch bei der DMS-Gruppe wird in den meisten Fällen entweder der starke Akzent oder der Melodieverlauf am Ende des Satzes angegeben. Bei der IMS-Gruppe wird bei elf von 20 UPs ein starker Akzent als Indiz zur Bestimmung der kommunikativen Absicht und der Melodieverlauf bei neun UPs angegeben. Bei der DMS-Gruppe wird der starke Akzent bei elf UPs als Indiz angegeben, der Melodieverlauf bei neun UPs und der Wortschatz bei zwei UPs (Abbildung 9). Für die DMS-Gruppe gibt es zwei UPs, bei denen der starke Akzent und die Melodie in gleichem Maße als Indiz angegeben wurden, und eine dritte UP, bei der die Angaben starker Akzent und Wortschatz übereinstimmen. In den zwei Gruppen sind die Angaben zu den Indizien, die die Entscheidung über die kommunikative Absicht steuern, bei 17 der 20 UPs identisch.

Zur Bestimmung der kommunikativen Absicht sind für die IMS-Gruppe häufig die Dauer und nicht-prosodische Elemente wie Wortschatz und Syntax hilfreiche Elemente. Die DMS-Gruppe wird im Vergleich zur IMS-Gruppe in ähnlicher Weise von der Dauer und von nicht-prosodischen Elementen beeinflusst. Pausen, sofern vorhanden, werden von beiden Gruppen als Elemente erkannt, die zur Bestimmung der Absicht einer Äußerung beitragen können. Interessanterweise werden jedoch bei beiden Gruppen lexikalische Einheiten lediglich als sekundäres Indiz für die Interpretation der kommunikativen Absicht angegeben, abgesehen von zwei UPs in der DMS-Gruppe (darunter eine, bei der keine Korrespondenz zwischen Lexikon und Absicht besteht). Die IMS-Gruppe hingegen gibt den Wortschatz immer nur als Indiz zusammen mit anderen prosodischen Elementen an. Dies ist zum Beispiel in Abbildung 10 zu sehen. Für beide Gruppen beeinflusst der Wortschatz die Interpretation der kommunikativen Absicht, ist aber nicht ausschlaggebend.

Abbildung 10 
Prosodische Analyse der UP10 und Angabe der relevanten Elemente für die Bestimmung der kommunikativen Absicht
Abbildung 10

Prosodische Analyse der UP10 und Angabe der relevanten Elemente für die Bestimmung der kommunikativen Absicht

4 Diskussion

Im Anschluss sollen nun die Forschungsfragen vor dem Hintergrund der gewonnenen Evidenz diskutiert werden.

In Bezug auf die ersten zwei Forschungsfragen gibt es zwischen der IMS- und der DMS-Gruppe keine signifikanten Unterschiede in der Erkennung des Akzents. Die Erkennung von Prominenz korreliert mit unterschiedlichen prosodischen Parametern, die meistens zusammen auftreten. Die Verteilung dieser Parameter bezüglich der von beiden Gruppen identifizierten Akzentträger ist dementsprechend konsistent und die Unterschiede sind für die Identifizierung der Prominenz nicht besonders relevant.

Zwar gibt es keine direkte Korrespondenz zwischen akustischen und perzeptiven Parametern, doch verweisen die auf der periodischen Energie basierenden prosodischen Parameter auf eine Interaktion zwischen Akustik, Perzeption und Verständlichkeit. Insbesondere erlauben sie es, diese Korrelation in denjenigen Fällen zu untersuchen, in denen das als hauptbetont wahrgenommene Wort in den zwei Gruppen nicht übereinstimmt. In diesen Fällen sind die Unterschiede in der Wahrnehmung der Prominenz auf die rhythmischen Eigenschaften der jeweiligen Muttersprachen zurückzuführen. Die perzeptive Präferenz der IMS-Gruppe für die Höchstwerte von Masse und die der DMS-Gruppe für die Höchstwerte von F0 oder ΔF0 lässt sich mit den jeweiligen Gewohnheiten bei der Akzentrealisierung erklären, und zwar durch die Änderungen der Quantität im Standarditalienischen vs. der Tonhöhe im Standardhochdeutschen.

Die Prosodie erweist sich für beide Gruppen als entscheidender Faktor für die Bestimmung der kommunikativen Absicht. Dies war zu erwarten, da die Prosodie relevante pragmatisch-kommunikative Funktionen hat. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass es sich hier um eine Untersuchung in kontrollierter Umgebung handelt, in der die Antwort durch die dargebotenen Optionen und die Ausrichtung des Experiments auf eine prosodische Analyse beeinflusst wird.

Es ist jedoch notwendig, die Fälle zu erwähnen, in denen diese Absichten bereits durch den Wortschatz oder die Syntax erkennbar sind (z. B. UP1, UP5, UP10). Hier werden prosodische Elemente als erstes Indiz für die kommunikative Absicht angegeben, obwohl die lexikalischen und syntaktischen Elemente, die die Entscheidung eindeutig bestimmen könnten, immer in den Hintergrund gestellt werden. Diese Fälle könnten darauf hinweisen, dass die Probanden die salienten prosodischen Signale deutlicher als die anderen sprachlichen Hinweise wahrnehmen und die Prosodie bewusst nutzen, um die Sprechintentionen zu entschlüsseln, auch wenn der Kontext des Podcasts fehlt. Diese Sonderfälle bedürfen einer weiteren Untersuchung. Dabei soll die Funktion der Prosodie für die Bestimmung der pragmatischen Bedeutung von Äußerungen in Isolierung im Verhältnis zum Kontext und zu anderen sprachlichen Elementen untersucht werden.

5 Schlussfolgerung und Fazit

Diese Ergebnisse der akustischen Analyse und die Erkenntnisse, die ausgehend vom perzeptiven Experiment gewonnen wurden, haben relevante Implikationen für die Sprachdidaktik, da sie die Abhängigkeit der Unterschiede in der Prominenzwahrnehmung (und somit in der Dekodierung der Äußerung) von unterschiedlichen Hörgewohnheiten im Deutschen und Italienischen bestätigen. Das Wahrnehmungstraining und die Sensibilisierung für relevante prosodische Merkmale der Zielsprache (darunter die Prominenz) sind entscheidend für eine korrekte Aussprache und somit für die erfolgreiche Kommunikation.

Um die Rolle der Akzentwahrnehmung akkurat zu definieren, bieten sich weitere Untersuchungen an. Zunächst ist eine Erweiterung des Korpus erforderlich, um statistisch relevante Daten zu sammeln und diejenigen prosodischen Merkmale zu identifizieren, die typisch für die Realisierung bestimmter Absichten in Podcasts sind. Eine kontrastive akustische und perzeptive Analyse mit Podcasts in italienischer Sprache für italienische Muttersprachlerinnen und -sprachler und deutsche Lernende von Italienisch als L2 könnte aufschlussreiche Erkenntnisse liefern und einen Vergleich in Bezug auf die Wahrnehmungsgewohnheiten zwischen Sprechenden verschiedener Sprachgruppen ermöglichen. Schließlich könnte ein Leitfaden zur Verbesserung der Präsentationskompetenzen bei öffentlichen Reden und Referaten in deutscher Sprache im hochschulischen Bereich für DaF-Studierende einen praktischen Nutzen haben und ihnen dabei helfen, die Rolle der Prosodie in der Kommunikation zu erkennen.

Über den Autor / die Autorin

Vincenzo Damiazzi

studierte Fremdsprachen für die internationalen Beziehungen an der Università Cattolica in Mailand, wo er 2021 auch mit einer Dissertation über die prosodische Realisierung rhetorischer Fragen in den politischen Reden im Bundestag promovierte. Er war Vertragsprofessor für deutsche Sprachwissen-schaft an den Universitäten Verona und Milano Statale. Seit 2023 ist er an der Università Cattolica in Mailand als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Derzeit beschäftigt er sich mit der prosodischen Analyse der authentischen gesprochenen Sprache, dem Unterricht der deutschen Prosodie für italophone Lernende sowie der Prosodie nichtkanonischer Fragen in politischen Reden.

Literatur

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Anhang

Tabelle 1 zeigt das Korpus mit zusätzlichen Informationen, darunter über die Sprechenden (mod für die Moderation und gast für die Gäste; w für weiblich und m für männlich), die Podcast-Serie (siehe Tabelle 3 für die Bedeutung der Kürzel in der Spalte Audio-Nr.) und über die Klassifizierung der Absichten (siehe Tabelle 2 für die Entsprechungen der Zahlen in der Spalte Abs.).

Tabelle 1
UP-Nr. Audio-Nr. Sprechende/-r UP Abs.
UP1 autos_2 au_mod1_w Wir beginnen aber mal, wie angekündigt, heute mit der Hörer-Frage. 1
UP2 autos_3 au_gast1_w In Deutschland sind knapp 50 Millionen Pkw derzeit zugelassen. 2
UP3 afrika_7 af_gast1_w Das ist also schon wirklich eine richtig große Menge. 9
UP4 kohle_12 ko_gast1_w Das ist für die einfach die Heimat. 4
UP5 kultur_2 ku_mod1_w Wann hat’s bei Ihnen Klick fürs Klima gemacht? 6
UP6 wende_22 we_mod1_w Schauen wir nochmal ein bisschen in die Welt. 1
UP7 kultur_3 ku_gast1_m Die Aufgabe des Netzwerks ist es erstmal, kein Netzwerk zu sein. 10
UP8 wende_8 we_gast1_m Soll das die berühmte Renaissance der Atomkraft sein? 5
UP9 kohle_8 ko_gast1_w Den Leuten vor Ort ist es nicht egal, was mit dem Klima passiert. 7
UP10 wende_14 we_gast1_m Ich glaube, da ist noch ein bisschen Spielraum drin. 8
UP11 afrika_5 af_gast1_w Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben viele große Windparks. 10
UP12 wende_16 we_gast1_m Die G7 ist eine Teilmenge der G20. 2
UP13 wende_21 we_gast1_m Wer schreibt Gesetze? 5
UP14 kultur_1 ku_mod1_w Bevor wir darüber sprechen. 3
UP15 wende_5 we_gast1_m Wir haben überhaupt diese Alternative. 9
UP16 wende_19 we_mod1_w Wie schätzen Sie diese Zusammenarbeit ein? 6
UP17 kultur_5 ku_gast1_m Der zweite Bereich, da geht’s um Daten. 3
UP18 wende_13 we_gast1_m Im Grunde genommen kann man das schon. 7
UP19 afrika_1 af_gast1_w Wasser ist die Kohle der Zukunft. 8
UP20 autos_10 au_gast1_w Deswegen kleben sich junge Menschen auf die Straße. 4
Tabelle 2
Nr. Absicht
1 Ein Thema einführen
2 Über allgemein bekannte Sachverhalte berichten
3 Den Diskurs/die Erzählung voranbringen
4 Das Offensichtliche feststellen
5 Eine rhetorische Frage stellen
6 Eine echte Frage stellen
7 Eine Frage beantworten
8 Die eigene Stellungnahme zu einem Thema darlegen
9 Ein Konzept besonders stark hervorheben
10 Über etwas sprechen, ohne den Redebeitrag abzuschließen
Tabelle 3
Kürzel Episode Podcast-Serie
kultur Kann die Kultur das Klima retten?[9] Zeit X Klima
wende Wie treiben wir die Energiewende richtig voran?[10] Zeit X Klima
kohle Kohleabbau – ist Mühlrose das neue Lützerath?[11] MDR-Investigativ
afrika Grüner Wasserstoff aus Afrika – Energie der Zukunft?[12] MDR-Investigativ
autos Wie viele Autos darf es in Zukunft geben?[13] Kemferts Klima-Podcast

Tabelle 4 zeigt die Ergebnisse des Perzeptionsexperiments und der akustischen Analyse. Es wird die Wahl des Hauptakzents der 20 UPs von der Gruppe der italienischen DaF-Lernenden (in der Spalte Akz. L2-DEU) und von der Gruppe der Deutsch-L1-Sprechenden (in der Spalte Akz. L1-DEU) gezeigt. Neben dem gewählten Wort steht in Klammern der Prozentsatz der Personen in der jeweiligen Gruppe, die dieses Wort gewählt haben. In den letzten drei Spalten sind die Wörter und Silben (fettgedruckt) zu finden, auf denen sich der Maximalwert der drei untersuchten Parameter von F0, Masse und ΔF0 befindet. Wenn mehr als eine Silbe fettgedruckt ist, bedeutet das, dass die Silbe von einem Reduktionsprozess betroffen ist. Auf weitere intersegmentale Reduktionsprozesse wird in Klammern hingewiesen.

Tabelle 4
UP Akz. L2-DEU Akz. L1-DEU F0 Max. Masse Max. ΔF0 Max.
UP1 beginnen (57) beginnen (60) beginnen mal beginnen
UP2 zugelassen (90) zugelassen (90) zugelassen zugelassen zugelassen
UP3 große (83,5) richtig (60) also schon richtig
UP4 die (1) (61) Heimat (90) Heimat Heimat Heimat
UP5 Ihnen (49) Klick (80) wann Ihnen wann
UP6 Welt (96) Welt (60) Welt nochmal nochmal
UP7 Netzwerks (22)

Netzwerk (20,5)
Netzwerk (40) ist sein Netzwerk
UP8 sein (55) sein (50) sein sein sein
UP9 egal (81,5) egal (60) egal egal egal
UP10 drin (76) drin (60) drin drin drin
UP11 viele (77) viele (70) viele haben (ham) viele
UP12 Teilmenge (57) Teilmenge (40) sieben Teilmenge sieben
UP13 Gesetze (94) Gesetze (90) Gesetze/

schreibt
wer schreibt
UP14 sprechen (58) sprechen (50) sprechen darüber bevor
UP15 haben (70) haben (100) haben haben haben
UP16 Sie (31)

schätzen (29)

Zusammenarbeit (24)
Zusammenarbeit (50) wie Sie wie
UP17 Daten (96) Daten (100) Daten Bereich Daten
UP18 schon (90) schon (100) schon genommen schon
UP19 Kohle (80) Wasser (40)

Kohle (30)

Zukunft (30)
Wasser Wasser Wasser
UP20 Straße (98) Straße (100) Straße kleben Straße
Online erschienen: 2026-06-25

© 2025 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 18.12.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/infodaf-2025-0079/html?lang=en
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