Die ‚Gigantomachie‘ in Platons Sophistes. Versuch einer analytischen Rekonstruktion
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Wolfgang Künne
Abstract
In seinem Dialog Sophistes (245e–249d) lässt Platon einen Besucher aus dem süditalienischen Elea im Gespräch mit Theaitetos, einem mathematisch hochbegabten Teenager, einen ontologischen Disput als Schlacht zwischen Giganten und Olympischen Göttern inszenieren. In dieser Debatte geht es um die Frage, was den an Buchstaben armen und an Bedeutungen leider allzu reichen Titel ‚ὄν‘ (‚Seiendes‘) verdient. Die Philosophen, die im Kostüm der Giganten auftreten und „mit ihren Händen Felsblöcke und Eichen umklammern“ (um sie dann verblüffend rasch loszulassen), bezeichne ich im Folgenden als Somatiker, und Eidetiker nenne ich diejenigen Philosophen, die die Rolle der Olympier spielen, „sich sehr vorsichtig von oben aus dem Unsichtbaren verteidigen“ und als ‚Freunde der Ideen‘ vorgestellt werden. (Die in der Sekundärliteratur gängigen Bezeichnungen der Kontrahenten als ‚Materialisten‘ und ‚Idealisten‘ sind in vielfacher Hinsicht irreführend.) Mein Hauptinteresse gilt im Folgenden der Position der Eidetiker.
Abstract
Prima facie there is a tension between a principle upheld by the Friends of Forms, ‚Whatever is real is omnitemporally stable‘, and a conclusion into which they are driven, ‚Some things are real, and yet they change in becoming the objects of cognition‘. The paper argues that we should stop looking for a faulty premiss in the argument that leads to this conclusion but rather seek a way of reconciling principle and conclusion. Frege and Russell can help us to see that the principle only disallows intrinsic change and that the conclusion only requires extrinsic change. There is some evidence that Plato himself was very well aware of this option.
© Walter de Gruyter