Studien aus dem Warburg-Haus
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Herausgegeben von:
Uwe Fleckner
, Margit Kern , Birgit Recki , Bruno Reudenbach und Cornelia Zumbusch
Das von der Stiftung Aby-Warburg unterhaltende Warburg-Haus in Hamburg führt mit Vortragsreihen, Stipendien und einer Warburg-Professur die Tradition der ehemaligen Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg fort. Mit der Publikationsreihe, in der Monographien und Sammelbände erscheinen, werden die Ergebnisse der Diskussionen und Forschungen am Warburg-Haus vorgelegt.
Das Herrscherbild des Mittelalters ist nicht bloß Quelle politischer Geschichte, es zählt zu ihren Akteuren. Dies aufzuzeigen, werden Hauptwerke der politischen Bildgeschichte wie z. B. das Frontispiz des Aachener Evangeliars, Lorenzettis Fresken oder die Bildproduktion Maximilians I. Fürstenspiegeln ihrer Zeit gegenübergestellt. Um auf ihre Adressaten einzuwirken, argumentieren diese Texte mittels des Bildes und bezeugen so das Vermögen medialer Herrscherbilder zur politischen Teilhabe. Damit erweitert die Studie ein allgemeines Verständnis von Bildpolitik, das von einer unangefochtenen Totalität von Macht ausgeht, die der Moderne angehört, dem Mittelalter und seinen Bildern aber fremd war. Die diesen Bildern eigene Dialektik erweist sich als eine genuine „Politologie des Bildes“.
Die Auseinandersetzung mit Positionen des Skeptizismus wurde in der Kunstgeschichte bisher geführt, indem man Thesen aus der Philosophie auf die Ikonographie von Gemälden bezog. Forschung, die sich mit Skepsis beschäftigte, fragte danach, wie philosophische Texte ihren Niederschlag in Kunstwerken fanden.
„Visuelle Skepsis" analysiert stattdessen, wie Bilder aufgrund der ihnen eigenen medialen Struktur zum Ort von performativen Prozessen werden können, die mit den dialogischen Strategien des Skeptizismus vergleichbar sind. Eine Hauptthese lautet, dass dabei Widersprüche und Negationen auftreten, die den Charakter einer medialen Selbstbefragung haben. Bilder können ihren eigenen Status als Erkenntnismedien problematisieren – zum einen ausstellen, zum anderen aber auch in Zweifel ziehen.
Konzepte des Ausgleichens und Aufwiegens, Balancierens und Kompensierens gehören ins Basisrepertoire kultureller Reflexion. Ob prästabilierte Harmonie, Krafterhaltung und balance naturelle, balance of powers oder Work-Life-Balance – die Denkfigur des Ausgleichs durchquert und verbindet die unterschiedlichsten kulturellen Felder. Als Harmonie und Proportion prägen sie auch ästhetische Vorstellungen von der Antike bis zur Gegenwart. Dabei sind Gleichgewicht und Balance kaum je gegeben, sondern bezeichnen meist Zielstellungen, denen man sich durch komplizierte Techniken des Abwägens, Abmessens, Vergleichens, Verhandelns und Austarierens nähern kann. Der vorliegende Band widmet sich theoretischen wie künstlerischen Versuchen, Balancen zu denken und herzustellen.
Das monumentale Palais de Tokyo in Paris, einst im internationalen Austausch zur Weltausstellung 1937 konzipiert als modernster Museumsbau, ist heute eines der größten Kunstzentren Europas. Diese erste umfassende Monographie zeigt, wie das erste staatliche Museum moderner Kunst Frankreichs zu einem globalen Zentrum der Gegenwartskunst und der zeitgenössischen Kunsttheorie wurde.
Besatzungs- und Nachkriegszeit, die Planung des Centre Pompidou, das experimentelle Musée d’Art et d’Essai, das Institut des Hautes Études en Arts Plastiques und Ambitionen für ein staatliches Zentrum für Foto und Film seit den 1980er Jahren sind nur einige Eckpunkte dieser Geschichte bis zur Entstehung des zeitgenössischen Ausstellungshauses und jüngsten Debatten um relationale Ästhetik und partizipative Kunst.
Neue Forschungen zum Nachleben Ägyptens
Seit jeher werden Kunstwerke räumlich wie zeitlich in Kontexte verschoben, die sich von ihren vermeintlich ursprünglichen Wirkungsorten deutlich unterscheiden. Doch wie kommen solche Translozierungen zustande? Welche Folgen haben sie für Gestalt, Semantik und Funktion der Artefakte? Und wie werden diese von den Zeitgenossen ebenso wie von der Forschung kategorisiert oder manipuliert?
Diesen Fragen widmen sich die in der Publikation versammelten Beiträge, die insbesondere ideologische und machtpolitische Dimensionen solcher Migrationen betrachten. Die Fallstudien reichen von geraubten Götterstatuen in der Antike bis zu entlehnten Motiven in der Frühen Neuzeit, von missverstandenen Werken angeblich »primitiver« Kunst bis hin zu »geretteten« Architekturfragmenten in der Gegenwart.
Art historians have been facing the challenge – even from before the advent of globalization – of writing for an international audience and translating their own work into a foreign language – whether forced by exile, voluntary migration, or simply in order to reach wider audiences.
Migrating Histories of Art aims to study the biographical and academic impact of these self-translations, and how the adoption and processing of foreign-language texts and their corresponding methodologies have been fundamental to the disciplinary discourse of art history. While often creating distinctly "multifaceted" personal biographies and establishing an international disciplinary discourse, self-translation also fosters the creation of instances of linguistic and methodological hegemony.
Winckelmanns Geschichte der Kunst des Altertums hat im 18. Jahrhundert die Geschichtsschreibung über Skulptur bestimmt. Ihr Erfolg hat andere Blickweisen auf das Thema in den Schatten gestellt, die im Zusammenhang mit der Aufklärung und ihrer Religionskritik entwickelt wurden: Die betreffenden Autoren rekonstruierten den Ursprung der Skulptur aus einer globalen, anthropologischen Perspektive und lokalisierten ihn in primitiven Kulten. Sie zeigten, wie sich Statuen von Götzenbildern und Fetischen zu Werken der bildenden Kunst und damit zum Gegenstand ästhetischer Betrachtung entwickelten. Die vorliegende Publikation rekonstruiert erstmals diese alternative Geschichte und Kunstgeschichte der Skulptur und bringt sie auch mit der Ausstellungspraxis im 17. und 18. Jahrhundert in Verbindung.
Das Kunstwerk als lebendiges Wesen – eine grundlegende Studie
Aussichten auf Land, 'Landschaft' und Gärten sind ein bestimmendes Merkmal von Palästen und Villen der Frühen Neuzeit in Italien, deren Diskurse über ideale Orte und architektonisch inszenierte Aussichten in diesem Buch erstmals umfassend rekonstruiert werden. Die Wirkungsgeschichte des antiken Topos des ‚Theaters aus Anhöhen' als idealtypische Aussicht einer Villa wird ebenso dargestellt wie die Genese des neuzeitlichen, ungeteilt-rechtwinkligen Aussichtsfensters. Die gebaute fenestra prospectiva (so ein Terminus des römischen Rechts) ist ein prägendes, aber bislang nicht beachtetes Bildmedium, die Aussicht ein wichtiges Thema von Architekten und Auftraggebern der italienischen Renaissance.
Wie konstituiert sich die offene Stadt nach einer longue durée der Ummauerung als neue räumliche Existenz? Turin, das in der Vormoderne durch seine Lage am Ausgang der Alpen zwischen Frankreich und Habsburg eine wichtige geopolitische Funktion einnahm, zeigt hierfür zwei bedeutende Architekturensembles: die spätbarocke Superga-Kirche mit ihrem axial geprägten Außenraum und die klassizistische Piazza Vittorio Emanuele mit der pittoresk einkomponierten Kirche Gran Madre di Dio. Entfestigung hieß nicht nur Zerstörung, sondern auch Aufbau kultureller Räume. Das Buch macht deutlich, dass die durch politische Ereignisse initiierten Architekturen am Rande Turins diesen jeweils auf ganz bestimmte Weise rezipierbar machten und so zur politischen Neuordnung der Stadt und des Landes beitrugen.
Pressestimmen:
Eine "umfangreiche, den Forschungsgegenstand erschöpfend und mit beeindruckender Kenntnis und Souveränität behandelnde Monographie."
Annika Backe-Dahmen in: Gnomon, Band 81 (2009)
Der Philosoph Ernst Cassirer liest Goethe als einen Autor von philosophischer Dignität. Er bringt Goethes Texte auf eine individuelle Weise erneut zum Sprechen, indem er sie im Licht seiner eigenen Theorie liest und an ihnen exemplarisch werden läßt, wie eine symboltheoretisch begründete Kulturphilosophie im umfassenden Sinne zu verstehen sei. Die Aufsätze des Bandes betreten wissenschaftliches Neuland in zwei Richtungen: Indem sie nach der philosophischen Rezeption eines Dichters im Werk des Theoretikers fragen, dem wir die elaborierteste Kulturphilosophie des 20. Jahrhunderts verdanken, präsentieren sie zugleich eine Facette des Wirkens Goethescher Dichtung und Theoriebildung in der zeitgenössischen Philosophie, die bisher in der Forschung wenig Beachtung gefunden hat. Hier wird ein Themenbereich angesprochen, der durch die universale Gelehrsamkeit Goethes wie Cassirers aus sich selbst heraus und par excellence die Notwendigkeit des interdisziplinären Zusammenspiels der Fächer erkennen läßt.
Falknerei, die Kulturtechnik des Jagens mit Falken, Habichten oder sogar Adlern, ist nicht nur eine Jagd- oder Sportform, sondern auch eine visuelle Praxis mit einem hohen ästhetischen Impetus. Seit ihrem Anbeginn war die Beizjagd weltweit mit politischer Repräsentation verbunden. Yannis Hadjinicolaou geht der Frage nach, wie die politische Ikonologie der Falknerei und die Praxis der Falknerei als Kulturtechnik zusammenhängen. Er verfolgt dabei die Kunst der Beizjagd auf einer globalen Ebene von der Spätantike bis heute, wobei die Frühe Neuzeit im Zentrum der Untersuchung steht. Er zeigt, dass die Übertragung von Funktionen, Motiven und Bedeutungen und die (physische) Bewegung der gestalteten Objekte, aber auch der Falken selbst oder der Instrumente der Falknerei, Länder und Kontinente noch immer verbinden.
- Die erste Bildgeschichte der Beizjagd
- Fallstudie einer globalen Kunstgeschichte
- Neue Forschungen zu einer komplexen Mensch-Tier-Interaktion.