Kritische Gesamtausgabe
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Ernst Troeltsch
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Herausgegeben von:
Friedrich Wilhelm Graf
und Gangolf Hübinger
Rezensionen
"Die Bände weisen über die üblichen Anforderungen weit hinausgehende herausgeberische Hinweise und editorische Erschließungshilfen auf. [Es handelt] sich insgesamt um eine rundum gelungene Edition, die dem intellektuellen Anspruch und Niveau der Korrespondenzen Ernst Troeltschs durch die hohe Qualität der formalen wie inhaltlichen Erschließung derselben vollauf gerecht wird."
Konrad Hammann in: Thelogische Rundschau 82 (2017), 1, S. 73-81
Band 1 der Kritischen Gesamtausgabe dokumentiert das Frühwerk von Ernst Troeltsch. Die 21 Drucktexte belegen bereits ein breit gefächertes Interesse des Münchener Vikars, Göttinger Privatdozenten, Bonner Extraordinarius und jungen Heidelberger Ordinarius. Ein Schwerpunkt liegt in den Studien zur protestantischen Theologiegeschichte, von der Dissertation und Habilitationsschrift Vernunft und Offenbarung bei Johann Gerhard und Melanchthon über Arbeiten zu Richard Rothe und Leibniz und die Anfänge des Pietismus bis hin zu den wissenschaftsgeschichtlich fundierten Analysen zu Lage und Grundlage der Theologie seiner Gegenwart. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die ersten Versuche zu einer eigenen systematischen Religionsphilosophie, vor allem der große, monografische Dimension besitzende Aufsatz Die Selbständigkeit der Religion, in dem Troeltsch den gesamten religionsgeschichtlichen Forschungsstand seiner Zeit zu berücksichtigen versucht. An dieser Thematik dokumentiert sich zugleich Troeltschs Loslösung von der Ritschl’schen Schule. Weitere Texte schließlich zeigen Troeltsch in der theologischen Auseinandersetzung mit ganz unterschiedlichen Erscheinungen zeitgenössischer Gegenwartskultur: der Malerei, dem Schauspiel oder dem materialistischen Monismus eines Ernst Haeckel. Die kritische Edition umfasst auch die handschriftlichen Notizen aus Troeltschs privaten Druckexemplaren.
Dieser Band präsentiert 46 Rezensionen und vier groß angelegte Literaturberichte aus den Jahren 1894 bis 1900. Bereits diese frühen Arbeiten zeigen die enorme Weite von Troeltschs theologischem Kritikerhorizont. Neben Neuerscheinungen zur Dogmatik, aktuellen Ethik-Entwürfen und religionsphilosophischen Schriften besprach er auch Studien zur Religions-, Kultur- und Ideengeschichte seit dem 17. Jh. sowie geschichtstheoretische Texte. Auch hier klingt sein Methodencredo an, dass Gegenwartsdiagnose immer auf Gegenwartsgestaltung zielt.
- Standardausgabe für Seminar und Forschung
Band 3 der Troeltsch KGA bietet, analog zu den drei Bänden mit Rezensionen und Literaturberichten, alle von Troeltsch geschriebenen Artikel für Lexika. Im Falle der für die „Realenzyklopädie für Theologie und Kirche“ geschriebenen Artikel können auch Marginalien und Korrekturen aus Troeltschs Handexemplaren geboten werden. Bei einigen Artikeln für die RGG werden auch die ersten Fassungen in Vorveröffentlichungen kritisch annotiert. Die neun Artikel in englischsprachigen Lexika lassen sich durch ein eigenes Sachregister erschließen. Editorische Berichte und Notizen bieten Informationen zur Entstehungsgeschichte von Troeltschs Artikeln.
Zwischen 1901 und 1914 publizierte Ernst Troeltsch 150 Rezensionen zu Neuerscheinungen in Theologie, Philosophie, Sozialwissenschaften und Kulturgeschichte. Viele dieser häufig an weit entlegenen Orten publizierten Texte waren bisher nicht bekannt. Sie bieten nicht nur faszinierende Einblicke in Troeltschs Denkwerkstatt, sondern erschließen auch neue Perspektiven auf die im Heidelberger Gelehrtenmilieu geführten Debatten über die Kulturbedeutung von Religion und Christentum. Troeltsch rezensierte Texte von James, Simmel und Rickert, schrieb einen großen Nachruf auf seinen Freund Georg Jellinek, nahm an den Methodendebatten der deutschen Historiker intensiv Anteil und entwickelte in Rezensionen das integrative Konzept einer Theologie als Kulturwissenschaft des Christentums.
Die kritische Gesamtausgabe der Schriften des Theologen und Religionsphilosophen Ernst Troeltsch (1865-1923) wird eröffnet mit der Edition eines klassischen Textes. In der Schrift "Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte" wird die theologische und philosophische Auseinandersetzung um die absolute Geltung des Christentums verbunden mit der Frage nach den Wertmaßstäben der Moderne, einer Frage, die die Kulturwissenschaften seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts zutiefst bewegt. Die Absolutheitsschrift, deren 1. und 2. Auflage hier erstmalig zusammen mit den handschriftlichen Zusätzen von Ernst Troeltsch veröffentlicht werden, ist ein bedeutendes Zeugnis für einen konstruktiven Historismus, der im Kulturvergleich der Religionen auf die Begründung allgemein gültiger Normen ausgerichtet ist und zugleich die individuellen Lebensformen der Geschichte anerkennt. Die von Troeltsch entwickelte Problemstellung ist am Ende des 20. Jahrhunderts von neuer, globaler Aktualität in den Debatten der Theologie, der Religionswissenschaft, der Geschichtswissenschaft sowie der Soziologie.
In diesem Band werden Texte Ernst Troeltschs ediert, die der Kulturphilosoph und protestantische Theologe in den Jahren 1903–1912 veröffentlicht hat. In intensiver Auseinandersetzung mit der traditionellen und zeitgenössischen Religionsphilosophie, Religionswissenschaft und Ethik sucht Troeltsch einen neuartigen Zugang zum Verständnis der tatsächlichen Religion.
Ab 1906 erschienen unter der Leitung des Kulturphilosophen Paul Hinneberg im Leipziger Teubner-Verlag die ersten Bände einer ehrgeizigen Enzyklopädie: "Die Kultur der Gegenwart, ihre Entwicklung und ihre Ziele" lautete der Titel dieser systematisch aufgebauten Gesamtdarstellung der Gegenwartskultur. Ernst Troeltsch oblag die Abfassung des Abschnittes über Protestantisches Christentum und Kirche in der Neuzeit, der 1906 in erster Auflage erschien und 1909 in einer stark erweiterten zweiten Auflage, die 1922 noch einmal unverändert abgedruckt wurde. Im vorliegenden Band wird Troeltschs Studie erstmals als separate Buchausgabe präsentiert.
Troeltsch rekonstruiert in dieser Abhandlung die Entwicklungsgeschichte des Protestantismus von der Reformation bis in die Gegenwart. Als Leitfaden dient ihm die Unterscheidung zwischen einer altprotestantischen Epoche, die stärker dem Mittelalter angehört, und der neuprotestantischen Epoche, die er eher der aufgeklärten Neuzeit zurechnet. Troeltsch macht die epochalen Differenzen durchsichtig, indem er insbesondere die Wandlungen in den Kulturbeziehungen und damit in der Kulturbedeutung des Protestantismus herausstreicht.
Dieser Beitrag in der "Kultur der Gegenwart" begründete Troeltschs Ruhm als Kulturtheoretiker des Neuprotestantismus.
Der berühmte Vortrag Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt (1906/1911) sowie weitere Texte zur Kulturbedeutung von Luthertum und Calvinismus aus der gleichen Zeit werden hier in einer textkritischen Edition vorgelegt.
In die Auseinandersetzung um die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der Moderne hat Troeltsch zusammen mit Max Weber im ersten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts nachdrücklich eingegriffen. Die in diesem Band vereinigten Beiträge haben eine intensive Diskussion ausgelöst, von der die konfessions- und kulturgeschichtliche Forschung bis heute bestimmt ist.
Ernst Troeltsch hat die „Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen" selbst als sein „Lieblingsbuch" bezeichnet. Schon bald nach dem Erscheinen des I. Bandes seiner „Gesammelten Schriften" begann er damit, in sein Handexemplar Korrekturen, Ergänzungen und schließlich auf eingelegten Blättern auch ganz neue Absätze einzutragen. In kritischer Edition und prägnanter Kommentierung werden nun erstmals diese umfangreichen, den alten Text um 18% erweiternden und mit Blick auf eine Zweitauflage geschriebenen Zusätze in drei Teilbänden mit knapp 2.000 Seiten zugänglich gemacht.
Dieser Band versammelt erstmals alle Rezensionen und Kritiken, die der bedeutende Kulturphilosoph und protestantische Theologe Ernst Troeltsch in den Jahren 1915 bis 1923 veröffentlichte. Er bietet einen faszinierenden Einblick in die „Werkstatt“ des führenden protestantischen Intellektuellen der klassischen Moderne.
Eindrucksvoll zeigen die Rezensionen Troeltschs Arbeit am eigenen Standpunkt zur Historismusproblematik noch vor seinem systematischen Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“ (1922). Seine Beschäftigung mit sozialethischen, religionsphilosophischen, vor allem aber kultur- und geschichtsphilosophischen Werken spiegelt das Ringen des Berliner Kulturphilosophen um das Ideal einer historischen Kulturwissenschaft wider. Darüber hinaus wird Troeltschs Bestreben deutlich, angesichts dramatischer Krisenerfahrungen von Weltkrieg, Revolution und Inflation aus der Analyse der modernen Gesellschaft normative Orientierungen für das aktuelle Handeln zu gewinnen; dies zeigt sich u.a. in der kritischen Auseinandersetzung mit Georg Simmel, Walther Rathenau und Oswald Spengler. Hier wie in der Besprechung von Erich von Kahlers Manifest einer neuen Wissenschaft, das sich als Gegenentwurf zu Max Webers Position verstand, trat Troeltsch dem aufziehenden neuen Ideal einer antihistoristischen Wissenschaft konstruktiv entgegen und formulierte Umrisse seines Entwurfs einer modernen Kultursynthese.
In insgesamt 56 „Briefen“ kommentiert Ernst Troeltsch zwischen Februar 1919 und November 1922 eindringlich die Zeitlage. Kritisch beobachtet er Revolution, Bürgerkrieg und staatliche Neuordnung Deutschlands unter den Bedingungen der Weltpolitik und des Versailler Friedensvertrages. Alle Probleme rückt er in einen „Welthorizont“. Engagiert liefert Troeltsch dem Bürgertum eine Orientierung, um die demokratische Republik mit Leben zu erfüllen.
Politisch wie geistig spielte Ernst Troeltsch für die Gründungsgeschichte der Weimarer Republik eine bedeutsame Rolle. Der Band versammelt 35 Texte, die Troeltschs publizistisches Engagement in den Fragen staatlicher, kirchlicher und kultureller Neuordnung ebenso dokumentieren wie seine Rolle als Politiker der Deutschen Demokratischen Partei mit parlamentarischem Mandat und Amt. Im Rahmen der Kritischen Gesamtausgabe erfaßt der Band erstmals in dieser Breite und Vollständigkeit der Textfassungen Troeltschs Verknüpfung von Politik und Philosophie, um den politischen Systemwandel in Deutschland aus den Konstellationen der gesamteuropäischen Kulturgeschichte heraus zu begründen.
Troeltschs intellektuelles Orientierungsangebot wird hier in den extremen Kontroversen um die Legitimität einer demokratischen Herrschaftsordnung in der deutschen Gesellschaft neu lesbar.
Dieses letzte große Buch Troeltschs entstand in einem komplizierten Arbeitsprozess zwischen 1915 und 1922 und gilt als der zentrale Text im geschichtsphilosophischen Diskurs der 20er Jahre. Der gefeierte Berliner Kulturphilosoph verarbeitete hier die traumatischen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und suchte durch sein Konzept der „europäischen Kultursynthese“ ethische Potentiale europäischer Integration und die Aussöhnung der Deutschen mit der westlichen Demokratie zu fundieren. Dazu verarbeitete er weit über 1000 Titel aus dem zeitgenössischen geschichtsphilosophischen Diskurs.
Diese erste kritische Edition des Textes bietet neben allen Entwicklungsstufen erstmals auch eine präzise Dokumentation der reichen Diskussionslage.
Ernst Troeltsch war für März 1923 eingeladen, als einer der ersten deutschen Gelehrten nach dem Weltkrieg in London, Oxford und Edinburgh Vorträge zu seinem Lebenswerk zu halten, starb jedoch kurz zuvor. Die postum veröffentlichten Texte der insgesamt fünf Einzelvorträge vermitteln Troeltschs Idee einer europäischen Kultursynthese im Anschluss an seine Studien zu Der Historismus und seine Probleme (KGA 16). Im Rahmen der Kritischen Gesamtausgabe wird in diesem Band erstmals das deutsche Original der Vorträge gemeinsam mit der englischen Übersetzung präsentiert. Das Erscheinen der englischen Buchfassung noch in Troeltschs Todesjahr motivierte zur deutschen Ausgabe, in der die Texte in anderer Anordnung (und an einer Stelle leicht verkürzt) wiedergegeben sind. Die Geschichte der deutschen und englischen Doppelveröffentlichung liefert zugleich einen Einblick in den schwierigen deutsch-britischen Kulturtransfer in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg.
Der erste Briefband der Troeltsch KGA bietet die Briefe, die der junge Ernst Troeltsch zwischen 1884 und 1894 geschrieben hat, einschließlich einiger Briefe an ihn. Diese weithin unbekannten 102 Briefe eröffnen faszinierende Einblicke in seine theologischen Bildungsprozesse, aber auch in die Seelenqualen auf der Suche nach einer eigenständigen intellektuellen Grundhaltung in den weltanschaulichen Konflikten des Kaiserreichs. Sichtbar werden auch die hohe Bedeutung der Debatten in der Studentenverbindung Uttenruthia und die irritierenden Erfahrungen während der Militärdienstzeit.
Der zweite Briefband der Troeltsch KGA bietet die Korrespondenz der Jahre 1894 bis Dezember 1904. In 194 Briefen, Postkarten und Telegrammen Troeltschs und 103 Schreiben an Troeltsch wird nicht nur die damals außergewöhnliche Produktivität des jungen Heidelberger Ordinarius für Systematische Theologie sichtbar, sondern auch die große Entschiedenheit erkennbar, mit der Troeltsch sich eine eigene Theorie der „modernen Welt“ erarbeitete. Zugleich erlauben die Briefe spannende Einblicke in das kulturprotestantische und reformjüdische Heidelberger Gelehrtenmilieu um 1900. Persönliche Krisen, etwa das Scheitern einer Verlobung, verstärken Troeltschs Sensibilität für die elementaren Widersprüche in der Gesellschaft des Kaiserreichs. Vielfältige Kontakte mit prominenten katholischen „Modernisten“, speziell die Begegnung mit dem einflussreichen Laientheologen Friedrich von Hügel bestärken Troeltsch darin, dass ein wahrhaft modernes Christentum über- oder postkonfessionell ökumenisch, offen für die Vielfalt individueller Gotteserfahrung sein müsse. Berichte von der im Spätsommer 1904 gemeinsam mit Max und Marianne Weber unternommenen USA-Reise zeigen Troeltsch als hellwachen Beobachter ganz anderer gesellschaftlicher Verhältnisse und religionskultureller Mentalitäten.
Der dritte Briefband der Troeltsch KGA bietet die Korrespondenz des prominenten Heidelberger Ordinarius vom 1. Januar 1905 bis Ende März 1915: von Troeltschs zweitem Dekanat bis zu seinem Wechsel auf den eigens für ihn eingerichteten Lehrstuhl für „Kultur-, Geschichts-, Gesellschafts- und Religionsphilosophie und christliche Religionsgeschichte“ an der Universität Berlin. In 357 von Troeltsch verfassten und 230 an ihn gerichteten Schreiben spiegelt sich zuallererst eine immense wissenschaftliche Produktivität. Überliefert sind aus dieser Zeit über 170 Veröffentlichungen Troeltschs, darunter seine berühmten „Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen“ (1912), ein klassischer Text der Religionssoziologie und modernen Kulturwissenschaft. Troeltsch engagierte sich aber auch intensiv in den Netzwerken der liberalen Gelehrten und Intellektuellen des Kaiserreiches – genannt sei nur der Evangelisch-Soziale-Kongress. 1906 war er Rektor und 1909 bis 1915 Vertreter seiner Universität in der Ersten Kammer des badischen Landtages, dazu ab 1912 Stadtverordneter der Nationalliberalen Partei in Heidelberg. All das findet seinen Niederschlag in der Korrespondenz, die gerade wegen der Vielzahl aufscheinender Aspekte einen faszinierenden Einblick in die liberale Gelehrtenwelt des Wilhelminismus, ihr Elitebewusstsein, aber auch ihre Selbstbehauptungskämpfe eröffnet. Zum Schluss des Bandes kommen dann die Anfänge von Troeltschs Kriegspublizistik in den Blick: das Ende einer Epoche.
Der Band bietet Briefe von und an Ernst Troeltsch, die er seit Beginn der philosophischen Lehrtätigkeit an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin geschrieben bzw. empfangen hat. 179 Briefe und Karten von und 45 an ihn gerichtete Schreiben bieten neue Einsichten in sein gelehrtenpolitisches Engagement, seine sich mehrfach wandelnden Deutungen der militärischen Lage, den Kampf für innenpolitische Reformen und seine philosophische Arbeit.
Band 22 ist zugleich der fünfte und letzte Band mit Briefen von und an Ernst Troeltsch in der Kritischen Gesamtausgabe. Er dokumentiert die umfangreiche Korrespondenz des Wissenschaftlers und Intellektuellen in den unmittelbaren Nachkriegsjahren bis zu seinem frühen Tod im Februar 1923.
Als Nachfolger des berühmten Philosophen W. Windelband wurde Ernst Troeltsch 1909 zum Vertreter der Heidelberger Universität in die Erste Kammer der Stände-Versammlung des Großherzogtums Baden gewählt. Nun gehörte er definitiv zu den politischen Funktionseliten des liberalsten Teilstaates im deutschen Kaiserreich. Als Abgeordneter musste Troeltsch die harten Realitäten einer Klassengesellschaft zur Kenntnis nehmen, die durch aggressive Kulturkämpfe zwischen Protestanten und Katholiken sowie die Ausgrenzung der Sozialdemokratie bestimmt war. Er musste sich zum Verbot von Bordellen, der Konkurrenz religiöser Privatschulen mit staatlichen Schulen, der Lehrerbesoldung, der Reform der Universitäten und auch zum Streit um Berufungen in Theologischen Fakultäten äußern. Immer wieder plädierte der von seinen Abgeordnetenkollegen ob seiner analytischen Kompetenz und rhetorischen Brillanz bewunderte Gelehrte für pragmatischen Kompromiss.
Der mit unbekannten Photographien ausgestattete Band bietet 24 unveröffentlichte Texte des jungen Ernst Troeltsch - von einem Geburtstagsgruß des Zehnjährigen für seinen Vater über eine 1887 geschriebene Preisarbeit zu "Hermann Lotzes Lehre vom Gewissen" bis hin zu den Klausuren für das Erste Theologische Examen 1888 und die Aufnahmeprüfung für den Dienst als Pfarrer in der bayerischen Landeskirche. Die Einleitung zeichnet die familiäre Sozialisation und die Schulzeit am Augsburger St. Anna-Gymnasium nach. Beide Examina in Ansbach legte Ernst Troeltsch als Jahrgangsbester ab - auch wegen seiner hervorragenden Kenntnisse in den exegetischen Fächern und in der Dogmengeschichte. In den Probepredigten und in den beiden Katechesen zeigt sich der junge Troeltsch als ein eher konventionell denkender, aber frommer Verkündiger des Evangeliums - trotz seiner deutlich bekundeten Begeisterung für eine "moderne" Theologie, die bei seinen Ansbacher Prüfern Bedenken provozierte.
Band 26 bietet drei Fassungen der „Glaubenslehre“-Vorlesungen, die Ernst Troeltsch als Heidelberger Ordinarius für Systematische Theologie alle zwei Jahre fünfstündig in zwei aufeinanderfolgenden Semestern hielt. Neben der Vorlesung des Jahres 1911, die 1925 von Gertrud von le Fort ediert wurde, finden sich auch die Diktate zu einer Vorlesung aus dem Wintersemester 1908/09, die durch eine von ihm kritisch kommentierte Abschrift Karl Barths überliefert sind. Von einem Studenten, dessen Name nicht ermittelt werden konnte, stammt eine Mitschrift aus dem Winter 1906/07 und Sommer 1908.