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Jörg Lanz von Liebenfels

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EKKEHARD HIERONYMUS Jörg Lanz von Liebenfels Jörg Lanz-Liebenfels gehört ohne Zweifel zu den umstrittensten wie faszinie-rendsten Gestalten der völkischen Religions- und Geistesgeschichte zwischen 1870 und 1933. Es kann allerdings nicht die Aufgabe dieser biographischen Skizze sein, ein vollständiges Lebensbild dieses Mannes zu entwerfen, wenn auch die an vielen Stellen mehr phantasievolle als korrekte Biographie, die Wilfried Daim unter dem reißerischen Titel Der Mann, der Hitler die Ideen gab schon in 2. Auflage veröffentlicht hat, zu einer Korrektur reizt.1 Aller-dings dürfte es fast unmöglich sein, eine wirklich stichhaltige Biographie zu schreiben, denn Lanz hat es verstanden, weite Abschnitte seines Lebenswe-ges ins Dunkel zu hüllen, bzw. auch Offensichtliches durch unkorrekte An-gaben zu verschleiern. Welche Gründe er dafiir auch gehabt haben mag, bis heute ist jeder, der sich mit Lanz beschäftigt, mehr oder weniger auf Vermu-tungen angewiesen. Da der Lanz-Nachlaß verschollen ist, wird sich an dieser Sachlage in absehbarer Zeit kaum etwas ändern. Aus diesem Grunde wird im Folgenden nur von 'Lebensspuren' gesprochen. Zur Biographie Nach amtlichen Unterlagen wurde Jörg Lanz-Liebenfels am 19. Juli 1874 als Adolf Joseph Lanz in Wien geboren. Als Eltern werden angegeben der Leh-rer Johann Lanz und seine Ehefrau Katharina, geb. Hoffenreich. Lanz selbst hat später als sein Geburtsdatum den 1. Mai 1872 und als Geburtsort Messina (Sizilien) angegeben. Er selbst nennt sich bei diesen Angaben nicht mehr Lanz, sondern Georg Lanz-Liebenfels. Die Vorverlegung des Geburtsdatums hatte zur Folge, daß das Geburtsdatum des zwei Jahre jüngeren Bruders Herwik ebenfalls abgeändert werden mußte: In Kürschners Deutschem Lite-raturkalender2 erscheint er als „Herwik Lanz von Liebenfels", geboren 1874 in S.Giovanni. Was Lanz veranlaßt hat, sein Geburtsjahr zu verfalschen, muß offen bleiben: Er selbst soll später darauf hingewiesen haben, daß er damit eine astrologische Überprüfung seiner Person verhindern wollte.3 Die Lanz nahestehende Zeitschrift für Geistes- und Wissenschaftsreform hat übrigens konsequent seinen 60. Geburtstag 1932 gefeiert. Doch Lanz hat nicht nur 1 Der Beitrag stellt die leicht veränderte Fassung der Einleitung zu Ekkehard Hieronimus: Lanz von Liebenfels. Eine Bibliographie. Toppenstedt 1991, S.10-25, dar. - Wilfried Daim: Der Mann, der Hitler die Ideen gab. Die sektiererischen Grundlagen des Nationalsozialis-mus. 2.Aufl. Köln/Wien 1985. 2 Kürschners Deutscher Literaturkalender, 1915, Sp. 1003. 3 Vgl. Daim, S.51.

EKKEHARD HIERONYMUS Jörg Lanz von Liebenfels Jörg Lanz-Liebenfels gehört ohne Zweifel zu den umstrittensten wie faszinie-rendsten Gestalten der völkischen Religions- und Geistesgeschichte zwischen 1870 und 1933. Es kann allerdings nicht die Aufgabe dieser biographischen Skizze sein, ein vollständiges Lebensbild dieses Mannes zu entwerfen, wenn auch die an vielen Stellen mehr phantasievolle als korrekte Biographie, die Wilfried Daim unter dem reißerischen Titel Der Mann, der Hitler die Ideen gab schon in 2. Auflage veröffentlicht hat, zu einer Korrektur reizt.1 Aller-dings dürfte es fast unmöglich sein, eine wirklich stichhaltige Biographie zu schreiben, denn Lanz hat es verstanden, weite Abschnitte seines Lebenswe-ges ins Dunkel zu hüllen, bzw. auch Offensichtliches durch unkorrekte An-gaben zu verschleiern. Welche Gründe er dafiir auch gehabt haben mag, bis heute ist jeder, der sich mit Lanz beschäftigt, mehr oder weniger auf Vermu-tungen angewiesen. Da der Lanz-Nachlaß verschollen ist, wird sich an dieser Sachlage in absehbarer Zeit kaum etwas ändern. Aus diesem Grunde wird im Folgenden nur von 'Lebensspuren' gesprochen. Zur Biographie Nach amtlichen Unterlagen wurde Jörg Lanz-Liebenfels am 19. Juli 1874 als Adolf Joseph Lanz in Wien geboren. Als Eltern werden angegeben der Leh-rer Johann Lanz und seine Ehefrau Katharina, geb. Hoffenreich. Lanz selbst hat später als sein Geburtsdatum den 1. Mai 1872 und als Geburtsort Messina (Sizilien) angegeben. Er selbst nennt sich bei diesen Angaben nicht mehr Lanz, sondern Georg Lanz-Liebenfels. Die Vorverlegung des Geburtsdatums hatte zur Folge, daß das Geburtsdatum des zwei Jahre jüngeren Bruders Herwik ebenfalls abgeändert werden mußte: In Kürschners Deutschem Lite-raturkalender2 erscheint er als „Herwik Lanz von Liebenfels", geboren 1874 in S.Giovanni. Was Lanz veranlaßt hat, sein Geburtsjahr zu verfalschen, muß offen bleiben: Er selbst soll später darauf hingewiesen haben, daß er damit eine astrologische Überprüfung seiner Person verhindern wollte.3 Die Lanz nahestehende Zeitschrift für Geistes- und Wissenschaftsreform hat übrigens konsequent seinen 60. Geburtstag 1932 gefeiert. Doch Lanz hat nicht nur 1 Der Beitrag stellt die leicht veränderte Fassung der Einleitung zu Ekkehard Hieronimus: Lanz von Liebenfels. Eine Bibliographie. Toppenstedt 1991, S.10-25, dar. - Wilfried Daim: Der Mann, der Hitler die Ideen gab. Die sektiererischen Grundlagen des Nationalsozialis-mus. 2.Aufl. Köln/Wien 1985. 2 Kürschners Deutscher Literaturkalender, 1915, Sp. 1003. 3 Vgl. Daim, S.51.

Chapters in this book

  1. Frontmatter i
  2. Inhalt v
  3. Vorwort ix
  4. I. Einleitung
  5. Wilhelminismus – Zum Wandel von Milieu und politischer Kultur 3
  6. Völkische Ideologie 22
  7. II. Vordenker und Agitatoren
  8. Paul Anton de Lagarde 45
  9. August Julius Langbehn, der »Rembrandtdeutsche« 94
  10. Friedrich Lienhard 114
  11. Jörg Lanz von Liebenfels 131
  12. III. Die Sinnkrise: Institutionen und Gegenbewegungen
  13. Protestantismus und völkische Religion im deutschen Kaiserreich 149
  14. »Das Heilige Feuer« Eine katholische Zeitschrift 1913–1931 164
  15. Die Suche nach einer „arteigenen“ Religion in ‘germanisch-’ und ‘deutschgläubigen’ Gruppen 172
  16. Die deutsche Vorgeschichtsforschung und ihr Verhältnis zu Nationalismus und Rassismus 186
  17. Die freigeistige Bewegung im Kaiserreich 208
  18. Sozialdarwinistische Rassentheorien aus dem okkulten Untergrund des Kaiserreichs 224
  19. Völkische Erwachsenenbildung Intentionen, Programme und Institutionen zwischen Jahrhundertwende und Weimarer Republik 252
  20. Das völkische Verlagswesen im deutschen Kaiserreich 277
  21. Der »Alldeutsche Verband« 302
  22. Der »Werdandi-Bund« 316
  23. Der »Deutschbund« 328
  24. Die »Hammer«-Bewegung 341
  25. Der »Deutsche Wehrverein« 366
  26. Völkische und deutschnationale Frauenvereine im ‘zweiten Reich’ 376
  27. IV. Soziale, ökonomische und politische ‘Modernisierung’ Kritik und Alternativen
  28. Völkisch-rassische Siedlungen der Lebensreform 397
  29. Nacktkultur im Kaiserreich 411
  30. Rassismus, Rassenhygiene, Menschenzuchtideale 436
  31. Völkischer Antisemitismus im Kaiserreich 449
  32. Der Fall Dreyfus in Deutschland 464
  33. Anschauungen vom Norden im deutschen Kaiserreich 482
  34. Antislavismus 512
  35. Völkische Themen in der sorbischen Literatur 525
  36. Heimatschutz 533
  37. Tierschutzbewegung 546
  38. Völkische Kapitalismus-Kritik: Das Beispiel Warenhaus 558
  39. V. Die kulturelle ‘Moderne’ Kritik und Alternativen
  40. Wagnerismus in der Kaiserzeit 575
  41. Völkische Kunstkritik 613
  42. Fidus – ein Gesinnungskünstler der völkischen Kulturbewegung 634
  43. Völkische Literatur und Heimatliteratur 1870–1918 651
  44. Felix Dahn 685
  45. Im Widerstreit: Karl May 699
  46. Völkische Semantik bei den Münchner ‘Kosmikern’ und im George-Kreis 711
  47. Georg Fuchs – Theater als völkischer Ritus 747
  48. Deutsche Reformbühne und völkische Kultstätte 762
  49. Völkisches Gedankengut im Umfeld der Kinoreformbewegung 797
  50. Nation und Rasse im frühen deutschen Film 806
  51. Völkische Tendenzen in der Geschichtswissenschaft 834
  52. Völkische Tendenzen in Germanistik und Philologie 859
  53. Adolf Bartels 874
  54. Anhang
  55. Kurzbiographien 897
  56. Personenregister 935
  57. Register der Organisationen und Institutionen 968
  58. Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 976
Downloaded on 10.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110964240.131/html?licenseType=restricted&srsltid=AfmBOoq7ZrlIWSiHz17yr3GMg7KwY4RkiZivd43TWrRa7BdMr5_shNZq
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