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Änderung der Bemessungsgrundlage

Published/Copyright: July 20, 2019
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Änderungder BemessungsgrundlageVollständige oder teilweise Nichtbezahlung des demSteuerzahleraus einem mehrwertsteuerpflichtigenUmsatz geschuldeten Betrags durch den SchuldnerGrundsätze der steuerlichen Neutralität und der Ver-hältnismäßigkeitMwStSystRL Art. 90, Art. 273Art. 90 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass er einer innerstaatli-chen rechtlichen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Redestehenden entgegensteht,wonachderSteuerzahler bei vollständi-ger oderteilweiser Nichtbezahlung eines aus einem mehrwertsteu-erpflichtigen Umsatz geschuldeten Betrags durch seinen Schuldnerkeine Berichtigung der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlagedurchführen kann,wenn der Schuldner nicht mehr mehrwertsteu-erpflichtig ist.(amtl.)EuGH, Urt. v. 8.5.2019C-127/18, ECLI:EU:C:2019:377A-PACK CZSachverhalt1Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung derGrundsätze der steuerlichen Neutralität und der Verhältnis-mäßigkeit sowie von Art. 90 MwStSystRL (ABl.EU Nr. L347/2006, 1).2Das Ersuchenergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischender A-PACK CZ s.r.o. und dem Odvolacífinančředitelství(Einspruchsfinanzdirektion,Tschechische Republik) über des-sen Weigerung, es A-PACK CZ zu gestatten, eine Berichtigungder für unbezahlte und wegen Insolvenz des Schuldners als un-einbringlich erachtete Forderungen entrichteten Mehrwertsteu-er vorzunehmen.Rechtlicher RahmenUnionsrecht[35Wortlaut von Art. 73, Art. 90, Art. 273 MwStSystRL]Tschechisches Recht6Das Recht auf Berichtigung der Steuerhöhe bei Forderungengegen Schuldner im Insolvenzverfahren wurdeinden Zákonč.235/2004 Sb.,odani zpřidané hodnoty(Gesetz Nr. 235/2004über die Mehrwertsteuer, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz)durch das Gesetz Nr. 47/2011eingefügt, dessenBegründunglautet:Aufgrund der negativen Entwicklung der wirtschaftlichen Situation gilt es, eineneue Möglichkeitder Berichtigung der Mehrwertsteuerhöhe bei Forderungengegen Schuldner (Erwerber), gegen die ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde,einzuführen. Der vorliegende Vorschlag reagiert aktiv auf die gegenwärtige wirt-schaftliche Situation und stellt eine Maßnahme der Krisenbekämpfungdar mitdem Ziel, die Unternehmen zu unterstützen, deren Cashflow durch uneinbring-liche Forderungen gegen Unternehmen in Insolvenz vermindert ist.Wegen der Folgen der weltweitenFinanzkrise gibt es immer mehr Unterneh-men, die sich in einem Insolvenzverfahren befinden und nicht mehr in der Lagesind, ihren Verpflichtungen ihren Gläubigern (Lieferanten) gegenüber nach-zukommen. Etliche Lieferanten (Gläubiger) sind nicht mehr in der Lage,dieForderungen,die sie gegen Erwerber (Schuldner) haben, in voller Höhe bei-zutreiben. Dieser Umstand hat negative Auswirkungen auf die wirtschaftlicheSituation von bislanglebensfähigenUnternehmen.Auf der Grundlage dieser Bestimmung wird der Gläubiger (Lieferant) deshalbdas Recht auf Berichtigung der Mehrwertsteuerhöhe haben, wenn der Erwerber(Schuldner) ihm die gelieferten Gegenstände oder die erbrachte Dienstleistungnicht bezahlt hat und der Insolvenzrichter gegen den Erwerber ein Insolvenzver-fahren eröffnet hat. ...Der Vorschlag steht vollauf im Einklang mit den Art. 90 und 185 derRichtlinie[2006/112]. Eine ähnliche Regelung gilt in mindestens 12 Mitgliedstaaten derEuropäischen Union. Diese Regelung ist in unterschiedlicher Form in folgendenMitgliedstaatenumgesetzt: Belgien, Luxemburg, Dänemark,Deutschland,Frankreich, Portugal, Irland, Österreich, Italien,Griechenland, Lettland undGroßbritannien.7§44Abs. 3des Mehrwertsteuergesetzes, der sich auf die Be-richtigungder Steuerhöhe für Forderungen gegen Schuldnerbezieht, gegendie ein Insolvenzverfahreneröffnet wurde, siehtvor:Der Gläubiger kann die Berichtigung der Mehrwertsteuerhöhe frühestens indem Steuerjahr durchführen, in dem die Voraussetzungen des Abs.1erfülltsind. Eine Berichtigung ... kann nicht durchgeführt werden, wenn der Schuldnernicht mehr steuerpflichtig ist.Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen8A-PACK CZ ist eine mehrwertsteuerpflichtige tschechische Ge-sellschaft; gegen eines der Unternehmen, die zu ihren Kundenzählen, die Delpharmea Nutraceuticals, a.s., wurdeam27.5.2009 ein Insolvenzverfahren eröffnet.9In ihrer Steuererklärung für den Steuerzeitraum des viertenQuartals des Jahres 2011 beantragte A-PACKCZdie Erstat-tung eines Betrags von 539.822 Tschechischen Kronen (CZK)(ungefähr 21.000), u.a. aufgrund einer Berichtigung derMehrwertsteuerhöhe wegen unbezahlter ForderungendieserGesellschaft für die Lieferung von Gegenständen und die Er-bringung von Dienstleistungen im Zeitraum vom 30.10.2008bis zum 2.2.2009.10Mit Bescheid vom 17.4.2012 beschränkte der Finanční úřadpro Prahu9 (Finanzamtfür Prag 9, Tschechische Republik)den von A-PACK CZ geforderten Betrag auf 41.211 CZK (un-gefähr 1.600), da eine Berichtigung der Steuerhöhe nach§44Abs.3des Mehrwertsteuergesetzes nicht vorgenommen werdenkönne, wenn der Schuldner nicht mehr steuerpflichtig sei, wasbei Delpharmea Nutraceuticals seit dem 3.11.2011 der Fallsei.11A-PACK CZ legte gegen diesen Bescheid Einspruch bei derEinspruchsfinanzdirektion ein, die diesen zurückwies.12A-PACK CZ erhob beim Městský soudvPraze (StadtgerichtPrag, Tschechische Republik) eine KlageaufAufhebung derZurückweisungsentscheidung, die dieses Gericht abwies.13Unter diesen Umständen legte A-PACKCZgegen das abwei-sende UrteilKassationsbeschwerde beidem vorlegenden Ge-richt, dem Nejvyššísprávnísoud (Oberstes VG, TschechischeRepublik), ein. Sie machtgeltend, die Voraussetzung der Mehr-wertsteuerpflichtigkeit des Schuldners gem.§44Abs. 3desMehrwertsteuergesetzes stehe nicht nur im Widerspruch zuArt. 90 MwStSystRL, sondern stelle aucheine verbotene staatli-che Beihilfe dar.14Das vorlegende Gericht vertritt die Auffassung, dass das Vor-bringen von A-PACK CZ zum Vorliegeneiner staatlichen Bei-hilfe nicht durchgreifen könne. Die Voraussetzung der weiter-hin bestehenden Mehrwertsteuerpflichtigkeit des Schuldnersgem.§44Abs. 3des Mehrwertsteuergesetzes stehe hingegenim Widerspruch zu Art. 90 MwStSystRL, da dies die Berichti-gung der Steuerbemessungsgrundlage des steuerpflichtigenGläubigers unmöglich machen könne,ohne dass dies durch die554RechtsprechungÄnderung der BemessungsgrundlageUR14/2019
Published Online: 2019-07-20
Published in Print: 2019-07-01

© 2019 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln.

Downloaded on 10.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.9785/ur-2019-681408/html?srsltid=AfmBOopfQrCeBoy1RrGMgOD9w-LJtT2fVE_mbMC3agRsVRkP1ihHrRSA
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