Zusammenfassung Am 25. August 1944 töteten deutsche Soldaten 124 Einwohner – darunter viele Frauen und Kinder – des Dorfes Maillé bei Tours und zerstörten das Dorf. Nach jenem von Oradour-sur-Glane war dies das schlimmste Massaker während der deutschen Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg. Allerdings geriet Maillé – im Unterschied zu Oradour und vergleichbaren Verbrechen – für Jahrzehnte in Vergessenheit. Nach dem Krieg verurteilte ein französisches Militärgericht den ehemaligen deutschen Leutnant Gustav Schlüter zum Tode, doch Schuldfrage und Umstände wurden nicht wirklich geklärt. Erst zwei Ereignisse machten Maillé einer breiten Öffentlichkeit bekannt: 2005 eröffnete die Staatsanwaltschaft Dortmund den Fall Maillé neu, und 2008 weihte der französische Staatspräsident Sarkozy in Maillé eine Gedenkstätte ein. Ungeachtet dessen blieben weiterhin viele Fragen ungeklärt. Unter Verwendung der spärlichen deutschen und französischen Quellen unternimmt der vorliegende Beitrag erstmals eine eingehendere Analyse des Verbrechens hauptsächlich aus deutscher historischer Perspektive. Er stellt dabei das Verbrechen in den Kontext der deutschen Partisanenbekämpfung im besetzten Frankreich. Demnach kamen die Täter aus zwei unterschiedlichen Einheiten. Während die Soldaten des beteiligten Wehrmachtverbandes eher maßvoll auftraten, ging eine ebenfalls beteiligte SS-Einheit mit größter Brutalität vor. Es steht nunmehr ziemlich sicher fest, dass letztere aus einem Zug des SS-Feldersatzbataillons 17 (der 17. SS-Panzer-Grenadier-Division »Götz von Berlichingen«) bestand, das in früheren Anti-Partisanen-Operationen kein derart brutales Verhalten gezeigt hatte. Zum anderen scheint der kommandierende Wehrmachtoffizier, Gustav Schlüter, das Massaker nicht geplant, vielmehr die Kontrolle über die Ereignisse verloren zu haben. Doch bleibt die Frage unbeantwortet, ob ein plötzliches Ereignis der Auslöser für das Blutbad gewesen sein könnte. Nach dem Krieg bemühte sich die französische Justiz ziemlich nachlässig um den Fall Maillé. Erstaunlicherweise gingen sie klaren Hinweisen über die Beteiligung einer SS-Einheit an dem Massaker nicht nach. Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass Maillé gut in das Muster der deutschen Partisanenbekämpfung in Frankreich von 1944 passt: Immer wenn Frauen und Kinder ermordet wurden, stammten die Schuldigen aus den Reihen der Waffen-SS. Zusammenfassung On 25th August 1944 German troops slaughtered 124 civilians, amongst them many women and children, in Maillé near Tours and destroyed the village. After Oradour-sur-Glane, this massacre was the worst of its kind to have happened during the German occupation of France from 1940 to 1944. In contrast to Oradour and other similar crimes, however, Maillé has passed over in silence and remained virtually forgotten for decades. After the war a French military court sentenced the former second lieutenant Gustav Schlüter to death, but the question of guilt as well as the circumstances of the massacre have not been clarified. Two events made Maillé known to a larger public: Since 2005, the German prosecution in Dortmund has re-opened the case Maillé, and in 2008 French President Nicholas Sarkozy inaugurated a museum in the village. Yet many questions were still awaited their answer. Using the scant German and French sources, this article is the first one to analyse the crime in depth from a mainly German historical perspective and to set the atrocious crime in the context of German anti-partisan operations in France. The perpetrators were a mix of two different units. Whereas the soldiers of the Wehrmacht security unit displayed a certain amount of moderation, the participating SS unit behaved with utmost brutality. It can now be stated almost with certainty that these men came from a platoon of SS-Feldersatzbataillon 17 (17th SS Panzer Grenadier Division »Götz von Berlichingen«). The unit had not exposed itself to brutal behaviour in previous anti-partisan operations; moreover, there is some evidence to suggest that the commanding Wehrmacht officer Gustav Schlüter had not planned this massacre in the extremely violent form which it took, but lost control in the heat of events. This still leaves the question open whether there was a spontaneous event which triggered the bloodbath. After the war the French justice pursued the case Maillé in a very sloppy way. Astonishingly, they did not trace obvious evidence about the participation of a SS unit in this atrocity. Overall, Maillé fits into a crime pattern for anti-partisan warfare in France in 1944: Every time women and children were murdered, the culprits are to be found within the ranks of the Waffen-SS.