Zusammenfassung
Der Beitrag beschreibt die Entwicklung und Implementierung eines Moodle-Plugins zur einfachen Integration von Open Educational Resources (OER) in die Hochschullehre vor dem Hintergrund der Arbeit des nationalen OER-Projekts „Open Education Austria Advanced“. Ziel ist es, Lehrenden einen niederschwelligen Zugang zu OER direkt in der Lernplattform zu ermöglichen. Die interdisziplinäre Entwicklung erfolgte in enger Zusammenarbeit mediendidaktischer, technischer und bibliothekarischer Teams der Universität Wien.
Zentral war ein nutzer*innenzentrierter Ansatz: In einer Usability-Studie wurden Rückmeldungen von Lehrenden und Studierenden systematisch erhoben und in die Weiterentwicklung des Plugins integriert. Besonders hervorgehoben wurde der Wunsch nach klarer Lizenzdarstellung, Suchtransparenz und einfacher Integration mit didaktischer Kontextualisierung in bestehende Lehr-Lern-Szenarien.
Der Beitrag beleuchtet Erfolgsfaktoren wie abgestimmte Workflows, gemeinsames Wissensmanagement und die Bedeutung institutioneller Rahmenbedingungen für offene Bildungspraktiken. Abschließend werden Perspektiven für die nachhaltige Integration in die digitale Infrastruktur der Universität sowie Möglichkeiten zur Übertragbarkeit auf andere Hochschulen diskutiert. Der Beitrag zeigt praxisnah, wie technische Entwicklung, didaktische Anforderungen und institutionelle Zusammenarbeit erfolgreich zusammengedacht werden können, um Offenheit in der Hochschulbildung zu fördern.
Abstract
This article presents the development and implementation of a Moodle plugin designed to facilitate the seamless integration of Open Educational Resources (OER) into university teaching, within the framework of the national OER initiative “Open Education Austria Advanced”. The aim is to provide educators with low-threshold access to legally compliant, high-quality OER directly within the learning platform. The plugin was developed through an interdisciplinary collaboration between media didactics, technical teams, and library services at the University of Vienna.
A central element was a user-centered design approach: a usability study systematically gathered feedback from both instructors and students, which was incorporated into the plugin’s iterative development. Key insights included the need for clear licensing information, transparent search functionality, and simple integration of resources into existing teaching scenarios with appropriate didactic context.
The article highlights success factors such as coordinated workflows, shared knowledge management, and the importance of institutional frameworks for promoting open educational practices. Finally, it discusses prospects for sustainable integration into the university’s digital infrastructure and the potential for transfer to other higher education institutions. This case study demonstrates how technical innovation, pedagogical needs, and institutional collaboration can be effectively aligned to support openness in higher education.
1 Einleitung
Die zunehmende Bedeutung von Open Educational Resources (OER)[1] und der damit verbundenen Open Educational Practices (OEP) verändert die österreichische Hochschullandschaft und fördert eine Kultur des offenen Wissensaustauschs. OER ermöglichen nicht nur den freien Zugang zu Lehrmaterialien, sondern eröffnen neue Perspektiven für eine inklusivere und nachhaltigere Bildung. Im Rahmen nationaler Initiativen wie Open Education Austria Advanced wird dieser Wandel aktiv vorangetrieben, um OER in die institutionellen Strukturen der Hochschulen zu integrieren und eine nachhaltige, technische Infrastruktur zu schaffen.
Die Umsetzung von OEP in der Praxis stellt jedoch Hochschulen vor erhebliche Herausforderungen. Diese reichen von der Bereitstellung einer benutzerfreundlichen, technisch stabilen Plattform bis hin zur rechtlichen Absicherung und der Sicherstellung der Qualität der genutzten Ressourcen. Die erforderliche abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zwischen IT, Bibliotheken und mediendidaktischen Einheiten wird daher zunehmend zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor.[2]
Der vorliegende Artikel beschreibt ein konkretes Infrastrukturprojekt an der Universität Wien, das eine zentrale Rolle bei der Ermöglichung von OEP spielt: die Entwicklung eines nutzerzentrierten Moodle-Plugins, das die Integration von OER direkt in die Lernplattform ermöglicht. Das Projekt wird im Kontext einer nationalen Infrastruktur betrachtet, die durch die Verbindung technischer Systeme, institutioneller Zusammenarbeit und der Unterstützung durch OER-relevante Arbeitsabläufe eine integrierte Systemlandschaft schafft. Ziel des Artikels ist es, einen praxisorientierten Beitrag zur nachhaltigen Integration von OER und OEP zu leisten und dabei insbesondere die technologische und institutionelle Umsetzung zu beleuchten.
2 Nationale Rahmenbedingungen für OER
Ein zentrales Fundament für die Etablierung von OEP im österreichischen Hochschulraum wurde mit dem Projekt Open Education Austria Advanced (OEAA) geschaffen. Das von 2020 bis 2024 durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung geförderte Projekt[3] verfolgte das Ziel, eine nachhaltige, nationale Infrastruktur für OER im österreichischen Hochschulraum aufzubauen und Möglichkeiten aufzuzeigen und zu gestalten, wie OEP institutionell verankert werden könne. Beteiligt waren die Universität Wien als Lead, sowie die Universität Graz, Technische Universität Graz, Universität Innsbruck, das Forum Neue Medien Austria und das Österreichische Institut für Berufsbildungsforschung.[4]
Im Zentrum von OEAA standen mehrere eng verzahnte Arbeitspakete, die auf den Aufbau nachhaltiger technischer und organisatorischer Grundlagen für die Produktion, Verbreitung und Wiederverwendung von OER abzielten. Neben der Entwicklung institutioneller Repositorien und deren Integration über einheitliche Schnittstellen (AP1 & AP2) wurden auch Qualifizierungsmaßnahmen (AP4), eine nationale Zertifizierungsstelle für OER-Kompetenzen (AP3) und die Entwicklung von Workflows zur OER-Erstellung (AP5) umgesetzt. Begleitet wurden diese Maßnahmen durch ein aktives Projektmanagement mit Fokus auf Wissenstransfer, Change-Management und Dissemination (AP6).[5]
Als technisches Herzstück der Infrastruktur fungiert der OERhub[6] – eine nationale Metasuchmaschine, die eine zentrale Rolle für die Aggregation und Sichtbarmachung von OER spielt. Über offene Schnittstellen sind zahlreiche dezentrale, institutionelle Repositorien an den OERhub angebunden, wodurch Lehrmaterialien hochschulübergreifend recherchierbar und zugänglich gemacht werden. Die offene, modulare Systemarchitektur des OERhub erlaubt es weiteren Hochschulen, sich anzuschließen und eigene Repositorien nahtlos zu integrieren. Damit wird nicht nur die langfristige Auffindbarkeit und Archivierung von OER gewährleistet, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Etablierung einer offenen, vertrauenswürdigen digitalen Infrastruktur für den Hochschulsektor geleistet.[7]
Neben der technischen Dimension adressierte OEAA auch die strukturelle und kulturelle Einbettung offener Bildungspraktiken. Die nationale OER-Zertifizierungsstelle,[8] betrieben durch das Forum Neue Medien in der Lehre Austria (FNMA), bietet Hochschulen und Lehrenden ein Rahmenwerk zur Anerkennung von OER-Kompetenzen. Begleitend dazu wurden offen lizenzierte Weiterbildungsangebote[9] entwickelt, die langfristig zur Professionalisierung und Qualitätssicherung im OEP-Bereich beitragen.[10]
Vor dem Hintergrund dieser umfassenden nationalen Infrastrukturmaßnahmen bot Open Education Austria Advanced nicht nur strategische Rahmenbedingungen, sondern auch eine konkret förderliche Projektumwelt für die Entwicklung innovativer Werkzeuge zur Unterstützung von OEP. Eine solche Entwicklung ist das Moodle-Plugin „OER-Kollektion“, das als interdisziplinäres Vorhaben über die verschiedenen Abteilungen hinweg in Zusammenarbeit zwischen E-Learning-Zentren, zentralen IT-Services und Universitätsbibliotheken entstanden ist.[11] Es knüpft unmittelbar an die durch OEAA etablierten technischen Standards, organisatorischen Strukturen und inhaltlichen Zielsetzungen an – insbesondere in Bezug auf die Auffindbarkeit, rechtssichere Nutzung und nachhaltige Integration von OER in die Hochschullehre. Im Folgenden wird der Entwicklungsprozess des Plugins – von der Idee über Prototyping und Usability-Studie bis hin zum geplanten Rollout – als beispielhafter Beitrag zur Weiterentwicklung offener Bildungspraxis vorgestellt.
3 Das Moodle-Plugin „OER-Kollektion“: Niederschwelliger Zugang zu OER
Trotz wachsender OER-Initiativen und technischer Infrastruktur – etwa über die nationale Metasuchmaschine OERhub.at zum Suchen, Finden und Downloaden der Materialien oder die Massive-Open-Online-Kursplattform iMooX.at für Lernende zum Durcharbeiten ganzer Kurse – bestand an Hochschulen weiterhin eine zentrale Lücke: ein direkter, nahtloser Zugang zu offenen Bildungsressourcen innerhalb des meistgenutzten digitalen Werkzeugs der Lehre – dem Learning Management System (LMS). Für Lehrende bedeutete dies bislang, dass die Recherche, Auswahl und Integration von OER über mehrere Plattformen hinweg erfolgen musste – ein Prozess, der zeitaufwändig, technisch komplex und oft wenig intuitiv war. Gerade für Lehrende ohne vertiefte digitale oder rechtliche Vorkenntnisse stellte dies eine Hürde dar, OER im Lehralltag systematisch zu nutzen.
Vor diesem Hintergrund wurde an der Universität Wien ein Moodle-Plugin entwickelt, das auf diesen konkreten Bedarf reagiert: Ziel war es, eine niederschwellige, benutzerfreundliche und rechtskonforme Integration von OER direkt im Moodle-System[12] zu ermöglichen – also dort, wo Hochschullehre tatsächlich stattfindet. Das Plugin „OER-Kollektion“ bietet eine direkte Verbindung zwischen dem OERhub und der Moodle-Lernumgebung, sodass Lehrende relevante Materialien suchen, auswählen und unmittelbar in ihre Moodle-Kurse einbinden können. Damit entfällt der Umweg über externe Plattformen, und OER werden nicht nur einfacher zugänglich, sondern lassen sich auch didaktisch sinnvoll in konkrete Lehrszenarien integrieren. Das Moodle-Plugin bietet somit eine Möglichkeit, diese Lücke zu schließen, und bildet eine entscheidende Schnittstelle zwischen technischer Infrastruktur, didaktischen Anforderungen und institutionellen Prozessen der OER-Nutzung.
Ziel dabei war es, ein Moodle-Plugin zu entwickeln, das Rechtssicherheit durch Lizenzklarheit bietet, aber auch Modularität durch feingranulare Einbindung einzelner Materialien – anstelle von gesamten Kursen ‒, auch die kontrollierten Zugriffsrechte und die Qualitätssicherung, da es sich ausschließlich um Materialien aus OER-Repositorien österreichischer Hochschulen handelt, sowie die direkte Integration dieser Materialien ohne Import inklusive didaktische Aufbereitung für Lernende.
Zentrale Funktionalitäten des Plugins umfassen:
OER-Recherche und -Auswahl: Lehrende können in einer zentralen Suchmaschine, dem OERhub, nach passenden offenen Bildungsressourcen suchen und diese direkt in den Moodle-Kurs integrieren. Die Suche ist auf relevante Medientypen begrenzt und liefert gezielt Ergebnisse, die den Bedürfnissen der Lehrenden entsprechen.
Integration von OER: Gefundene Ressourcen können direkt in den Moodle-Kurs eingebaut werden, ohne dass Lehrende Moodle verlassen müssen. Die Integration erfolgt vergleichbar zu Standard-Elementen der Lernplattform, wie Aufgaben, Links und anderen interaktiven Kursbausteinen.
Kontextualisierte Darstellung: Lehrende können ihre Auswahl um eigene didaktische Hinweise und Aufgabenstellungen ergänzen, um die OER bestmöglich in ihre Lehrszenarien zu integrieren.
Ein zentrales Element des Plugins ist die Anbindung an den OERhub die OER aus verschiedenen österreichischen Hochschul-Repositorien aggregiert – entstanden im Projekt „Open Education Austria Advanced“. Über diese Schnittstelle können Lehrende auf eine Vielzahl von Materialien zugreifen, die in Repositorien wie beispielsweise dem Archivsystem PHAIDRA der Universität Wien[13] gespeichert sind. Die OER werden dabei in den Moodle-Kurs integriert, ohne dass ein manuelles Hochladen der Dateien erforderlich ist. Dies sorgt für eine effiziente und fehlerfreie Nutzung der Ressourcen.
Das Plugin ist so konzipiert, dass es potenziell mit verschiedenen Suchmaschinen, Repositorien und Archivsystemen verbunden werden kann, die OER im Open-Science-Kontext anbieten. Dabei ist ein wichtiger Bestandteil des Moodle-Plugins die Verwendung offener Standards und Schnittstellen, um die langfristige Nachhaltigkeit und Erweiterbarkeit der Lösung sicherzustellen. Das Plugin basiert auf gängigen Open-Source-Technologien und nutzt etablierte Schnittstellen, die eine nahtlose Integration in die Moodle-Lernplattform ermöglichen.
Zusätzlich stellt das Plugin sicher, dass Lehrende und Studierende stets Zugriff auf relevante Lizenzinformationen haben. Diese sind in den OER, die über das Plugin abgerufen werden, integriert und helfen dabei, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verstehen und einzuhalten. Besonders die Creative-Commons-Lizenzen (CC-Lizenzen), die eine zentrale Rolle bei OER spielen, werden direkt im Plugin angezeigt und Details zu diesen können jederzeit direkt abgerufen werden. Damit wird Transparenz in der Nutzung und Weiterverbreitung der offenen Bildungsressourcen gewährleistet.
4 Interdisziplinäre Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor
An der Universität Wien arbeiten zentrale Organisationseinheiten – das Center for Teaching and Learning (CTL), der Zentrale Informatikdienst (ZID) und die Universitätsbibliothek (UB) – gemeinsam daran, Lehrende bei der Erstellung, Nutzung und Veröffentlichung von OER zu unterstützen. Diese Zusammenarbeit verbindet mediendidaktische Expertise, technische Entwicklung und bibliothekarisches Wissen zu einem integrativen Unterstützungsangebot.
Das CTL verantwortet die mediendidaktische Begleitung sowie die Produktion von Lehr- und Lernmaterialien in Formaten wie Video oder Podcast. In enger Zusammenarbeit mit Lehrenden entstehen dabei auch interdisziplinäre MOOCs, etwa im Rahmen der Plattform iMooX. Parallel bietet das Teaching-Competence-Programm spezifische Qualifizierungsangebote rund um OER und digitale Lehre, flankiert von Ressourcen im Digitale Lehre Wiki.
Auf technischer Ebene betreut die Stabsstelle E-Learning des ZID die Weiterentwicklung des Learning Management Systems (LMS) Moodle sowie weiterer Tools, die Lehrende in der OER-Produktion unterstützen. Die technische Infrastruktur für die Veröffentlichung der OER wiederum liegt bei PHAIDRA, dem Repositorium der Universität Wien, das gemeinsam von UB und ZID betrieben wird. Die Universitätsbibliothek bringt ihre bibliothekarische Expertise insbesondere im Bereich Metadatenstandards, Langzeitverfügbarkeit, rechtlicher Rahmenbedingungen und Forschungsdatenmanagement ein – Kompetenzen, die für die Qualität und Nachhaltigkeit von OER entscheidend sind.
Diese ressortübergreifende Zusammenarbeit zeigt sich auch im universitätsübergreifenden Kontext: Im Rahmen von OEAA beraten die genannten Einheiten gemeinsam andere Hochschulen zur Anbindung von institutionellen Repositorien an den OERhub, um OER in Archivsystemen an den Hochschulen dezentral organisiert innerhalb der nationalen Metasuchmaschine verfügbar zu machen. In diesen Beratungsprozessen wird deutlich, dass institutionelle Lösungen nur durch das Zusammenspiel aller beteiligten Einheiten – IT, Didaktik, Bibliothek und E-Learning – tragfähig umgesetzt werden können. Dabei werden institutionelle Ausgangslagen analysiert, Workflows abgestimmt, Datentypen und Quellsysteme identifiziert sowie Metadatenstandards abgestimmt.[14]
Ein zentrales Ergebnis dieser interdisziplinären Zusammenarbeit in den unterschiedlichen Abteilungen an der Hochschule ist der Aufbau tragfähiger Repositorienstrukturen für OER sowie die Stärkung einer offenen, vertrauenswürdigen Bildungsinfrastruktur im Sinne von Open Education und Open Science. Insbesondere die Bibliothek spielt dabei eine verbindende Rolle zwischen Lehrpraxis und wissenschaftlicher Dokumentation, zwischen rechtlicher Absicherung und technischer Auffindbarkeit. Ihre Rolle in der Repositorienpflege, bei der Vergabe persistenter Identifikatoren und im Umgang mit Lizenzierungsfragen ist unerlässlich für eine qualitätsgesicherte OER-Veröffentlichung.
Das Beispiel der Universität Wien zeigt: Interdisziplinäre Teams, die ihre Perspektiven systematisch zusammenführen, schaffen nicht nur funktionierende Infrastrukturen, sondern legen die Grundlage für eine neue Kultur der Offenheit in der Hochschulbildung.
5 Usability-Studie: Evaluation in der Praxis
Die Entwicklung des Moodle-Plugins zur Integration von OER aus dem OERhub wurde von Anfang an durch ein gezieltes Usability-Testverfahren begleitet. Ziel war es, die Nutzerfreundlichkeit und Anschlussfähigkeit des Tools unter realen Bedingungen zu überprüfen und fundierte Impulse für die Weiterentwicklung zu gewinnen.
5.1 Planung und Vorbereitung
Bereits im Vorfeld der Testphase wurde großer Wert auf kollaboratives Wissensmanagement gelegt: In einem Wiki-Space wurde ein gemeinsamer Workspace für das Center for Teaching and Learning (CTL) und den Zentralen Informatikdienst (ZID) eingerichtet. Dort wurden Konzepte dokumentiert, Protokolle abgelegt und sämtliche Entwicklungsschritte koordiniert.
Die Entwicklung des Prototyps erfolgte mit der Designsoftware Figma.[15] Durch ein Bildungs-Abo, das Lehrenden und Studierenden die Nutzung der Professional-Funktionen kostenfrei ermöglicht, konnte kollaborativ an einem klickbaren Interface-Modell gearbeitet werden. Diese Lösung erwies sich als besonders ressourcenschonend und zugleich flexibel im Hinblick auf Designiteration und Feedbackintegration.
5.2 Durchführung der Usability-Studie
Die eigentliche Usability-Studie wurde im Februar 2024 durchgeführt. Insgesamt nahmen 16 Universitätsangehörige mit unterschiedlichem Hintergrund teil: Je zur Hälfte Personen mit ausgeprägter Moodle-Kompetenz sowie OER-affine Lehrpersonen. Die Testslots wurden niederschwellig über Moodle abgewickelt. Es handelte sich um Lehrende, Support-Personal, Studienassistent*innen und Studierende.
Ein eigens gestalteter Moodle-Testkurs gemeinsam mit dem Zugriff auf das klickbare Interface-Modell ermöglichte die Nutzung des Plugins unter realitätsnahen Bedingungen. Der Testablauf war so konzipiert, dass sowohl moderierte Sessions als auch individuelle Durchläufe ohne externe Anleitung möglich waren. Der standardisierte Testleitfaden war direkt im Kurs implementiert. Eine anonyme Beantwortung der Aufgaben war ohne Anmeldung möglich, sämtliche Antworten wurden innerhalb der Plattform DSGVO-konform getrackt. Quantitative Auswertungen ließen sich direkt über Moodle generieren. Der Leitfaden wurde so angelegt, dass auch eine Wiederverwendung oder Adaption durch andere Einrichtungen problemlos möglich ist.
Es wurden auf diese Weise ausgewählte Nutzungs-Szenarien entsprechend der jeweiligen Rolle in der Lehre (d. h. aus Lehrenden- oder Studierenden-Sicht) durchgeführt und geprüft, inwiefern es aufgrund verschiedener Faktoren wie der Darstellung, Lernplattform-typischen Abläufe, Einbindung von Inhalten u. a. für einen Einsatz geeignet ist. Bei der Befragung wurde darüber hinaus Wert daraufgelegt, möglichst jegliche Beeinflussung der Proband*innen in der Beantwortung durch bestimmte Formulierungen zu vermeiden.
5.3 Auswertung und Ergebnisse
Die qualitative Auswertung der erhobenen Daten erfolgte im März 2024 mittels MAXQDA.[16]Es wurden thematische Codierungen nach einem mehrstufigen Verfahren mit gestaffeltem Intercoder-Agreement vorgenommen, um die inhaltliche Konsistenz zu sichern.
Die Teilnehmenden verbanden den Begriff „OER-Kollektion“ vorrangig mit einem zentralen, kuratierten Repertoire an frei nutzbaren Lehrmaterialien, das direkt in Moodle eingebunden und ohne technische Hürden verwendbar sein sollte. Mehrere Rückmeldungen hoben hervor, dass Lehrende eine Suchfunktion innerhalb Moodle erwarten, die ohne externe Plattformwechsel auskommt. Die Kollektion wurde als niederschwellige Verbindung zu bestehenden OER-Repositorien verstanden – ein „Sammeltool“, das skalierbar ist und idealerweise bereits mit hochwertigen Inhalten befüllt ist. Ziel sei es, den Aufwand zur OER-Recherche deutlich zu minimieren und Inhalte kontextnah in der Lehre nutzbar zu machen.
Insgesamt zeigte sich ein starkes Bedürfnis nach einer nahtlosen, integrierten Lösung, die sowohl Rechtskonformität als auch didaktische Anschlussfähigkeit berücksichtigt – eine Erwartung, die das Plugin mit seiner Anbindung an den OERhub gezielt adressiert.
Die Analyse ergab ein insgesamt positives Stimmungsbild: Die zentrale Funktion – das einfache Recherchieren und Einbinden von OER aus dem OERhub – wurde von den meisten Teilnehmenden als zeitsparend, hilfreich und intuitiv bedienbar eingeschätzt.
Die Rückmeldungen der Lehrenden zur Handhabung des Plugins im Rahmen der Usability-Testung zeigten insgesamt eine hohe Zufriedenheit mit der intuitiven Bedienbarkeit und der klaren Struktur der Grundfunktionen. Besonders positiv wurde hervorgehoben, dass das zentrale Anwendungsszenario – das Suchen und Verknüpfen von OER – überraschend reibungslos funktionierte: „Szenario hat gut geklappt. Überrascht, dass es so einfach ist […] Erster Eindruck der Filteroptionen gut.“ Dennoch wurden auch konkrete Verbesserungsvorschläge zur Optimierung der Nutzerführung formuliert. So wurde etwa der Begriff „verknüpfen“ als potenziell missverständlich im Moodle-Kontext beschrieben – alternative Begriffe wie „hinzufügen“ oder „aufnehmen“ wurden vorgeschlagen, um die Verständlichkeit zu erhöhen.
Bei der Bearbeitung verknüpfter Materialien lobten die Testpersonen die klare Umsetzung über das Drei-Punkte-Menü, regten jedoch weiterführende Funktionalitäten an: „Bearbeiten der verknüpften OER über die drei Punkte war klar. Verschieben der einzelnen Ressourcen und Ändern der Reihenfolge mittels Drag & Drop wäre praktischer. Massenbearbeitungstool in Moodle macht auch Sinn.“
Ein weiterer zentraler Punkt war die Möglichkeit, didaktische Hinweise oder Anmerkungen zu ergänzen. Diese wurde als wesentlich für die pädagogische Einbettung von OER eingeschätzt. In diesem Zusammenhang wurde vorgeschlagen, die Bezeichnung des Eingabefelds stärker an der Unterrichtspraxis auszurichten: „Ergänzen von Anmerkungen durch Lehrende sehr wichtig. Eventuell anpassen des Wordings – Arbeitsauftrag/Lernziel? Vorschlag dieses Feld als Pflichtfeld zu setzen?“
Die Rückmeldungen unterstreichen damit sowohl die grundsätzliche Akzeptanz des Plugins als auch die Bedeutung einer klaren Sprache, flexibler Bearbeitungsmöglichkeiten und der didaktischen Kontextualisierung für eine gelingende OER-Nutzung.
Diese Rückmeldungen bildeten die Grundlage für eine überarbeitete Version des Prototyps, die Anfang April 2024 veröffentlicht wurde. Ziel war es, die Benutzerführung noch klarer zu gestalten und die Funktionalität weiter zu verbessern. Die Usability-Studie stellte damit einen zentralen Schritt zur Qualitätssicherung dar – nicht nur im Sinne der technischen Weiterentwicklung, sondern auch als Beispiel für eine evidenzbasierte, partizipative Gestaltung digitaler Lehr- & Lern-Werkzeuge.
6 Implementierung und Rollout
Der Rollout des Moodle-Plugins „OER-Kollektion“ startete im März 2025 zum Sommersemester als Testbetrieb in den Moodle-Instanzen der Universität Wien. Ziel war es, erste praktische Erfahrungen mit dem Einsatz der Entwicklung in der Lehre zu sammeln. Die Rückmeldungen aus dieser Phase fließen laufend in die Weiterentwicklung ein; eine breitere Veröffentlichung des Plugins ist nach Abschluss der Evaluation vorgesehen.
Zur Unterstützung des Rollouts wurden begleitende Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen etabliert. Ab Herbst 2025 können Lehrende im Rahmen einer neuen Weiterbildung zur „OER-Practitioner:in“ ausgebildet werden. Diese umfasst 1 ECTS und kombiniert MOOC-Inhalte mit einer Auftaktveranstaltung, einem Praxisauftrag zur Erstellung eigener OER sowie einer abschließenden Präsenzveranstaltung. Nach Abschluss erhalten Teilnehmende das OER-Zertifikat der österreichischen Zertifizierungsstelle für OER, die aus dem OEAA-Projekt hervorgegangen ist. Ziel ist es, rechtliche, didaktische und technische Kompetenzen rund um OER praxisnah zu vermitteln.
Darüber hinaus werden Moodle-bezogene Workshops im Rahmen der Teaching Competence-Reihe des Center for Teaching and Learning (CTL) angeboten. Diese fokussieren auf den nachhaltigen Einsatz von Moodle und die didaktische Einbindung offener Ressourcen. Schulungsangebote zur Nutzung des Plugins und zu OER allgemein werden außerdem durch den Zentralen Informatikdienst (ZID) sowie die Universitätsbibliothek Wien bereitgestellt.
Auch außerhalb des Lehrbetriebs finden sich OER-Themen zunehmend wieder: Im universitären Zertifikatskurs Data Stewardship sind OER und Open Science als Querschnittsthemen fest verankert. Ebenso werden studentische Mitarbeiter*innen im Rahmen des Programms QuaM! zu Multiplikator*innen für offene Bildungspraktiken qualifiziert.
Langfristig ist die technische und didaktische Verankerung des Plugins in die Support- und Infrastrukturstrukturen der Universität Wien vorgesehen. Die kontinuierliche Betreuung erfolgt durch ZID und CTL, wodurch eine nachhaltige Weiterentwicklung auf Basis von Feedback sichergestellt ist.
7 Infrastruktur als Ermöglicherin offener Bildung
Im Projekt wurde deutlich, wie zentral technische Infrastruktur für die Umsetzung und nachhaltige Verankerung Offener Bildungspraktiken (OEP) ist – nicht nur im funktionalen Sinne, sondern auch als Teil einer strategisch und kollaborativ gestalteten Hochschulentwicklung. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Center for Teaching and Learning (CTL) und dem Zentralen Informatikdienst (ZID) bildete dabei die Grundlage, um technische Lösungen wie das OERhub-Moodle-Plugin konsequent bildungsbezogen zu entwickeln und zu erproben.
Ein gemeinsam genutzter Wiki-Workspace ermöglichte kollaboratives Wissensmanagement sowie die strukturierte Ablage von Protokollen, Konzepten und Abstimmungen. Der klickbare Prototyp wurde mithilfe von Figma erstellt und erleichterte durch seine Visualisierung eine frühe Rückmeldung der Zielgruppen. Die Usability-Studie im Frühjahr 2024 stellte einen wichtigen Meilenstein dar: Durch einen selbsterklärenden Leitfaden, automatisierte Erhebung quantitativer Daten und die qualitative Analyse mittels MAXQDA konnten zentrale Nutzungsanforderungen erhoben und systematisch ausgewertet werden.
Im Rahmen der Reflexion wurden nicht nur technische, sondern auch methodische und organisatorische Erkenntnisse gewonnen – darunter der Wert klar definierter Rollen, iterativer Testzyklen, standardisierter Leitfäden und strukturierter Datenaufbereitung. Dabei wurde deutlich: OEP erfordert eine technische Infrastruktur, die nicht nur stabil und benutzerfreundlich ist, sondern auch partizipative Entwicklungsprozesse fördert und interdisziplinäre und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit ermöglicht.
Die im Projekt geschaffenen Strukturen und entwickelten Tools sind dabei nicht nur für die Universität Wien von Bedeutung. Vielmehr lassen sich die Ansätze und Erkenntnisse – etwa zur Integration von OER in bestehende Lernmanagementsysteme oder zur Durchführung nutzerzentrierter Entwicklungsprozesse – auch auf andere Hochschulen übertragen. Im Rahmen des Projekts OEAA wurde gezielt auf die Anschlussfähigkeit geachtet, gleichzeitig sind zentrale Projektergebnisse auch darüber hinaus nutzbar. Damit leistet das Projekt einen Beitrag zur Weiterentwicklung digitaler Infrastruktur als Basis für offene Bildung im deutschsprachigen Hochschulraum – skalierbar, praxisnah und offen zugänglich.
8 Fazit und Ausblick
Die erfolgreiche Etablierung von OER an Hochschulen erfordert nicht nur technische und organisatorische Infrastruktur, sondern auch eine enge Zusammenarbeit verschiedener institutioneller Akteur*innen. Die Erfahrungen der Universität Wien – insbesondere im Rahmen des Projekts – zeigen, dass interdisziplinäre Kooperation ein zentraler Erfolgsfaktor für die nachhaltige Verankerung offener Bildungspraxis ist. Interdisziplinarität wird hierbei als abteilungsübergreifende Zusammenarbeit verstanden, die Personen aus unterschiedlichen beruflichen Kontexten und mit unterschiedlicher fachlicher Perspektive zusammenspannt. Die im Beispiel des OER-Plugins involvierten Parteien werden im Nachgang vorgestellt.
Das entwickelte Plugin zur Integration von OER in Lernmanagementsysteme leistet einen wichtigen Beitrag zur Förderung offener Bildungspraktiken (OEP). Es erleichtert nicht nur den Zugang zu offenen Bildungsmaterialien, sondern fördert auch eine offene und inklusive Lernumgebung. Bibliotheken und Bildungseinrichtungen übernehmen dabei eine zentrale Rolle, indem sie Strukturen schaffen, die die Nutzung und Weiterentwicklung von OER ermöglichen.
Im Sinne des Open-Source-Gedankens wurde das Plugin frei zur Verfügung gestellt. Diese Offenheit unterstützt nicht nur Transparenz und Nachnutzung, sondern erlaubt auch anderen Einrichtungen, das Tool an lokale Anforderungen anzupassen. Der kollaborative Entwicklungsansatz zeigt, wie technische Infrastruktur und offene Bildung eng miteinander verknüpft sind.
Ein zentrales Element war der kontinuierliche Einbezug von Rückmeldungen aus der Praxis. Lehrende und Studierende wirkten aktiv an der Weiterentwicklung mit, wodurch das Plugin zunehmend an reale Anforderungen angepasst werden konnte. Dieser iterative Prozess soll auch zukünftig fortgesetzt werden, um das Tool kontinuierlich zu verbessern und nachhaltig im Hochschulalltag zu verankern.
Langfristig ergeben sich Perspektiven, um OEP durch technische Weiterentwicklungen wie automatisierte Qualitätssicherung oder Feedbacksysteme zu stärken. Bibliotheken könnten so eine aktivere Rolle bei der Sicherstellung der Qualität und Aktualität von OER einnehmen. Auch Nutzer*innen könnten durch Feedback-Funktionen stärker in die Weiterentwicklung eingebunden werden, was den kollaborativen Charakter offener Bildung weiter unterstützt.
Schließlich bietet die internationale Ausweitung des Zugriffs auf globale OER-Repositorien die Chance, den Austausch über Landesgrenzen hinweg zu fördern. Der Zugang zu vielfältigen, qualitativ hochwertigen Ressourcen kann helfen, Bildung gerechter zu gestalten und zur Etablierung einer offenen Wissensgesellschaft beizutragen.
Insgesamt zeigt das Projekt praxisnah, wie durch die Verbindung technischer Innovation, didaktischer Anforderungen und institutioneller Kooperation nachhaltige Impulse für offene Hochschulbildung gesetzt werden können. Bibliotheken und Hochschulen können dabei nicht nur unterstützend, sondern als gestaltende Akteure auftreten.
Über die Autoren

Claudia Hackl

Martin W. Reichel
Literaturverzeichnis
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