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Zur notwendigen Neuausrichtung des Konzepts der gewerbesteuerlichen Unternehmeridentität im Anwendungsbereich von § 10a GewStG

Published/Copyright: June 20, 2021
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Markus Suchanek, Düsseldorf/Gary Rüsch, KölnZur notwendigen Neuausrichtung des Konzepts dergewerbesteuerlichen Unternehmeridentität im Anwen-dungsbereich von§10a GewStGVortragsfähigeGewerbeverluste kann nur derjenige von positi-ven Gewerbeerträgen kürzen, der sie zuvorineigener Person er-litten hat. Hierbei sind Mitunternehmerschaften nichtTräger ih-res eigenen Verlustes,sie können aber als Mitunternehmer eineranderenMitunternehmerschaft Träger des dortigen Verlustessein. Dieses Konzept, welches der Große Senat in seiner Grund-satzentscheidung vom 3.5.1993aufgestellt hat, ist mittlerweilean seine Grenzen gestoßen. Es führt bei doppel-und mehrstöcki-gen Personengesellschaften zu systematischen Inkonsistenzenund Inkonsequenzen, diewenn überhauptnur schwer nach-vollziehbar und nicht mehr zu rechtfertigensind. Der Beitragzeigt die Brüche im derzeitigen Konzept und alternative Lö-sungsvorschläge auf, die die bestehendenWidersprüchlichkeitenbeseitigen können.I. EinleitungNach ständiger Rechtsprechung sowohl des RFH als auch desBFH ist bei Personenunternehmen übergesetzliche Vorausset-zung für den Verlustabzug nach§10a GewStG und zuvor nach§19der 3. GewStDV sowohl die Unternehmensidentität als auchdie Unternehmeridentität.1Gehen also Unternehmens- oder Un-ternehmeridentität verloren, geht damit gewerbesteuerlichderUntergang des entsprechenden Verlustabzugspotentials einher.Eine weitere Beschränkung für den Verlustabzug von Personen-unternehmen findet sich in§10a Satz 10 Halbs.2GewStG, dereinen Untergang von Fehlbeträgen anordnet, soweit dieser einerKörperschaft unmittelbar (§ 10a Satz 10 Halbs.2Nr. 1GewStG)oder mittelbar über weitere Mitunternehmerschaften (§ 10aSatz 10 Halbs.2Nr. 2GewStG) zuzurechnen ist. Dies ist jeweilsder nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nach§10a Satz4GewStG zugeordnete Fehlbetrag der Mitunterneh-merschaft im Verlustentstehungsjahr bzw. der auf sie entfallendeverbleibende Fehlbetrag nach Verrechnungen mit positiven Ge-werbeerträgen im Abzugsjahr nach§10a Satz5GewStG.2DerUntergang von Fehlbeträgen einer Personengesellschaft tritt alsoselbst dann ein, wenn gemessen an den allgemeinen Grundsät-zen von Unternehmens- und Unternehmeridentität der Verlust-untergang nicht eintreten würde.Für Körperschaften hingegen haben Unternehmens- und Unter-nehmeridentität keine Bedeutung. Für sie gilt ausschließlich dieVorschrift des§10a Satz 10 Halbs.1GewStG, mithin die Fragevon dem Vorhandensein wirtschaftlicher Identität. Hierzu wirdein umfassender Rechtsfolgenverweis auf§8cKStG kodifiziert.Nach einem Überblick über die Voraussetzungen der Unterneh-mensidentität (II.) wird im Anschluss das Konzept der Unter-nehmeridentität dargestellt(III.). Weil dies bei doppel- undmehrstöckigen Personengesellschaften zu erheblichen und nichtbegründbaren Verwerfungenführt (IV.), wird sich für eineNeuausrichtung des derzeitigen Systems ausgesprochen (V.).II. UnternehmensidentitätDas Erfordernis der Unternehmensidentität folgt nicht explizitaus dem Gesetz. Es basiert zum einen auf dem in§2 Abs. 1GewStG verankerten Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer3und zum anderen ergibt es sich aus der sachlichen Selbständig-keit eines jeden Gewerbebetriebs (§§ 2, 35a GewStG).4Unter-nehmensidentität bedeutet, dass der im Anrechnungsjahr beste-hende Gewerbebetrieb identisch mit dem Gewerbebetrieb ist,der im Jahr der Entstehung des Verlustes bestanden hat.5Hie-raus ergibt sich, dass die Unternehmensidentität in dem Zeit-raum zwischen Anrechnungsjahr und Verlustentstehungsjahrununterbrochen bestanden haben muss. Der (unveränderte)Fortbestand des Fehlbetrags setzt voraus, dass die Unterneh-mensidentität zum Schluss des Erhebungszeitraums noch be-steht. Es reicht nicht aus, wenn der Gewerbebetrieb im Anrech-nungsjahr wieder mit dem des Verlustentstehungsjahrs identischist, in der Zwischenzeit aber die werbende Tätigkeit nicht nurvorübergehend unterbrochen oder eine andersartige werbende1Vgl. nur RFH v. 26.8.1942VI 236/42, RStBl. 1942, 1024; BFH v.19.12.1957IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210, 212; v. 23.7.1958I139/57 U, BStBl. III 1958, 426; v. 19.8.1958I78/58 U, BStBl. III 1958, 468; v.1.12.1960IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65; v. 8.1.1963I237/61 U,BStBl. III 1963, 188; v. 14.1.1965IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115; v.4.2.1966VI 272/63, BStBl. III 1966, 374; v. 12.1.1978IV R26/73,BStBl. II 1978, 348; v. 2.3.1983IR85/79, BStBl. II 1983, 427=FR1983,335; v. 19.12.1984IR165/80, BStBl. II 1985, 403=FR1985, 362; v.14.12.1989IV R117/88, BStBl. II 1990, 436; v. 27.6.1990IR183/85,BStBl. II 1990, 916; v. 5.9.1990XR20/89, BStBl. II 1991, 25=FR1990,756; v. 3.5.1993GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 27.1.1994IV R137/91, BStBl. II 1994, 477; v. 31.10.1996VIIIB129/95, BFH/NV 1997, 528;v. 16.4.2002VIIIR16/01, BFH/NV 2003, 81; v. 14.3.2006IR1/04,BStBl. II 2006, 549; v. 7.8.2008IV R86/05, FR 2009, 243.2Vgl.Kleinheisterkampin Lenski/Steinberg,GewStG,§10a Rz. 81 (Stand:April 2017);Brauer/Sonnenscheinin Deloitte, GewStG, 2009,§10aRz. 156;Suchanek/Hessein Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann,GewStG, 2019,§10a Rz. 262.3Vgl. nur BFH v. 12.1.1983IV R177/80, BStBl. II 1983, 425 m.w.N.4Vgl.Kleinheisterkampin Lenski/Steinberg,GewStG,§10a Rz. 18 (Stand:April 2017);Suchanek/Hessein Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann,GewStG, 2019,§10a Rz. 41;Drüenin Blümich, EStG/KStG/GewStG,§10a GewStG, Rz. 46 (März 2020);Schnitterin Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG,§10a GewStG, Rz. 49 (Juli 2018).5Vgl. nur BFH v. 7.8.2008IV R86/05, BStBl. II 2012, 145=FR2009, 243m. Anm.Wendt;v.16.4.2002VIIIR16/01, BFH/NV 2003, 81 m.w.N.;R10a.2 Satz1GewStR 2009.576AufsätzeFR12/2021Suchanek/RüschNotwendige Neuausrichtung des Konzepts der gewstl. Unternehmeridentität bei§10a GewStG
Published Online: 2021-06-20
Published in Print: 2021-06-01

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