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9. Totenhaltung

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Die Gräber der Steinzeit im Saalegebiet
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2179. TOTENHALTUNGEs gibt nicht viele Fundgebiete, wo wir die Haltung der neolithischen Skeletteso gut im einzelnen studieren können, wie gerade in Sachsen-Thüringen. Fastüber alle Kulturen liegt genügend Material vor, mit Ausnahme der Stichband-keramik und der Jordansmühler Gruppe, die wir außer Betracht lassen müssen,und selbstverständlich mit Ausnahme der verbrennenden Schönfelder Kultur.Bei den gestreckten Bestattungen variiert im wesentlichen nur die Hal-tung der Arme. Über die Rössener Strecker wissen wir wenig, die Armhaltungscheint nicht einheitlich zu sein. Bei den Walternienburger Bestattungen dieserArt, namentlich von Tangermünde, liegen die Arme teils ausgestreckt am Kör-per, teils gewinkelt in verschiedener Art auf demselben, oder zum Kopf erhoben.Als Besonderheit kommt bei der Kinderbestattung von Biendorf die Bauchlagehinzu. Diese Bauchlage tritt außerdem in Baalberger Siedlungsbestattungen (Ge-hofen und Weißenfels) bei gestreckten Skeletten auf, die innerhalb einer Leichen-gruppe eine untergeordnete Rolle spielen. Die Skelette in Bauchlage sind auchniemals vollständig ausgestreckt.Bei den Hockern kann man mehrere Komponenten der Totenhaltung unter-scheiden: die Lage des Rumpfes (auf dem Rücken, auf einer Seite oder halbbäuchlings gedreht), die Anziehung der Oberschenkel im Hüftgelenk (instumpfem, rechtem oder spitzem Winkel), die entsprechende Anwinklung derUnterschenkel im Kniegelenk, schließlich die Haltung der Arme (frei oder mitzum Gesicht oder zur Brust erhobenen Händen). Daraus entspringen verschiedenecharakteristische Stellungen (Tafel 27—30).Bei den meisten neolithischen Kulturen unseres Gebietes herrscht die strengeSeitenlage des Rumpfes, wobei die Schulterblätter lotrecht übereinander zuliegen kommen: so in der Linienbandkeramik, der Gruppe Gatersleben, allennordischen Gruppen, Baalberg, Salzmünde, Walternienburg und Bernburg, inder Glockenbecherkultur und im Aunjetitz. Dagegen treffen wir die Rückenlagedes Rumpfes vorherrschend in der Schnurkeramik und der Kugelamphorenkultur,sowie bei einer Minderheit der Rössener Gräber.Die Anziehung der Oberschenkel, das eigentliche Element der Hockerstellung,unterliegt im Lauf der neolithischen Entwicklung einer zunehmenden Ver-schärfung. Die Anziehung der Unterschenkel bleibt dagegen konstant spitzwink-lig, mit Ausnahme der Gruppe Gatersleben, wo sie nur rechtwinklig ist. In derLinienbandkeramik ist die Hockstellung schwach, die sogenannte Adoranten-stellung bedingt ein kaum merkbares Vorbeugen der Oberschenkel, ein etwasstärkeres Krümmen der Knie. Noch schwächer und einer seitlichen Strecklagefast angenähert ist die Hockstellung der Gruppe Gatersleben. In der RössenerKultur werden die Oberschenkel etwas stärker angehockt, doch bleibt der Winkelzumeist noch stumpf. In der Trichterbecherkultur erscheint eine wesentlicheVerschärfung, der Winkel im Hüftgelenk wird nun recht bis spitz; der Gegensatztritt besonders klar bei einem Vergleich der gleichzeitigen Gruppen Baalbergund Gatersleben hervor. Auch Salzmünde und Walternienburg-Bernburg zeigendiese mittlere bis scharfe Hockstellung. Schnurkeramik und Kugelamphorenbevorzugen eine mittlere Hockstellung mit rechtwinklig angezogenen Ober-

2179. TOTENHALTUNGEs gibt nicht viele Fundgebiete, wo wir die Haltung der neolithischen Skeletteso gut im einzelnen studieren können, wie gerade in Sachsen-Thüringen. Fastüber alle Kulturen liegt genügend Material vor, mit Ausnahme der Stichband-keramik und der Jordansmühler Gruppe, die wir außer Betracht lassen müssen,und selbstverständlich mit Ausnahme der verbrennenden Schönfelder Kultur.Bei den gestreckten Bestattungen variiert im wesentlichen nur die Hal-tung der Arme. Über die Rössener Strecker wissen wir wenig, die Armhaltungscheint nicht einheitlich zu sein. Bei den Walternienburger Bestattungen dieserArt, namentlich von Tangermünde, liegen die Arme teils ausgestreckt am Kör-per, teils gewinkelt in verschiedener Art auf demselben, oder zum Kopf erhoben.Als Besonderheit kommt bei der Kinderbestattung von Biendorf die Bauchlagehinzu. Diese Bauchlage tritt außerdem in Baalberger Siedlungsbestattungen (Ge-hofen und Weißenfels) bei gestreckten Skeletten auf, die innerhalb einer Leichen-gruppe eine untergeordnete Rolle spielen. Die Skelette in Bauchlage sind auchniemals vollständig ausgestreckt.Bei den Hockern kann man mehrere Komponenten der Totenhaltung unter-scheiden: die Lage des Rumpfes (auf dem Rücken, auf einer Seite oder halbbäuchlings gedreht), die Anziehung der Oberschenkel im Hüftgelenk (instumpfem, rechtem oder spitzem Winkel), die entsprechende Anwinklung derUnterschenkel im Kniegelenk, schließlich die Haltung der Arme (frei oder mitzum Gesicht oder zur Brust erhobenen Händen). Daraus entspringen verschiedenecharakteristische Stellungen (Tafel 27—30).Bei den meisten neolithischen Kulturen unseres Gebietes herrscht die strengeSeitenlage des Rumpfes, wobei die Schulterblätter lotrecht übereinander zuliegen kommen: so in der Linienbandkeramik, der Gruppe Gatersleben, allennordischen Gruppen, Baalberg, Salzmünde, Walternienburg und Bernburg, inder Glockenbecherkultur und im Aunjetitz. Dagegen treffen wir die Rückenlagedes Rumpfes vorherrschend in der Schnurkeramik und der Kugelamphorenkultur,sowie bei einer Minderheit der Rössener Gräber.Die Anziehung der Oberschenkel, das eigentliche Element der Hockerstellung,unterliegt im Lauf der neolithischen Entwicklung einer zunehmenden Ver-schärfung. Die Anziehung der Unterschenkel bleibt dagegen konstant spitzwink-lig, mit Ausnahme der Gruppe Gatersleben, wo sie nur rechtwinklig ist. In derLinienbandkeramik ist die Hockstellung schwach, die sogenannte Adoranten-stellung bedingt ein kaum merkbares Vorbeugen der Oberschenkel, ein etwasstärkeres Krümmen der Knie. Noch schwächer und einer seitlichen Strecklagefast angenähert ist die Hockstellung der Gruppe Gatersleben. In der RössenerKultur werden die Oberschenkel etwas stärker angehockt, doch bleibt der Winkelzumeist noch stumpf. In der Trichterbecherkultur erscheint eine wesentlicheVerschärfung, der Winkel im Hüftgelenk wird nun recht bis spitz; der Gegensatztritt besonders klar bei einem Vergleich der gleichzeitigen Gruppen Baalbergund Gatersleben hervor. Auch Salzmünde und Walternienburg-Bernburg zeigendiese mittlere bis scharfe Hockstellung. Schnurkeramik und Kugelamphorenbevorzugen eine mittlere Hockstellung mit rechtwinklig angezogenen Ober-

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