Band 2003, Heft 1

Otto Bähr , einer der maßgeblichen Vertreter der Erklärungstheorie im ausgehenden 19. Jahrhundert, fand den Empfänger einer irrtumsbehafteten Willenserklärung durch das von Jhering entwickelte Institut der culpa in contrahendo nicht hinreichend geschützt.

Am 21. Juni 1977 entschied das Bundesverfassungsgericht auf einen Vorlagebeschluß des LG Verden über die Verfassungsmäßigkeit der lebenslangen Freiheitsstrafe für Mord. Die Entscheidung hat gemäß § 31 Abs. 2 BVerfGG Gesetzeskraft erlangt.–25 Jahre nach diesem grundlegenden Urteil sollen die Gründe aus heutiger Sicht überprüft werden.

I. Verfassungsrecht Gleichheitsgrundsatz Ein männlicher Kläger, der krankheitsbedingt eine Vollglatze hatte, beantragte Beihilfe für die Aufwendungen zum Erwerb einer Perücke. Das Bundesverwaltungsgericht hat seinem Begehren entsprochen.

§ 94 Abs. 1, § 93 Abs. 1, §§ 102, 105 StPO; Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1, Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 und 2, Art. 14 Abs. 1 GG; Art. 5 Abs. 2 Satz 1, Art. 10, 11 Abs. 1 und 2, Art. 15 Abs. 1 und 2, Art. 41 Abs. 1 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) 1. Art. 11 Abs. 1 LV schützt, soweit nicht Ausnahmen nach Art. 11 Abs. 2 LV greifen, vor jeglicher Inanspruchnahme persönlicher Daten (auch) durch staatliche Stellen. 2. Zur Grundrechtsbetroffenheit und zu den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen im Falle von Gerichtsentscheidungen zur Durchsuchung von Wohn- und Diensträumen einerseits und zur Beschlagnahme von (hierbei aufgefundenen) Unterlagen andererseits. Beschl. des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg v. 25. 9. 2002 – VfGBbg 79/02 –.

§ 9 Abs.2 Nr.2 AGBG Eine vom Bauträger gestellte Klausel, die vorsieht, daß der Bauträger erst haftet, wenn der Erwerber sich erfolglos bemüht hat, die ihm abgetretenen Gewährleistungsansprüche des Bauträgers gegen die anderen am Bau Beteiligten durchzusetzen, ist gemäßl § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGB-Gesetz unwirksam. Urt. des BGH v. 21. 3. 2002 – VII ZR 493/00.

§§ 85, 88 BGB Zu den Gründen, auf die die Eilverfügung gestützt werden kann, die den Eintritt der Rechtsgültigkeit einer Stiftungsauflösung verhindern soll. (LS der Redaktion) Urt. des OLG Koblenz v. 17. 12. 01 – 12 U 1334/01.

§§ 145 ff. BGB Zum Abschluss und zur Wirksamkeit eines Kaufvertrages bei einer Internet-Auktion. Urt. des BGH v. 7. 11. 2001 – VIII ZR 13/01.

§ 574 Abs. 2 ZPO (2002) a) Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO kann nicht damit begründet werden, dass die Frage der Statthaftigkeit nach § 574 Abs. 1 ZPO von grundsätzlicher Bedeutung sei. b) Die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist im Falle einer Divergenz zulässig, setzt dann aber voraus, dass der Beschwerdeführer eine Abweichung darlegt. Eine Abweichung liegt nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts oder eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts (Fortführung von BGHZ 89, 149, 151). c) Wird die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheit-lichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) darauf gestützt, dass die angefochtene Entscheidung verfahrens- oder materiell-rechtlich fehlerhaft sei, so sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt, wenn der Rechtsfehler dazu führen kann, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen. Beschl. des BGH v. 29. 5. 2002 – V ZB 11/02.

§ 338 Nr. 1 Buchst. b, § 222 b Abs. 2 Satz 2 StPO; §§ 77, 45 GVG Beginnt eine Hauptverhandlung nach begründetem Beset-zungseinwand neu, sind die für den Tag des neuen Sitzungsbeginns ausgelosten Schöffen zur Mitwirkung berufen; das gilt auch dann, wenn die neue Hauptverhandlung an einem Tag beginnt, der von Anfang an als (Fortsetzungs-)Sitzungstag bestimmt war. In einem solchen Fall setzt die Zulässigkeit einer auf § 338 Nr. 1 Buchst. b StPO gestützten Rüge nicht stets die namentliche Mitteilung der ordnungsgemäßen Schöffenbesetzung voraus. Urt. des BGH v. 26. 6. 2002 – 2 StR 60/02.

§ 29 BtMG 1. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass zahlreiche Einzelverkäufe von Betäubungsmitteln mehreren größeren Erwerbsmengen entstammen, so erfordert dies die Bildung von Bewertungseinheiten. Dazu hat der Tatrichter die Zahl und Frequenz der Erwerbsvorgänge sowie die Zuordnung der einzelnen Verkäufe zu ihnen anhand der Tatumstände festzustellen. 2. Kann er genaue Feststellungen nicht treffen, hat er innerhalb des feststehenden Gesamtschuldumfangs die Zahl der Einkäufe und die Verteilung der Verkäufe auf sie zu schätzen. Dabei darf er die Grenze zur nicht geringen Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nur aufgrund einer ausreichenden Tatsachengrundlage als überschritten ansehen. Beschl. des BGH v. 5. 3. 2002 – 3 StR 491/01.

§§ 185, 193; StGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG Ist eine Ehrverletzung im Rahmen einer öffentlichen politischen Auseinandersetzung erfolgt, so ist im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungsfreiheit und dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Verletzten auch das Anliegen des Gesetzgebers zu berücksichtigen, jedem Wiederaufleben nationalsozialistischen Gedankengutes zu begegnen. Urt. des BayObLG v. 15. 2. 2002 – 1 St RR 173/01.

§ 267 Abs. 1 StGB Die Zeitkarte des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV), versehen mit den Personalien des berechtigten Inhabers, ist als Stammkarte des Zeitkartentarifs eine Urkunde, da sie eine verkörperte Gedankenerklärung enthält, den Aussteller (MVV) erkennen lässt und bestimmt und geeignet ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen. Sie weist, mit den Personalien des Berechtigten ausgefüllt, die Berechtigung zum Erwerb einer Wertmarke zu einem bestimmten Zeittarif für eine bestimmte Fahrtstrecke durch den benannten Inhaber aus. Das Ändern des Geburtsdatums auf dieser Urkunde, um den Zutritt zu Diskotheken ohne Begleitung Erziehungsberechtigter ab 16 Jahren zu erreichen, ist eine Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB, da dadurch über die Person des Inhabers der Zeitkarte zur Täuschung im Rechtsverkehr getäuscht werden soll. Es ist nicht erforderlich, dass gerade derjenige getäuscht werden soll, der an dem Rechtsverhältnis beteiligt ist, zu dessen Zweck die Urkunde ursprünglich hergestellt wurde. Das erstrebte Ziel der Änderung liegt nicht in einem außerrechtlichen Erfolg. Beschl. des BayObLG v. 27. 3. 2002 – 5 St RR 71/02.

Wilhelm, Jan, Sachenrecht, 2. neubearb. Aufl. , Walter de Gruyter, Berlin/New York, 2002, 905 S., geb., €58,–. ( Karl-Heinz Gursky ) Horst Dreier/Walter Pauly, Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus , VVDStRL (Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer), Band 60, S. 9 ff., S. 73 ff. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, 733 S., geb. €168,–. ( Gernot Sydow ) Kullmann/Bischoff/Dressler (Hrsg.), Arzt-HaftpflichtRechtsprechung (AHRS) , Erich Schmidt Verlag, Berlin/Bielefeld/München, Teil II – Entscheidungen ab 1. 1. 1993 hrsg. von Hans Josef Kullmann, Rolf Bischoff, Wolf-Dieter Dressler, DIN A5 einschl. 4 Spezialordnern €128,–. ( Gerhard H. Schlund )

Nichtigkeitsklage – Geschäftsverteilung GVG § 21 e Die dem Geschäftsverteilungsplan eines Arbeitsgerichts oder Landesarbeitsgerichts beigefügte Liste der zu den jeweiligen Sitzungen heranzuziehenden ehrenamtlichen Richter unterliegt nicht der strengen Offenlegungspflicht nach § 21 e Abs. 8 GVG. BAG-Urt.v. 21. 6. 2001 – 2 AZR 359/00 –