Startseite „Schwarze Tickets und Randale“ – Der Stadionbesuch und seine Folgen
Artikel
Lizenziert
Nicht lizenziert Erfordert eine Authentifizierung

„Schwarze Tickets und Randale“ – Der Stadionbesuch und seine Folgen

Rechtliche Auseinandersetzung mit zwei wirtschaftlichen Aspekten eines Fußballspielbesuchs
Veröffentlicht/Copyright: 15. August 2013
Veröffentlichen auch Sie bei De Gruyter Brill

Sven Piel, LL.M. / Samir BuhlSchwarze Tickets und Randale“–Der Stadionbesuch und seine FolgenRechtliche Auseinandersetzung mit zwei wirtschaftlichen Aspekten einesFußballspielbesuchsDie Vereine der Fußballbundesliga sind bestrebt in den Zuschauervertrag mit dem Stadionbesucher Allge-meine Ticket Geschäftsbedingungen einzubeziehen. Eine darin enthaltende Klausel über ein Weiterver-kaufsverbot der Eintrittskarte stellt für nicht kommerziell handelnde Ticketinhaber gemäß § 307 BGB eineunangemessene Benachteiligung dar und ist in der Regel unwirksam. Bei einer Regressforderung des Ver-eins gegen den Zuschauer auf Grund einer erteilten Verbandsstrafe (zum Beispiel nach Ausschreitungen) istaufgrund der Systematik der Verbandsstrafen regelmäßig ein Mitverschulden des Vereins zu vermuten. Da-her scheidet ein Regress in voller Höhe zumeist aus.A. EinleitungDer Stadionbesuch ist nicht nur aus sportlicher sondern auchaus rechtlicher Perspektive spannend. Der gezielte Blick aufdie vielen Vorgänge und Prozesse innerhalb des Stadions undim Zusammenhang mit dem Sportereignis zeigen beispiel-haft, wie juristisch komplex sich scheinbar einfache Lebens-sachverhalte darstellen können. Das Ticketing, Besucherver-träge mit Veranstalter und Stadiongesellschaft, der Bier- undBratwurstverkauf über die Arena-Cards, Ausschreitungenund daraus resultierende Verbandsstrafen, sowie Foulspieleund Tätlichkeiten mit zivilrechtlichem Nachspiel sind nur einQuerschnitt an Beispielen solcher rechtlich spannenderKonstellationen. Die folgende Darstellung richtet den Fokusauf zwei Aspekte des Stadionbesuches, welche für den Besu-cher von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung seien kön-nen:Der erste Teil behandelt die Einbeziehung der AllgemeinenTicket Geschäftsbedingungen (ATGB), welche den Vereinenals Muster von der Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) zurVerfügung gestellt werden. Es wird dargestellt, unter welchenUmständen die ATGB in den Zuschauervertrag zwischen Ver-ein und Zuschauer einbezogen werden, sowie welche Perso-nen letztendlich (Erstkäufer, Zweitkäufer etc.) an die ATGBgebunden sind. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht dieFrage, inwieweit die von den Vereinen immer wieder verwen-dete Weiterverkaufsverbotsklausel Wirksamkeit beanspru-chen kann.Aufgrund entsprechender Entscheidungen in der Rechtspre-chung zur Möglichkeit eines Zuschauerregresses bei Ver-bandsstrafen beschäftigt sich der zweite Teil mit der Frage,ob ein solcher Regress stets in unbeschränkter Höhe möglichist. Dabei wird vorgeschlagen, die besondere Systematik derVerbandsstrafen des DFB-Sportgerichts im Rahmen von§ 254 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen und den Anspruch desVereins in seiner Höhe zu beschränken.B. Die Geltung von Allgemeinen TicketGeschäftsbedingungen und des Verbots derWeiterveräußerung von BundesligaticketsDie Gültigkeit von Allgemeinen Ticket Geschäftsbedingun-gen (ATGB), die von Bundesligavereinen gestellt in den Zu-schauervertrag einbezogen werden sollten, wurde nicht nurvon den Gerichten aller Instanzen bereits häufig beurteilt,1sondern ist auch Gegenstand zahlreicher Literaturbeiträge,insbesondere mit Bezug zum Verbot der Weiterveräußerungder Tickets.2I. Zuschauervertrag als schuldrechtlicheGrundlage für den StadionbesuchDas schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, das einem Sta-dionbesuch zu Grunde liegt, ist ein Zuschauer- bzw. Besu-chervertrag.3Er wird zwischen dem Ticketkäufer und demVeranstalter geschlossen. Letzterer ist in der Regel derHeimverein, wobei auch der Verband unter Umständen al-leiniger Veranstalter (zum Beispiel beim DFB-Pokalfinale inBerlin) oder wenigstens Mit-Veranstalter sein kann.4Der Zu-schauervertrag wird in der Regel mit dem Kauf der Eintritts-karte geschlossen.5Primärleistung des Käufers ist die Ent-richtung des Kaufpreises. Der Veranstalter schuldet seiner-seits den Zugang zum Veranstaltungsgelände (Stadion) unddie Einräumung eines Sitz- oder Stehplatzes. Grundsätzlichhat er darüber hinaus die Pflicht die entsprechende Sportver-anstaltung zu organisieren und durchzuführen.6Somit han-delt es sich um einen Werkvertrag mit mietrechtlichen Ele-menten.7Die Rechte und Forderungen des Zuschauers wer-den in der Eintrittskarte verbrieft.278 IKSzW 03.2013Fachbeiträge ISven Piel / Samir Buhl1 BGH Urt. v. 11.9.2008I ZR 74/06, NJW 2009, 1504 (1505)bundesligakar-ten.de; OLG Hamburg, Urt. v. 3.2.20055 U 65/04 (EV), NJW 2005, 3003;OLGHamburg,Urt.v.5.4.20065 U 89/05, NJOZ 2007, 1588Bundesliga-karten II; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 12.7.20071 HKO 3849/07, SpuRt2008, 34; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 8.8.20074 HK O 3850/07, SpuRt2008, 35; LG Essen, Urt. v. 26.3.20094 O 69/09, CR 2009, 395; OLGHamm, Urt. v. 17.7.20099 HK O 3382/09; LG München I, Urt. v. 6.5.200911 HK O 19331/08; LG Mainz, Urt. v. 20.6.20073 S 220/06, SpuRt2006, 33; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.6.200720 U 154/06, NJW-RR 2008,353.2 Siehe zum BeispielNesemann, NJW 2010, 1703;Gutzeit,BB2007,113;Bach,JR 2007, 137;Weller, JuS 2006, 497;Ensthaler/Zech, NJW 2005, 3389;Wel-ler, NJW 2005, 934.3 Zur begrifflichen UnterscheidungSchulze,JURA2011,481(483).4 Vgl. zum Beispiel OLG Stuttgart, Urt. v. 19.3.20092 U 47/08, SpuRt 2009,252Hartplatzhelden; siehe aberHauck/Stephan, JuS 2012, 585 (585).5Schulze,JURA2011,481(483).6Schulze, JURA 2011, 481 (484).7 So zumindest die h.M., vgl. zum BeispielSchulze, JURA 2011, 481 (484). Dieabweichende Meinung, die den Zuschauervertrag als Dienstvertrag einordnenmöchte, stellt auf das Sportevent selbst als Hauptleistung ab und kommt dann fol-gerichtig zu dem Schluss, dass dabei kein konkreter Erfolg geschuldet werdenkann. Richtigerweise ist anzunehmen, dass dem Veranstalter die Pflicht obliegt,die Rahmenbedingungen für den eigentlichen Wettkampf durch organisatorischeLeistung herzustellen, was als Werk unkörperlicher Art Gegenstand eines Werk-vertrages ist.
Online erschienen: 2013-08-15
Erschienen im Druck: 2013-07

© 2013 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln.

Heruntergeladen am 14.11.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.9785/ovs-kszw-2013-278/html?lang=de&srsltid=AfmBOop3D9rg-pnOqp2b3SjBdn7vlN9B84R5MUyRkAGtei7CXNc5lDzr
Button zum nach oben scrollen