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Redtube.com: Kann denn Streamen Sünde sein?

Zur Rechtmäßigkeit privaten Streamens und der Vorlagefrage des OGH in Sachen kino.to/UPC
Published/Copyright: February 11, 2014
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Bernhard KniesRedtube.com: Kann denn Streamen Sünde sein?Zur Rechtmäßigkeit privaten Streamensund der Vorlagefrage des OGH in Sachen kino.to/UPC ̧RA und FA für Urheber- und Medienrecht Dr. Bernhard Knies, Mün-chen.Massenabmahnungen zum Thema Streaming haben inDeutschland für erhebliches mediales Aufsehen gesorgt(zum Redtube-Fall s. Solmecke, CR 2014, 137, in die-sem Heft). Der Beitrag erläutert zunächst die unter-schiedlichen Technologien, um dann die streitige recht-liche Kernfrage zu untersuchen, ob Art. 5 Abs. 1 derRichtlinie zur Informationsgesellschaft privates Strea-men als rezeptiven Werkgenuss zulässt oder nicht. DerBeitrag skizziert zudem die Vorlagefrage des österreichi-schenOGHandenEuGHzuebendieserStreitfrageunddie Stellungnahme der Bundesregierung zu einer Anfra-ge aus dem Bundestag.I. ProblemstellungZehntausende Abmahnungen von Verbrauchern durcheine Regensburger Kanzlei für einen Schweizer Produ-zenten pornographischer Werke wegen des Streamingskleiner Porno-Filmchen auf dem amerikanischen PortalRedtube.comhaben in der Presse und im Internet für er-hebliche Aufregung gesorgt.11 Einen Überblick zu den betroffenen Rechtsfragen bietetSolmecke,CR2014, 137, in diesem Heft. Vgl. auch stellvertretend Spiegel Online vom11.12.2013 –http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/redtube-die-fuenf-grossen-fragen-bei-der-porno-stream-abmahnung-a-938312.html.NTV vom 17.1.2014 berichtet über die Zweifelhaftigkeit der Er-mittlungssoftware:http://www.n-tv.de/technik/Redtube-Abmahner-tauchen-ab-article12099481.html.Focus teilt mit, dass der Abmahnan-walt täglich Morddrohungen erhalte:http://www.focus.de/digital/internet/redtube-abmahnungen-anwalt-drohungen-abmahn-anwalt-urmann-taeglich-morddrohungen-13_id_3531760.html.Selbst dieBundesregierungantwortete zum Thema auf eine Anfrage von besorgtenParlamentariern.22 Vgl. hierzu unten 4.Die Rechtmäßigkeit der vom LG Köln auf Basis des§ 101 UrhG bewilligten Auskunftsbeschlüsse wird eben-so angezweifelt wie die inhaltliche Rechtmäßigkeit derAbmahnung selbst33 Zum Ablauf derRedtube-Abmahnwelle ausführlichSolmecke,CR2014, 137, in diesem Heft.. Doch wie steht es nun um die Kern-frage, ob die Nutzer von Streamingportalen (wieredtu-be.com, youporn.comoder aber auchyoutube.com)ab-gemahnt werden können, wenn die Inhalte, die sie strea-men zuvor nicht rechtmäßig eingestellt worden waren?Die Rechtsfrage ist kompliziert und höchst umstritten.Die deutschen Gerichte hatten sich mit dieser Frage bis-lang noch nicht zu beschäftigen. Hinsichtlich der vomLG Köln erteilten Auskunftsbeschlüsse wird man wohlnach derzeitigem Kenntnisstand davon ausgehen müs-sen, dass das LG die Auskunftsanträge der RegensburgerKanzlei wohl eher „durchgewunken“ hat, als sie inhalt-lich zu prüfen, so wie das – bedingt durch die schiereMenge an solchen Verfahren -meistens eben bei nur kur-sorischer Prüfung geschieht.44 So die Vermutung des Spiegel, vgl. Fn. 1. Genauer hierzuSolmecke,CR2014, 137, in diesem Heft.Die spannende Rechtsfra-ge ist bisher in zahlreichen Aufsätzen in der Literatur nä-her beleuchtet und durchaus kontrovers diskutiert wor-den.55Vgl.Busch, GRUR 2011, 496;Radmann, ZUM 2010, 387;Stieper,MMR 2012, 12;Fangerow/Schulz, GRUR 2010, 677;Wandtke/vonGerlach, GRUR 2013, 676;Stolz, MMR 2013, 353;Dam, „Urheber-rechtliche Bewertung des Streamings – eine Analyse aus Sicht der Werk-vertreter und der Nutzer“, S. 4, abrufbar überhttp://www.wbs-law.de/wp-content/uploads/2013/12/Urheberrechtliche-Bewertung-des-Streaming-Annika-Dam.pdf.Doch soll zunächst einmal ein kurzer Blick auf dieunterschiedlichen Techniken des Streamings geworfenwerden.II. Die aktuellen Streaming-TechnologienTechnisch betrachtet wird bei jedem Streaming-Vorgangauf dem Rechner des Nutzers eine temporäre Kopie derOriginal-Datei erstellt, da nur auf diese Weise der Streamüberhaupt mit dem jeweiligen Media-Player wahrnehm-bar gemacht werden kann.66 Vgl. hierzu eingehendWandtke/von Gerlach, GRUR 2013, 676 (677).Dabei wird zwischen demOn-Demand-Streaming,demLive-Streamingund daneben auch dem„Framing“77 Zur Frage nach dem Nutzer des Rechts der öffentlichen Zugänglichma-chung anlässlich von Links und Frames ausführlichConrad, CR 2013,305 ff.un-terschieden. Bei allen Streaming-Verfahren werden,technisch betrachtet, die Daten des Contents paketweiseper Push-Technologie an den Empfänger übertragen undbeim Empfänger mittels eines sog. Clients im Arbeits-speicher seines Rechners zwischengespeichert, um eineverzögerungsfreie Wiedergabe auf dessen Rechner zu er-möglichen.88Vgl.hierzuStieper, MMR 2012, 12 (13) und sehr ausführlichBusch,GRUR 2011, 496 (497 f.).Die Wiedergabe des Inhalts beginnt regel-mäßig schon bevor die gesamte Datei geladen wurde, so-bald genügend Fragmente der Datei im Zwischenspei-cher des Users empfangen wurden.99Vgl.Dam, Fn. 5, S. 4.Die empfangenenInhalte werden aber normalerweise nicht dauerhaft,sondern eben immer nur vorübergehend gespeichert unddanach wieder gelöscht.1010 Von den im Internet beschriebenen „Umgehungstechnologien“ etwa zurdauerhaften Speicherung von Youtube-Streams soll hier in der Betrach-tung einmal abgesehen werden, vgl. hierzu ergänzend,Dam, Fn. 5, S. 4.DerUserkannzudemoftauchnoch über den Umfang der Zwischenspeicherung in denEinstellungen des Client-Puffers seines Mediaplayers be-stimmen.1111 Vgl.Busch, GRUR 2011, 496 (497).1. Live-StreamingBeim Live-Streaming wird der Zeitpunkt des Streamingsanders als beim On-Demand-Streaming vom Anbieterbestimmt. Dabei wird die Sendung im Wege des sog.„Multicast“ allen Empfängern gleichzeitig angeboten.1212 Vgl.Busch, GRUR2011, 496(498);Stieper, MMR 2012, 12 (13);Sasse-Waldhausen, ZUM 2000, 837 (842).Die angebotene Datei existiert (ebenfalls anders als beimOn-Demand-Streaming) vor Beginn der Übertragungauch noch nicht auf dem Server des Senders, sondernwird in Echtzeit gesendet. Solche Live-Streams werdenim Internet häufig von Fernsehsendern angeboten, dieihr Programm zeitgleich zur aktuellen Ausstrahlungauch im Internet anbieten. Derartige Live-Streams wer-den auch als „Simulcasts“ bezeichnet.1313 Vgl.Dam, Fn. 5, S. 5.Im Internet und140CR2/2014
Online erschienen: 2014-02-11
Erschienen im Druck: 2014-02-15

© 2014 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln.

Downloaded on 10.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.9785/ovs-cr-2014-140/html?srsltid=AfmBOopusXZxtX3DE7sqpPTwzBtQqoWrSma0Ljsg9P0Joy6hWjhk0EPu
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